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Religionsunterricht im säkularen Staat
#76
t.logemann schrieb:Der allgemein verpflichtende Ethikunterricht in staatlichen Schulen in Berlin negiert völlig die Rolle die die Religionen hinsichtlich der Ausgestaltung der Ethik spielten (im Positiven genauso wie im Negativen), der Gegenentwurf des Religionsunterrichtes berücksichtigt weder atheistische Schüler und Schülerinnen, noch klärt er durch die Theologen der anderen, nicht-christlichen Religionen über die Inhalte eben der anderen Religionen auf.
Der Religionsunterricht ist als konfessionell ausgerichteter Unterricht vorgesehen. In den mir bekannten Lehrplänen wird auf andere Religionen eingegngen, aber natürlich lediglich im Rahmen einer "know-how" Darstellung. Wie sollte in dem Zusammenhang die Ausbildung von Lehrern erreicht werden, die alle zur Debatte stehenden Religionen einschl. ihrer Konfessionen oder Richtungen darstellen? Alleine für eine Ausbildung im christl. Bereich geht es nicht unter den 6 - 8 Semester. Was die nicht religiösen Schüler (einschl. derer die sich selber oder elterlicherseits abgemeldet sind) angeht, wurde der Ethikunterricht eingeführt. Geschrieben hatte ich auch bereits an anderer Stelle, daß zur Abhaltung dessen es auch Probleme wegen der Schülerzahlen gibt, insofern winkt da des öfteren auch eine Freistunde. Aber das hat ja nichts mit der Einrichtung des Faches an sich zu tun. Dennoch würde mich einmal interessieren, was fachlich gegen den Ethikunterricht für den betroffenen Schülerkreis spricht!

Gruß
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#77
Das Problem des gegenwärtigen Unterrichtes ist die Tatsache, dass im Bereich der Ethik - zumindestens hier in Berlin - gerne Sozialkundelehrer/innen eingesetzt werden, die zwar umfassendes Wissen über Gesellschaft und Rechtsstaat bzw. Rechtsstaatssysteme vermitteln können, von der ethischen und moralischen Lehre der Religionen im Vergleich zur gegenwärtigen Gesellschaftslehre aber fast gar keine Ahnung haben.

Das jemand 6-8 Semester Theologie studieren muss, um Kindern qualifizierten Religionsunterricht im christlichen Bereich anbieten zu können - ist ein Unding. Selbst in einer Abitursklasse wird wohl kaum Bestandteil des Religionunterrichtes für Christen das römische Kirchenrecht oder die Lateranverträge sein - also da sollte man doch hinsichtlich der Ausbildung und Ausbildungsdauer zukünftiger Religionslehrer/innen "die Kirche im Dorf" lassen. Es wird doch wohl möglich sein die Grundlagen aller Religionen in ein bis zwei Semestern den interessierten Studenten/Studentinnen beizubringen - mehr wird im Religionsunterricht (an Wissen von den Schüler/innen in der Regel) auch nicht verlangt.
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#78
Zitat:Das jemand 6-8 Semester Theologie studieren muss, um Kindern qualifizierten Religionsunterricht im christlichen Bereich anbieten zu können - ist ein Unding....
Da verkennst Du allerdings den Sinn von Studiumsinhalten. Deine Beurteilungen über Sinn oder Sinnlosigkeit solcher Inhalte mögen in Deinen spekulativen Gedankengängen durchaus ihren Platz haben, aber eben etwas wirklichkeitsfremd. In diesem Studium geht es nicht nur alleine um Lehrinhalte sondern eben auch um die Erlangung von Wissen, warum was wie erfolgt ist. Und dazu ist Kirchenrecht bspw. ein nicht verzichtbarer Bestandteil. Selbst zum erlernen einer halbwegs fundierten Exegese mit Fallbeispielen wichtiger Bibelstellen kommst nicht unter 3 - 4 Semester davon, und das innerhalb einer Regelstudienzeit, der ich damals unterworfen war. Hinzu kommt der Umstand, daß es heute (schrieb ich bereits) praktisch keine reinen Religionslehrer mehr gibt. Mein Unterrichtsanteil damals war in drei Schulen auf 60% meines gesamten Stundenkontigents begrenzt. - Insofern solltest Du da mal eher auf Fachleute eingehen und nicht aus einer eher nichtfachlichen Kalkulation schließen.

