(14-05-2010, 13:48)VolkersList schrieb: Lieber elwaps,
Deinen Beitrag Nr. 147 finde ich mindestens sehr interessant, denn für mich ist Dein Gedankengang der m.E. gelungene Versuch, die Evolution der menschlichen Gottesvorstellungen darzustellen.
Danke. Genau das war meine Intention.
Zitat:Das Spannende an Deiner weitgehend schlüssigen Deduktion ist die heute erreichte Zwischenform dieser Evolution, die ja weiter geht, nicht zuletzt durch das Vorantreiben unserer Forumsdiskussionen.
Diese Zwischenform, Gott als Gedankenkonstrukt, das dadurch "belebt" und "existent" gemacht wird, dass Milliarden
Menschen daran glauben und ihre Handlungen danach ausrichten, wird so lange nicht aussterben, solange es
Gläubige gibt. Und das wird zumindest noch ein paar hundert Jahre der Fall sein, denke ich. Versteht ihr? Wenn
ich einem Menschen gegenüberstehe, der fest an Gott glaubt, dann wird er auch seine Handlungen (auch mir
gegenüber) an seine Gottesvorstellung knüpfen. Ein Gläubiger handelt in vielen Situationen anders als es ein
Atheist täte, allein deshalb weil er vielen Dingen andere Prioritäten zuordnet und seine Handlungen vor Gott
vorzeigbar sein sollten.
Wenn mein gläubiges Gegenüber also nun auf Situation A mit der Handlung X reagiert, was er ohne seinen Glauben
nicht getan hätte, dann ist sein Gott durchaus existent, da er unter der Annahme seiner Existenz handelt und
das vermeintliche Gedankenkonstrukt Gott damit in die Realität überträgt. Man verzeihe mir diese Formulierung.
Zitat:Dabei hat schon Einstein die Tür zu der Vermutung aufgestoßen, daß Wissenschaft einen Grenzbereich hat, der uns nicht rational zugänglich ist und uns die Vermutung nahe legt, daß es eine Kraft gibt, die über allem herrscht und die wir ruhig Gott nennen können.
Das solltest Du mit Belegen untermauern. Einstein kamen seine Überlegungen und Rechnungen nie wie Indizien für
eine Existenz Gottes vor, da bin ich mir recht sicher. Wissenschaft wird immer Grenzbereiche haben, seien es
die Planck-Einheiten (z.B. die Planck-Temperatur von 141.678.500.000.000.000.000.000.000.000.000 Kelvin),
über deren Grenze die Naturgesetze keine Anwendung mehr finden, die Grenzen des sichtbaren Universums,
hinter denen wir nichts mehr erkennen können, da sich Teile des Universums mit über Lichtgeschwindigkeit
ausbreiten und uns keine Information mit mehr als Lichtgeschwindigkeit erreichen kann oder die Bestimmung
von Quantenzuständen ohne die allseits verhasste Unschärfe.
Ich nehme all diese Grenzbereiche einerseits als logische Resultate der Beschaffenheit dieses Universums hin.
Andererseits weiß man nie, ob der Mensch nicht doch irgendwann in diese Bereiche vordringen wird, wenn man
sich die wissenschaftlichen Entwicklungen der letzten 500 Jahre anschaut und 500 Jahre in die Zukunft denkt.
Zitat:Aber, o Wunder, lieber elwaps, die harten Fakten der Wissenschaft sind absolut unfähig, die Hunderttausend Gläubigen auf dem Kirchentag zu einem gemeinsamen Gebet zu versammeln.
O Wunder, das ist auch gar nicht ihre Intention. :icon_rolleyes:
Zitat:Das im Anblick der mächtigen Wissenschaft armselige Wort - Gefühl - aber sagt uns, wie begrenzt die Wissenschaft gegenüber dem allumfassenden Gefühl des Menschen und der Tiere ist.
Noch. So unromantisch das klingt, ich bin mir sicher dass wir in einiger Zeit in der Lage sein werden, erst unsere
Gedankenwelt, schließlich auch unsere Gefühlswelt und das was uns ausmacht, zu entschlüsseln.
Das ist natürlich nur eine Behauptung, wenn auch aus den Entwicklungen auf dem Gebiet der Neurologie extrapoliert.
Zitat:Deine scheinbar schlüssige Beweisführung, Gott kann nur innerhalb oder außerhalb des Universums und der universalen Gesetze existieren, ist typisch für das begrenzte menschenzentrierte Denken.
Mein Gefühl sagt mir, daß Gott sowohl außerhalb des Universums existiert, denn er hat ja mit dem Urknall das Universum erst geschaffen, aber er existiert für mich auch innerhalb des Universums und ist gleichzeitig Herrscher und Diener der Zeit, gleichzeitig Schöpfer seiner universalen Gesetze, aber auch deren Diener.
Einen Beweis habe ich natürlich nicht erbracht. Dennoch ist es aus physikalischer Sicht ausgeschlossen,
dass etwas (mal ganz allgemein gesprochen) mit den Fähigkeiten Gottes in (!) diesem Universum existiert, einfach
weil es seine Gesetzmäßigkeiten nicht zulassen. Zumindest die, die wir bis heute entdeckt haben.
Die meisten Gläubigen kommt mit einem Gott, der außerhalb des Universums in seiner Badewanne sitzt und Blasen auf
dem Badewasser aufsteigen lässt, von denen eine unser Universums ist, nicht zurecht, weil er dann so entfernt
und unerreichbar wirkt - oder? Gott muss für den Gläubigen auch innerhalb des Universums erreichbar sein?
Zitat:Gott ist die einzige Kraft im Universum, die aus Steinen Brot machen kann, aber er braucht dazu mindestens 4 Milliarden Jahre, die auch er, der fast Allmächtige, nicht überspringen kann.
Ohne Dir widersprechen zu wollen, mich fasziniert der Gedanke auch, ohne Gott einzubeziehen. Dass sich aus einem
fast symmetrischen, einheitlichen, fast unendlich heißen und fast unendlich dichtem Energiebrei überhaupt Materie
entwickeln konnte, dass sich aus dieser Materie überhaupt Galaxien, Sterne, Planeten (und all die noch viel faszinierenderen
Gebilde wie Neutronensterne, die bei ein paar Kilometern Durchmesser so schwer wie die Sonne sind und sich viele
Male pro Sekunde um die eigene Achse drehen) entwickeln konnten, und das nur, weil die vier Grundkräfte der Natur
genau so stark sind wie sie sind, dass sich irgendwann aus verschiedenen, bei Sternenexplosionen freigewordenen,
chemischen Verbindungen, Leben entwickeln konnte und aus dieser zunächst kleinen, primitiven Zelle nach etwa
vier Milliarden Jahren ein komplexes Lebewesen wie der Mensch, der, und das ist das Wahnsinnige, durch Beobachtung
all diese Zusammenhänge und Entwicklungen erkennen und begreifen kann, das ist schon... krass! :tard:
Der Wissenschaftler denkt über seine Umwelt nach, entwirft eine Theorie die sie erklären soll, überprüft seine Theorie anhand von Experimenten an der Realität, verwirft sie wenn sie sich als falsch erweist und sucht nach einer besseren Erklärung.