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Warum so viel Leid
#61
(28-01-2010, 00:06)Gundi schrieb:
(27-01-2010, 12:23)petronius schrieb: wieso und wobei soll es zwangsläufig einen "gemeinsamen Kern" geben?

Wenn Werte bei dir jetzt doch nicht rationales Gedankengut sind (obwohl du weiter oben was anderes behauptet hast) dann bleibt wieder die Frage weshalb ich mich nach ihnen richten sollte (Gesetze außen vorgelassen), da ich ja gar nicht sicher sein kann dass sie richtig sind, so ganz ohne Grundlage

irgendwie reden wir jetzt endgültig aneinander vorbei. weder behaupte ich, "werte seien rationales gedankengut" oder nicht (ich sage nur, daß wertvorstellungen aus rationaler überlegung hervorgehen können, ja vielleicht sogar besser sollten, anstatt "vom himmel zu fallen" :icon_rolleyes:), noch versteh ich, von welchem "gemeinsamen kern" du redest

natürlich bist du nicht vor dir selbst verpflichtet, dich nach den werten anderer zu richten. nur wird das, je nachdem, um was konkret es geht, halt bestimmte folgen haben (stichwort: geh klauen, und du wirst schon sehen, wie verbindlich der wert "eigentum" geschützt wird)

Zitat:Und wie gelangt man zu seiner Begründung?

wie auch immer. manche durch rationales nachdenken, andere durch dumpfes nachbeten. oder etwas dazwischen

Zitat:Rationales Denken hast du auf einmal ausgeschlossen

da hast du wohl was falsch verstanden

Zitat:Und wie können wir sicher sein dass unsere Begründung richtig ist?

gar nicht. aber du kannst dir offenbar nur naiv vorstellen, daß es das für alle verbindlich einzig richtige gibt...

werd erwachsen!

Zitat:Wieso sollte ich mich etwas verpflichten, dass die Möglichkeit mit einbezieht falsch zu sein?

na, dann laß es halt, tu, was du willst, und schau, was du davon hast...

Zitat:Wie kann ich andere moralisch verurteilen, wenn die Möglichkeit besteht dass ich falsch liege?

du sollst ja auch nicht andere moralisch verurteilen

Zitat:Daraus folgere ich mal: Gesetz=sozial-verbindliche Moral?

das haben wir jetzt doch schon zigmal durchgekaut... :icon_rolleyes:

Zitat:Doch, auch deins. Denn auch du kannst niemanden moralisch verurteilen, wenn du dir nicht sicher sein kannst was wahr ist. Es macht also auch keinen Sinn ein moralisches Urteil auszusprechen

na, endlich hast du es begriffen!

glückwunsch

Zitat:Oh man, petronius. Nicht Ich als Person lege ein Fundament zugrunde sondern ich glaube an ein zugrundeliegendes Fundament

kommt das nicht aufs selbe raus?

du bestimmst doch, woran du glauben willst

Zitat:Versuch wenigstens mal mich zu verstehen. Habe doch nie gesagt, dass ich als kleiner Mensch die Moral für alle bestimme.

das tust du aber, wenn du eine einheitliche und für alle (und zwar auf individueller ebene!) verbindliche moral postulierst
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#62
(28-01-2010, 01:18)Gundi schrieb:
(28-01-2010, 00:45)Manuel schrieb: Petronius hat rationales Denken keineswegs ausgeschlossen. Sofern ich ihn richtig verstanden habe, geht es ihm darum, dass jeder von seinem Erfahrungsschatz aus argumentiert und dies im Normalfall logisch.
Dies kann aber deshalb zu verschiedenen Werten führen, da unterschiedliche Menschen unterschiedliche Prämissen nutzen, um einen solchen Wert oder eine moralische Regel abzuleiten.

Als ich petronius fragte auf welche Weise moralische Werte entstehen, hat er mehrfach gesagt: "weil du ganz rational davon ausgehst, daß das "schlechte", was diese verletzung dir zufügen würde, in gleicher weise den anderen trifft." Hat es also mit absoluter Rationalität erklärt. Wenige Beiträge später sagt er dann auf einmal dass moralische Wertfindung nicht nur auf Logik beruht. Ich finde er widerspricht sich oft selber. Zuerst meint er es sei größtenteils auf Rationalität zurückzuführen und später sagt er dann es sei nicht so

und ich finde, du kannst entweder nicht lesen oder nicht deutsch

daß "größtenteils" etwas anderes ist als "ausschließlich" - darüber denk doch bitte mal nach

oder darüber, daß die art und weise, wie ich zu meinen wertvorstellungen komme, nicht auch die eines jeden anderen sein muß

Zitat:Wenn nun die Moral auf Logik aus eigener Erfahrung beruht, heißt das nix anderes, als das jeder sich seine eigene Moral macht

ja! ja! ja!

genau das sage ich doch schon seit anfang... :icon_rolleyes:

Zitat:Eine übergeordnete Logik gäbe es ja nicht

richtig!!!

