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Ist Atheismus ein Glaube?
#76
So wie ich die Philosophiegeschichte verstanden habe ist die Menschheit irgendwann so um das 17. Jhdt. herum auf den Trichter kommen, dass Fragen der göttlichen Existenz jenseits unseres Erkenntnishorizonts liegen. Man kann also keine rationale Aussage über die Existenz oder Nichtexistenz treffen. Menschen, die entsprechend weder an Gott noch an seine Nichtexistenz glauben sind Agnostiker. Menschen, die hingegen an das eine oder andere glauben sind Theisten oder Atheisten. Mir ist es ein Rätsel wieso in diesem Thread krampfhaft versucht wird Agnostiker in Atheisten umzudeuten. Nach meinem Eindruck sind es persönliche Befindlichkeiten, welche bewirken, dass man sich maximal von Theisten abgrenzen will statt sich selbst gegenüber ehrlich zu machen und zum Agnostizismus zu bekennen.
#77
(21-03-2022, 19:21)Thomas der Ungläubige schrieb: So wie ich die Philosophiegeschichte verstanden habe ist die Menschheit irgendwann so um das 17. Jhdt. herum auf den Trichter kommen, dass Fragen der göttlichen Existenz jenseits unseres Erkenntnishorizonts liegen.Mir ist es ein Rätsel wieso in diesem Thread krampfhaft versucht wird Agnostiker in Atheisten umzudeuten.

Nach meinem Eindruck sind es persönliche Befindlichkeiten, welche bewirken, dass man sich maximal von Theisten abgrenzen will statt sich selbst gegenüber ehrlich zu machen und zum Agnostizismus zu bekennen.

Der Theist bekennt sich zum Theismus/Deismus und ohne dessen es schon mal gar keinen Atheismus gäbe.
Dass  der religiöse Faschismus auf der politischen Weltbühne immer mehr den Ton angibt und auch fromme Christen immer öfter mit Rechtsextremen auf "Schwachdenkerdemos" im Gleichklang marschieren, stimmt halt nun mal leider auch. Wenn Staaten, wie z.B. auch die Türkei, an öffentlichen Schulen/Universitäten den Unterricht der Evolutionstheorie verbieten.. russische Patriarchen den Krieg gegen die Ukraine befürworten und segnen... und in anderen Staaten (12-13 solcher Staaten gibt es noch auf der Welt) den Atheisten mit der Todesstrafe gedroht wird... und sich bekennende Atheisten vor den Gesetzen des Staates diskriminiert werden dürfen-... dann täuscht du dich in deinem "Eindruck" wohl ziemlich arg.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#78
(21-03-2022, 19:21)Thomas der Ungläubige schrieb: Menschen, die entsprechend weder an Gott noch an seine Nichtexistenz glauben sind Agnostiker. Menschen, die hingegen an das eine oder andere glauben sind Theisten oder Atheisten. Mir ist es ein Rätsel wieso in diesem Thread krampfhaft versucht wird Agnostiker in Atheisten umzudeuten.

Atheisten glauben nicht an eine Behauptung, deren ideelle Bedeutung unseren Vorfahren ihr meist schwieriges  Leben im täglichen Überlebenskampf (psychologisch) durchaus erträglicher gemacht haben mag.
Atheisten glauben nicht an die simple Idee, nach der ein allmächtiges Wessen mittels Magie und Zauberei die Welt erschaffen  habe. Von daher braucht man ihnen auch keine Unehrlichkeit vorwerfen, wenn sie sich klar und deutlich von einer solchen Idee distanzieren.
"Agnostiker" können diesbezüglich meinen - oder auch nicht - was sie lieber möchten.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#79
(21-03-2022, 19:21)Thomas der Ungläubige schrieb: Mir ist es ein Rätsel wieso in diesem Thread krampfhaft versucht wird Agnostiker in Atheisten umzudeuten.

