15-10-2010, 21:18
Annemarie Schimmel kenn' ich, lieber Bion.
Ansonsten muss ich mir als Hartz-IV-Empfänger meine Bücher aus Antiquariaten zusammen klauben - oftmals sind sie nicht ganz so "up to date" - egal, besser etwas als garnix.
Dafür - heute ist Freitag - ist die Stellungnahme zu Petronius' Fragen fertig. Gut, den versprochenen Wirtschaftsteil hab' ich in der kurzen Zeit nicht geschafft - kommt aber, falls gewünscht, noch.
Die Fragen sind hier schon mal )letztes Kapitel) mit Antworten wiedergegeben - wer das komplette Dokument haben will, möchte mir bitte eine e-mail schicken und bekommt es dann - mit bunten Bildern garniert - als pdf zugeschickt.
Frage: Einheit der Menschheit – ist das nicht alles ein undefinierbarer „Einheitsbrei“ der da nachher 'rauskommt?
Antwort: Es ist die Einheit in der Vielfältigkeit. Die Beispiele zum Einheitsbegriff von Baha'u'llah und Abdul'Baha beziehen sich ausdrücklich auf die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Völker, Kulturen, Rassen der Welt. Die unterschiedlichen Kulturen und Völker sollen sich ergänzen, zum gegenseitigen zvilisatorischen Fortschritt beitragen – von einer „Gleichmacherei“ wie im Sozialismus kann hier keine Rede sein.
Frage: Aber ihr tretet doch für die Abschaffung des Reichtums ein und wollt den Reichtum grosszügig an die Armen verteilen?
Antwort: Wir verurteilen übermässigen Reichtum genauso wie bitterste Armut. Inswoweit isr Abschaffung des Reichtums und Umverteilung zugunsten der Armut richtig. Jedoch gibt es in der Baha'i-Religion auch die Forderung danach, das jeder Mensch sich durch seine Hände Arbeit ernähren soll, das jeder Mensch gemäss seiner Leistung gerecht entlohnt werden muss und das die Frucht der Arbeit, der Wohlstand, durchaus angemessen ist. Wir wenden uns „nur“ dagegen, dass ein Mensch ohne jegliche Arbeit des morgends aufsteht und nur durch das Aufstehen schon 30.000 €/$ „verdient“ hat, während anderwo in dieser Welt Menschen von 300 €/$ im Jahr dahinvegetieren müssen.
Frage: In welcher Partei sind die meisten Baha'i vertreten?
Antwort: In gar keiner Partei. Für uns sind Parteien Ausdruck der Streitkultur, der „Kultur des Kampfes“. Jede Partei hat mit ihrer ganz eigenen Fixierung auf bestimmte Schwerpunkte des gesellschaftlichen Lebens fast schon automatisch eine „Gegenpartei“, gegen die sie spätestens beim „Wahlkampf“ rhetorisch ankämpft. Kampf und Streit ist aber gerade nicht der Wesenzug der Baha'i-Religion. Mit Kampf und Streit lässt sich keine Einheit mit gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Respekt erreichen.
Frage: Geht denn der Pluralismus nicht verloren, wenn Baha'i die Parteien so ablehnen?
Antwort: Pluralismus ist die Vielfältigkeit der Meinungen – und diese sind nicht „automatisch“ an Parteien gebunden. Zwar haben Parteien durch ihre Bildungsstiftungen eine Menge zur Vielfältigkeit der Meinungen beigetragen – dass heute Perteien dadurch zum „Garant“ der Meinungsvielfalt erklärt werden, hat aber eher mit der mangelnden Allgemeinbildung als mit der Funktion einer oder mehrerer Parteien zutun.
Grundlage jeglicher Meinungsfindung ist Bildung. Fehlt diese Bildung oder wird sie nur unzureichend vermittelt, dann fehlt auch in der Diskussion, in der Beratung die fundierte Meinung. Ohne Bildung und Wissen beziehungswisse mit „Halbbildung“ und „Halbwissen“ ist der Mensch anfällig für Polemik, Verführung und Fanatismus. Erst die Bildung schafft den Pluralismus – nicht erst die Partei.
Frage: Wie muss man sich eine zukünftige Weltordnung vorstellen? Alle sind Baha'i – und wer nicht Baha'i ist, hat Pech gehabt?
