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Drohungen zur Erzwingung sozial verträglichen Verhaltens notwendig?
#1
Da ein Thread, in dem u.a. über dieses Thema diskutiert wurde, gestern geschlossen wurde, mache ich dafür mal einen neuen Thread auf:

Es gibt viele Leute, die glauben, dass ein negatives Verhalten gegenüber den Mitmenschen negative Konsequenzen nach dem Tod hat, die weit über die denkbaren irdischen Folgen (wie im Strafrecht) hinausgehen. Diese negativen Folgen können - je nach Glaubensrichtung - Hölle, Verdammnis, eine Wiedergeburt mit schwerem Schicksal (zum Beispiel angeborener Behinderung) oder eine noch negativere Wiedergeburt (zum Beispiel als Tier) sein. Es kann aber auch eine von überirdischen Mächten (zum Beispiel Gott) geschickte Strafe im Diesseits sein, zum Beispiel der Ausbruch einer Krankheit oder gar eine Naturkatastrophe.

Viele Leute scheinen außerdem zu denken, dass solche Konsequenzen oder zumindest die Androhung solcher Konsequenzen unbedingt notwendig sind, um Mord und Totschlag untereinander zu verhindern. Das legt ein Menschenbild nahe, das davon ausgeht, dass viele Leute nur aus Angst vor der Hölle oder schlechtem Karma daran gehindert werden, aufeinander loszugehen.

Ist das wirklich der Fall? Warum müssen Religionen drohen? Warum reicht es anscheinend nicht aus, den Mitmenschen als denkendes und fühlendes Wesen wahrzunehmen, dem man nichts Böses tun sollte, weil er darunter leiden würde?
Und: In Religionen wie dem Christentum wird der Gläubige dazu aufgefordert, Gott zu lieben. Ist das wirklich möglich, wenn man immer Drohungen mit schlimmsten Jenseits-Strafen im Kopf hat?

Wie ist das eigentlich in anderen Religionen, die nicht so bekannt sind? Gibt es in allen irgendwelche von übernatürlichen Mächten oder Gesetzen verhängte Strafen? Und wenn nicht: Wie gehen die Menschen in Kulturen ohne übernatürliche Drohungen miteinander um?
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#2
(19-01-2013, 12:18)Lelinda schrieb: Warum reicht es anscheinend nicht aus, den Mitmenschen als denkendes und fühlendes Wesen wahrzunehmen, dem man nichts Böses tun sollte, weil er darunter leiden würde?
Und: In Religionen wie dem Christentum wird der Gläubige dazu aufgefordert, Gott zu lieben. Ist das wirklich möglich, wenn man immer Drohungen mit schlimmsten Jenseits-Strafen im Kopf hat?
Zur 1. Frage: Der Mensch ist in verschiedenen Situation unterschiedlich, so dass das Verhalten andere mehr oder weniger einschränkt bis schadet. Aber das gilt halt statistisch gesehen nur zu einem Teil. In den überwiegenden Fällen verhält sich der Mensch kooperativ bis selbstlos - wahrscheinlich auch ganz von selbst. Denn man will ja in der Gesellschaft punkten, salopp formuliert. In den gesellschaftsbezogenen Studien ergibt sich dies immer wieder.

Im Grunde formulieren die Religionslehren nichts weiter als Sorgen und Ängste der Vielen, die sich vor dem schädlichen Verhalten fürchten.

Zur 2. Frage: Das liegt an einer typisch christlichen Herangehensweise an die Hl. Schrift, die Bibel. Wer Strafen und Höllendrohungen dem deutschen Wortlaut folgend als real (und nicht allegorisch) auffasst, kann eigentlich seines Lebens nicht froh werden. Aber das kann die Botschaft des Juden Jesus nicht sein, der sich mit Sündern aller Art wider alle gesellschaftliche Normen an einen Tisch gesetzt hat. Jesus folgend ist die Mehrheitsgesellschaft (insbesondere ihre Repräsentanten und Institutionen und zwar gerade diese!) aufgefordert und angehalten, die Unterprivilegierten nach bestem Können zu fördern und immer wieder "in die Gesellschaft hinein" zu holen - und nicht durch Bedrohung aus ihr zu verdrängen (frei nach Hans Küng "Jesus", Piper 2012).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
(19-01-2013, 12:18)Lelinda schrieb: Warum müssen Religionen drohen? Warum reicht es anscheinend nicht aus, den Mitmenschen als denkendes und fühlendes Wesen wahrzunehmen, dem man nichts Böses tun sollte, weil er darunter leiden würde?

In unseren Strafgesetzbüchern sind ja auch nur Drohungen enthalten.
Glaubst du, wenn da nur stehen würde: Behandelt Eure Mitmenschen mit Respekt - ohne eine Drohung auszusprechen - würde das Diebe, Mörder usw. davor abhalten ihren Mitmenschen Böses anzutun?

Gott droht mit einer Strafe im Jeseits, damit wir wissen sollen, dass wir vll. irdische Strafen umgehen können, nicht aber im Jenseits. Dieser können wir also nicht entwischen.
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
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#4
Vorrausgesetzt, der oder diejenige glaubt an einen Gott
Aut viam inveniam aut faciam
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#5
(19-01-2013, 13:23)paradox schrieb: Gott droht mit einer Strafe im Jeseits, damit wir wissen sollen, dass wir vll. irdische Strafen umgehen können, nicht aber im Jenseits. Dieser können wir also nicht entwischen.

Aber ist nicht genau dies das kritisierte Konzept? Wir müssen Verbrechern mit "Strafe" begegnen, weil es als niedrigstes Mittel das einzige ist, was wir tun können. Die Gesellschaft besitzt keine göttliche Allmacht. Wenn Gott sich quasi dazu entscheidet, die Menschen ausgerechnet mit dem Mittel der Angst (vor Strafe) gefügig zu machen, dann macht das aus einer aufrichtigen Liebe zu Gott ja leider nichts weiter als die Heuchelei einer verängstigten Masse.

Um wirkliche Liebe zu Gott zu erreichen, müsste selbiger anders vorgehen. So, dass seine Schäfchen ihn um seiner selbst Willen lieben. Weil sie wissen, dass sie nichts als Vergebung und Liebe erwartet. Ansonsten reduziert sich alles Gute, zu dem einen der Gottesglaube machen könnte, zu einer Handlung aus Selbstschutz und damit zu etwas Egoistischem.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#6
(19-01-2013, 13:23)paradox schrieb: Gott droht mit einer Strafe im Jeseits, damit wir wissen sollen, dass wir vll. irdische Strafen umgehen können, nicht aber im Jenseits. Dieser können wir also nicht entwischen.

Das Problem beim Karma-Glauben ist, dass Unglück (gerade auch das, was uns schon im Babyalter trifft) als Strafe für ein Fehlverhalten in einem früheren Leben gilt. Das Problem im christlichen Glauben ist, dass die Strafe für eine Sünde im Jenseits nicht nur schlimmer ist, als es im Diesseits möglich wäre, sondern dass sie auch noch zeitlich unbegrenzt wäre, während die Strafe im Diesseits der Tat angemessen wird und man (zumindest in unserer Region) irgendwann einmal wieder aus dem Gefängnis herauskommt.

Beim Glauben an die Strafe durch einen persönlichen Richter (also durch Gott) kommt, wie Keksdose richtig sagt, noch dazu, dass man diesen dann eher fürchten wird statt ihn zu lieben, obwohl auch noch erwartet wird, dass man ihn lieben soll.
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#7
(19-01-2013, 14:35)Keksdose schrieb:
(19-01-2013, 13:23)paradox schrieb: Gott droht mit einer Strafe im Jeseits, damit wir wissen sollen, dass wir vll. irdische Strafen umgehen können, nicht aber im Jenseits. Dieser können wir also nicht entwischen.

