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Theologie
#16
(11-10-2009, 16:09)Lhiannon schrieb: Literatur und Philosophie können auch völlig fantastische Ideen gebären ohne Bezug zu irgendwas (Fantasiebereich der Literatur).

Nun, innerhalb der Literatur sind fantastische Ideen ohne Bezug zu irgendwas zweifellos möglich - nur dass sie eben auch dezidiert als genau solche, nämlich als fantastische Ideen ohne Bezug zu irgendwas firmieren und nicht als angebliche weltmaßgebliche Realitäten!

In der Philosophie hingegen haben Fantatsiereien ohne irgendwelche Bezüge nichts verloren. Das ist was für die Märchenstunde...

(11-10-2009, 16:09)Lhiannon schrieb: Theologie ist im Grunde Philosophie mit einem, aufs Jenseits und aufs Übernatürliche bezogenen Kern.

Nun ist der Begriff Philosophie zwar nicht markenrechtlich geschützt, es scheint allerdings, wenn man ihn nicht versinnlosen will, geboten, diesen von allem möglichem Gedankenkram und Hirngespinsten abzugrenzen.

Was soll denn z.B. die Begrifflichkeit "übernatürlich" genau bedeuten? Gibt es dann auch ein "unternatürlich" oder "nebennatürlich" - oder ist "übernatürlich" lediglich ein wertend eingefärbtes "nicht natürlich"? Letzteres ergibt sich bei genauerem Hinsehen.

Was aber soll "nicht natürlich" eigentlich genau heißen? Wenn etwas "nicht natürlich" ist, was ist es dann? Welche Aussagen können dazu überhaupt gemacht werden? Wenn das "nicht Natürliche" in einem Kausalzusammenhang mit dem "Natürlichen" steht, dann ist eine solche Unterscheidung völlig unsinnig und gegenstandslos, da wir es in diesem Falle mit ein und derselben Kategorie zu tun haben. Wenn das "nicht Natürliche" hingegen nicht in einem Kausalzusammenhang mit dem "Natürlichen" steht, dann hat jenes "nicht Natürliche" nicht nur keinerlei Bedeutung für das "Natürliche", sondern es sind auch keinerlei sinnvolle Aussagen darüber möglich.

Aussagen, welche einen "übernatürlichen" und "auf's Jenseits" bezogenen "Kern" haben, sind darum gegenstandsose Fantastereien "ohne Bezug zu irgendwas" - mit Philosophie, welche sich sinnvollerweise allein mit den inneren Zusammenhängen dessen beschäftigt, was dem "Natürlichen" bzw. dem Immanenten zugehörig ist, hat das in keiner Hinsicht etwas zu schaffen.


(11-10-2009, 16:09)Lhiannon schrieb: Es hat schon seinen Grund, dass manche Wissenschaften nicht zu den Naturwissenschaften zählen. Naturwissenschaft beschreibt Vorgänge und beweist Zusammenhänge und Abläufe in der Natur.

Die Geisteswissenschaften beschreiben Vorgänge, Zusammenhänge und Abläufe von Ideen und Konzepten und deren Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft, mehr nicht.

Dass irgend etwas, was den Menschen betrifft (sei es nun dessen Denken, Urteilen, Tun oder Handeln) - oder gar der Mensch selbst - nicht der Natur zugehörig sein soll, müsste erst mal nachvollziehbar gezeigt werden. Erst auf einer solchen Grundlage könnte man die Behauptung aufstellen, dass Geisteswissenschaften keine Teilmenge der Naturwissenschaften wären...!
#17
(11-10-2009, 16:57)DureeTotale schrieb: Dass irgend etwas, was den Menschen betrifft (sei es nun dessen Denken, Urteilen, Tun oder Handeln) - oder gar der Mensch selbst - nicht der Natur zugehörig sein soll, müsste erst mal nachvollziehbar gezeigt werden.

Warum dann die ganze Diskussion?

Transzendente Vorstellungen, die Idee von einem Gott (Götter) samt der Entwicklung religiöser Rituale und Institutionen, sprich Theologie, gehört wohl unbestreitbar zur menschlichen Natur.
#18
(11-10-2009, 16:57)DureeTotale schrieb: Philosophie, welche sich sinnvollerweise allein mit den inneren Zusammenhängen dessen beschäftigt, was dem "Natürlichen" bzw. dem Immanenten zugehörig ist.

