21-06-2014, 01:34
(20-11-2013, 21:16)Bion schrieb:(20-11-2013, 12:17)Bankasius schrieb: ...dabei ist irrelevant, ob Mohammed z.B. im "die Beschneiderin" betiteltem Hadith sinngemäß korrekt zitiert ist oder ob dieser Text als Verbeugung vor geltendem Brauch nachträglich in die Sunna eingeflossen ist,...
Nein, das ist nicht irrelevant. Schwache Hadithe haben für die islamische Rechtsprechung keine Bedeutung.
Auch heute zum Glück als schwach eingestufte Hadithe wirkten sich im sunnitisch islamischen Recht aus. Die 4 im Frühmittelalter entstandenen Rechtsschulen der Sunna erklärten die Beschneidung weiblicher Genitalien entweder zur Pflicht oder als empfehlenswert oder als Ehre für die Beschnittene. Ob Hadithe und n.b. auch der Koran Aussprüche Mohammeds sinngemäß korrekt wiedergeben oder nicht, wird auch in Zukunft nie jemand mit annähernder Sicherheit feststellen können und das wäre auch allenfalls von historischem und theologischem Interesse, sonst aber irrelevant. Wichtiger, viel wichtiger, ist da allemal, was die Anhänger der Religion Islam in diesem und natürlich auch in anderem Zusammenhang als wahr GLAUBEN, weil nur das Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft hat. Im Fall der Verstümmelung des weiblichen Geschlechts glaubt anscheinend eine nicht gerade kleine Minderheit der Muslime, Prophetenwort zu folgen.
(20-11-2013, 21:16)Bion schrieb:Bankasius schrieb:…, dass in das 2.heiligste Buch der einzig wahren göttlichen Verkündigung…
Es gibt nur ein heiliges Buch des Islam, den Koran. Ein zweitheiligstes Buch gibt es nicht.
Du meinst wohl: die Hadithliteratur ist die zweitwichtigste Quelle für die islamische Rechtsprechung. Das gilt vornehmlich für starke Hadithe.
Wie definierst Du „heilig“? Ich verstehe unter „heiligen Büchern“ Werke, die zu religiösem Tun auffordern, die verehrt werden, die Handlungen beschreiben, die als nachahmenswert gelten und deshalb zur religiösen Moralbildung beitragen und das auch und gerade dann, wenn sie zur Bildung öffentlich gültigen Rechts beitragen. Insoweit ist die Sunna sehr wohl ein heiliges Werk für annähernd alle Muslime.
(20-11-2013, 21:16)Bion schrieb:Bankasius schrieb:Diese Operation war von manchen Gesellschaften seit frühen Zeiten angewendet worden in der Meinung, diese bedeute eine Aufwertung der Frau. Zu der Zeit der Geburt des Islam wurde sie auch in Arabien durchgeführt.
Quelle: *http://www.derletzteprophet.info/fragen-...frauen-fgm
Das ist falsch! Solches bekommt insbesondere von türkischen Theologen nicht selten zu hören. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es dafür keine Bestätigung.
Hingegen gibt es Quellen für einen eigenartigen vor- und frühislamischen Brauch, den sich Mädchen nach der ersten Regelblutung verpflichtend zu unterziehen hatten:
Die Mädchen wurden in das "Haus des Rates" geführt, wo man ihnen das Hemd aufriss; dann erhielten sie von den Obersten des Stammes ein neues Hemd; danach wurden sie zu ihren Sippen zurückgeschickt und waren fortan vom Leben außerhalb ihres Wohnsitzes ausgeschlossen.
Manche wollen in diesem Text einen Hinweis erkennen, dass es dabei zu Beschneidungshandlungen gekommen wäre.
In einem Standardwerk zur Islamgeschichte wird, die Mädchenbescheidung betreffend, nur kurz angemerkt:
Es gibt Wertvorstellungen ebenso wie bräuche, die das Leben von Frauen in islamischen Ländern bis heute stark tangieren, etwa den Jungfraulichkeitskult - der im gesamten Mittelmeerraum verbreitet ist -, und in einigen Ländern die Mädchenbeschneidung, die jedenfalls im frühen Islam nicht kodifiziert sind.
W. M. Watt, A. T. Welch, M. Marmura, A. Schimmel u. a.: Der Islam, 3 Bde, Verl Kohlhammer, Bd 3, S. 388
Ich kann dazu nur sagen, dass ich nicht exakt weiß, ob Frauenbeschneidung im vorislamischen Arabien durchgeführt wurde oder nicht. Ebensowenig weiß ich, auf welche Quellen sich die von Dir genannten Autoren oder die von mir verlinkte Website stützen. Aber wichtig ist einzig und allein das, was die Anhänger des Islam glauben, dass es wahr sei.
(20-11-2013, 21:16)Bion schrieb:Bankasius schrieb:Ich glaube nur den Erklärungen, die ich logisch und anhand historisch glaubhafter Quellen nachvollziehen kann.Bankasius schrieb:Bion schrieb:Wäre Mohammed das wichtig gewesen, stünde es im Koran. Es ist naheliegender, dass ihm dieser Brauch unbekannt gewesen war.
Naja, der Brauch war ihm mit hoher Sicherheit bekannt.
Und eine historisch glaubhafte Quelle dazu wirst Du mit hoher Sicherheit nachliefern, hoffe ich!
Nein, das kann ich nicht. Aber die einschlägigen, wahrscheinlich von Arabern verfassten Hadithe ließen mich das vermuten. Quellen, die dafür sprechen, habe ich im Netz allerdings nicht gefunden. Aber es ist eine vorislamische Tradition, die im Islam überlebte, somit religiöse Rechtfertigung erfuhr, und zusammen mit dem islamischen Glauben auch in Regionen exportiert wurde, die diese Beschneidung aus vorislamischer Zeit nicht kannten – nach Indonesien z.B..
Natürlich ist sehr begrüßenswert, dass jetzt hohe religiöse Autoritäten des Islam, die Beschneidung des weiblichen Geschlechts verurteilen und ich wünschte mir, dass die Verurteilung sich auch auf andere in der Sunna dargestellte intolerante Handlungen oder Aussprüche des Propheten ausdehnen würde. Das würde den Islam vielleicht gewogener machen, z.B. die Abwendung ehemaliger Muslime vom Islam zu akzeptieren.