Aber ist nicht genau dies das kritisierte Konzept? Wir müssen Verbrechern mit "Strafe" begegnen, weil es als niedrigstes Mittel das einzige ist, was wir tun können. Die Gesellschaft besitzt keine göttliche Allmacht. Wenn Gott sich quasi dazu entscheidet, die Menschen ausgerechnet mit dem Mittel der Angst (vor Strafe) gefügig zu machen, dann macht das aus einer aufrichtigen Liebe zu Gott ja leider nichts weiter als die Heuchelei einer verängstigten Masse.

Ich sehe das eigtl. mehr vergleichbar wie in einem Eltern-Kind-Verhältnis.
Fürsorgliche Eltern lieben ihre Kinder und die Kinder spüren diese Liebe und lieben die Eltern.
Kinder tun aber auch falsche, schlimme Dinge, worauf die Eltern dann auch mit Sanktionen reagieren, aber die Kinder wissen trotzdem, dass die Eltern sie lieben und auch wenn sie in dem Moment ziemlich sauer sind, lieben sie die Eltern ja trotzdem. Die Kinder erkennen dann aber schon, welches Verhalten die Eltern verärgert.

Gott macht uns ja nicht ständig Angst - also mir zumindest nicht - sondern sagt einfach, dass es für Menschen, die anderen böses tun harte Konsequenzen geben kann, so wie er sagt, dass er auch vergibt.
Also hat man immer noch die Chance, dass Gott vergeben könnte, wenn man sonst ein guter Mensch ist.

(19-01-2013, 14:35)Keksdose schrieb: Um wirkliche Liebe zu Gott zu erreichen, müsste selbiger anders vorgehen. So, dass seine Schäfchen ihn um seiner selbst Willen lieben. Weil sie wissen, dass sie nichts als Vergebung und Liebe erwartet. Ansonsten reduziert sich alles Gute, zu dem einen der Gottesglaube machen könnte, zu einer Handlung aus Selbstschutz und damit zu etwas Egoistischem.

Aber solche Menschen, die Gott um seiner selbst Willen lieben, wird es sicher auch geben.
Viele Gläubige glauben doch nicht allein, weil sie nur eine Strafe Gottes fürchten. Sicher wirds auch solche geben oder solche die nur beten, weil sie sich ein Dasein im Paradies erhoffen.
Es schreckt mich und vermutlich auch andere Gläubige in keinster Weise ab, dass es im Jenseits zu einer absoluten Gerechtigkeit kommen wird, also dass zb ein Hitler seine gerechte Strafe erhalten wird. Ganz im Gegenteil, mir gibt das einen gewissen Trost, weil manche Menschen Strafen im Diesseits entgehen können, die sie aber auf jeden Fall verdient hätten.

Weiters weiß Gott natürlich, wer an ihn wahrhaft und aufrichtig glaubt und wer nur aus Angst oder um "sicher zu gehen", also unaufrichtig an ihn glaubt.
Aber das sind nur einige der Faktoren, die bei der Beurteilung durch Gott eine Rolle spielen.
All unsere Taten, zB ob wir absichtlich anderen Schaden zufügen, oder böswillig sie "vom rechten Weg abbringen", oder anderen Menschen trotz unseres Unglaubens helfen, usw. werden berücksichtigt. Jeder wird also "seine gerechte Belohnung" erhalten, wie es auf Erden gar nicht möglich ist.
Unsere Taten haben also dementsprechend auch eine konseqente Bedeutung im Jenseits, je nachdem ob es gute oder schlechte Taten sind.
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
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#8
(19-01-2013, 15:22)paradox schrieb: Es schreckt mich und vermutlich auch andere Gläubige in keinster Weise ab, dass es im Jenseits zu einer absoluten Gerechtigkeit kommen wird, also dass zb ein Hitler seine gerechte Strafe erhalten wird. Ganz im Gegenteil, mir gibt das einen gewissen Trost, weil manche Menschen Strafen im Diesseits entgehen können, die sie aber auf jeden Fall verdient hätten.

