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Drohungen zur Erzwingung sozial verträglichen Verhaltens notwendig?
#76
(23-01-2013, 12:08)Ekkard schrieb:
(23-01-2013, 10:23)Keksdose schrieb: So eindeutig kann es also nicht sein.
Eben doch, weil es sich um märchenhafte Lehrstücke handelt, die, so ausgeführt, absolut lieblos genannt werden müssen, und folglich dem Willen Gottes nach Wohlergehen seiner Menschen nicht entsprechen.

da begehst du imho einen fehlschluß

denn was als "lieblos" und deshalb als "dem Willen Gottes nach Wohlergehen seiner Menschen nicht entsprechend" angesehen wird, ist natürlich zeitlich soziohistorisch und kulturell bedingt

du kannst nicht mit deinem heutigen verständnis an texte herangehen, die vor tausenden von jahren geschrieben wurden, und bestimmen, wie sie damals (im soziohistorisch und kulturellen kontext) gemeint gewesen sein müssen. auch nicht, wie "der jude jesus" vor 2000 jahren jahrhundertealte texte verstanden haben muß

diesen fehler halte ich auch der "jüdischen sichtweise" vor, die sich - wie du hier - im nachhinein alles schön zurecht interpretieren will. was an sich natürlich legitim ist, aber nicht rechtfertigt, diese interpretetion zum eigenen gefallen als die einzig zulässige zu erklären
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#77
(23-01-2013, 10:23)Keksdose schrieb: Ähm - und wie kommt es dann, das wir (hier ja auch) regelmäßig über die verschiedenen Auslegungen von Bibelstellen diskutieren? Ich erinnere nur mal an den störrischen Sohn oder die Tochter eines Priesters...
So eindeutig kann es also nicht sein.
Über Pharisäer, Schriftgelehrte und ihre "Gesetze" sagt Gott schon durch den Propheten Jesaja:"Vergeblich verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren." (Mt 15,9)
Und zur Steinigung sagt Jesus:"Wer von euch ohne Sünde ist der werfe den ersten Stein."
Da kein Mensch ohne Sünde ist sind wir wieder beim: "Du sollst nicht töten!"
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#78
Was ich dem bisherigen Gespräch entnommen habe:
1. Die Frage setzt voraus, dass es einen Gott gibt, der sozial verträgliches Verhalten durch Drohungen erzwingen will. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Frage überhaupt sinnvoll zu stellen.
2. Hier gibt es zur Ausgangsfrage sehr persönliche, von den eigenen Bedürfnissen bestimmte Ansichten.
2. Die Pro- und Contra-Argumente stützen sich teils auf Bibelzitate, teils auf eigene Spekulationen über das Jenseits.

Was mir fehlt ist so etwas wie eine - möglichst gemeinsame - Analyse der Ausgangsfrage "Drohungen zur Erzwingung sozial verträglichen Verhaltens notwendig?"

Nehmen wir also mal an, es gäbe einen allmächtigen Gott und er beabsichtigte sozial verträgliches Verhalten (z.B. Einhaltung der 10 Gebote oder des Liebesgebotes) durch Drohungen durchzusetzen, dann hätte er die Welt so gestalten können, dass alle Menschen sich - sei es nun freiwillig oder auch unfreiwillig - "zwangsläufig sozialverträglich" verhielten.
Was er laut biblischer Aussage gegeben hat, sind die überwiegend Verhaltensverbote des AT, sowie sehr bildkräftige Drohungen.
Wir können aber beobachten: Die Menschen verhalten sich keineswegs durchgängig sozialverträglich. Und ich folgere: Gott hatte offenbar gar nicht die Absicht "sozialverträgliches Verhalten" durchzusetzen.

Wir beobachten ferner in unserem menschlichen Zusammenleben: Drohungen mit irgendwann einmal eintretenden Strafen sind bei Menschen nur sehr beschränkt wirksam.

