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Religionsunterricht im säkularen Staat
#1
[Thema abgetrennt aus Islam/Neuer Studiengang: Islamwissenschaft./Ekkard]
Lieber Einsiedler,
Lieber Humanist,

eigentlich müsste die Ausbildung anders gehandhabt werden: Eine halbwegs neutrale Ausbildung als Religionslehrer mit Kenntniss aller Religionen an staatlichen Universitäten eben für ein Lehramt an staatlichen Schulen - und daneben es den einzelnen Religionsgemeinschaft es überlassen, ob sie in Eigenregie Priester, Pfarrer, Rabbi, Prediger für den innereligiösen Bereich ausbilden.

Der Bereich Religionswissenschaft bliebe davon ebenso wie der Bereich Philosophie völlig unberührt.
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#2
Lieber Thomas,

ich halte es für eine Utopie anzunehmen, dass ein Lehrer 'neutral' über alle Religionen
informieren könnte - weder ein religiöser, der Probleme hat, über den Tellerrand seiner
eigenen Konfession zu blicken, noch ein irreligiöser, für den jede Religion eo ipso schon
Mumpitz ist. Sicherlich ist das nicht grundsätzlich unmöglich - es gibt ja vereinzelt
solche Menschen - aber das in einem Lehrplan und Lehrbetrieb organisieren zu wollen
wird wohl kaum funktionieren... :icon_rolleyes:
Was sollte ein solcher Lehrer auch lehren, wenn nicht Information über die Religionen
- und wie würde sich das dann unterscheiden von Religionswissenschaft, von der Du
es ja abgrenzen willst? Und wenn der Lehrer Glaubensinhalte rüberbringen wollte, wie
glaubhaft
wäre er dann für die Schüler, wenn er montags Christentum, dienstags den
Islam, Mittwoch Hinduismus, Donnerstag Buddhismus und Freitag Atheismus lehrte? Eusa_think
() qilin
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#3
Schon von der Quantität eines bestimmten Studienfaches heraus begründet - ob evangelische, kath., islam., alttestamentarische, neutestamentarische Theologie ect. -, benötigt ein Student/in derart viel Zeitvolumen, um ein wissenschaftliches Studium zu absolvieren. Daher sind die Studiengänge auch getrennt. Ein Religionslehrer benötigt für seine Qualifikation - in einem bestimmten Fach - ausserdem pädagogische Kenntnisse, wie zum Beispiel: Didaktik usw...
Hier kann unterschieden werden zwischen einem pädagogischen Lehrauftrag und einer wissenschaftlichen Qualifikation und Lehrbefähigung (Habilitation/Professur an einer Hochschule bzw. Universität). Selbstverständlich gibt es Überschneidungen.
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#4
Liebe Theodora,

mich würde Deine Begründung interessieren, weshalb sich der STAAT um die Ausbildung konfessionell gebundener Religionslehrer kümmern sollte.

Schönen Gruss zum Wochenende

DE
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#5
Motte schrieb:Nur im Christentum kann man sogar mit einem Studium an einer Fachhochschule im Studiengang "Religionspädagogik" auch Religionslehrer werden.
Ja, früher hieß der Studiengang "Prakt. Theologie" und wird an FH's angeboten, die in kirchlicher Trägerschaft stehen. Die meist angeschlossenen Studiengänge wie Sozialpädagogik sind dann wieder unter komplett staatl. Aufsicht. Ein Wechsel von der theol. Seite zur anderen ist während des Studiums nur ohne Anerkennung der Scheine und Prüfungen möglich, um einen Seiteneinstieg zu verhindern.

Gruß
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#6
Quilin, ich glaube schon, dass man als konfessionsloser Lehrer nicht nur über eine Religion, sondern auch über Glaubensinhalte informieren kann und darüber hinaus sollte es m.E. auch nicht hinaus gehen. Es sollte ja eben NICHT so sein, dass zB ein kath. Priester über seine eigenen Glaubensinhalte aufklärt, weil das dann nicht mehr objektiv wäre. Genauso gut ist er für den Islam ungeeignet, weil er auch hier nicht objektiv informieren, sondern immer auch ein wenig eigene Meinung einbringen würde. Bei einem konfessionslosen (was nicht zwangsweise athestisch bedeuten muß) stehen die Weltreligionen zumindest als gleichwertig da.
Ich denke, er muß garnicht glaubhaft rüberkommen, denn man Unterrichtet ja um zu informieren, nicht um z überzeugen, das ist für mich ein ganz großer Unterschied und ein guter Lehrer wird diese Inhalte informativ rüber bringen und eben nicht in der Art: "Ja für den Islam ist Allah der allergrößte, wie Gott im Christentum, nur viel sadistischer." Icon_wink
Gruß
Motte

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#7
Wie wär es mit Ethik- und Religionsunterricht in dem allgemein und religionswissenschaftlich über alle großen Religionen unterrichtet wird, und zusätzlich unterrichten/informieren ( quasi als Themenschwerpunkte )Religionslehrer (geistliche) aller Religionen, über das Schuljahr verteilt, allen Schülern gemeinsam, Ihre Glaubensinhalte. So hätten die Schüler sowohl den neutralen als auch den religiös geprägten Lehrstoff und könnten sich eine eigene Meinung bilden.
As Salamu Aleikhum
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#8
Liebe Zahira,

das gefällt mir.