Interessant, dass man das so unterschiedlich sehen kann. Für mich bedeutet es nämlich genau das Gegenteil. Sollte es so etwas wie das Paradies geben, muss auch Hitler rein dürfen - denke ich zumindest. Was du da ansprichst, hat etwas von Rache: Es tröstet dich, wenn jemand bestraft wird. Ein Paradies wäre für mich kein Paradies wenn ich wüsste, dass jemand eine Etage tiefer leiden muss. Völlig egal, wer es ist.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#9
(19-01-2013, 15:29)Keksdose schrieb:
(19-01-2013, 15:22)paradox schrieb: Es schreckt mich und vermutlich auch andere Gläubige in keinster Weise ab, dass es im Jenseits zu einer absoluten Gerechtigkeit kommen wird, also dass zb ein Hitler seine gerechte Strafe erhalten wird. Ganz im Gegenteil, mir gibt das einen gewissen Trost, weil manche Menschen Strafen im Diesseits entgehen können, die sie aber auf jeden Fall verdient hätten.

Interessant, dass man das so unterschiedlich sehen kann. Für mich bedeutet es nämlich genau das Gegenteil. Sollte es so etwas wie das Paradies geben, muss auch Hitler rein dürfen - denke ich zumindest. Was du da ansprichst, hat etwas von Rache: Es tröstet dich, wenn jemand bestraft wird. Ein Paradies wäre für mich kein Paradies wenn ich wüsste, dass jemand eine Etage tiefer leiden muss. Völlig egal, wer es ist.


Warum sollte Gott jeden - auch jene, die das Leben und seine Schöpfung ablehnen, ja schlimmer noch, bekämpfen, - mit dem Paradies belohnen?
So etwas würde bei mir dann zu Unverständnis ggü so einem Gott führen.

Also, wenn Hitler oder ein sonstiger bei Verstand handelnder Massenmörder da reindürfte, wäre das Paradies für mich sinnlos.
Ein Mensch, der auf Erden bewusst und mit Absicht Leben zerstört hat, und damit unglaubliches Elend und Leid geschaffen hat, obwohl ihn keiner dazu gezwungen hat, der hat nach meiner Überzeugung seinen Lohn im Paradies vertan - natürlich urteilt aber letztlich nur Gott allein darüber und wird auch alle Umstände dieser Person berücksichtigen.

Aber ein Paradies in das jeder hineindarf, egal was er auf Erden angestellt hat, wäre nach meinem Glauben so ziemlich sinnlos, denn dann wären auch gute und schlechte Taten - zu deren Einsicht wir Menschen ja hier schon fähig sind, auch bedeutunglos, denn es könnte dann jeder so ziemlich viel Schlechtes tun wie er will, denn er käme nachher sowieso in den glücklichen Himmel.

Andere würden dann vll. sogar gleich den Weg über Suizid gehen, um diesen Weg hier auf Erden zu verkürzen. Das kann es ehrlich gesagt, nicht sein.
Nein, ich glaube, unsere Taten hier auf Erden sind enorm wichtig - Gut und Böse sind entscheidende Faktoren in diesem Leben für das Jenseits.
with great power comes great responsibility

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#10
Das, was diejenigen, die auf Erden Opfer waren, fühlen, muss nicht Rache sein, sondern vor allem der Wunsch, nie wieder dem Täter ausgeliefert sein zu müssen. Ich würde doch annehmen, dass das in einem Paradies (vorausgesetzt, es existiert) der Fall wäre; sonst hätten die Opfer in einem Paradies nichts gewonnen, und dieses trüge seinen Namen nur zum Schein.

Trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl, dass es „gerecht“ sein soll, wenn die es die einen nach dem Tod gut haben und die anderen leiden sollen, auch wenn sie nach allgemeiner Auffassung durch ihr Verhalten auf Erden selbst daran schuld sind. Wer im Paradies könnte denn ein gutes Gefühl bei diesem Gedanken haben? Das ist nicht mit einem guten, gütigen Gott vereinbar.
Der Vergleich mit einer Eltern-Kind-Beziehung hinkt ähnlich wie der Vergleich mit dem (zumindest deutschen) Strafrecht. Und Eltern, die zu ihren grausamsten Sanktionsmaßnahmen greifen würden, weil sich das Kind nicht nach ihren Wünschen verhalten hat, sind sowieso nicht gerade vorbildhaft und werden sicher eher gefürchtet als geliebt und vielleicht manchmal auch gehasst.


Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach dem Tod alle Gefühle und Erinnerungen erhalten bleiben. Beide sind (im Leben) dazu da, um sich zurechtzufinden. So kann die Angst vor einem Tiger zu Lebzeiten überlebensnotwendig sein, wird im Tod jedoch nicht mehr gebraucht. Wie viele andere Ängste auch. Warum sollten sie also erhalten bleiben? Es geht ja auch niemand davon aus, dass man nach dem Tod noch Hunger hätte. Also könnten Gefühle, die nach dem Tod keinen Sinn mehr machen, samt der dazugehörigen Erinnerungen verschwinden. Positive Gefühle für den sozialen Bereich wie Liebe und Freundschaft dagegen würde man auch brauchen können, wenn es im Jenseits wirklich eine Art gesellschaftliches Leben gäbe; die könnten also erhalten bleiben. Oder auch die Erinnerungen und Gefühle, die man unbedingt (in Erinnerung) behalten will - wozu negative Gefühle wie Hass wohl kaum zählen.

Und da es wohl keinen Menschen gibt, der nicht irgendetwas Gutes in sich hat, und sei es der schlimmste Verbrecher, müssten von jedem ein paar (oder auch mehr) positive Gefühle und Erinnerungen übrig bleiben.

Es wäre also theoretisch denkbar, alle Menschen ins Paradies zu lassen, allerdings ohne ihre negativen Gefühle, Gedanken und Erinnerungen, also nur mit ihren „guten“ Anteilen. Auch ohne den Zwang zur Karma-Aufbesserung durch Wiedergeburt und ohne jenseitige Sanktionen.
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#11
(19-01-2013, 14:35)Keksdose schrieb: Ansonsten reduziert sich alles Gute, zu dem einen der Gottesglaube machen könnte, zu einer Handlung aus Selbstschutz und damit zu etwas Egoistischem.
Soziale Kooperation ist immer eine "Handlung aus Selbstschutz", quasi eine bio-soziale Notwendigkeit. Über sehr lange Zeit hinweg bis heute, war und ist ein Individuum unserer Art (oder Paar) überhaupt nicht überlebensfähig oder nur unter selten günstigen Bedingungen. Und genau so ist unser Zentralnervensystem gestrickt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
(19-01-2013, 16:12)paradox schrieb: Nein, ich glaube, unsere Taten hier auf Erden sind enorm wichtig - Gut und Böse sind entscheidende Faktoren in diesem Leben für das Jenseits.

Nur kann deine Beurteilung durchaus von der deines Nächsten um 180 Grad abweichen,...
Aut viam inveniam aut faciam
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#13
(19-01-2013, 16:12)paradox schrieb: Warum sollte Gott jeden - auch jene, die das Leben und seine Schöpfung ablehnen, ja schlimmer noch, bekämpfen, - mit dem Paradies belohnen?
So etwas würde bei mir dann zu Unverständnis ggü so einem Gott führen.

Also, wenn Hitler ...
Wie wär's z. B. damit: Weil ER dich nicht fragt, sondern die Vielen, die das Herrenmenschen-System (oder das echte Deutschtum) für die beglückende ultima ratio des Zusammenlebens halten. Was spielen denn die eliminierten für eine Rolle? Sie kommen schließlich auch in ihren Teil der Glückseligkeit.

Um es weniger sarkastisch auszudrücken: Solche Gottes- und Paradies-Vorstellungen hinken auf allen ihren "Füßen". Das Ich-Bewusstsein und seine Bedürfnisse und Motive erwachen während des Lebens und verschwinden durch Einstellen ihrer Funktion im Tod. Damit existiert ein Hitler, wie wir ihn kennen, nicht mehr. Hingegen lebt seine Ideologie durchaus weiter und zwar hier, heute und mitten unter uns.