Ich weiss, es ist beliebt, die Begriffe Theist - Agnostiker - Atheist auf dieselbe Skala zu setzen, aber dem ist nicht so, da die Begriffe verschiedene Konzepte bezeichnen. Es gibt ueberzeugte und agnostische Theisten, und bei Atheisten sieht's auch nicht anders aus. Die meisten (von den aktiven eigentlich alle) Atheisten hier sind agnostisch, was die Existenz irgendeines Wesens jenseits unserer Vorstellungskraft angeht; sie halten das nur nicht fuer eine relevante Ueberlegung, wenn kein Einfluss auf unser Leben erkennbar ist.
#80
Unterschiedliche Skalen? Agnostischer Atheismus? Es scheint Menschen zu geben, die einen agnostischen Atheismus und einen agnostischen Theismus propagieren. Laut Wikipedia scheint es sich dabei aber eher um eine Mindermeinung zu handeln. Die englische Wikipedia beruft sich bei diesen Begriffen auf eine gewissen George H. Smith. Dass Herr Smith mit seinen Vorschlägen auf relevantes Echo außerhalb der Wikipedia gestoßen ist, kann ich nicht erkennen. Die englische Wikipedia nennt entsprechend den agnostischen Atheismus oder Theismus nicht als anerkannten Typ des Agnostizismus. Das macht nur die deutsche Wikipedia ohne dabei eine reputable Quelle zu liefern. Was sollen denn auch die verschiedenen Skalen der drei Begriffe sein? Es wäre ja logisch zu sagen, dass sich Theismus und Atheismus auf der Glaubensskala bewegen und der Agnostizismus dagegen auf einer anderen Skala (Wissensskala?). Aber welcher Gegenbegriff soll dann die Ebene des Agnostizismus definieren? Es gibt keinen Antiagnostizismus, da der Agnostizismus bereits eine direkte Antwort sowohl auf den Atheismus als auch auf den Theismus ist. Und Theismus und Atheismus sind im Verhältnis zum Agnostizismus zwei Seiten einer Medaille.

Ich bleibe ich dabei: Der Atheismus ist wie der Theismus eine Glaubensvorstellung. Einen rationalen Atheismus kann es deshalb nicht geben. Wenn man versucht, einen rationalen Atheismus unter Verweis auf differierende Skalen und mit Hilfe von Begriffsbildungen wie "agnostischer Atheismus" zu retten, dann klingt das für mich nach dem gleichen Geschwurbel mit dem sonst Theologen versuchen ihren Selbstbetrug aufrecht zu halten.

Aber bitte nicht persönlich nehmen, mir ist bewusst, dass ich kein ausgebildeter Geisteswissenschaftler bin. Ich lasse mich deshalb gerne eines Besseren belehren.
#81
(22-03-2022, 17:21)Thomas der Ungläubige schrieb: Was sollen denn auch die verschiedenen Skalen der drei Begriffe sein? Es wäre ja logisch zu sagen, dass sich Theismus und Atheismus auf der Glaubensskala bewegen und der Agnostizismus dagegen auf einer anderen Skala (Wissensskala?). Aber welcher Gegenbegriff soll dann die Ebene des Agnostizismus definieren?

Richtig, es ist eine andere Skala. Wie Du sagst, es ist die Wissensskala: entweder Du weisst etwas mit Sicherheit (das spielt oft in christlichen Glaubensbekenntnissen eine grosse Rolle; man findet das in vielen Predigten), oder Du weisst es halt nicht, bist also agnostisch. Ist Dir nicht aufgefallen, dass "a-gnostisch" das Gegenteil von "gnostisch" ist? Der Begriff "gnostisch" wird nur deshalb nicht benutzt, weil es da vor allem im Deutschen (im Englischen weniger) eine Begriffsverschiebung gegeben hat (die meisten Leute stellen sich darunter bestimmte juedische und christliche Bewegungen des fruehen ersten Jahrtausends vor), aber der Begriff bedeutend in der Tat "wissend".

Dass das heutzutage eine Minderheitenmeinung ist, ist schon richtig. Die etwas einfaeltige Alternative hat sich in Glaubensdiskussionen halt verbreitet, da diese durch Theisten dominiert ist, die unbedingt eine falsche Aequivalenz aufbauen und sich dabei nicht mit klaren gedanklichen Strukturen auseinandersetzen wollen. Die meisten Atheisten bezeichnen sich in oeffentlichen Diskussionen als Agnostiker, nicht weil sie diesen Ausdruck fuer relevant hielten, sondern um sich die sich an den Begriff "Atheist" meist anschliessenden, endlosen Diskussionen ueber den Begriff zu sparen. Dass auch ein Atheist nicht weiss, ob es einen Gott oder Goetter gibt, sollte eigentlich jedem klar sein. Was als irrelevant abgelehnt wird, ist die theistische Gottesvorstellung.

