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Glaubwürdigkeit von Religionen
#26
Ahriman schrieb:Die Vernunft und die Logik sind religionsfeindlich, das wurde schon von vielen Kirchenvätern (Tertullian, Luther) unverblümt gesagt.

Nun ja es gab in den letzten 2000 Jahren bestimmt einige die das behauptet haben, die Frage ist alledings was hinterdiesen Aussagen steht und ob sie vom christlichen Glauben gedeckt werden.
In Luthers aussagen, die sich gegen jene Vereinbarkeit von fides et ratio wendet, ist meines Erachtens nicht viel mehr zu sehen, als antischolastische Propaganda. Der Rationalismus der thomistischen, scholastischen Theologie steht nach Luthers, und allenen anderen Reforamtoren, dem Prinzip des Glaubens entgegen. Ich bin aber überzeugt, dass dieser Fideismus der klassichen Lehre vom Christus als dem Logos widerspricht, daher hat auch die katholische Kirche dieses Verständnis von blinden Fideismus ohne Rationalismus verurteilt.
Bei Tertullian wäre es glaube ich redlich zu sagen, dass er solche Äusserungen erst nach seiner Hinwendung zum Montanismus abgegeben hat. Sprich, als er sich in der nicht enden wollenden Debatte über die Heiligkeit der Kriche, der streng bußfertigen und sich als absolut sakral ansehenden Bewegung einistete und mehrere Schriften gegen die Kirche, die z.B. Apostaten die Rekonziliation gewährte, schrieb. Besonders in den spätschriften Tertullians ist daher der montanistische Einfluss wider dem klassischen, griechischen Rationalismus in der Logostheologie zu erkennen.

Das es durchaus auch andere Stimmen zu diesem Thema gibt, zeigt meiner Einschätzung nicht nur die von mir vorausgegangen zitierte Enzyklika "fides et ratio" und der scholastische Rationalismus, sondern der Johannesprolog selbst.

"Im Anfang war das Wort (Logos), und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist." (Joh 1, 1-3)

Logos zitiert nach Friedrich Kirchner - Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe:
Logos (gr. logos) heißt sowohl Gedanke, Denken als auch Wort. Die jüdisch-platonische Philosophie (besonders Philon, 20 v. Chr. bis 45 n. Chr.) verstand darunter den von Ewigkeit her gedachten Gedanken Gottes von sich selbst, an dem er als dem gegenständlichen Nicht-Ich das Selbstbewußtsein seines Ichs hätte, der aus Gott herausgetreten und wesentlich geworden sei, den von Ewigkeit gezeugten Sohn Gottes, den Abglanz der göttlichen Vollkommenheit, den Schöpfer der Welt und das alle Menschen zur Weisheit, Tugend und Wissenschaft leitende Wesen. Diese neuplatonische Idee nahm dann das Johannesevangelium in sich auf: Christus ist das fleischgewordene Wort Gottes, welches von Anfang an war, durch das die Welt geschaffen, ja das selbst Gott ist. Denn der Ewige, Unerkennbare bedarf, menschlich gedacht, des Wortes, um sich zu offenbaren, er muß sprechen, damit etwas geschehe, nachdenken, um etwas zu erfinden. Und wie wir in unserer Persönlichkeit das Denken hypostasieren, d.h. von uns selbst absondern und selbständig machen, so dachte sich der Verfasser dieses Evangeliums auch Gott als Subjekt-Objekt. Die Gedanken fanden ihre weitere Auslegung in folgenden Sätzen: Der Gedanke ist Gottes Sohn, er ist Gott selbst, wenn auch nicht in seiner Totalität; er ist teils in Gott verborgen (logos endiathetos), teils in der Schöpfung sichtbar geworden (logos prophorikos); er hat alle Propheten begeistert und ist zuletzt in Jesu Fleisch geworden. Das talmudische »Memra« (Wort), der platonische Nous (Verstand), die apokryphische »Weisheit« sind Analogien dieses Logos. Vgl. Duncker, Zur Gesch. d. christl. Logoslehre. 1848. M. Heinze, Die Lehre vom Logos in der griech. Philos. 1872.

Ich bin als gläubiger, christlicher, aufgeklärter Mitteleuropäer der Postmoderne, fundamental davon überzeugt, dass Glaube und Vernunft sich nicht nur nicht widersprechen, sondern eine harmonische Einheit bilden können.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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Glaubwürdigkeit von Religionen - von Seth - 23-07-2007, 18:01
RE: Glaubwürdigkeit von Religionen - von lost4 - 28-07-2007, 12:42
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RE: Glaubwürdigkeit von Religionen - von Flat - 30-11-2007, 09:17

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