Antwort: Es ist nach heutiger Sicht und heutigem Ermessen extrem unwhrscheinlich, dass zukünftig 8 bis 10 Milliarden Menschen der Baha'i-Religion angehören werden. Es wird sicher weiterhin Juden und Christen, Hindu's und Buddhisten, Zoroaster und Muslime geben. Und mit Sicherheit wird es zukünftig auch glaubenslose Menschen geben, die sich – wie heute auch – im atheistischen Humanismus engagieren. Natürlich lässt sich heute, im Jahre 2010, nicht voraussagen, wieviel Prozent der Weltbevölkerung in – sagen wir mal 300 oder 500 Jahren - der Zukunft welchem Bekenntnis angehören werden.
Für die Weltordnung Baha'u'llah's ist das auch nicht relevant. Es geht in der Weltordnung um die Umsetzung eines weltpolitischen Gesellschaftsmodells. Diese Umsetzung kann und muss alleine durch die Mittel der Demokratie erreicht werden; die säkulare Umsetzung ist einzig und alleine Aufgabe säkularer Regierungen.
Frage: Wie verhält es sich dann aber mit den Baha'i-Gesetzen – Todesstrafe für Mörder, Verbannung für den Dieb, Pflichtgebet und Pflicht zum Spenden, Ehestands- und Erbschaftsgesetze?
Antwort: Der Kitab-i-Aqdas, das höchste und heiligste Buch der Baha'i, umfasst sowohl Gesetze zum Fortbestand und zur Sicherung der Gesellschaftsordnung, als auch interne Gesetze die alleine für Baha'i Gültigkeit haben.
Die Strafgesetze sind einwandfrei Gesetze zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Sie können jedoch nur dann in die öffentliche Ordnung einfliessen, wenn auf demokratischem Weg die absolute Mehrheit der wahlberechtigten eines oder mehrerer Nationalstaaten dieses zum Beispiel über den Weg einer Volksabstimmung auch beschliesst. Die alleinige Mehrheit von Menschen, die den Baha'i-Glauben in einem säkularen Staatswesen angenommen haben, „reicht“ zur „automatischen“ Übernahme der Baha'i-Gesetze jedenfalls nicht aus.
Pflichtgebet, Pflicht zur Vermögenssteuer („Huqu'llah“ - das „Recht Gottes“) sind freiwillige Gestze, deren Einhaltung weder durch eine staatliche, noch durch eine religiöse Instanz überprüft werden darf. Die Ehestandsgesetze haben ausschliesslich nur für Baha'i Gültigkeit, die Erbschaftsgesetze haben ebenfalls nur für Baha'i Gültigkeit – und dies auch nur dann, wenn die betreffenden Baha'i kein notariell beglaubigtes Testament hinterlassen haben. Der letzte Wille des Baha'i hat hier automatisch Vorrang vor den im Kitab-i-Aqdas niedergelegten Erbschaftsbestimmungen.
Frage: Ihr redet doch von einem „weltumspannenden goldenen Zeitalter“ - sind da dann nicht automatisch alle Gesetze des Kitab-i-Aqdas Verpflichtung für alle Menschen? Ist das dann vielleicht doch nicht die so gefürchtete Theokratie?
Antwort: Das „goldene Zeitalter“ ist eine Zukunftspespektive, die unserer Auffassung nach in vermutlich frühstens 500 Jahren eintreten kann. Im „Hier und Heute“ lässt sich sehr schlecht eine Aussage darüber treffen, was die Menschen in 500 Jahren antreibt, fordert, was sie wünschen und was sie vermeiden wollen. Das Baha'i-Ideal ist durchaus die Vereinigung von Religion und Staat. Jedoch einzig und alleine auf dem Weg der Demokratie und unter Einbeziehung und Aufrechterhaltung der Demokratie. Soetwas ist in der bisherigen Menschheitsgeschichte völlig neu, noch nie dagewesen – es lässt sich heute auf keinen Fall eine Aussage darüber treffen, ob dies sich so in beispielsweise 500 Jahren verwirklichen lässt.
Wir Baha'i glauben an diese Verwirklichung. Wir glauben daran, dass die Menschheit „erwachsen“ geworden ist, das sie an sich arbeitet und sich den Herausforderungen der Weiterentwicklung menschlicher Zivilisation stellen kann und stellen wird. In den Krisen die diese Welt derzeit schütteln, im Anwachsen des politischen wie religiösen Fanatismus, der weltumspannenden Terrorismus, des klerikalen Fundamentalismuses – sehen wir die „Geburtswehen“ einer buchstäbliche „neuen Welt“. Und siehe, ich sah eine neue Welt, eine neue Erde und eine neue Stadt herunterkommen aus dem Himmeln. Und Gott wohnt unter den Menschen - so beschrieb der Visionär Johannes im neuen Testament eine Zukunft, die damals wie heute für die Menschen unfassbar war und ist.