In dem Sinne ist der heute oft bemuehte Ausdruck "Agnostiker" in den meisten Faellen schlicht eine Art Schutzschild, um oeffentlich nicht erklaeren zu muessen, was man denkt; was in Glaubensfragen oft taktisch nicht unklug ist.

Ein Grossteil der Atheisten interessieren sich uebrigens schlicht nicht fuer Religion (manche Statistiken unterscheiden auch das in einen anderen Begriff). Der Bereich "Glaube" ist fuer sie kein Bereich, auf den es sich lohnen wuerde, irgendwelche Gedanken zu verschwenden.

(22-03-2022, 17:21)Thomas der Ungläubige schrieb: Aber bitte nicht persönlich nehmen, mir ist bewusst, dass ich kein ausgebildeter Geisteswissenschaftler bin. Ich lasse mich deshalb gerne eines Besseren belehren.

Das Problem ist ein erkenntnistheoretisches. Auf den ersten Blick koennte man ja meinen, dass die Fragen nach "Existenz" oder "Nichtexistenz" spiegelbildlich waeren, also aequivalent und prinzipiell mit den gleichen Mitteln zu loesen. Dem ist aber nicht so. Um "Existenz" nachzuweisen, reicht der Nachweis eines einzigen, positiven Beispiels, und damit ist der Beweis gelungen. Um "Nichtexistenz" nachzuweisen, muesste man jeden Winkel des Universums und darueber hinaus darauf abklopfen, ob ein solches einziges, positives Beispiel existiert, und das ist offensichtlich praktisch nicht machbar.

In dem Moment, wo die "atheistische" Position zwingend als "wissend" gesetzt wird, wie Theisten das gerne tun, wird versucht, Atheismus irgendwie als dumm darzustellen, aus dem eben genannten Grund. Um das machen zu koennen, wird halt die "Wissenskala" in die "Glaubensskala" integriert, mit dem einzigen Ziel, das Gegenueber runterzumachen. Die theistische Position kommt in solch einem Konstrukt aus dem erkenntnistheoretischen Grund, den ich genannt habe, automatisch besser weg; deshalb gibt es ja diese hunderte Versuche von Gottesbeweisen. Ein einziger reicht ja, um die eigene Position der Theisten zu "veredeln".

Als Wissenschaftler kann man da nur den Kopf schuetteln. Jeder wissenschaftlich Interessierte sollte eigentlich wissen, dass Aussagen ueber Beweise nie absolut gesetzt sind, ein gewisser Anteil von "Agnostizismus" also immer bleibt. So kommt man dann zu Reklovs Lieblingsthema.
#82
(22-03-2022, 17:21)Thomas der Ungläubige schrieb: Ich bleibe ich dabei: Der Atheismus ist wie der Theismus eine Glaubensvorstellung

ja sicher - kann man so sehen. weil sowohl existenz wie auch nichtexistenz eine "gottes" nicht bewiesen werden können (zweitere übrigens a priori - siehe ulans beitrag)

Zitat:Einen rationalen Atheismus kann es deshalb nicht geben

das sehe ich völlig anders. denn es ist sehr rational, an etwas nicht zu glauben, wofür es keinerlei evidenz gibt

ulan meint wohl etwas wie meine persönliche haltung:

epistemischer agnostiker (sowohl existenz wie auch nichtexistenz eines "gottes" können nicht bewiesen werden), aber praktischer atheist (es gibt keinen vernünftigen grund, an die existenz eines "gottes" zu glauben)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#83
Theismus = ja
Atheismus = nein
Agnostizismus = keine Ahnung

