27-10-2011, 18:44
(26-10-2011, 21:18)Ekkard schrieb: Richtig, nur wissen sehr viele Christen, dass die biblischen Geschichten einen Mischmasch darstellen aus situationsbedingten Erlebnisberichten, (antiken) Glaubenszeugnissen, Legenden und Mythen. Das Alles ist, wie ich von Theologenseite gelesen habe: "Projektionsfläche des eigenen Glaubens". Nichts davon kann man als Anweisung oder Regel missbrauchen. Das hoch gelobte "Selberdenken" (und weitere Entwickeln aus der Tradition heraus!) ist geradezu Aufgabe des Christen: "Lerne zu achten und zu beachten und werde tätig". Wer "achtet und beachtet" wird eben nicht ausfällig, beleidigt nicht, fällt nicht unangenehm auf, räumt seinen Müll weg, schädigt niemand, bereichert sich nicht usw.
Das Sprechen über Mythen ist ein nettes aber leeres Unterfangen!
Letztem Satz könnte ich zustimmen, wenn es nicht solchen Reiz hätte...
"Nichts davon kann man als Anweisung oder Regel missbrauchen."
Muss allerdings widersprochen werden, denn wie bekannt wird sehr vieles immer schon und auch heute noch missbraucht. Ich nannte einiges davon.
Und wer nicht Christ ist, räumt also seinen Müll nicht weg, schädigt niemand, bereichert sich nicht etc...???
Das ist das alte christliche Klischeedenken: Nur der Christ ist sauber und edel!
Und damit gilt natürlich folgerichtigerweise: Wer nicht Christ ist, ist nicht "gut" im weitesten Sinne.
Damit verklärt und verkleistert sich der Christ seine Selbstkritik, schon seinen Willen dazu.
Und er sucht das Übel außerhalb seiner eigenen Christenwelt.
Er selbst ist ja so gut, allein nur weil er an Jesus glaubt und an dessen moralisch gute Aussagen.
Und genau das sind die Denkfehler. Soll ich dir mal verraten, von wievielen Christen ich schon in anderen Foren beleidigt worden bin, aufs Gröblichste, wieviele von diesen Christen gegen mich ausfällig geworden sind und unanständig bis ins Unerträgliche?
Sind die anti-atheistischen Ausfälle von christlichen Kirchenfunktionären etwa keine Ausfälligkeiten?
Zu deinem Fragenkatalog:
Zunächst mal: Wenn nicht mehr von Gott die Rede ist, was daran ist dann noch "christliche Religion"?
Oder ist das Christentum jetzt sogar schon bereit, seinen Status als Religion aufzugeben
und seinen Massenmitgliederstatus zu nutzen, um "dem Rest" der Gesellschaft weiterhin seine (ich gebe zu nicht immer unedlen, aber unreligiösen Motivationen) zu vermitteln?
Die Zeiten der Zwangschristianisierung sind ja gottseidank wohl vorbei!
· Wie muss eine Gesellschaft ticken, damit sie einmal für mich zum anderen für meine Nachbarn erträglich ist?
Die Frage stellen nicht nur Christen, die stellt sich wohl jeder Mensch und keiner hat wirklich eine greifende, umsetzbare Antwort.
· Welche Haltung führt mich dazu, anderen die Lebensgrundlage zu belassen möglichst zu sichern?
Die humanistische.
· Welcher Mensch in meiner Umgebung braucht meine Hilfe?
So geht man nicht an Hilfestellung heran. Man sucht nicht danach, sondern hilft, wenn man sich dazu aufgefordert sieht. Übrigens war gegenseitige Hilfe in der ach so atheistischen DDR (wo ich herkomme und noch lebe) besser als es jetzt im westlichen, kapitalistischen, egoistischen "Werte"-System der Fall ist. Die Menschlichkeit sucht man oft vergebens. Es zählen oft nur materielle, wirtschaftliche Aspekte. Und : Lass mich in Ruhe, dann lass ich dich vielleicht auch in Ruhe!
· Gibt es (z. B. hier im Forum) Leute, die ungerechtfertigt "angegangen" werden?
Das wirst du dich als Mod. ja andauernd fragen. Das Motiv eines ungerechtfertigt Angegangenen wird eher sein, sich dagegen zu wehren oder den "Angeher" zu melden, damit der Unsinn gelöscht wird.
· Mit welchen sachlichen Argumenten kann ich die Fairness wieder herstellen?
Dto. - Meine Art ist es, meine Überzeugungen klipp und klar und deutlich auszudrücken. Wer das mit Unfairness beantwortet, hat die erforderliche Qualifikation nicht, mitzudiskutieren. Die Fairness dann wiederherzustellen, dazu bin ich nicht allein in der Lage. Das ist eher Mod-Aufgabe.
· Wie gehe ich mit meinem Ärger so um, dass andere und ich auch daran noch etwas lernen können?
Ärger muss irgendwie auch raus. Sonst kanalisiert er sich womöglich auf einen nicht so guten Weg. Ich kenne Leute, die es noch heute nicht fertigbringen, sich als Betroffene von der Stasi-Kalamität zu lösen. Einige sind in psychotherapeutischer Behandlung.
Oder meinst du hier vielleicht auch wieder das Forum?
Als mich jemand provokativ fragte, ob ich ein Nazi wäre, habt ihr schneller reagiert als ich das las.
Damit gabs erst gar keinen Ärger.
Gute Moderatoren können viel dazu beitragen, dass Ärger schnellstens verfliegt.
· Wo nehme ich die Disziplin dazu her?
Disziplin ist leider hierzulande nicht mehr Erziehungsgegenstand. Erziehung eigentlich überhaupt nicht mehr.
Selbstdisziplin ist besser, dazu muss man aber auch motiviert werden. Christ, Jude oder Moslem muss man dafür jedenfalls auch nicht sein.
· Wo liegen meine Beweggründe, wenn ich mich ärgere?
Das ist Psychologie. Ich z.B. ärgere mich, wenn Ungerechtigkeit, Unrecht im Spiel sind, wenn die Wahrheit nicht erkannt oder (noch schlechter) absichtlich verbogen wird.
Über Dummheit, Unwissen, welches sich als vermeintliches Wissen zu präsentieren sucht, über freche Dreistigkeit ärgere ich mich, besonders wenn diese zu obsiegen drohen, sich gar durchsetzen können.
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„Die Kunst weise zu sein ist die Kunst zu wissen, was man übersehen hat.“ (William James)

