06-06-2009, 16:34
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-06-2009, 16:43 von Alanus ab Insulis.)
(06-06-2009, 14:13)Sonne schrieb: religionsgeschichtlich:
ein Opferkult war damals in fast jeder Religion gang und gäbe und musst daher auch im Christentum sein, um es als "ernstzunehmende" Religion zu klassifizieren.
Das ist religionsgeschichtlich nicht richtig. Dies ist an der Ämterbezeichung der christlichen Gemeinden zu erkennen. Hier ein früherer Beitrag von mir:
Denn der Begriff Priester, im kultischen Sinne, spielt in der frühen Kirche gar keine Rolle. Denn in Abgrenzung des heidnischen Kultes und auch des saduzäisch-jüdischen Tempelkultes verwenden die frühen gemeinden rein funktionale Titel für ihre Gemeindeleiter.
Zwar stimmt es, dass sich die Struktur der christlichen Gemeinde vom Ordo (frei übersetzt: Ordnung) der Eucharistie ableitet, d.h. der Vorsteher (episkopos) der Eucharistie war auch der Vorsteher der Gemeinde, doch ist damit kein Priestertum im allgemein-religionsgeschichtlichen Zusammenhang gemeint.
Die frühen Gemeinden kennen daher ein System der Gemeindeleitung, dass sich vorwiegend aus zwei bedeutenden Ämter rekrutiert:
1. Die Episkopen (bzw. Presbyter-Episkopen)
Diese bilden ein Kollegium von bewährten Männern, denen einer aus ihrer MItte vorsteht. Besonders in den von Apostel (Kreis der 12) gegründeten Gemeinden werden Schüler derselbigen (s. Titus und Timotheus) als solche bezeichnet und stehen der Gemeinde vor.
2. Die Diakone
Diese bilden ein Kollegium von Männern die im Dienst der Gemeinde und der Episkopen (bzw. Presbyter-Episkopen) stehen und diverse caritative und liturgische Aufgaben erfüllen.
Nebenher sind auch weiterhin charismatische "Ämter" bekannt, wie die des Propheten und des Lehrers (auch Frauen), derren Einfluss, wohl aufgrund einiger schwarzer Schafe, bis zur Mitte des 2.Jh. verschwand bzw. nur in sektiererischen Strömungen wie dem Montanismus weiterlebte.
Gesichert ist, dass Frauen einen grossen Einfluss in der frühen Kirche hatten. Gesichert ist, dass Frauen, trotz des paulinischen Wortes, diverse Aufgaben in der Gemeinde hatten. Es ist sogar gesichert, dass es in der syrischen Tradition Diakonissen gab, die den Diakonen bei der Taufe von Frauen helfen sollten.
Gesichert ist aber ebenso, dass Frauen, auch in der syrischen Tradition, keine Ämter hatten die im direkten Zusammenhang mit dem Vollzug der Eucharistie standen. Aber gerade diese sind nach überlieferter Tradition der kath. und orthodoxen Kirche die klassischen Weiheämter, wie sie spätestens seit Irenäus von Lyon und Ignatius von Antiochien (Mitte des 2. Jh.) bestehen:
1. Ein Episkopus
2. Ein Kollegium von Presbytern
3. Das Kollgium der Diakone.
Fakt ist auch, dass sich mit dieser Zentralisierung der Gemeindestrukturen auch langsam alle sonstigen Ämter des liturgischen Dienstes ähnlich geordnet werden. Hieraus enstehen dann die liturgischen Ämter der Ostiarier, Lektoren, Exorzisten, Akolythen und Subdiakone, die auch nur an Männer vergeben wurden.
Der Begriff des sacerdos, sprich, dass was wir eigentlich als Priester verstehen, nämlich eine im Tempel kultische handelnde Person, taucht im christlichen Kontext erst in der Spätantike auf. Erst nachdem das Christentum unter Theodosius Staatsreligion wurde und die christliche, sonntäglichge Eucharistiefeier der einzige offizielle, liturgische Vollzug im Reich war, sprach man von den Presbyter der Stadtgemeinden, die in Vertretung des Bischofs der Eucharistie vorstanden, wieder von sacerdotes, von kultisch handelnden Priestern.
Damit will ich natürlich nicht die Bedeutung des Opfers relativieren, sondern nur aufmerksam machen, dass dieses nicht so gedeutet wurde um allgemein akzeptiert zu werden. Die Ämterbezeichnung bezeugen nämlich eine klare Abgrenzung vom heidnischen Kult. Im Übrigen müsste man einen solchen Versuch der Akzeptanz durch ein Opfer als allgemein-normal als geschichtlich absurd bezeichnen, wird den Christen doch immer wieder vorgeworden ihr "Kult" sei kannibalisch und unnormal. Von einer Anbiederung, oder vlt. besser ausgedrückt Anpassung, mittels des Opfergedankens an die heidnische Religionsvorstellung kann also keine Rede sein.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)