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Theologie
#5
(10-10-2009, 15:38)Alanus ab Insulis schrieb:
(10-10-2009, 14:48)humanist schrieb: 1. Wozu ist Theologie gut? Was ist der Nutzen für die Gesellschaft außerhalb von Religiosität (was haben z. B. Atheisten davon)?


Theologie ist die Wissenschaft von der Lehre über Gott. Ihr Wesen und ihre Aufgabe besteht in der ständigen Reflexion, Reformulierung und Vertiefung des christlichen Glaubens. Glaube im christlichen Sinne ist kein Selbstzweck, kein Fideismus, sondern ein Glaube der auch durch die Vernunft nachgedacht und bedacht werden kann und muss. Christlicher Glaube kann ohne Theologie, ohne methodische Rede (λόγος / logos) von Gott (θεός / theos) nicht sein.

Der Nutzen einer christlichen Gesellschaft liegt darin, dass sie in der Theologie eine Form der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, d.h. eine an Wissenserforschung, -vermittlung und -vertiefung orientierten Institution mit dem eigenen Glauben, hat. Theologie verhindert so, dass Glaube bloser sozialer und ritueller Kult ist, sondern auch geistig, denkerische Aufgabe bleibt.
Der Nutzen eines Atheisten ist daran, dass die Theologie ihm Wege in das geistesgeschichtliche Wissen Europas und der westlich-abändländischen, aber auch der vorderorientalisch-östlichen Kultur ermöglicht. Das Christentum und seine Geschichte, sein Glauben und sein Denken haben über 2000 Jahre die Kultur und das Denken geprägt. Nur wer dieses Denken und Glauben versteht, versteht die Grundlagen und Fundamente der modernen Gesellschaft, Konflikte ebenso wie Errungenschaften. Schließlich kann man das alte Ägypten auch nicht verstehen ohne ein Wissen um die ägyptische Religion und deren Gottesbilder.

Ist eine Wissenschaft von der Lehre über Gott überhaupt eine Wissenschaft?
Wie ich in einem Thread in diesem Bereich bereits schrieb, ist sie das nicht.
Warum gibt es dann keine Wissenschaft über Fabelwesen wie Kobolde, Einhörner und Werwölfe?
Das wäre nur fair.

Besteht ihr Wesen und ihre Aufgabe nicht in Wahrheit darin (wie bereits ergründet in der Praxis), über die Bibel zu sinieren,
Pfaffen auszubilden, Arbeitsplätze für Theologen zu schaffen etc.
Warum Theologie nicht von der Kirche finanziert wird, obwohl es ganz klar ihr Interessensgebiet ist, ist mir unklar.

Ersteinmal es gibt keine "christliche Gesellschaft" mehr. Gott sei Dank schreitet die Säkularisierung (Dank des Engagements sekulärer Vereine)
immer weiter voran. Religiosität lässt auch stark nach, wie sich anhand von Studien belegen lässt.

Einen Atheisten interessiert die religiöse Vergangenheit Deutschlands herzlich wenig. Wenn, dann guckt er in ein neutrales Geschichtsbuch.
Der Nutzen liegt also ganz klar nur seitens Gläubigen bzw. Kirche.

Religiöse Geschichtsforschung im Sinne von Archäologie also.

(10-10-2009, 15:38)Alanus ab Insulis schrieb:
(10-10-2009, 14:48)humanist schrieb: 2. Warum muss man die Bibel deuten? Sind die Texte nicht eindeutig zu verstehen?

Texte müssen grundsätzlich gedeutet werden. So muss z.B. auch das Grundgesetz vom BVerfG gedeutet werden und in strittigen Fällen entscheiden was verfassungskonform und was verfassungswidrig ist. Selbst offenkundig klare Texte, werden also im Zusammenhang von neuen Umständen uneindeutig und bedürfen dann nicht nur einer Deutung, sondern einer ausgiebigen Interpretation.
Nicht anders ist es mit der Bibel. Sie enthält eindeutigere Texte und weniger eindeutige Texte. Alle bedürfen sie der Auslegung und Bewertung. Wie sieht diese aus, diese Auslegung und Bewertung. Dazu gehört das wissen um die Texte. In welcher Sprache wurden sie verfasst, liegen sie in mehereren Varianten vor oder mehreren Sprachen? Welche Redaktionsschichten lassen sich erkennen? Existieren unterschiedliche theologische Muster und wie sind sie miteinander verbunden? In welchen historischen Umständen sind die Texte enstanden, in welcher Kultur? Welche Stil- und Sprachelemente verwendet der Text, sind Metaphern, Bilder oder Allegorien heute unverständlich? Wie haben sich die Texte auf die Geschichte und die Kultur ausgeprägt, usw. Das sind nur einige Fragen, die man zu berücksichtigen hat, will man sich mit biblischen Texten auseinandersetzen. Gleiches gilt aber auch allgemein auch für die profane Literatur. Die Ilias Homers oder der bellum gallicum Caesars müssen nicht weniger interpretiert werden, als die biblischen Bücher.

Wenn Texte eindeutig sind, müssen sie nicht gedeutet werden. Warum hat sich Gott da nicht mehr Mühe gegeben (gut wir wissen ja, dass nicht Gott der Verfasser war)?
Gesetzestexte werden lediglich allgemein gehalten, um möglichst viele Sonderfälle abzudecken.

(10-10-2009, 15:38)Alanus ab Insulis schrieb:
(10-10-2009, 14:48)humanist schrieb: 3. Muss man die Text nicht so lesen, wie sie niedergeschrieben sind? Verfälscht Deutung nicht zwangsläufig den Inhalt?

Lesen selbst ist schon Deutung. Texte sind letztlich nichts anderes als Zeichenkombinationen aus Buchstaben. Wer die Zeichen (Buchstaben) nicht kennt, kann auch die Zeichen nicht deuten und sie nicht lesen. Wörter und Sätze will man sie lesen, müssen auch gedeutet werden. Was ist die Bedeutung des Wortes oder hat es gar mehrere? Wenn ja, welche ist hier gemeint? Was ist der Sinn des Satzes oder hat er gar mehrfache Sinnansätze? Ist der Satz vlt. alleinstehend unverständlich und wird erst im Kontext von mehreren Sätzen oder Abschnitten deutlich? Diese Fragen scheinen für uns selbstverständlich zum Lesen dazuzugehören, zeigen aber, das Lesen immer auch deuten und interpretieren ist. Verfälschungen oder Fehler gibt es dann dort, wo die Deutung keine oder eine falsche Bewertung des Textes ist.

Da liegt doch das Problem. Jeder deutet dieses Wirrwar anders. So wie es ihm beliebt. Gerade weil es alles andere als eindeutig ist.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]


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