15-01-2022, 15:21
(14-01-2022, 21:22)Ulan schrieb: Es ging darum, dass Reklov spaeter behauptete, ich solle genau lesen, und zwar, dass er gesagt haette, nicht alle dieser dreitausend Prophezeiungen muessten sich schon erfuellt haben. Das steht eben auch im Widerspruch zu seiner tatsaechlichen, urspruenglichen Behauptung, dass es mehr als 3000 erfuellte Prophezeiungen gaebe.
Dass seine Beispiele schon nicht auscheckten, ist dann das groessere Problem. Die persoenliche Note, das Gesagte umzudrehen, kommt noch dazu.
Hallo Ulan,
... diese seinerzeit geschriebenen Zeilen korrigierte ich, denn Christen zufolge beweisen 3268 erfüllte Prophezeiungen, dass die Bibel von Gott stammt. Offenbar hat noch nie jemand in der Quelle für diese Zahl nachgeschaut, was dort als „erfüllte Prophezeiung“ zählt.
Dabei darf man aber folgendes Problem nicht übersehen: Nehmen wir an, jede einzelne Prophezeiung habe eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10, durch Zufall einzutreten. Das heißt, dass sich unter den 3268 Prophezeiungen bereits statistisch 327 finden lassen werden, die sich durch bloßen Zufall erfüllt haben. Rein statistisch werden sogar einige darunter sein, die besonders spektakulär wirken.
Das heißt: Es reicht nicht aus, bloß zu zeigen, dass sich in der Bibel einige spektakulär erfüllte Prophezeiungen befinden. Die hohe Zahl von Prophezeiungen führt dazu, dass sich rein statistisch, also durch bloßen Zufall, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine große Zahl erfüllter Prophezeiungen finden wird. Im obigen Beispiel, wo wir die Wahrscheinlichkeit pro Prophezeiung mit 1 zu 10 angesetzt haben, müsste Werner Gitt überhaupt erst einmal 327 erfüllte Prophezeiungen belegen, bevor er überhaupt zu dem Bereich zu kommt, wo es langsam anfängt, unwahrscheinlich zu werden, dass wir noch weitere erfüllte Prophezeiungen finden.
Die Quelle für die 3268 „erfüllten Prophezeiungen“ ist die sogenannte „Dake-Bibel“ des US-Evangelisten Finis Jennings Dake (1902-1987). Der hat die komplette King James Bibel durchgearbeitet, mit Kommentaren versehen, und die Prophezeiungen tabelliert. Wer also wissen will, um welche Prophezeiungen es sich handelt, ihre Eintrittswahrscheinlichkeit abschätzen will und lesen, wie sie erfüllt worden sind, der sollte sich eine Dake-Bibel besorgen.
Liest man die Prophezeiungen durch, so können sie auch leicht als menschliche "Deutung" eines erfüllten Zustandes "bestimmt" werden, wie z.B. "das Kriechen der Schlange auf dem Bauch" oder das zukünftige schwere Los, welches "Gott" dem ersten Mann und seiner Frau bereits in der Genesis "prophezeit".
Liest man z.B. die "Offenbarungen des Johannes", so sind dies jedoch bisher nicht "erfüllte" Prophezeiungen, deren magische Sprachform und die damit verbundenen Wort-Symbole sich dem heutigen Leser aber nicht mehr recht erschließem wollen/können.
Prophezeiungen über den "Weltuntergang" sind aber auch in vielen anderen Sagen alter Kulturvölker vermerkt, wenn auch jeweils in einer sprachlichen Eigenart, welche dem damaligen Zeitgeist geschuldet ist, deswegen aber, trotz der uns heute fremdartig anmutenden Wort-Bilder, ihren psychologischen Kern behalten.
Liest man jedoch die vielen spekulativen Ungereimtheiten, wie sie über die Entstehung des Universums im Umlauf sind, wie sie z.B. Kitty Ferguson in ihren Büchern vorstellt, so steht man ebenfalls vor einer Wand.
Fergusons Werke zeichnen sich durch Details und Genauigkeit aus. Sie ist bekannt für ihre Fähigkeit, selbst komplizierte wissenschaftliche Konzepte auf eine Weise zu erklären, die für die breite Öffentlichkeit verständlich ist.
Im >Das Feuer in den Gleichungen< fasst sie zwei Grundprinzipien der wissenschaftlichen Methode wie folgt zusammen:
- 1. Alle unsere Theorien, Ideen, Vorurteile, Instinkte und Vorurteile darüber, wie Dinge logisch sein sollten, wie sie fairerweise sein sollten oder wie wir sie bevorzugen würden, müssen gegen die äußere Realität getestet werden – was sie sind Ja wirklich sind. Wie bestimmen wir, was sie wirklich sind? Durch direkte Erfahrung des Universums selbst. […]
- 2. Das Testen, die Erfahrung muss öffentlich und wiederholbar sein – gemeinfrei. Wenn die Ergebnisse nur einmal abgeleitet werden, wenn die Erfahrung nur die einer Person ist und anderen nicht zur Verfügung steht, die denselben Test oder dieselbe Beobachtung unter ungefähr denselben Bedingungen versuchen, muss die Wissenschaft die Ergebnisse als ungültig ablehnen – nicht unbedingt falsch, aber nutzlos. Einmalige private Erfahrungen sind nicht akzeptabel.