Wieso ist denn eine religiöse Vorstellung nicht immanent oder natürlich?

Sie ist fakt. Sie ist Funktion des Gehirn. Religiöse Vorstellungen fallen nicht vom Himmel, sondern entstehen im Gehirn und äußern sich auch in den Gefühlen. Z.B. Sicherheit, Geborgenheit, innere Ruhe und Geduld, ein unglaubliches Empfinden von Liebe (Agape), aber bei manchen auch Angst.
#19
Stimmt schon.
Bleibt doch trotzdem die Frage offen, ob man solche Forschung als Wissenschaft bezeichnen kann; Literatur und Philosophie denkt über Produkte oder Verhaltensweisen des Menschen nach, Theologie über "Übernatürliches" und Unbeweisbares. Das ist es ja, was mir widerstrebt. Die meisten Wissenschaftler erkennen Theologie nicht als Wissenschaft an.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
#20
(11-10-2009, 17:06)Lhiannon schrieb:
(11-10-2009, 16:57)DureeTotale schrieb: Dass irgend etwas, was den Menschen betrifft (sei es nun dessen Denken, Urteilen, Tun oder Handeln) - oder gar der Mensch selbst - nicht der Natur zugehörig sein soll, müsste erst mal nachvollziehbar gezeigt werden.

Warum dann die ganze Diskussion?

Transzendente Vorstellungen, die Idee von einem Gott (Götter) samt der Entwicklung religiöser Rituale und Institutionen, sprich Theologie, gehört wohl unbestreitbar zur menschlichen Natur.


Vorsicht - nicht, dass sich die Ekkard'sche Sprachverwirrung auch auf dich ausbreitet... :icon_wink:
Darum die entsprechenden Zitate noch mal genau:

(11-10-2009, 16:57)DureeTotale schrieb:
(11-10-2009, 16:09)Lhiannon schrieb: Es hat schon seinen Grund, dass manche Wissenschaften nicht zu den Naturwissenschaften zählen. Naturwissenschaft beschreibt Vorgänge und beweist Zusammenhänge und Abläufe in der Natur.

Die Geisteswissenschaften beschreiben Vorgänge, Zusammenhänge und Abläufe von Ideen und Konzepten und deren Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft, mehr nicht.

Dass irgend etwas, was den Menschen betrifft (sei es nun dessen Denken, Urteilen, Tun oder Handeln) - oder gar der Mensch selbst - nicht der Natur zugehörig sein soll, müsste erst mal nachvollziehbar gezeigt werden. Erst auf einer solchen Grundlage könnte man die Behauptung aufstellen, dass Geisteswissenschaften keine Teilmenge der Naturwissenschaften wären...!

Es geht nicht um die "Natur des Menschen" sondern darum, dass der Mensch (mit seiner "Natur", also seinem Denken, Urteilen, Tun und Lassen) unzuläsigerweise als etwas der Natur nicht Zugehöriges dargestellt wird, z.B., indem behauptet wird, Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften seien etwas grundsätzlich Verschiedenes... Solche Behauptungen erweisen sich aber bei genauerem Hinsehen als gegenstandslos!


Und ohne zunächst weiter auf den problematischen Begriff der Transzendenz einzugehen: Selbstverständlich ist jede Vorstellung im Kopfe des Menschen, ganz gleich welchen Realitätsbezug sie hat, ein natürlicher Vorgang. Doch macht es offenkundig einen erheblichen Unterschied, ob ich z.B. wissenschaftlich untersuche, welche Vorstellungen vom Weihnachtsmann in den Köpfen der Kinder existieren, wie sie da hinein kommen und welche Auswirkungen sie auf das Denken und Tun der Betreffenden haben - oder ob ich "wissenschaftlich" untersuche, wo der Weihnachtsmann zu Hause ist, wie er es schafft, in wenigen Stunden Milliarden Geschecke auf aller Welt zu verteilen und welche Meinung er zu verschiedenen wichtigen Weltfragen haben mag. Gleiches gilt für das ganze menschliche Götterpantheon...
#21
(11-10-2009, 17:27)humanist schrieb: Stimmt schon.
Bleibt doch trotzdem die Frage offen, ob man solche Forschung als Wissenschaft bezeichnen kann; Literatur und Philosophie denkt über Produkte oder Verhaltensweisen des Menschen nach, Theologie über "Übernatürliches" und Unbeweisbares. Das ist es ja, was mir widerstrebt. Die meisten Wissenschaftler erkennen Theologie nicht als Wissenschaft an.
Aber auch Theologie beschreibt Verhaltensweisen und Produkte des Denkens und Verhaltens. Theologie beschäftigt sich doch nicht nur mit dem Übernatürlichen, sondern auch mit historischen und modernen Schriften zum Übernatürlichen, mit der Geschichte der Menschheit, die ohne die Betrachtung des Glaubens unvollständig wäre und mit Psychologie, Soziologie.