Man kann darüberhinaus nun neue Begriffe und Deutungsebenen einführen, um zu verhindern, dass der Atheismus nur als irrationales Spiegelbild
des Theismus erscheint. Ab warum diese Klimmzüge? Weil viele Menschen gerne rationale Atheisten sein wollen. Ein rationaler Atheismus
erfüllt für einige die Sehnsucht nach geistiger Reinheit genauso wie das bei anderen die Religion tut.
Ich rufe beiden Seiten zu: befreit euch davon, werdet Agnostiker!
#84
(23-03-2022, 18:47)Thomas der Ungläubige schrieb: Theismus = ja
Atheismus = nein
Agnostizismus = keine Ahnung

ja - aber das ist zu platt und reicht nicht. es geht schon um den kontext - also "ja, nein, vielleicht" in bezug auf was genau

Zitat:Ab warum diese Klimmzüge? Weil viele Menschen gerne rationale Atheisten sein wollen. Ein rationaler Atheismus erfüllt für einige die Sehnsucht nach geistiger Reinheit genauso wie das bei anderen die Religion tut

quatsch

ich bin rationaler atheist, weil die ratio zum atheismus führt (es gibt keinen vernünftigen grund, an die existenz eines "gottes" zu glauben). völlig unabhängig von "sehnsüchten", vermutlich aber wohl schon aus gründen der "geistiger Reinheit" - nämlich eben der ratio
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#85
Für Agnostiker gibt es ja auch keinen vernünftigen Grund an Gott zu glauben. Warum lässt du den Atheismus dann nicht einfach hinter dir?

Du fühlst dich von dem Begriff der "geistigen Reinheit" offenbar angesprochen aber unabhängig von Sehnsüchten sondern "aus Gründen". Kannst du diese Gründe näher beschreiben, was sind das für Gründe wo kommen sie her?
#86
(23-03-2022, 19:12)Thomas der Ungläubige schrieb: Für Agnostiker gibt es ja auch keinen vernünftigen Grund an Gott zu glauben

das heißt aber, ihn in praktischer bedeutung zu verwerfen. also ohne gott, sprich a-theistisch zu denken und leben


was stört dich denn so an einem praktischen atheismus?

Zitat:Du fühlst dich von dem Begriff der "geistigen Reinheit" offenbar angesprochen

sicher nicht - in solchen kategorien denke ich nicht

was soll das überhaupt sein?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#87
(23-03-2022, 19:12)Thomas der Ungläubige schrieb: Für Agnostiker gibt es ja auch keinen vernünftigen Grund an Gott zu glauben. Warum lässt du den Atheismus dann nicht einfach hinter dir?

Icon_lol Icon_lol Des Menschen Gott ist sein sogenannter innerer Schweinehund. Maßlos verwöhnt, selbst- und ich-süchtig bis zum Abwinken.. usw. usf. (Ich bin ich der ich bin)  
Auch Atheisten sind diesbezüglich nicht immer ganz gottlos und glauben (schätzen) tun sie auch. Viele Agnostiker scheinen auch nicht immer ganz genau zu wissen... und was sie was sie wollen.
(23-03-2022, 19:12)Thomas der Ungläubige schrieb: Du fühlst dich von dem Begriff der "geistigen Reinheit" offenbar angesprochen aber unabhängig von Sehnsüchten sondern "aus Gründen".
Wenn man sich so "anschaut", was gar manch frommer Theist in seiner sich eingebildeten geistigen Reinheit für eine grausam bösartiges, narzisstisches und gehässiges Arschloch ist, fühlt man sich selbst noch als Atheist solchen Leuten gegenüber moralisch überlegen....
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#88
(23-03-2022, 18:47)Thomas der Ungläubige schrieb: Theismus = ja
Atheismus = nein
Agnostizismus = keine Ahnung

Man kann darüberhinaus nun neue Begriffe und Deutungsebenen einführen, um zu verhindern, dass der Atheismus nur als irrationales Spiegelbild
des Theismus erscheint. Ab warum diese Klimmzüge? Weil viele Menschen gerne rationale Atheisten sein wollen. Ein rationaler Atheismus
erfüllt für einige die Sehnsucht nach geistiger Reinheit genauso wie das bei anderen die Religion tut.
Ich rufe beiden Seiten zu: befreit euch davon, werdet Agnostiker!