K. Ferguson betont, dass Religion und Wissenschaft nicht in Konflikt miteinander stehen müssen und dass es wichtig ist, dass sich die breite Öffentlichkeit dessen bewusst ist. Laut Ferguson kann ein solches Bewusstsein dadurch gestärkt werden, dass die Menschen verstehen, wie wissenschaftliche Entdeckungen stattfinden. Sie befürwortet die Aufklärung der Menschen über die Wissenschaft als einen dynamischen Untersuchungsprozess, bei dem eine etablierte Theorie durch eine andere Theorie ersetzt werden kann, wenn diese neue Theorie Phänomene auf einfachere Weise erklärt oder sie auf einer tieferen, reicheren Ebene als die frühere Theorie erklärt.
„Ich möchte die wissenschaftsliebende Öffentlichkeit von kleinmütigem wissenschaftlichem Fideismus befreien, der die kreative Vorstellungskraft und die spirituelle Entwicklung erstickt und oft zu einem Vertrauensverlust in die Wissenschaft führt. Ich möchte die Religion befreien, um ihre Wirkung zu entfalten – um ihre Kämpfe für Menschenrechte und Würde und eine fürsorgliche Gesellschaft sowie gegen Illusion und Verzweiflung zu führen – ohne gleichzeitig eine Nachhutaktion gegen diejenigen führen zu müssen, die sie als Widerstand gegen die Karikatur darstellen wissenschaftliche Erkenntnisse und intellektuelle Raffinesse. Ich möchte den Dogmatikern des wissenschaftlichen Atheismus und des religiösen Fundamentalismus sowohl Wissenschaft als auch Religion entreißen.
So vermerkt K. Ferguson in ihrem interessanten Buch > Gott und die Gesetze des Universums < z.B.:
>> In der realen Zeit, in der wir leben, würde es immer noch so scheinen, als gäbe es in Schwarzen Löchern und zu Beginn des Universums Singularität. Doch in der imaginären Zeit würde es nirgendwo irgendwelche Singularitäten geben. Doch trotz seiner mathematischen und logischen Konsistenz muss dieses Modell des Universums nicht zwangsläufig zutreffen. Nichts hat bisher bewiesen, dass es das einzige konsistente Modell ist oder dass ihm gegenüber anderen ein besonderer Vorrang eingeräumt werden müsste.
Könnte es so abgelaufen sein, wie es im Keine-Grenzen-Vorschlag beschrieben wird? Ist es auf diese Weise geschehen?
Nur aus ästhetischen und philosophischen Gründen und weil diese Hypothese eine der Grundannahmen der Naturwissenschaft aufrecht erhält, ist es gegenwärtig möglich, ihr anderen Theorien gegenüber den Vorzug zu geben.
Hawking sagt, der Vorschlag gefalle ihm, weil "er wirklich der Naturwissenschaft zugrunde liegt ... in ihm steckt wirklich die Behauptung, dass die Gesetze der Naturwissenschaft überall gelten."
Das ist es - eine Behauptung und kein Nachweis, dass diese Gesetze tatsächlich überall gelten oder dass Hartle und Hawking korrekt die Art und Weise wiedergegeben haben, wie sie gelten. Die imaginäre Zeit spielt auch in den Theorien von Hawking und anderen über Wurmlöcher und Baby-Universen eine große Rolle.
Der kleine Auszug soll genügen, um zu zeigen, wie wenig wir über uns und das Universum wissen (können)!
Ferguson: >> Dies alles genau zu berechnen, scheitert schon im "Kleinsten", denn eine der Beschränkungen der Quantenmechanik besteht darin, dass es unmöglich ist, Position und Impuls eines Elementarteilchens gleichzeitig zu messen und dennoch für beide genaue Werte anzugeben. Ein Elektron umkreist einen Atomkern nicht auf die gleiche vorausberechenbare Weise, wie ein Planet die Sonne umkreist.
Die Quantenmechanik sagt, dass die Wahrscheinlichkeit, das Elektron zu entdecken, in einem bestimmten Gebiet rund um den Atomkern überall gleich groß ist.
1989 schrieb Hawking in einem Artikel, er hoffe - und zwar mindestens schon seit Anfang der 70er Jahre -, dass in einer Theorie der Quantengravitation (einer Theorie, die Allgemeine Relativitätstheorie und Quantenmechanik verbindet) die Singularitäten ebenfalls >verschmiert< sein würden. <<
Hier breche ich mal ab, obwohl es sehr aufschlussreich weitergeht und zitiere nur noch Robert Jastrow, der darauf hinweist, dass bei einem Wettstret zwischen Naturwissenschaft und Religion, den Gipfel des Berges zuerst zu erreichen, die Religionen offenbar einen Sieg davontragen. Aber - oben angekommen, treffen die Naturwissenschaftler nicht "Gott" an. Sie stoßen vielmehr auf eine Schar Leute, unter ihnen vermutlich auch der heilige Augustinus, die vor einer verschlossenen Tür am Beginn der Zeit stehen, die wir bei unserer Suche nach dem allumfassenden Wissen nicht öffnen dürfen - und auch nicht öffnen können.
Gruß von Reklov