Sie beschreibt Phänomene, wie z.B. extrem selbstloses Handeln, extrem umfassende Zuneigung und großes Mitleid, welche im atheistischen Kontext nicht erklärt werden können. Allein die verlustreiche Entwicklung des Menschen, die Eroberung der Welt, wäre anders verlaufen ohne eine Vorstellung vom Leben nach dem Tod.

Beispiel: Menschen handeln nun mal anders und oft selbstloser und risikofreudiger wenn sie an ein Leben nach dem Tod glauben.

Angeblich sollen Gläubige auch glücklicher sein als Atheisten. (hab ich bei Hirschhausen gelesen)

Außerdem hat Naturwissenschaft einen Rahmen: Das Beschreibbare. Was aber nicht bedeutet, dass es das (noch) nicht Beschreibbare nicht gibt.

Der Glaube an Dinge, die (noch) nicht beschreibbar, allenfalls fantanstisch vorstellbar sind, hat Menschen immer angetrieben.
Beispiel: Menschen können nicht fliegen. Das war jahrtausende lang fakt.
Aber irgendwer hat es sich vorgestellt und umzusetzen versucht. Heute ist das Fliegen des Menschen mithilfe von Maschinen beschreibbar.


Theologie beschreibt die Erfahrungen der Menschen mit der Idee und die Auswirkungen auf die Menschen durch die Idee des Übersinnlichen innerhalb einer oder mehrerer Religionen.

Wenn Theologie wirklich Gott beschreiben könnte, dann wäre das ein Knüller!
#22
Den meisten Theologen ist wohl klar, dass sie Gott nicht beschreiben können.
Was man beschreiben kann sind die mystischen Erfahrungen von Menschen. Seien es Jesus, Mohammed und Buddha, oder Anselm Grün, Willigis Jäger oder dem Dalai Lama. Oder Franz Butz und Otto Normalverbraucher.
Diese mystischen Erfahrungen (vor allem der Religionsstifter) haben große Auswirkungen auf die Menschen, welche man wieder beschreiben kann.
#23
(11-10-2009, 15:09)humanist schrieb: a) Wissenschaftliche Anforderungen:
Objektivität, Validität, Plausibilität, Reproduzierbarkeit und Statistik.
Bei Theologie sehe ich zumindest Ersteres verletzt.

Statistik und Reproduzierbarkeit sind schonmal Anforderungen, die vornehmlich den naturwissenschaftlichen Methoden zuzordnen sind. Wie z.B: die Geschichtswissenschaft reproduktiv sein soll, ist mir schleierhaft. Statistik ist nur in komparativen Methoden sinnvoll, ist folglich kein universales Kriterium. Validität und Objektivität sehe ich kein Problem.
Ad objectum bezieht sich die Theologie auf Gott, Welt und Mensch. Das Gott nicht existiere ist hier kein Einwand. Die Mathematik operiert auch mit Entitäten, die es in der Natur nicht gibt. Oder hast du schonmal die ∛8 irgendwo in der Natur gesehen. Mathematik beruht als Geisteswissenschaft nur auf Grund menschlich gedachter Systeme die Zusammenhänge der Welt erklären sollen. Die Notwendigkeit einer natürlichen Existenz ist nicht notwendig, gleiches gilt für die Theologie.

