16-04-2013, 15:04
(16-04-2013, 11:53)petronius schrieb: es ging ja um was anderes: daß man sich der illusion bewußt ist und trotzdem versucht, sie über literatur zu rechtfertigen (also wider besseres eigenes wissen belege zu finden, daß sie doch real ist)
Das ist es eben, was ich mit "Wunschdenken" meine. Wenn ein Dreijähriger an den Osterhasen glaubt, weil die Eltern ihm davon erzählt haben und er noch nicht so weit ist, irgendwelche Fakten zu erkennen, die dagegen sprechen, ist das kein Wunschdenken, auch wenn er sich irrt, ihm der Gedanke aber gefällt. Es gehört einfach zu seinem (von anderen Leuten vorgegebenen) Weltbild.
Wenn der Fünfjährige beginnt, am Osterhasen zu zweifeln, weil die anderen Kinder sagen dass es den nicht gibt, und er selbst gesehen hat, dass die Eltern Schokoladeneier gekauft haben, wenn er aber trotzdem weiter daran glauben will, weil das einfach schöner ist als die schnöde Wahrheit, dass die Eltern die Eier verstecken, dann ist der Osterhase für dieses Kind Wunschdenken. Und vielleicht wird es, wenn es mit Gleichaltrigen diskutiert, nach Gegenargumenten suchen, warum es den Osterhasen trotz allem doch geben könnte. Da versucht das Wunschdenken die Rationalität zu übertrumpfen.
Wenn das Kind mit 12 Jahren allerdings immer noch an den Osterhasen glaubt, ist das natürlich krampfhaftes (vielleicht auch krankhaftes) Festhalten an einer nicht-alters-entsprechenden Idee, und evtl. muss ein Psychologe entscheiden, warum das Kind stur auf einer solchen fixen Idee beharrt. Es sei denn, die anderen zwölfjährigen Kinder in seiner Schule und Nachbarschaft glauben auch alle daran.