Wir Baha'i haben uns nicht mehr und nicht weniger vorgenommen, als auf der Grundlage der Lehren Baha'u'llah's eben diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
Ansonsten muss ich mir als Hartz-IV-Empfänger meine Bücher aus Antiquariaten zusammen klauben - oftmals sind sie nicht ganz so "up to date" - egal, besser etwas als garnix.
Dafür - heute ist Freitag - ist die Stellungnahme zu Petronius' Fragen fertig. Gut, den versprochenen Wirtschaftsteil hab' ich in der kurzen Zeit nicht geschafft - kommt aber, falls gewünscht, noch.
Die Fragen sind hier schon mal )letztes Kapitel) mit Antworten wiedergegeben - wer das komplette Dokument haben will, möchte mir bitte eine e-mail schicken und bekommt es dann - mit bunten Bildern garniert - als pdf zugeschickt.
Frage: Einheit der Menschheit – ist das nicht alles ein undefinierbarer „Einheitsbrei“ der da nachher 'rauskommt?
Antwort: Es ist die Einheit in der Vielfältigkeit. Die Beispiele zum Einheitsbegriff von Baha'u'llah und Abdul'Baha beziehen sich ausdrücklich auf die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Völker, Kulturen, Rassen der Welt. Die unterschiedlichen Kulturen und Völker sollen sich ergänzen, zum gegenseitigen zvilisatorischen Fortschritt beitragen – von einer „Gleichmacherei“ wie im Sozialismus kann hier keine Rede sein.
Frage: Aber ihr tretet doch für die Abschaffung des Reichtums ein und wollt den Reichtum grosszügig an die Armen verteilen?
Antwort: Wir verurteilen übermässigen Reichtum genauso wie bitterste Armut. Inswoweit isr Abschaffung des Reichtums und Umverteilung zugunsten der Armut richtig. Jedoch gibt es in der Baha'i-Religion auch die Forderung danach, das jeder Mensch sich durch seine Hände Arbeit ernähren soll, das jeder Mensch gemäss seiner Leistung gerecht entlohnt werden muss und das die Frucht der Arbeit, der Wohlstand, durchaus angemessen ist. Wir wenden uns „nur“ dagegen, dass ein Mensch ohne jegliche Arbeit des morgends aufsteht und nur durch das Aufstehen schon 30.000 €/$ „verdient“ hat, während anderwo in dieser Welt Menschen von 300 €/$ im Jahr dahinvegetieren müssen.
Frage: In welcher Partei sind die meisten Baha'i vertreten?
Antwort: In gar keiner Partei. Für uns sind Parteien Ausdruck der Streitkultur, der „Kultur des Kampfes“. Jede Partei hat mit ihrer ganz eigenen Fixierung auf bestimmte Schwerpunkte des gesellschaftlichen Lebens fast schon automatisch eine „Gegenpartei“, gegen die sie spätestens beim „Wahlkampf“ rhetorisch ankämpft. Kampf und Streit ist aber gerade nicht der Wesenzug der Baha'i-Religion. Mit Kampf und Streit lässt sich keine Einheit mit gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Respekt erreichen.
Frage: Geht denn der Pluralismus nicht verloren, wenn Baha'i die Parteien so ablehnen?
Antwort: Pluralismus ist die Vielfältigkeit der Meinungen – und diese sind nicht „automatisch“ an Parteien gebunden. Zwar haben Parteien durch ihre Bildungsstiftungen eine Menge zur Vielfältigkeit der Meinungen beigetragen – dass heute Perteien dadurch zum „Garant“ der Meinungsvielfalt erklärt werden, hat aber eher mit der mangelnden Allgemeinbildung als mit der Funktion einer oder mehrerer Parteien zutun.
Grundlage jeglicher Meinungsfindung ist Bildung. Fehlt diese Bildung oder wird sie nur unzureichend vermittelt, dann fehlt auch in der Diskussion, in der Beratung die fundierte Meinung. Ohne Bildung und Wissen beziehungswisse mit „Halbbildung“ und „Halbwissen“ ist der Mensch anfällig für Polemik, Verführung und Fanatismus. Erst die Bildung schafft den Pluralismus – nicht erst die Partei.
Frage: Wie muss man sich eine zukünftige Weltordnung vorstellen? Alle sind Baha'i – und wer nicht Baha'i ist, hat Pech gehabt?
Antwort: Es ist nach heutiger Sicht und heutigem Ermessen extrem unwhrscheinlich, dass zukünftig 8 bis 10 Milliarden Menschen der Baha'i-Religion angehören werden. Es wird sicher weiterhin Juden und Christen, Hindu's und Buddhisten, Zoroaster und Muslime geben. Und mit Sicherheit wird es zukünftig auch glaubenslose Menschen geben, die sich – wie heute auch – im atheistischen Humanismus engagieren. Natürlich lässt sich heute, im Jahre 2010, nicht voraussagen, wieviel Prozent der Weltbevölkerung in – sagen wir mal 300 oder 500 Jahren - der Zukunft welchem Bekenntnis angehören werden.