(11-10-2009, 15:09)humanist schrieb: b) Das Axiom "Gott existiert" ist ein wissenschaftlich unzuässiges Axiom.
Nicht mit mathematischen Axiomen wie Kommutativgesetz, Assoziativgesetz, Distributivgesetz, neutralen und inversen Elementen (Auswahl der arithmetischen Axiome) zu vergleichen,
da diese objektiv jedem offenkundig sind.

Es ist ein formallogischer Fehler anzunehmen, die Axiome der unterschiedlichen Wissenschaften müssten einander in Art und Weise gleichen. Tatsache ist, dass jede Wissenschaft unhintergehbare Voraussetzungen hat. Das diese Axiome nach Art der Wissenschaft unterschiedlich sind, ist selbstevident. Daher müssen auch theologische Voraussetzungen nicht mit mathematischen Axiomen verglichen werden. Mein Hinweis auf die euklidsche Axiomatik wollte nur Aufzeigen, dass keine Wissenschaft ohne selbige auskommt.

(11-10-2009, 15:09)humanist schrieb: c) In der Theologie widerspricht man doch gerne mal anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das müsstes du als Theologe doch am besten wissen.

Kann ich nicht bestätigen. Aber vlt. stellst du mal deine Thesen vor.

(11-10-2009, 17:27)humanist schrieb: Das ist es ja, was mir widerstrebt. Die meisten Wissenschaftler erkennen Theologie nicht als Wissenschaft an.

Interessant ist, das du die meisten Wissenschaftler kennst! Und noch mehr ihre Bewertung der Theologie als Wissenschaft.
Anstatt Behauptungen über die Meisten anzustellen, zitiere ich liebe einen bedeutenden Naturwissenschaftler:

"Gott steht für den Gläubigen am Anfang und für den Physiker am Ende allen Denkens." (Max Planck)
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
#24
(11-10-2009, 17:58)Lhiannon schrieb: Aber auch Theologie beschreibt Verhaltensweisen und Produkte des Denkens und Verhaltens. Theologie beschäftigt sich doch nicht nur mit dem Übernatürlichen, sondern auch mit historischen und modernen Schriften zum Übernatürlichen, mit der Geschichte der Menschheit, die ohne die Betrachtung des Glaubens unvollständig wäre und mit Psychologie, Soziologie.

Soziologische, psychologische, kulturelle oder historische Untersuchungen über Herkunft, Beschaffenheit und Auswirkungen religiöser Vorstellungen hat ja auch niemand als unwissenschaftlich kritisiert. Das ist aber etwas völlig anderes als Theologie.


(11-10-2009, 17:58)Lhiannon schrieb: Sie beschreibt Phänomene, wie z.B. extrem selbstloses Handeln, extrem umfassende Zuneigung und großes Mitleid, welche im atheistischen Kontext nicht erklärt werden können. Allein die verlustreiche Entwicklung des Menschen, die Eroberung der Welt, wäre anders verlaufen ohne eine Vorstellung vom Leben nach dem Tod.

Das sind so bekannte wie gängige Kolportagen, die allerdings einer genaueren Betrachtung nicht standhalten:

Sofern menschliches Handeln "bewusst" stattfindet, muss es motivert werden. Eine Motivation für menschliches Handeln ist aber ausschließlich unter Rückgriff auf das Wohl und Wehe des jeweiligen Egos möglich, weshalb wirklich "selbstloses" Handeln, wenn überhaupt, dann nur als unbewusstes Reflexhandeln denkbar ist. Das hat mit dem weltanschaulichen erst mal gar nichts zu tun.

Und was das Mitleid angeht, so setzt dieses, sofern es bewusster Reflexion enstpringt, ein Menschenbild vorauss, welches viel eher das Ergebnis einer nüchternen, naturalistischen Betrachtung der Welt sein kann als die Folge religiöser Glaubenssätze. Am ehesten vermag dies vielleicht noch der Buddhismus - auf keinen Fall aber die drei "großen" semitischen Religionen (Judentum, Christentum/Islam).

Und die Aussage, dass Zuneigung "nicht im atheistischen Kontext erklärt werden" könne, kannst du unmöglich ernst meinen...