Aus diesen beiden Beobachtungen leite ich ab: Gott hat gar nicht die Absicht, sozial verträgliches Verhalten konsequent durchzusetzen. Er lässt zumindest diesbezüglich die Welt nach "Naturgesetzen" ihren Gang gehen. Welchen Zweck seine Drohungen dann erfüllen sollen, kann ich nicht sagen. Aber sie sind auf keinen Fall notwendig, weil sie eben offensichtlich auf dieser Welt die Not eines mangelnden sozialverträglichen Verhaltens gar nicht hinreichend wenden.
Und daraus folgere ich wiederum: Was die Not nicht wendet, anders gesagt, nicht hinreichend effektiv ist, ist auch nicht notwendig. Es könnte genauso gut auch wegfallen oder vielleicht durch effektivere Mittel ersetzt werden.

Im Übrigen: Die Einsicht, dass Strafe kein besonders effektives Erziehungsmittel ist, hat sich ja sogar schon in Teilen der Menschheit durchgesetzt. Die Strafe ist lediglich der Notnagel, mit dem wir versuchen, unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit, in dieser nur sehr mangelhaft gestalteten Welt, ein zu sehr ausuferndes, sozial unverträgliches Verhalten wenigstens etwas einzuschränken. Wir befriedigen damit teils Rachebedürfnisse. Und wir versuchen über wilde Strafdrohungen in unserer Gesellschaft und in uns selbst ein Gefühl von Sicherheit zu erzeugen, die, wie schon gesagt, in Wirklichkeit damit leider nicht erreicht werden kann.

Es sind also für mich im Augenblick nur drei Schlüsse ziehbar:
1. Gott befindet sich in der gleichen misslichen Lage wie wir und es fällt ihm einfach auch nichts Gescheiteres ein, um Sozialverträglichkeit zu erzeugen.
2. Gott verfolgt dieses Ziel nicht wirklich, verfolgt also mit seinen Drohungen Zwecke oder Ziele, die wir nicht kennen.
3. Gott ist eine menschliche Projektion, der natürlich nichts besseres einfallen kann, als es uns Menschen auf unserer jeweiligen Entwicklungstufe einfällt.

Ich freue mich auf sachliche wie persönliche Reaktionen gleichermaßen

Gruß von dalberg
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#79
(23-01-2013, 13:22)dalberg schrieb: .
2. Gott verfolgt dieses Ziel nicht wirklich, verfolgt also mit seinen Drohungen Zwecke oder Ziele, die wir nicht kennen.
Für den, der nicht an Gott glaubt gibt es keine Angst vor Gottes "Drohungen".
Für Menschen, die glauben das es Gott gibt sind es gut gemeinte Warnungen wie wenn ein Vater zum Sohn sagt: "Ess keine Fliegenpilze!"
Der Mensch ist "fertig" wenn er von sich aus "menschlich" handelt.
Gott hilft dabei. Denn die "Neue Welt" ist nur für diese Menschen von Gott gemacht und unsere Welt nur eine Zwischenstation dort hin. Wer meint sich hier auf dieser Welt durch Ungerechtigkeit eine "eigene Welt" schaffen zu müssen ist für Gott ein verlorener Sohn für die Neue.
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#80
(23-01-2013, 13:57)indymaya schrieb: Für Menschen, die glauben das es Gott gibt sind es gut gemeinte Warnungen wie wenn ein Vater zum Sohn sagt: "Ess keine Fliegenpilze!"

Sollten wir nicht zwischen den Geboten und den Drohungen (Hölle usw.) unterscheiden?
Die Gebote selbst enthalten keine Drohungen. Sie kann man durchaus als Lebenshilfe bewerten.
Davon unterscheiden sich jedoch die Straf-Drohungen, die im AT wohl sehr oft vorkommen, im NT aber, wenn ich es richtig sehe, seltener auftauchen.