(19-01-2013, 16:12)paradox schrieb: Aber ein Paradies in das jeder hineindarf, egal was er auf Erden angestellt hat, wäre nach meinem Glauben so ziemlich sinnlos, ...
Das ist doch das Problem dieser Auffassung! Das System aus Drohung, Strafe und Belohnung ist schlicht und ergreifend äußerst problematisch. Natürlich, kann sein, dass man im Leben auf Sanktionen nicht verzichten kann, aber das ist doch nicht Sache Gottes, sondern unserer Gesellschaft.

(19-01-2013, 16:12)paradox schrieb: Andere würden dann vll. sogar gleich den Weg über Suizid gehen, um diesen Weg hier auf Erden zu verkürzen.
Recht erkannt! Jetzt bleibt nur noch, diese Erkenntnis in etwas Positives umzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#14
(19-01-2013, 18:52)Lelinda schrieb: Trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl, dass es „gerecht“ sein soll, wenn die es die einen nach dem Tod gut haben und die anderen leiden sollen, auch wenn sie nach allgemeiner Auffassung durch ihr Verhalten auf Erden selbst daran schuld sind. Wer im Paradies könnte denn ein gutes Gefühl bei diesem Gedanken haben? Das ist nicht mit einem guten, gütigen Gott vereinbar.

Also - vorausgesetzt ich lande im Paradies - ich hätte kein Problem damit.
Das ist deine persönliche Meinung. Es gibt bspw zahlreiche Verbrechensopfer, die anders denken werden.
Ich finde den Gedanken einer absoluten Gerechtigkeit durch Gott sehr gütig, weil wir so etwas wie Gerechtigkeit auf Erden niemals erreichen können.

Zitat:Der Vergleich mit einer Eltern-Kind-Beziehung hinkt ähnlich wie der Vergleich mit dem (zumindest deutschen) Strafrecht.

Das war doch nur ein Versuch es vll. unter diesem Blickwinkel zu verstehen.
Mir ist doch klar, dass es keinen dazu passenden 1:1 Vergleich/Modell geben kann, aber nur um es verständlicher zu machen, habe ich das erwähnt.


Zitat:Und Eltern, die zu ihren grausamsten Sanktionsmaßnahmen greifen würden, weil sich das Kind nicht nach ihren Wünschen verhalten hat, sind sowieso nicht gerade vorbildhaft und werden sicher eher gefürchtet als geliebt und vielleicht manchmal auch gehasst.

Wer sagt das denn? Eltern können aber bspw Taschengeld streichen, oder Handy-Verbot usw. aussprechen, das ja eh schon als harte Strafe empfunden wird. Ich meinte mit Sanktionen von Eltern, die angemessen sind und nicht solche Eltern die ihre Kinder gleich umbringen, welche es ja auch gibt.
Gottes Sanktionen richten sich nicht an Kinder, weil Kinder sowieso noch nicht einsichtig und geistig reif sind.


Zitat:Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach dem Tod alle Gefühle und Erinnerungen erhalten bleiben. Beide sind (im Leben) dazu da, um sich zurechtzufinden. So kann die Angst vor einem Tiger zu Lebzeiten überlebensnotwendig sein, wird im Tod jedoch nicht mehr gebraucht. Wie viele andere Ängste auch. Warum sollten sie also erhalten bleiben? Es geht ja auch niemand davon aus, dass man nach dem Tod noch Hunger hätte. Also könnten Gefühle, die nach dem Tod keinen Sinn mehr machen, samt der dazugehörigen Erinnerungen verschwinden. Positive Gefühle für den sozialen Bereich wie Liebe und Freundschaft dagegen würde man auch brauchen können, wenn es im Jenseits wirklich eine Art gesellschaftliches Leben gäbe; die könnten also erhalten bleiben. Oder auch die Erinnerungen und Gefühle, die man unbedingt (in Erinnerung) behalten will - wozu negative Gefühle wie Hass wohl kaum zählen.