Gruß
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#79
Lieber Alwin.

geht's im Religionsunterreicht um Kenntnis der Kernaussage der Religion, um Kenntnis der Gesellschaft in der die Religion zuerst auftrat und um Kenntnis der Wechselwirkung zwischen Religion und Gesellschaft im hier und heute, oder geht es daraum von der ersten bis zur 12 Klasse den Kindern Bibelexegese, Apoletik beizubringen, um sie zu möglichst "folgsamen" Schäfchen der eigenen Konfession zu "erziehen"?
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#80
Antwort dazu geben Dir die alterstufenabhängigen Lehrpläne. Da brauche ich nicht einmal darauf einzugehen, daß unser Bildungssystem in erster Linie Ländersache ist und daher durchaus Verschiedenheiten auftreten (können).

Gruß
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#81
ja ja, der Föderalismus... sollte eigentlich etwas mit "Fördern" zutun haben.... bei uns ist es bloss der Hick-Hack der Länder untereinander, wer denn "das bessere Konzept" hat......

In der Schweioz gibt's einen "Bund europäischer Föderalisten" - schint mir im theoretischen Ansatz besser zu sein, als unser praktischer Föderalismus...
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#82
Das mag sein, wird uns aber hier nichts nutzen. Übrigens sehe ich das Hick-Hack um den gymnasialen Abschluß als weitaus gravierender an, aber das ist eine andere Bausstelle.

Gruß
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#83
(23-10-2010, 22:22)alwin schrieb:
Petronius schrieb:ich schätze mal, daß es dabei nicht um "konfessionell gebundene Religionslehrer" geht, sondern um einen umfassenden "religions"unterricht, der eben über konfessionelle bindungen hinausgeht und damit auch für z.b. ungläubige relevant wäre
Ist damit der normale "Ethik" Unterricht gemeint? Wird normalerweise als Ersatz/Alternative um Reli-Unterricht angeboten.

ich weiß nicht, was genau theodora gemeint hat

die details des "normale Ethik-Unterrichts" an deutschen schulen kenne ich zu wenig, um diesen zu beurteilen
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#84
(25-10-2010, 18:29)alwin schrieb: @petronius
Zitat: mich würde Deine Begründung interessieren, weshalb sich der STAAT um die Ausbildung konfessionell gebundener kümmern sollte
Mit Verlaub gesagt: Der Religionsunterricht ist Bestandteil unserer Verfassung. Daher hat der Staat hier eine Verantwortung. Wieweit das ausgeweitet werden müsste, ist eine andere Sache und Anforderung.

du zitierst hier nicht mich, sondern den einsiedler

ich nehme mal an, du wolltest nicht wirklich jemanden in die nähe der verfassungsgegnerschaft rücken
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#85
(26-10-2010, 22:41)alwin schrieb: Und die sozialen Dienste gehen ebenfalls baden, wenn "man" konsequent wäre. Der Staat kann sie nicht ersetzen, weder finanziell noch personell. Das Ganze ist im Grunde genommen eine Milchmädchenrechnung...

der staat finanziert schon heute weitestgehend die von kirchen erbrachten sozialleistungen
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#86
@petronius
Sorry, war ein Versehen, Dich als Zitatgeber zu nennen.
Zitat:die details des "normale Ethik-Unterrichts" an deutschen schulen kenne ich zu wenig, um diesen zu beurteilen
Deshalb habe ich Theodora gefragt. Normalerweise werden hier die gesellschaftlich anerkannten moralischen Ansprüche mit eingebracht, die natürlich auch in irgendeiner Zeit einer religiös-tendierten Bildung unterzogen waren oder sein konnten. Eindeutig nicht dazu zählen aber bspw. moralische Ansprüche, die heute seitens religiöser Gemeinschaften über die "normalen" gesellschaftlichen hinausgehen.