Gruß dalberg
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#81
Dalberg:

An und für sich würde ich dir Recht geben. Aber auf diesen Satz
(23-01-2013, 13:22)dalberg schrieb: dann hätte er die Welt so gestalten können, dass alle Menschen sich - sei es nun freiwillig oder auch unfreiwillig - "zwangsläufig sozialverträglich" verhielten.

wirst du die Standardantwort bekommen, dass Gott die Menschen angeblich so sehr liebt, dass er ihnen den freien Willen lässt - auch wenn sie andere noch so sehr quälen und schikanieren. Zum "Ausgleich" macht er dann im Jenseits denjenigen, die andere gequält haben, Vorhaltungen und liefert sie der Hölle aus, was dann "Gerechtigkeit für die Opfer" genannt wird und seiner "Liebe" genauso wenig widersprechen soll wie seine unterlassene Hilfeleistung an die Opfer zu Lebzeiten.
Ein Gott, der das nicht täte, sondern beizeiten eingreifen würde, um Barbarei der Menschen untereinander zu verhindern, würde sich nach dieser Meinung widersprechen und den freien Willen untergraben. Gott schätzt demnach die Freiheit des Menschen, sich an Schwächeren auszutoben, als wertvoller ein als die Menschenwürde von deren Opfern.
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#82
(23-01-2013, 14:14)dalberg schrieb: Sollten wir nicht zwischen den Geboten und den Drohungen (Hölle usw.) unterscheiden?
Die Gebote selbst enthalten keine Drohungen. Sie kann man durchaus als Lebenshilfe bewerten.
OK. Dann sagt der Vater:"Iss keine Fliegenpilze, sonst bekommst du furchtbare Schmerzen und musst sterben!" Für mich ist das eine Warnung, weil der Vater den Sohn liebt. Also Gebot und Begründung als Warnung.
Ich glaube "Drohung" wird hier nur so hoch gespielt um Gott böse wirken zu lassen.
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#83
Also, Indymaya, zwischen Drohungen und Ankündigungen sachlicher Folgen sollten wir wohl schon unterscheiden - oder?

Gruß dalberg
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#84
Lelinda,
bei allem Respekt, aber Gott könnte es doch wohl hinbekommen, uns den freien Willen zu lassen, aber dennoch dabei behilflich zu sein, uns einsichtig für das Richtige zu entscheiden!?!

dalberg
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#85
(23-01-2013, 14:21)Lelinda schrieb: Gott schätzt demnach die Freiheit des Menschen, sich an Schwächeren auszutoben, als wertvoller ein als die Menschenwürde von deren Opfern.
Gott schätzt die "Schwächeren" als wertvoll und die Tobenden als Nichts.
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#86
(23-01-2013, 14:32)indymaya schrieb: OK. Dann sagt der Vater:"Iss keine Fliegenpilze, sonst bekommst du furchtbare Schmerzen und musst sterben!" Für mich ist das eine Warnung, weil der Vater den Sohn liebt.

Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zwischen diesem Vater und (einem allmächtigen) Gott: Wenn der Sohn trotzdem den Pilz isst, kann der (menschliche) Vater nicht viel tun, um ihn zu retten. Er kann zwar den Notarzt rufen, aber im schlimmsten Fall stirbt der Sohn trotz aller medizinischen Soforthilfe.

Gott dagegen (zumindest, wenn er allmächtig ist, was du ihm bestimmt nicht absprechen willst) hat alle Macht und könnte, wenn er wollte, den Sünder trotzdem in sein Reich lassen. Es gibt keine negative Konsequenz eines negativen Verhaltens (für den Täter), die der allmächtige Gott nicht jederzeit verhindern könnte - während der menschliche Vater wahrscheinlich zusehen muss, wie der Sohn am Giftpilz stirbt, egal, was er versucht, um ihn zu retten.