Du argumentierst hier nicht ganz ehrlich, wenn ich mir Deine Beitraege da oben so anschaue, da Du doch weisst, dass das Konzept, das Petronius und ich vertreten durchaus nicht auf unserem Mist gewachsen ist. Die Trennung der Konzepte von Atheismus und Agnostizismus ist aelter als die Vorstellung, die Du vertrittst. Ich bin in der Hinsicht ganz konservativ, da mir diese urspruengliche Definition sinnvoller erscheint. Alles auf eine Achse zu bringen ist eher etwas fuer Vereinfacher. Dabei ist die Landschaft doch sehr viel bunter: es gibt uralte atheistische Religionen, es gibt Deisten, also viele Positionen, die nicht so einfach auf solch eine Achse passen.

Petronius hat's auf den Punkt gebracht: wissen kann man nicht, ob ein Gott existiert oder nicht; nur ohne Evidenz seiner Existenz ist es aehnlich wie bei allen anderen Dingen, fuer die wir keine Evidenz haben: in unserem Leben haben solche Dinge keinen Raum, ausser vielleicht als Gedankenspielerei. Diese praktische Ebene ist doch das, wonach das Leben dann ausgerichtet wird.
#89
Für Atheisten ist es eine Gewissheit, dass "Gott" eine Frage der Definition ist und somit im Umkehrschluss auch jedwede Gottesdefinition menschliches Wunschdenken. Dazu gesellt sich in der Vorstellung, möglicherweise doch nur eine Produkt des Zufalls zu sein und auch noch gemeinsame Vorfahren mit den gemeinen  Affen zu haben, eine schwere narzisstische Kränkung.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#90
(24-03-2022, 00:30)Ulan schrieb:
(23-03-2022, 18:47)Thomas der Ungläubige schrieb: Theismus = ja
Atheismus = nein
Agnostizismus = keine Ahnung

Man kann darüberhinaus nun neue Begriffe und Deutungsebenen einführen, um zu verhindern, dass der Atheismus nur als irrationales Spiegelbild
des Theismus erscheint. Ab warum diese Klimmzüge? Weil viele Menschen gerne rationale Atheisten sein wollen. Ein rationaler Atheismus
erfüllt für einige die Sehnsucht nach geistiger Reinheit genauso wie das bei anderen die Religion tut.
Ich rufe beiden Seiten zu: befreit euch davon, werdet Agnostiker!

Du argumentierst hier nicht ganz ehrlich, wenn ich mir Deine Beitraege da oben so anschaue, da Du doch weisst, dass das Konzept, das Petronius und ich vertreten durchaus nicht auf unserem Mist gewachsen ist. Die Trennung der Konzepte von Atheismus und Agnostizismus ist aelter als die Vorstellung, die Du vertrittst. Ich bin in der Hinsicht ganz konservativ, da mir diese urspruengliche Definition sinnvoller erscheint. Alles auf eine Achse zu bringen ist eher etwas fuer Vereinfacher. Dabei ist die Landschaft doch sehr viel bunter: es gibt uralte atheistische Religionen, es gibt Deisten, also viele Positionen, die nicht so einfach auf solch eine Achse passen.

Petronius hat's auf den Punkt gebracht: wissen kann man nicht, ob ein Gott existiert oder nicht; nur ohne Evidenz seiner Existenz ist es aehnlich wie bei allen anderen Dingen, fuer die wir keine Evidenz haben: in unserem Leben haben solche Dinge keinen Raum, ausser vielleicht als Gedankenspielerei. Diese praktische Ebene ist doch das, wonach das Leben dann ausgerichtet wird.

Ich bestreite ja nicht, dass es andere Konzepte gibt. Ich bestreite nur, dass diese Konzepte ausreichend begründet sind. Und ich spreche hier zuerst über den Atheismus als abstrakte Idee um dann erst im zweiten Schritt vielleicht Unterschiede zu kulturellen Phänomen zu benennen. Mir scheint, dass viele Atheisten immer noch die Schlachten des 19. Jahrhunderts schlagen. Da sich der Nebel der alten Debatten aber eigentlich längst gelichtet haben sollte, kann man nun zu begrifflicher Klarheit finden.

Was mich am Atheismus einfach stört, ist die pauschale Antireligiosität und damit verbundene Intoleranz. Nur Agnostiker sind wirklich neutral gegenüber religiösen Vorstellungen. Atheisten lehnen sie eben explizit ab. Ich weiß nicht, ob ich selbst wirklich religiös bin, aber ich bin in jedem Fall anti-antireligiös.


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