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Kann religiöser Glaube Ausschließlichkeitscharakter haben?
#91
(28-08-2010, 00:52)Ekkard schrieb:
(27-08-2010, 23:25)Karla schrieb: Wieso braucht eine Religionsgemeinschaft den Anspruch, die einzige Wahrheit zu haben, für ihre Existenz?
Kurz: Religion definiert (implizit), was als wahr zu beurteilen ist. Und was bei uns wahr ist, kann anderswo nicht falsch sein. Das hat nichts mit Hass zu tun (dein Beispiel), sondern mit einer einfältigen Logik.

Das geht mir jetzt irgendwie nicht tief genug. Ich frage ja gerade danach, warum jemand zu so einer einfältigen Logik greift. Ein friedfertiger Mensch täte das einfach nicht. Er braucht keinen Sündenbock und keine Projektionsfläche für seine eigenen unerledigten Probleme.
Und ich frage auch danach, warum Religion definiert, was als wahr zu beurteilen ist. Das ist doch gar nicht ihr Wesen. Religiöse Wahrnehmung bedeutet zunächst mal einfach nur, mehr an Verstehen und Erleben oder an Fragestellungen in sich wahrzunehmen als normal. Das hat doch überhaupt nichts mit Wahrheit zu tun.
Den Schritt, den Nachbarn abzuurteilen, weil der auch ähnliche Wahrnehmungen hat, aber nicht genau die gleichen - zu dem muss man überhaupt erst mal fähig werden. Und dazu wird man nicht fähig, wenn man nicht schon ohnehin schlecht drauf ist und nur einen Sündenbock dafür sucht.


(28-08-2010, 00:52)Ekkard schrieb:
(27-08-2010, 23:25)Karla schrieb: Und genausowenig, wie England 'wahrer' ist als Frankreich, oder Fußball 'wahrer' ist als Weitsprung, genauso wenig ist eine Religionsgemeinschaft - als Religionsgemeinschaft - wahrer als eine andere.
Nun, dies Argument ist nicht stichhaltig, auch wenn es mir gut gefällt.

Was daran soll nicht stichhaltig sein? Das kann man doch überprüfen: dass Religionsgemeinschaften nicht als Religionsgemeinschaften Absolutheitsanspruch erheben. Das ist doch historisch gar nicht richtig.


(28-08-2010, 00:52)Ekkard schrieb: Implizit vorhandene (religiöse) Wahrheiten bedingen bei oberflächlicher Betrachtung, dass andere etwas Falsches zugrunde legen.

Und woran liegt es, dass es Zeiten gibt, wo keiner sich darum schert, was die andere Religion denkt oder auch nicht mit Absolutheitsanpruch winkt - und in den letzten zwanzig Jahren dieser Absolutheitsanspruch massiv gestiegen ist?
Das liegt doch an den Menschen, wie sie jeweils drauf sind. Hass ist vielleicht ein zu starkes Wort gewesen. Aber wenn man wie ich seit Jahren in einem Fundi-Forum mitliest, dann ist der sublimierte Hass gegeneinander mit Händen förmlich zu greifen. Der äußerlich sanfte Ton ist mit leisen Giftspritzen nur so angefüllt.
Es gibt sicher auch hassfreie Ansrpüche, mit einer bestimmten Religionsgemeinschaft die alleinige Wahrheit zu besitzen. Aber auch sie liegen nicht primär darin, dass Religionsgemeinschaften niemals ohne diesen Anspruch überleben könnten, sondern dass innere Unsicherheit nicht nur zu Hass führt, sondern auch zu anderen Verhaltensweisen.


(28-08-2010, 00:52)Ekkard schrieb: Man muss schon genauer hinsehen, um zu erkennen, dass diese simple, aber offensichtliche Logik einen Denkfehler enthält: Dass nämlich eine religiöse Wahrheit nichts anderes ist als ein intersubjektiver Konsens der betreffenden Gesellschaft (Gemeinde, Kirche).

Wir werden emotionale Beweggründe nicht mit rationalen Nachweisen aus der Welt schaffen können. Man kann einen Mann, der unbedingt seine Frau umbringen will, schwerlich davon abbringen, indem wir ihm sagen, er solle mal seinen Denkfehler erkennen. Er will einfach zuhauen. Vielelicht erinnert sie ihn zu sehr an seine Tante? Darüber macht er sich keinen Kopf. Er will einfach nur einen Druck loslassen.

Und Leute, die solche inneren Spannungen haben, laufen in Religionsgemeinschaften und graben längst vergrabene Absolutheitsansprüche wieder aus, weil sie da ihre Aggressionen oder von mir aus auch Ängste austoben können.
Aber die Religionsgemeinschaft an sich braucht so etwas nicht. Sie wird dazu nur umfunktioniert.
Dass sie die Wahrheit habe und die anderen nicht, ist meines Erachtens ein sehr spätes Produkt, mit dem man Macht über Menschen ausüben kann. Aber Religiolnsgemeinschaft kann auch ohne diese Macht existieren. Sie braucht diese Herrschsucht nicht, um zu überleben.
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RE: Kann religiöser Glaube Ausschließlichkeitscharakter haben? - von Karla - 28-08-2010, 17:21

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