Zitat:Damit wären wir aber wieder bei dem Problem, dass wir nichts gemeinsames verbindliches hätten

wir haben das, was wir im gesellschaftlichen konsens als gemeinsam verbindlich festlegen...

Zitat:Wir hätten zwar Gesetze aber keine Moral von der wir behaupten könnten sie sei richtig

ja und?

wieso ist es dir so wahnsinnig wichtig, deine moral für die einzig "richtige" zu halten?

Zitat:Es wäre uns damit nicht möglich einen Mörder moralisch zu verurteilen, sondern lediglich gesetzlich.

das reicht doch auch

die moralische empörung und selbstgefälligkeit überlaß ich gern dir, ich brauch sie nicht, um mich dadurch besser zu fühlen
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#63
Petronius schrieb:das tust du aber, wenn du eine einheitliche und für alle (und zwar auf individueller ebene!) verbindliche moral postulierst
Das Problem vieler Menschen, die überzeugt sind, die richtige Schiene erkannt zu haben.

Gruß
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#64
(28-01-2010, 03:19)Gundi schrieb: Die eigentliche Frage mit welcher wir uns beschäftigen ist ja wie es zur Entstehung von Moral und Werten kommt. Die zweite Frage, die daraus resultiert ist, ob es allgemein gültige Moralvorstellungen gibt oder nicht. Ich denke es gibt solche. Ich möchte im folgenden versuchen zu begründen warum: Wenn es keine allgemein gültigen gäbe würde das bedeuten, dass jede Moralvorstellung geschaffen und vernichtet werden könnte (denn jede wäre individuell und ohne gemeinsamen Bezug). Sie hätte ja keinen Bestand, da ihr etwas fehlt, dass ihr Bestand verleit. Mein Problem dabei ist aber, dass ich diese Moralvorstellungen (auch meine eigenen) dann nicht als verpflichtend ansehen könnte

um es zuzuspitzen: dein problem ist, daß sich die realität nicht deinem wunschdenken beugt

die realität ist nämlich schlicht und einfach, daß es keine
allgemein gültige Moralvorstellungen gibt. schau dich doch einfach mal um!

daß immer wieder irgendwer versucht, seine eigenen moralvorstellungen als allgemein gültig auch anderen aufzudrücken, ändert daran nichts
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#65
Wer sich auch nur minimal mit Geschichte beschäftigt hat, erkennt, dass es so etwas wie eine alle Zeiten überdauernde Moralvorstellung nicht gibt. Die alten Azteken fanden es auch moralisch, Blumenkriege zu veranstalten und ihren Göttern Menschenopfer darzubringen. Sie waren sogar höchst beleidigt, als die Spanier das Menschenfleisch ablehnten, das Ihnen zu ehren zum Willkommen aufgetischt wurde.

Sklaverei war in der Antike nichts unmoralisches. Auch das massakrieren von Feinden bei der Eroberung einer Stadt wurde von den eigenen Leuten sehr oft nicht als Kriegsverbrechen angesehen, im Gegenteil.

Und auch das Zwangsverheiraten von Kindern wird auch heute noch nicht überall als unmoralisch gesehen, auch nicht in monotheistisch geprägten Gegenden.
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#66
(28-01-2010, 03:19)Gundi schrieb: Die eigentliche Frage mit welcher wir uns beschäftigen ist ja wie es zur Entstehung von Moral und Werten kommt. Die zweite Frage, die daraus resultiert ist, ob es allgemein gültige Moralvorstellungen gibt oder nicht. Ich denke es gibt solche. Ich möchte im folgenden versuchen zu begründen warum: Wenn es keine allgemein gültigen gäbe würde das bedeuten, dass jede Moralvorstellung geschaffen und vernichtet werden könnte (denn jede wäre individuell und ohne gemeinsamen Bezug). Sie hätte ja keinen Bestand, da ihr etwas fehlt, dass ihr Bestand verleit. Mein Problem dabei ist aber, dass ich diese Moralvorstellungen (auch meine eigenen) dann nicht als verpflichtend ansehen könnte
(28-01-2010, 08:16)petronius schrieb: um es zuzuspitzen: dein problem ist, daß sich die realität nicht deinem wunschdenken beugt
die realität ist nämlich schlicht und einfach, daß es keine
allgemein gültige Moralvorstellungen gibt. schau dich doch einfach mal um!
daß immer wieder irgendwer versucht, seine eigenen moralvorstellungen als allgemein gültig auch anderen aufzudrücken, ändert daran nichts
Das kommt ganz darauf an, was man unter "allgemein gültig" versteht. Im Sinne einer empirischen Tatsache sind Moralvorstellungen nicht naturgegeben und mithin willkürlich. Einverstanden.