(11-10-2009, 17:58)Lhiannon schrieb: Beispiel: Menschen handeln nun mal anders und oft selbstloser und risikofreudiger wenn sie an ein Leben nach dem Tod glauben.

Erkennst du den inhaltlichen Widerspruch in dieser Aussage nicht selbst? Wenn ich an ein Leben nach dem Tod glaube oder gar noch, dort "belohnt" zu werden, was soll das dann mit wirklicher "Risikofreudigkeit" oder gar "Selbstlosigkeit" zu tun haben?

Und das dergleichen Motivationen grundsätzlich etwas so Tolles wären, kann angesichts von Kreuzügen und Selbstmordterror niemand ernsthaft behaupten!


(11-10-2009, 17:58)Lhiannon schrieb: Wenn Theologie wirklich Gott beschreiben könnte, dann wäre das ein Knüller!

Mir ist keine Theologie bekannt, die nicht haargenau das unternimmt...
#25
(11-10-2009, 18:12)Alanus ab Insulis schrieb: Das Gott nicht existiere ist hier kein Einwand. Die Mathematik operiert auch mit Entitäten, die es in der Natur nicht gibt. Oder hast du schonmal die ∛8 irgendwo in der Natur gesehen. Mathematik beruht als Geisteswissenschaft nur auf Grund menschlich gedachter Systeme die Zusammenhänge der Welt erklären sollen. Die Notwendigkeit einer natürlichen Existenz ist nicht notwendig, gleiches gilt für die Theologie.

Hat man "und" schon mal irgendwo in der Natur gesehen?

Mathematik beruht, ähnlich wie Sprache, auf Abstraktionen. Abstraktionen wovon? Natürlich von dem, was über den empirischen Input in unseren Kopf gelangt. Jeder weiß allerdings, dass es sich bei diesen Abstraktionen lediglich um Hilfskonstrukte des menschlichen Verstandes zur Verarbeitung des empirischen Inputs handelt - nicht aber um außerhalb unseres Kopfes real Existierendes, welches z.B. einen empirischen Input verursacht.

Es mag ja durchaus Theologen geben, die schon so weit sind, Gott als eine Art Hilfskonstrukt des menschlichen Verstandes anzusehen. Das ist wohl allerdings eher die Ausnahme. In der Regel wird Gott von der Theologie als eine außerhalb der menschlichen Verstandestätigkeit existierende "personlae Entität" (mit den üblichen "transzendenten" Attributen) angesehen.
#26
(11-10-2009, 20:46)DureeTotale schrieb: Soziologische, psychologische, kulturelle oder historische Untersuchungen über Herkunft, Beschaffenheit und Auswirkungen religiöser Vorstellungen hat ja auch niemand als unwissenschaftlich kritisiert. Das ist aber etwas völlig anderes als Theologie.
Eine mehr private Einstellung (Ablehnung) nützt als Argument nichts. Es gibt wissenschaftlich betriebene Theologie, und es gibt deren Kritik, beides nachzulesen in Wikipedia, im großen Meyer oder anderswo.

(11-10-2009, 20:46)DureeTotale schrieb: Eine Motivation für menschliches Handeln ist aber ausschließlich unter Rückgriff auf das Wohl und Wehe des jeweiligen Egos möglich, weshalb wirklich "selbstloses" Handeln, wenn überhaupt, dann nur als unbewusstes Reflexhandeln denkbar ist. Das hat mit dem weltanschaulichen erst mal gar nichts zu tun.
Beleg?
Meiner Selbsterfahrung nach, motiviert die Weltanschauung durchaus die Entscheidungen für Handeln. Dabei kann des Nächsten Wohl weitgehend vor dem Eigenwohl stehen. Die Behauptung "unbewussten Reflexhandelns" entwertet bewusst solche altruistischen Modelle.

Auf welche Studien beziehst du dich, wenn es anders sein sollte?