Für die Weltordnung Baha'u'llah's ist das auch nicht relevant. Es geht in der Weltordnung um die Umsetzung eines weltpolitischen Gesellschaftsmodells. Diese Umsetzung kann und muss alleine durch die Mittel der Demokratie erreicht werden; die säkulare Umsetzung ist einzig und alleine Aufgabe säkularer Regierungen.
Frage: Wie verhält es sich dann aber mit den Baha'i-Gesetzen – Todesstrafe für Mörder, Verbannung für den Dieb, Pflichtgebet und Pflicht zum Spenden, Ehestands- und Erbschaftsgesetze?
Antwort: Der Kitab-i-Aqdas, das höchste und heiligste Buch der Baha'i, umfasst sowohl Gesetze zum Fortbestand und zur Sicherung der Gesellschaftsordnung, als auch interne Gesetze die alleine für Baha'i Gültigkeit haben.
Die Strafgesetze sind einwandfrei Gesetze zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Sie können jedoch nur dann in die öffentliche Ordnung einfliessen, wenn auf demokratischem Weg die absolute Mehrheit der wahlberechtigten eines oder mehrerer Nationalstaaten dieses zum Beispiel über den Weg einer Volksabstimmung auch beschliesst. Die alleinige Mehrheit von Menschen, die den Baha'i-Glauben in einem säkularen Staatswesen angenommen haben, „reicht“ zur „automatischen“ Übernahme der Baha'i-Gesetze jedenfalls nicht aus.
Pflichtgebet, Pflicht zur Vermögenssteuer („Huqu'llah“ - das „Recht Gottes“) sind freiwillige Gestze, deren Einhaltung weder durch eine staatliche, noch durch eine religiöse Instanz überprüft werden darf. Die Ehestandsgesetze haben ausschliesslich nur für Baha'i Gültigkeit, die Erbschaftsgesetze haben ebenfalls nur für Baha'i Gültigkeit – und dies auch nur dann, wenn die betreffenden Baha'i kein notariell beglaubigtes Testament hinterlassen haben. Der letzte Wille des Baha'i hat hier automatisch Vorrang vor den im Kitab-i-Aqdas niedergelegten Erbschaftsbestimmungen.
Frage: Ihr redet doch von einem „weltumspannenden goldenen Zeitalter“ - sind da dann nicht automatisch alle Gesetze des Kitab-i-Aqdas Verpflichtung für alle Menschen? Ist das dann vielleicht doch nicht die so gefürchtete Theokratie?
Antwort: Das „goldene Zeitalter“ ist eine Zukunftspespektive, die unserer Auffassung nach in vermutlich frühstens 500 Jahren eintreten kann. Im „Hier und Heute“ lässt sich sehr schlecht eine Aussage darüber treffen, was die Menschen in 500 Jahren antreibt, fordert, was sie wünschen und was sie vermeiden wollen. Das Baha'i-Ideal ist durchaus die Vereinigung von Religion und Staat. Jedoch einzig und alleine auf dem Weg der Demokratie und unter Einbeziehung und Aufrechterhaltung der Demokratie. Soetwas ist in der bisherigen Menschheitsgeschichte völlig neu, noch nie dagewesen – es lässt sich heute auf keinen Fall eine Aussage darüber treffen, ob dies sich so in beispielsweise 500 Jahren verwirklichen lässt.
Wir Baha'i glauben an diese Verwirklichung. Wir glauben daran, dass die Menschheit „erwachsen“ geworden ist, das sie an sich arbeitet und sich den Herausforderungen der Weiterentwicklung menschlicher Zivilisation stellen kann und stellen wird. In den Krisen die diese Welt derzeit schütteln, im Anwachsen des politischen wie religiösen Fanatismus, der weltumspannenden Terrorismus, des klerikalen Fundamentalismuses – sehen wir die „Geburtswehen“ einer buchstäbliche „neuen Welt“. Und siehe, ich sah eine neue Welt, eine neue Erde und eine neue Stadt herunterkommen aus dem Himmeln. Und Gott wohnt unter den Menschen - so beschrieb der Visionär Johannes im neuen Testament eine Zukunft, die damals wie heute für die Menschen unfassbar war und ist.
Wir Baha'i haben uns nicht mehr und nicht weniger vorgenommen, als auf der Grundlage der Lehren Baha'u'llah's eben diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