Gruß
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#87
(24-10-2010, 10:50)Der-Einsiedler schrieb: das erklärt die Notwendigkeit, sich mit der islamisch geprägten Kultur zu schaffen (was ich unterstütze). Das erklärt mir aber nicht, warum der Staat (und damit auch die, die keiner Religion angehören und/oder angehören wollen oder aber einer Religion angehören, die nicht finanz-staatlich privilegiert ist) für die Ausbildung konfessionell gebundener Lehrer aufiommen soll. Das gilt selbstverständlich auch für christliche Religionslehrer.

Das Wissen um die jeweiligen Kulturen ist eine sehr wichtige Sache und sollte über die Bildung vom Staat finanziert werden. Aber die religiös bzw. konfessionell gebundenen Belehrungen sind Sache der Religionen bzw. der Konfessionen selbst

grundsätzlich hast du damit recht

nur ist es im fall der christen eben so, daß diese sich eben hierzulande entsprechender staatlicher unterstützung erfreuen (könnte, sollte man abschaffen, ja), und im fall der muslime sehe ich das ganz pragmatisch so, daß ich lieber seelsorge, reli-unterricht usw. von menschen ausgeübt sähe, die hier ausgebildet wurden und deren ausbildung man etwas "unter kontrolle" hat, die also eine bestimmte transparenz aufweist
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#88
(25-10-2010, 13:59)Theodora schrieb: die Kirchen, in erster Linie die gläubigen Eltern, müßten viel mehr in die Pflicht genommen werden, was die religiöse Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen betrifft. Ich würde es begrüssen, wenn anstatt eines Religionsunterrichts, ein Ethikunterricht angeboten werden könnte.
Wenn jedoch Eltern und die Kirche (oder Glaubensgemeinschaft) nicht in der Lage sein sollten, dies zu bewerkstelligen, ist der Religionsunterricht eine Alternative zum großen Schweigen oder Sprachlosigkeit

ich weiß nicht, ob ich dich da jetzt richtig verstehe, aber:

es muß natürlich kein kind unbedingt religiös belehrt oder indoktriniert werden, man muß auch frei davon bleiben dürfen
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#89
(28-10-2010, 09:13)Theodora schrieb: Aus kirchlichen Altenheimen, Kindergärten und Kindertagesstätten, würden wohl staatliche werden

ganz genau

dasselbe personal, dieselben geldgeber - nur ohne den durchgriff auf privatleben und arbeitnehmerrechte des personals
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#90
(06-11-2010, 15:23)petronius schrieb: nur ist es im fall der christen eben so, daß diese sich eben hierzulande entsprechender staatlicher unterstützung erfreuen (könnte, sollte man abschaffen, ja), und im fall der muslime sehe ich das ganz pragmatisch so, daß ich lieber seelsorge, reli-unterricht usw. von menschen ausgeübt sähe, die hier ausgebildet wurden und deren ausbildung man etwas "unter kontrolle" hat, die also eine bestimmte transparenz aufweist

Ja, das sähe ich auch lieber, Petronius. Aber das kann man doch gesetzlich regeln. Beispiel: Ein Psychotherapeut darf hier in D nur Psychotherapie ausüben, wenn er bestimmte Ausbildungskriterien erfüllt hat. Diese Zusatzausbildungen (ein Studium der Psychologie und/oder Sozialpädagogik allein reicht NICHT aus!) muss er selbst finanzieren, die bezahlt ihm niemand. Und das kostet heute gut und gerne (je nach Ausbildungsinstitut und Art der zukünftig auszuübenden Psychotherapie) zwischen 8000 und 20000 EUR, oft zzgl. einer Lehranalyse, die auch nochmal um die 10000 EUR kostet.

Ich denke sicher, dass es da auch Wege in Bezug auf die Ausübung von Religionsunterricht gäbe... Das Problem scheint mir, dass die Verantwortlichen diesen Weg nicht wollen, weil dann auch die Privilegierung des christlichen Religionsunterrichts zur Disposition stünde.

Schönen Gruss

DE
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