Alles Spekulation und sicher auch möglich, aber warum denn immer die positiven Dinge herauspicken und die negativen weg? Auch negative Dinge gehören zu uns und definieren uns genau so wie positive.

Zitat:Und da es wohl keinen Menschen gibt, der nicht irgendetwas Gutes in sich hat, und sei es der schlimmste Verbrecher, müssten von jedem ein paar (oder auch mehr) positive Gefühle und Erinnerungen übrig bleiben.

Wenn denn nur solche positiven und nach deiner Meinung nützlichen Gefühle und Erinnerungen übrig bleiben, durchaus möglich nach deinem Gedankengang.

(19-01-2013, 18:52)Lelinda schrieb: Es wäre also theoretisch denkbar, alle Menschen ins Paradies zu lassen, allerdings ohne ihre negativen Gefühle, Gedanken und Erinnerungen, also nur mit ihren „guten“ Anteilen. Auch ohne den Zwang zur Karma-Aufbesserung durch Wiedergeburt und ohne jenseitige Sanktionen.

Theoretisch ist sicher alles möglich, vll. bekommen alle auch eine neue Identität oder es gibt für die bösen eine neue Bewährungsmöglichkeit in einer anderen Welt?

Irgendwie bezweifle ich das alles aber. Denn warum soll Gott trotz all seiner Warnungen und Drohungen dann plötzlich kommen und sagen: hey, kommt her, ich hab euch alle lieb, das hab ich doch alles nicht so gemeint..und massendrücken...usw. Icon_smile
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Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
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#15
(19-01-2013, 20:24)paradox schrieb:
(19-01-2013, 18:52)Lelinda schrieb: Trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl, dass es „gerecht“ sein soll, wenn die es die einen nach dem Tod gut haben und die anderen leiden sollen, auch wenn sie nach allgemeiner Auffassung durch ihr Verhalten auf Erden selbst daran schuld sind.

Das ist deine persönliche Meinung. Es gibt bspw zahlreiche Verbrechensopfer, die anders denken werden.

Nur, wenn ihre negativen Gefühle erhalten bleiben. Stimmt meine andere Variante und es bleiben nur die guten Gefühle, weil die negativen wegfallen, stört es sie nicht.

(19-01-2013, 20:24)paradox schrieb:
Zitat:Und Eltern, die zu ihren grausamsten Sanktionsmaßnahmen greifen würden, weil sich das Kind nicht nach ihren Wünschen verhalten hat, sind sowieso nicht gerade vorbildhaft und werden sicher eher gefürchtet als geliebt und vielleicht manchmal auch gehasst.

Wer sagt das denn? Eltern können aber bspw Taschengeld streichen, oder Handy-Verbot usw. aussprechen, das ja eh schon als harte Strafe empfunden wird. Ich meinte mit Sanktionen von Eltern, die angemessen sind und nicht solche Eltern die ihre Kinder gleich umbringen, welche es ja auch gibt.

Hölle bzw. Verdammnis ist ja wohl gleich das äußerste Maß. Dazwischen wird jedenfalls nichts erwähnt. So gesehen wäre die Karma-Lehre gerechter, weil sie Abstufungen ermöglicht.

(19-01-2013, 20:24)paradox schrieb: warum soll Gott trotz all seiner Warnungen und Drohungen dann plötzlich kommen und sagen: hey, kommt her, ich hab euch alle lieb, das hab ich doch alles nicht so gemeint..und massendrücken...usw. Icon_smile

Vielleicht...
- weil es gar nicht SEINE Warnungen und Drohungen waren, sondern die von Menschen, die glaubten, für ihn und in seinem Sinne zu sprechen?
- weil diese Menschen der Meinung waren, dass in einer Welt, die gefährlich ist und darum negative Gefühle wie Aggressionen erfordert, unsoziales Verhalten nur durch die Angst vor schlimmen Konsequenzen verhindert werden kann?
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