Gruss

DE
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#9
Zitat:ich glaube schon, dass man als konfessionsloser Lehrer nicht nur über eine Religion, sondern auch über Glaubensinhalte informieren kann und darüber hinaus sollte es m.E. auch nicht hinaus gehen
Die Idee ist sicherlich recht gut, entspricht aber nicht dem gesetzl. verankerten Religionsunterricht, der inhaltlich seitens der entsprechenden Religionsgeminschaft "kontrolliert" wird. Und dieser "Verkündungsauftrag" kann nach kirchl. Statuten nicht von einem konfessions- oder gar religionsfremden Lehrer vorgenommen werden.

Gruß
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#10
Man könnte auch komplett auf Religionsunterricht verzichten und stattdessen Ethik lehren.
Ich meine mich zu erinnern, man habe uns im Ethik-Unterricht auch Religionen nahegebracht.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#11
Lieber Wolfgang,

sicher, absolut wertneutral kann kein Religionslehrer mit eigener Religion die "Anderen" betrachten - da kommts aber garnicht so sehr darauf an: Wenn der Christ/Buddhist/Baha'i/Muslim/Jude/Hindu/Sikh/Zoroaster jeweis den Kinderchen seine eigene persönliche Begründung dafür "mitgibt", warum er/sie in Kenntnis aller Religionen gerade diesen Weg gewählt hat - kann sich das eigentlich nur Positiv auswirken.

Tja, Humanist - im Prinzip "reicht" Ethik als "Religionsfach" aus - wäre da nicht die Frage der Morallehre. Im Atheismus gründet sich die Morallehre auf die Norm der staatlichen Gesetze - und diese Norm ist mindestens zweifelhaft; ich erinnere mal daran, dass in der atheistischen "DDR" Willens- und Bekenntnisfreiheit "anders" gehandhabt wurde, als im vorgeblich säkularen "Westen". Ethik ohne Moral wird zwangläufig zu "dehnbaren Gesetzen" ohne Hintergrund, Moral ohne Ethik führt zur Heuchelei, und nur in der Religion sind beide Bereichje gleichermassen repräsentiert (sollten sie jedenfalls; die Missbrauchdiskussion in einigen Religionen bzw. deren Ausprägungen zeigt leider auch, dass das "Gleichgewicht" zwischen Ethik und Moral hier auch nicht so gewährt ist...).
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#12
(23-10-2010, 10:20)Schmettermotte schrieb: Quilin, ich glaube schon, dass man als konfessionsloser Lehrer nicht nur über eine Religion, sondern auch über Glaubensinhalte informieren kann und darüber hinaus sollte es m.E. auch nicht hinaus gehen. Es sollte ja eben NICHT so sein, dass zB ein kath. Priester über seine eigenen Glaubensinhalte aufklärt, weil das dann nicht mehr objektiv wäre. Genauso gut ist er für den Islam ungeeignet, weil er auch hier nicht objektiv informieren, sondern immer auch ein wenig eigene Meinung einbringen würde. Bei einem konfessionslosen (was nicht zwangsweise athestisch bedeuten muß) stehen die Weltreligionen zumindest als gleichwertig da.

Das kann sein, muss aber nicht - ich z.B. bin konfessionslos, habe aber eine deutliche
Vorliebe für eine buddhistische/taoistische Sichtweise. Religionsunterricht wie Thomas
ihn meinte, soll aber über die bloße Information hinausgehen und Religionslehre sein.
Ganz abgesehen mal von den rechtlichen Bedenken, die Alwin ins Treffen führt -
welche Religion, die bereits einen Vertrag mit dem Staat hat, würde dessen Inhalte
aufgeben für einen RU, der von einem Religionsfremden abgehalten wird? Dort geht’s
ja genau um das, was Du ablehnst - das Überzeugen :icon_neutral:
Dasselbe Problem sehe ich bei dem sonst sehr überzeugenden Vorschlag von Zahira -
dem konstruktivsten, der mir zu diesem Problem bisher begegnet ist... Eusa_clap