(11-10-2009, 20:46)DureeTotale schrieb: Und was das Mitleid angeht, so setzt dieses, sofern es bewusster Reflexion enstpringt, ein Menschenbild vorauss, welches viel eher das Ergebnis einer nüchternen, naturalistischen Betrachtung der Welt sein kann als die Folge religiöser Glaubenssätze.
Mit den Glaubenssätzen gebe ich dir Recht. Mitleid ist weitgehend angeboren, Stichwort "Spiegelneuronen". Wie alle angeborenen Entscheidungshilfen kann aber das Mitleiden überschrieben werden. Insofern spielt ein altruistischen Menschenbild und ein gewisses Vor-Vertrauen in den Nächsten eine wichtige Rolle.
Auch wenn es dir nicht passt: Die drei abrahamitischen Religionen fördern das Gefühl für die Bedürfnisse des Nächsten.

Dass in einem materialistischen Weltbild hier eine gewisse Schwierigkeit besteht, wirst du nicht bestreiten wollen. Gleichwohl, die Funktion der Spiegelneuronen ist angeboren. Insofern handelt es sich um ein allgemeines Bedürfnis innerhalb der menschlichen Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#27
(11-10-2009, 21:33)Ekkard schrieb:
(11-10-2009, 20:46)DureeTotale schrieb: Soziologische, psychologische, kulturelle oder historische Untersuchungen über Herkunft, Beschaffenheit und Auswirkungen religiöser Vorstellungen hat ja auch niemand als unwissenschaftlich kritisiert. Das ist aber etwas völlig anderes als Theologie.
Eine mehr private Einstellung (Ablehnung) nützt als Argument nichts. Es gibt wissenschaftlich betriebene Theologie, und es gibt deren Kritik, beides nachzulesen in Wikipedia, im großen Meyer oder anderswo.

Zum einen sind alle Meinungen und Überzeugungen, die ich vertrete, zu allererst privat - wie die deinigen und die aller anderen Mitdiskutanten auch. Zum anderen habe ich diese meine Meinung, nämlich, dass Theologie in ihrem fundamentalen Ansatz mit Wissenschaft nichts zu tun hat, auch begründet. Du hingegen verweist auf Wikipedia und Nachschlagewerke. Wow, das nenne ich doch mal nen super "Argument"! Für ganz Ähnliches wurden User hier schon verwarnt...


(11-10-2009, 21:33)Ekkard schrieb:
(11-10-2009, 20:46)DureeTotale schrieb: Eine Motivation für menschliches Handeln ist aber ausschließlich unter Rückgriff auf das Wohl und Wehe des jeweiligen Egos möglich, weshalb wirklich "selbstloses" Handeln, wenn überhaupt, dann nur als unbewusstes Reflexhandeln denkbar ist. Das hat mit dem weltanschaulichen erst mal gar nichts zu tun.
Beleg?
Meiner Selbsterfahrung nach, motiviert die Weltanschauung durchaus die Entscheidungen für Handeln. Dabei kann des Nächsten Wohl weitgehend vor dem Eigenwohl stehen. Die Behauptung "unbewussten Reflexhandelns" entwertet bewusst solche altruistischen Modelle.

Auf welche Studien beziehst du dich, wenn es anders sein sollte?

Nun, Ekkard, du scheinst über diese Problematik noch nicht wirklich nachgedacht zu haben, da auch du es nur bis zur Kolportage der gängigen Meinungen schaffst. Doch liegt in deiner Einlassung schon der Schlüssel zum neuerlichen Überdenken althergebrachter, aber nie wirklich geprüfter Überzeugungen: Selbsterfahrung!

Ich hatte zunächst ja nicht geschrieben, dass Weltanschuung nicht motiviert, sondern das menschliches Handeln, sofern es bewussten menschlichen Entscheidungen zu Grunde liegt, immer motivert werden muss, und zwar unabhängig von der Weltanschauung, und dann, dass diese Motivierung stets nur über das Wohl und Wehe des Egos geschieht. Du schreibst nun also, dass aus deiner Selbsterfahrung deine Weltanschauung dein Handeln motiviert? Wie geschieht denn diese Motivation genau und worauf genau beruht sie? Und was genau verstehst du unter "Wohl" bzw. "Eigenwohl"?

(11-10-2009, 21:33)Ekkard schrieb: Auch wenn es dir nicht passt: Die drei abrahamitischen Religionen fördern das Gefühl für die Bedürfnisse des Nächsten.

Tja, Ekkard, auch wenn es dir nicht passt: Diese Behauptung in ihrer verallgemeinerten Form bestreite ich entschieden und habe dies auch begründet.

