(09-04-2009, 01:26)Speedy1144 schrieb: Darf ich fragen, warum der Koran nicht so einen hohen Stellenwert einnimmt wie die Bibel oder die Thora.Das galt nur für mich persönlich, nicht allgemein.
(09-04-2009, 01:26)Speedy1144 schrieb: Ich frage, weil für mich der Glaube an die Bibel und die Thora ein Glaubensbestandteil ist. Es sind ja auch die Worte Gottes. Schließlich ist der Koran auch das Wort Gottes, oder nicht?Hier gehen die Auffassungen auseinander. Der Islam nimmt in Anspruch, dass Allah unmittelbar aus dem (arabischen) Koran spricht. Meine Auffassung von der Bibel ist, dass Gott dort durch das Wort von Menschen, in besonderen Fällen von Propheten bzw. Christus spricht.
(09-04-2009, 01:26)Speedy1144 schrieb: (Der Koran) ist nicht eindeutig, er lässt Interpretationsmöglichkeiten offen, jedoch kann er nicht von JEDEM interpretiert werden([i]es wäre sehr gewagt, als Laie einen Vers zu interpretieren und diesem eine Bedeutung zu geben, dazu muss man …Solch eine "Verbeugung" gegenüber Autoritäten lasse ich für mich nicht zu. Kann sein, dass ich frage, aber in meine Interpretation setze ich mehr Vertrauen als in die jedes anderen Menschen!
Zitat:… denn durch die falsche Deutung angeschlagene Weg, führt zur Entgleisung des wahren Glaubens. Dieses Problem und viele andere führten ja zur Spaltung des Islams in 73 Richtungen. Nur eine Richtung wird auf dem rechten Weg sein.Nein. Die Religionsspaltungen rühren von den Daseinsproblemen her, auf die weit voneinander entfernte Gesellschaften antworten mussten. 'Weit entfernt' kann hier räumlich oder zeitlich verstanden werden. Ich erinnere daran, was Glaube überhaupt soll: Vertrautheit mit der Mitwelt erzeugen, Lebensregeln tradieren, Konflikte lösen oder vermeiden …
Zitat:Im Dschungel der Religionen, die wahre Religion/Glauben zu finden, ist schon eine Herausforderung, und wenn man den Islam für sich gefunden hat, dann suche man noch die eine von 73 ausEs gibt keine "wahre Religion". Das ist eine Idealisierung, an der bisher jede Religion gescheitert ist. Die ontologischen ("daseinstechnischen") Antworten verschiedener Gesellschaften sind zwangsläufig unterschiedlich. Monolithische Religionen werden immer "zerfallen" – früher oder später.
Noch mal zu dem Auto-Beispiel:
Eine Religion hat gar nicht die Aufgabe, ein Rezept mitzuteilen, wie man Schiffe navigiert oder Autos baut.
Die Aufgabe der Religion besteht darin auf Probleme des Daseins gesellschaftlich relevante Antworten zu geben. Das Vehikel dazu sind zum Alltag parallele Geschichten, Ermahnungen, Anweisungen. Es geht also um die Frage, wie wir mit Sachen umgehen sollen, welche Beziehungen wünschenswert sind, wie wir mit Beziehungen zu Tieren umgehen, die wir essen wollen, kurz: was gut für uns Menschen ist oder nicht.
(09-04-2009, 01:26)Speedy1144 schrieb: Ich bin überzeugt davon, dass der Islam alles geregelt und geordnet ist für alle Bereiche im Leben und ein harmonisches, gerechtes und friedliches Dasein bieten kann.Möglich, aber nicht wahrscheinlicher als im Judentum oder Christentum. Alle drei haben für manche daseinstechnischen Fragen keine Antwort. Welche Religion kann denn ontologisch oder ethisch Antwort geben auf Fragen der Gentechnik, der Lebensverlängerung, auf moderne Kick-Events, auf Computerspiele, auf Reizüberflutung usw.
Keine der drei Religionen nennt schädigende Großprojekte "gut", aber keine hat eine Mythologie, die dem modernen Menschen eine gewisse Ehrfurcht vor der Erde, der See oder der Biosphäre abverlangt – und zwar als Automatismus.
Der Islam ist so wenig "ideal" wie alle anderen Religionen.
(09-04-2009, 01:26)Speedy1144 schrieb: Ich habe den Eindruck, dass wir einander vorbei reden. Du hast mich da missverstanden, ich verherrliche, verehre lediglich Allah/Gott, seine Schöpfung, und alles was damit zusammenhängt.Nein, wir reden eben nicht aneinander vorbei. Mir ist schon klar, was du glaubst. Dir selbst ist auch klar, dass die Zuhilfenahme wissenschaftlicher Erkenntnis (zur Weltbeschreibung) "nachrangig" ist. Also genau, was ich die ganze Zeit betone.
Allah hat mit Sicherheit in seine Verse Welterkenntnis eingebaut – ich behaupte: zwangsläufig, anderenfalls würden wir sein Wort gar nicht verstehen können. Der Zweck der Geschichten und Ermahnungen ist aber, das menschliche Dasein zu formen im Sinne von "gut und böse", von Konflikt, Schuld und Vergebung, von Achtung, Liebe und Erbarmen – grob gesprochen: die Formung der ontologischen Struktur des Menschseins in der muslimischen Gesellschaft.
Aber dieses nachrangige, weil literarisch notwendige Stil-Detail ist nicht das Wesen von Allahs Wort. (Der relativ pauschale wissenschaftliche Gehalt muss sein und beweist dadurch nichts).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard