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Bildung und "Verbildung" in den Zeiten des Internets
#4
(17-07-2014, 20:32)Ulan schrieb: Das Hauptproblem ist aber, dass viele der wissenschaftlichen Erkenntnisse hinter Paywalls versteckt sind.


1994
Wer sich informieren will, hat kostenlos Zutritt zur Nationalbibliothek NB
Dort liegt jedes Buch auf.

Eine sehr wichtige Sache, denn wissenschaftliche Publikationen erscheinen naturgemäß in sehr kleiner Auflage und sind daher extrem teuer. Unglaublich was so ein Buch kostet ! Und von 20 gekauften Büchern ist nur eines das, was man gesucht hat. Das weiß man aber erst zwei Wochen nach dem Kauf, wenn man es gelesen hat. Dann ist Umtausch ausgeschlossen, man hat einen weiteren teuren Schinken im Bücherregal, der wertvollen Platz verbraucht.

In der Nationalbibliothek kann man nach Belieben stundenlang schmökern, sinnlose Bücher wieder zurückgeben und so lange suchen, bis man findet was man sucht. Dieses eine Buch kann man sich ja kaufen, wenn man aber nur 20 Seiten (ein Kapitel) aus einem 1200 Seiten Buch braucht, kopiert man sich dieses Kapitel.


2014 (20 Jahre später)
Was früher kostenlos war, muß man heute zahlen. Da es sich um keine "Kostensteigerung" handelt, schlägt das auch nicht in der Inflation zu Buche. Es ist eben nicht so, daß das von 10 auf 14 Geldeinheiten gestiegen ist (das wären 40 %) sondern etwas, das früher selbstverständlich kostenlos war, muß man jetzt halt bezahlen. Wird von der Inflationszahl daher nicht erfaßt.

Einmalzutritt ist extrem teuer und offenbar unerwünscht. Eine Jahreskarte bei der Nationalbibliothek ist nicht jedermanns Sache.

Jetzt wird "Information" im Internet geboten. Oft sehr fragwürdiger Ramsch. Aber ehrlich gesagt wurden und werden auch wertlose Bücher gedruckt und lagen und liegen in der NB auf.

Jedenfalls ist das Internet kostenlos und auf alle Fälle sparen sich die Menschen die weite Anreise zur NB
Das ist ein enormer Anreiz, das Internet zu nutzen. Denn es macht einen gewaltigen Unterschied, ob jemand hunderte Kilometer anreisen und eventuell ein Hotel buchen muß – oder ganz einfach vom Bildschirm aus, binnen einer halben Stunde etwas findet.

Jetzt kommt das große "Aber"
Forscher müssen auch leben, haben Familie, müssen Wohnung und Kleidung kaufen. Kein Mensch kann umsonst arbeiten, das tut nicht mal ein Klempner.
Eine Stunde einer Putzfrau kostet € 12. Und die hat nicht mal Fixkosten.
Forscher opfern tausende Stunden ihrem Forschungsgegenstand. Kein ernsthafter Forscher ist so blöd, seine Erkenntnisse vor die Schweine zu werfen. Er stellt das nicht gratis ins Internet, er füttert nicht das Wikipedia.
Ein Techniker, der einen neuen Automotor erfindet, läßt diesen patentieren, möglichst international – und füttert nicht gratis die japanische Konkurrenz.

Das ist auch bei medizinischen Fachbüchern so. Die werden in einem medizinischen Fachverlag gedruckt und sind um viel Geld zu kaufen. Nach wie vor. Wer das billiger lesen will, kann nur zur NB fahren (manchmal sehr weite Anreise) und dort eine Jahreskarte lösen.

Die Leute jedoch, denen vom Computerhandel eingeredet wurde, daß sie kostenlos im Internet Forschungsarbeiten lesen können und in Foren "mit Fachleuten auf Augenhöhe diskutieren" können, sind auf dem Holzweg.

Kein ernsthafter Forscher stellt sein Werk kostenlos ins Internet ! Das machen Dilettanten und selbsternannte Möchtegern-Forscher, das sind meist Kurpfuscher ohne Medizinstudium, Winkeladvokaten ohne Jurastudium, Wichtigtuer, Bastler, Leute von Sekten

Wertloses Zeug halt, das kein Verlag drucken will. Der Schreiberling hat auch kein Interesse, das auf eigene Kosten drucken zu lassen um es dann in die NB zu stellen. Gerede und Gerüchte halt

Einzige sinnvolle Möglichkeit wäre
1.) Kostenpflichtige Seiten. Das tut sich aber kaum einer an, da man hier nicht mal das Buch vor dem Kauf durchblättern kann. In einer medizinischen oder juristischen oder theologischen oder was weiß ich Fachbuchhandlung kann man das Buch vor dem allfälligen Kauf jedenfalls durchblättern und wenn man 10 Minuten darin liest, hat der Verkäufer auch nichts dagegen.

2.) Teilnahme in wirklichen Fachforen
Die gibt es wirklich. Aber da kann nicht Hinz und Hunz mitreden, ist doch klar. Da gibt es keine anonymen Nicks, hinter denen sich einer verstecken kann.
Da sind echte Forscher registriert, die auf universitärer Ebene diskutieren und einander namentlich kennen. Irgendwelche Leute, die unter dem Phantasienick "Mickymaus" kecke Postings schreiben, sind da unerwünscht und haben keinen Zutritt. Ist doch klar, daß sich Forscher nicht mit irgendwelchen anonymen Stänkerern auf eine Stufe stellen. In einem solchen Forum ist man wirklich gut informiert, auf Letztstand, state of the art

- - - -

Völlig aussichtslos ist jedoch der Versuch, sich kostenlos und bequem vom Wohnzimmer aus mittels Bildschirm zu "informieren"

Das Medium "Internet" ist nämlich auch nur ein Medium, ein technischer Kanal, und sagt nichts über das Niveau des Inhalts aus.
Ja, man kann sich bequem vom Wohnzimmer aus mittels Bildschirm informieren, welches Kochrezept es für Forellen gibt oder wenn ein Schüler eine Liste mit allen Präsidenten der USA braucht. Aber so was hat mit Forschung nichts zu tun
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RE: Bildung und "Verbildung" in den Zeiten des Internets - von Sinai - 18-07-2014, 13:18

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