(11-10-2009, 21:33)Ekkard schrieb: Dass in einem materialistischen Weltbild hier eine gewisse Schwierigkeit besteht, wirst du nicht bestreiten wollen.

Die Kategorie "materialistisches Weltbild" ist nun wirklich viel zu grobschlächtig, um daraus irgend welche ethischen Schlüsse ziehen zu können. Dass Vertreter religiöser Weltanschauungen seit jeher behaupten, der Urquell aller Moral zu sein und dieselbe gepachtet zu haben und "materialistischen" Weltanschauungen per se unterstellen, sie könnten, wenn überhaupt, nur eine dürftige Grundlage der Moral anbieten, ist ja nun wirklich nicht Neues. Dass solche überkommenen Selbst-Überzeugungen allerdings noch keinerlei Argumentstatus besitzen, dürfte auch klar sein. Vor allem aber haben sie - und da sind wir wieder bei der Wissenschaft - keinerlei empirische Grundlage...!
#28
(11-10-2009, 17:58)Lhiannon schrieb: Beispiel: Menschen handeln nun mal anders und oft selbstloser und risikofreudiger wenn sie an ein Leben nach dem Tod glauben.
Religiöse verhalten sich nicht ethischer als Atheisten

(11-10-2009, 17:58)Lhiannon schrieb: Angeblich sollen Gläubige auch glücklicher sein als Atheisten. (hab ich bei Hirschhausen gelesen)
Die angeblichen Vorteile der Religiosität wie Glücklichkeit und schnellere Genesung von Krankheiten haben nichts mit Religiosität zu tun, sondern mit persönlicher Sicherheit.

Hier wird auf entsprechende Studien verwiesen

---------------------------------

(11-10-2009, 18:12)Alanus ab Insulis schrieb:
(11-10-2009, 15:09)humanist schrieb: a) Wissenschaftliche Anforderungen:
Objektivität, Validität, Plausibilität, Reproduzierbarkeit und Statistik.
Bei Theologie sehe ich zumindest Ersteres verletzt.

Statistik und Reproduzierbarkeit sind schonmal Anforderungen, die vornehmlich den naturwissenschaftlichen Methoden zuzordnen sind. Wie z.B: die Geschichtswissenschaft reproduktiv sein soll, ist mir schleierhaft. Statistik ist nur in komparativen Methoden sinnvoll, ist folglich kein universales Kriterium. Validität und Objektivität sehe ich kein Problem.
Ad objectum bezieht sich die Theologie auf Gott, Welt und Mensch. Das Gott nicht existiere ist hier kein Einwand. Die Mathematik operiert auch mit Entitäten, die es in der Natur nicht gibt. Oder hast du schonmal die ∛8 irgendwo in der Natur gesehen. Mathematik beruht als Geisteswissenschaft nur auf Grund menschlich gedachter Systeme die Zusammenhänge der Welt erklären sollen. Die Notwendigkeit einer natürlichen Existenz ist nicht notwendig, gleiches gilt für die Theologie.

Die genannten Anforderungen sind selbstredend unvollständig und beziehen sich tatsächlich auf die Durchführung von Studien.
Bei Objektivität sehe ich schonmal ein Problem. Nämlich das Axiom Gott. Gott ist auch kein valides Argument (schwaches argumentatives Gewicht).
Es ist plausibler, dass das Universum ohne Gott auskommt (Ockhams Rasiermesser).
Die Reproduzierbarkeit ist verletzt, in dem Sinne, dass nicht jeder die Existenz Gottes nachprüfen kann.

Mathematik nahm seine Anfänge in dem Bedürfnis, die Natur zu verstehen und formal zu beschreiben.
Mathematik war in den Anfängen sehr wohl eine Beschreibung der Natur. Später haben sich Teilgebiete entwickelt,
die keine Anwendung finden. Das war in der Zahlentheorie allerdings lange auch so, bis sich die Kryptographie herausbildete.

(11-10-2009, 18:12)Alanus ab Insulis schrieb:
(11-10-2009, 15:09)humanist schrieb: b) Das Axiom "Gott existiert" ist ein wissenschaftlich unzuässiges Axiom.
Nicht mit mathematischen Axiomen wie Kommutativgesetz, Assoziativgesetz, Distributivgesetz, neutralen und inversen Elementen (Auswahl der arithmetischen Axiome) zu vergleichen,
da diese objektiv jedem offenkundig sind.

Es ist ein formallogischer Fehler anzunehmen, die Axiome der unterschiedlichen Wissenschaften müssten einander in Art und Weise gleichen. Tatsache ist, dass jede Wissenschaft unhintergehbare Voraussetzungen hat. Das diese Axiome nach Art der Wissenschaft unterschiedlich sind, ist selbstevident. Daher müssen auch theologische Voraussetzungen nicht mit mathematischen Axiomen verglichen werden. Mein Hinweis auf die euklidsche Axiomatik wollte nur Aufzeigen, dass keine Wissenschaft ohne selbige auskommt.

Habe nie behauptet, sie müssen sich gleichen. Ich wollte sagen, Axiome müssen jedem trivial einsichtig sein.
Das Axiom Gott erfüllt nicht dieses Kriterium.

(11-10-2009, 18:12)Alanus ab Insulis schrieb:
(11-10-2009, 15:09)humanist schrieb: c) In der Theologie widerspricht man doch gerne mal anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das müsstes du als Theologe doch am besten wissen.

Kann ich nicht bestätigen. Aber vlt. stellst du mal deine Thesen vor.

Hab den Artikel vom Professor gefunden:

Hier der Verweis:
Staatlich finanzierte Pseudowissenschaft
Hier der Artikel:
Der gottlose Theologe und seine Wissenschaft

Zitat:Wer vermutet, an theologischen Fakultäten könne ergebnisoffen geforscht werden, liegt weit ab der Realität. Wie ergebnisoffen an theologischen Fakultäten geforscht werden kann, veranschaulicht das Beispiel des Göttinger Professors Gerd Lüdemann, der, nachdem er öffentlich von seinem christlichen Glauben abfiel, aus dem Lehrbetrieb der theologischen Fakultät ausgeschlossen wurde. Wen interessiert da schon Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes, der die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre garantieren soll?
Gerd Lüdemann ist mittlerweile vehementer Kritiker der Zustände an theologischen Fakultäten.

(11-10-2009, 18:12)Alanus ab Insulis schrieb:
(11-10-2009, 17:27)humanist schrieb: Das ist es ja, was mir widerstrebt. Die meisten Wissenschaftler erkennen Theologie nicht als Wissenschaft an.

Interessant ist, das du die meisten Wissenschaftler kennst! Und noch mehr ihre Bewertung der Theologie als Wissenschaft.
Anstatt Behauptungen über die Meisten anzustellen, zitiere ich liebe einen bedeutenden Naturwissenschaftler:

"Gott steht für den Gläubigen am Anfang und für den Physiker am Ende allen Denkens." (Max Planck)

Ich kannte Professoren, die wissenschaftlich forschten, und ihre Meinung.
Ansonsten hört man immer mal wieder in Medien (Reportagen, Dokumentationen, Wissenschaftsmagazinen etc.) davon.
Außerdem sind die meisten Wissenschaftler Atheisten (kann ich belegen). Wissenschaftler bauen auf Fakten auf. Wenn ein Fakt unsicher ist (Gottes Existenz) kann das ganze Gebäude ihrer Theorie zusammenstürzen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
#29
Wie die Evolution die Moral hervorbrachte
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
#30
(11-10-2009, 22:37)humanist schrieb: Wissenschaftler bauen auf Fakten auf. Wenn ein Fakt unsicher ist (Gottes Existenz) kann das ganze Gebäude ihrer Theorie zusammenstürzen.
Falsch! Gottes Existenz ist nicht unsicher, sondern ein Glaubenssatz, eine Prämisse des Nachdenkens über das Richtige, Menschenwürdige, Zumutbare, Lebenserhaltende, die Nächstenliebe, -Achtung usw.

Richtig ist: Die wissenschaftliche Methode ist faktenorientiert, genauer: empirisch begründet.

Die Wertung oder Zielorientierung ist entweder Sache eines menschlichen Gremiums (Richtlinie, Gesetz) oder der allgemeinen Weltanschauung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard


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