Das Schicksal des Menschen ist von völlig von dem Willen eines solchen Gottes abhängig. Auch das ist ein Unterschied zur Eltern-Kind-Beziehung, wo die Gesellschaft den Kindern auch dann gewisse Rechte zuschreibt, wenn die Eltern sie ihnen nicht gewähren wollen. Denn es sind ja nicht alle Eltern gut.
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#87
(23-01-2013, 14:40)Lelinda schrieb: Gott dagegen (zumindest, wenn er allmächtig ist, was du ihm bestimmt nicht absprechen willst) hat alle Macht und könnte, wenn er wollte, den Sünder trotzdem in sein Reich lassen.
Es gibt aber nicht nur Steinpilze auf der Welt und deshalb die Warnung des Vaters. Was hätte der Sohn für eine "Freiheit" wenn der Vater immer neben ihn hergeht um sicher zu gehen das der Sohn hört. Der Vater sagt etwas weil er den Sohn liebt. Wenn der Sohn den Vater liebt, hört er auf ihn. Wem Gott in sein Reich lässt liegt bei Gott oder sollte er auf Lelinda hören?
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#88
(23-01-2013, 13:22)dalberg schrieb: Nehmen wir also mal an, es gäbe einen allmächtigen Gott und er beabsichtigte sozial verträgliches Verhalten (z.B. Einhaltung der 10 Gebote oder des Liebesgebotes) durch Drohungen durchzusetzen, dann hätte er die Welt so gestalten können, dass alle Menschen sich - sei es nun freiwillig oder auch unfreiwillig - "zwangsläufig sozialverträglich" verhielten

die klassische antwort - du läßt sie ja schon anklingen, und ich hätte sie auch von indy erwartet - wäre nun die mit dem "freien willen"

natürlich hätte ein allmächtiger gott es so einrichten können, daß alle sich "richtig" oder "ihm wunschgemäß" verhalten müssen, einfach weil sie zu gar nichts anderem in der lage sind. das aber möchte er ja offenbar nicht, er will, daß die menschen das freiwillig tun. das kann man gerne als prämisse einführen

nun aber mein einwand: "freiwillig" ist doch auch nur eine umschreibung für "aus eigener einsicht heraus". folge ich nur einer drohung, aus angst vor den unangenehmen konsequenzen im fall des zuwiderhandelns, so kann weder von eigener einsicht noch von freiwilligkeit die rede sein. ergo: auch ein "gott", so er denn den freien willen ernst nimmt, kann nur versuchen zu überzeugen, aber nie durch drohungen zwingen - oder er läßt die prämisse des freien willens fallen bzw. offenbart sie als bloße schutzbehauptung, die ohnehin nie ernst gemeint war

(23-01-2013, 13:22)dalberg schrieb: Es sind also für mich im Augenblick nur drei Schlüsse ziehbar:
1. Gott befindet sich in der gleichen misslichen Lage wie wir und es fällt ihm einfach auch nichts Gescheiteres ein, um Sozialverträglichkeit zu erzeugen.
2. Gott verfolgt dieses Ziel nicht wirklich, verfolgt also mit seinen Drohungen Zwecke oder Ziele, die wir nicht kennen.
3. Gott ist eine menschliche Projektion, der natürlich nichts besseres einfallen kann, als es uns Menschen auf unserer jeweiligen Entwicklungstufe einfällt.

ich muß wohl nict erst ausführen, wie mein schluß aussieht

aber es wäre auch 4. denkbar:

"gott", was auch immer das sein mag, hat mit der bibel und deren möglichen auslegungen nichts zu schaffen und umgekehrt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#89
Hallo petronius,
nur so als Nachfrage - und nur ein ganz klein wenig aus Rechthaberei - gefragt: Ist Schluss 4 nicht inhaltlich identisch mit Schluss 3 ?
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#90
Hallo indymaya,

nochmals meine Frage! Müssen wir nicht zwischen sachlichen Folgen - hier Tod durch Vergiftung - und Drohungen (Prügel, Hölle) unterscheiden?

Gruß dalberg

PS: Es gibt auch Thesen, die in etwa besagen, dass Gott eben nicht droht und nicht straft, sondern nur warnt. Dass also die Hölle so etwas ist wie eine natürliche Konsequenz. Etwa so: Wenn der Mensch dereinst zur Einsicht kommt, falsch gehandelt zu haben, wird er unter dieser irreversiblen Schuld leiden.
Das wäre dann das Fegefeuer oder die Hölle, die er sich selbst geschaffen hat und es wäre damit der natürlichen Konsequenz, also dem Tod durch Fliegenpilzvergiftung vergleichbar.
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