Dass es in Einzelfällen auch mal nicht um's Überzeugen geht, dafür habe ich ein
schönes Beispiel - von einem katholischen Reli-Lehrer: vor ca. 20 Jahren war ich
in einer buddhistischen Gruppe engagiert, da bekamen wir einen Anruf von diesem
Lehrer - er würde sich gern mal mit uns unterhalten, er habe da einen Schüler in der
Klasse, der sich für Buddhismus interessiere... Dann kam er, wir hatten eine sehr
interessante Diskussion, und er ging wieder. Einige Zeit später kam der betreffende
Schüler und erzählte, sein Interesse wäre vom Lehrer ausgegangen - der hätte ihm
gesagt "So wie du gepolt bist, solltest du dich mal bei den Buddhisten umsehen!"
und ihm - nach dem Besuch bei uns - unsere Adresse gegeben. Dieser Tipp des RL
erwies sich als genau richtig - der Junge kniete sich voll rein, und als er ein paar
Jahre später in einem buddhistischen Zentrum 'seine Zuflucht nahm', war der Reli-
Lehrer dabei. Nach dem Abitur ging der junge Mann nach Japan in ein Zen-Kloster,
studierte dann noch einige Zeit in Korea, und ist heute m.W. Lehrer an einer
buddhistischen Privat-Uni in England...

P.S. - da Du schon meinen Namen in Deiner Signatur verwendest - qilin schreibt
man ohne 'u' (andere Transkription kylin, jap. kirin) Icon_smile
() qilin
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#13
(23-10-2010, 14:07)t.logemann schrieb: sicher, absolut wertneutral kann kein Religionslehrer mit eigener Religion die "Anderen" betrachten - da kommts aber garnicht so sehr darauf an: Wenn der Christ/Buddhist/Baha'i/Muslim/Jude/Hindu/Sikh/Zoroaster jeweis den Kinderchen seine eigene persönliche Begründung dafür "mitgibt", warum er/sie in Kenntnis aller Religionen gerade diesen Weg gewählt hat - kann sich das eigentlich nur Positiv auswirken.

Genau damit beeinflusst er sie aber wieder... :icon_rolleyes: Und dass die Darstellung der 'anderen'
Religionen auch beim vielleicht besten Willen nicht objektiv ist, sehe ich gerade auch
bei den Baha'i - Du kannst Dich ja wohl an die endlosen Diskussionen erinnern, in
denen immer wieder Buddha, Krishna, Konfuzius, Lao-tse etc. als 'Gottesverkünder'
beschrieben wurden - und wenn das Thema einmal abgehandelt war, kam es nach
einem halben Jahr wieder, mit genau den gleichen Argumenten - "Ursprünglich war
das so, aber die 'Priester und Mönche' haben diese Lehre verfälscht, und jetzt wird
eben diese Verfälschung gelehrt..." - ebenso wie die Unterstellung, Buddha habe
eine Seele, ein Ich gelehrt, wäre aber missverstanden worden...

Zitat:Tja, Humanist - im Prinzip "reicht" Ethik als "Religionsfach" aus - wäre da nicht die Frage der Morallehre. Im Atheismus gründet sich die Morallehre auf die Norm der staatlichen Gesetze - und diese Norm ist mindestens zweifelhaft; ich erinnere mal daran, dass in der atheistischen "DDR" Willens- und Bekenntnisfreiheit "anders" gehandhabt wurde, als im vorgeblich säkularen "Westen". Ethik ohne Moral wird zwangläufig zu "dehnbaren Gesetzen" ohne Hintergrund, Moral ohne Ethik führt zur Heuchelei, und nur in der Religion sind beide Bereichje gleichermassen repräsentiert

Auch das ein fragwürdiges Argument - es gibt m.W. keine glaubwürdige Untersuchung,
die diese Annahme stützen würde. Es gibt aber eine breit angelegte Untersuchung, die
erst vor wenigen Jahren in einer amerikanischen theologischen Zeitschrift erschienen
ist, aus der deutlich hervorgeht, dass [zumindest im Westen - anderswo gibt es keine
verlässlichen Zahlen] die Religiosität der Bevölkerung und die Zahl der Missbräuche,
Vergewaltigungen, Abtreibungen, unehelichen Kinder, Geschlechtskrankheiten u.Ä.
positiv korreliert - all das gibt's in 'frommen' Gesellschaften mehr als in säkularen... Evil5
() qilin
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#14
Dazu müsste man erstmal den Begriff "fromm definieren.

Das "Frömmigkeit" nicht unbedingt vor Heuchelei und Bigotterie schützt, ist -denke ich- allgemein bekannt....
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#15
Nun, wenn man 'fromme Gesellschaft' gleich taxfrei mit 'bigotte und heuchlerische
Gesellschaft' gleichsetzen kann, dann kann ich erst recht darauf verzichten... Eusa_doh

Es ging dabei um Länder, in denen der Großteil der Bevölkerung sich als 'gläubig'
versteht - Hauptvertreter waren da die USA.
() qilin
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