Gleichwohl gibt es Moralvorstellungen, die in einer menschlichen Gesellschaft gemeinsamen Konsens darstellen. Darüber hinaus scheint es einen Archetypus zu geben, der im Normalfall eine arteigene Tötungshemmung darstellt. Aber wie das bei Archetypen (Instinktresten) so üblich ist: Die Tötungshemmung gilt nicht ohne Randbedingungen - im Kampfgetümmel sicher nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#67
Nun, ich bin Atheist aber auch ich denke daß es eine Basismoral wenn man so will gibt. Aber weder will ich meine Moral, und ich denke auch nicht daß Grundi das möchte, als allgemeingültige, verpflichtende Moral festlegen oder gar aufzwingen. Was sowieso unmöglich ist und alleine der Versuch muß lächerlich scheinen. Man kann lediglich das Gesetz an die vorherrschende gesellschaftliche Moral anpassen, aber ich spreche eigentlich immer von persönlichen ethischen Maßstäben wenn ich von Moral spreche, und nicht von sozialen.

Es gibt Forschungen zur Ethik die teilweise recht komplexe moralische Fragestellungen in unterschiedlichen Kulturen untersuchen und dabei festgestellt haben daß Menschen, ob nun in Europa oder in einem von der Zivilisation nahezu unberührten Stamm im Amazonas, diese Fragen auf äusserst ähnliche Weise und mit analoger Verteilung beantworteten.

Das läßt zum einen darauf schließen daß Menschen nicht nur einen identischen Weg haben Moral überhaupt zu entwickeln sondern daß sie dabei auch annähernd in die gleiche Richtung tendieren. Die Tatsache daß nicht alle Menschen die Fragen gleich beantworten läßt weiterhin den Schluß zu daß es eben keine absolut identische oder gar verpflichtende Moral gibt sondern daß wir hierbei ähnlich wie bei allem anderen unsere Persönlichkeit und unsere Erfahrungen einflechten.
Aber alleine die Tatsache daß wir über Kulturen hinweg trotzdem noch so ähnlich in dieser Beziehung sind läßt meines Erachtens den Schluß Moral sei per se völlig beliebig genausowenig zu wie man annehmen kann jeder Mensch würde in ethischer Hinsicht durch einen inneren Kompaß auf einen moralischen Nordpol gelenkt und müßte gegen diese innere Stimme handeln wenn er davon abweichen wollte.

Aber ich denke daß es unbestreitbar ungefähr nach Norden geht, um bei meiner Metapher zu bleiben. Insofern kann ein Gesetz und im gesellschaftlichen Konsens verbreitete Ansicht zu guter Moral zwar ziemlich beliebig sein, aber eben nur ziemlich. Um sie gänzlich auszuschalten haben Menschen in der Vergangenheit oft genug Hebel benutzt, was bei völlig beliebiger Moral ja nicht nötig wäre. Die Entmenschlichung und Gleichsetzung mit einem parasitären Tier der Juden durch die Nazis zum Beispiel. Es wurde auch in Verbindung mit der Schürung von Angst vor Partisanenangriffen darauf hingewiesen daß Juden und Slawen keine Menschen sondern eher bösartige Tiere wären um die Soldaten an der Ostfront zu enthemmen. Ähnliche Mechanismen waren auch bei den erwähnten Azteken vorhanden, da bin ich mir sicher.

Das hat leider sehr gut funktioniert, was nicht gerade für die Menschheit in ethischer Hinsicht spricht und einen Hinweis darauf gibt daß gesellschaftliche wie persönliche Moral ein schwaches Pflänzchen ist das leicht verbogen oder zerstört werden kann. Man muß schon aktiv dafür sorgen daß es sich entwickeln kann, als Gesellschaft und als Erzieher, bis sie irgendwann gefestigt ist.
Das ist natürlich umso leichter je voller der Bauch und je höher das Gefühl von Sicherheit ist, obwohl Altruismus auch und vielleicht besonders dann hervorzutreten scheint wenn die Zeiten schlecht sind.
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#68
(28-01-2010, 12:59)Ekkard schrieb: Das kommt ganz darauf an, was man unter "allgemein gültig" versteht

mein vorschlag: was "allgemein gültig" einfach wörtlich bedeutet

Zitat:Gleichwohl gibt es Moralvorstellungen, die in einer menschlichen Gesellschaft gemeinsamen Konsens darstellen

allerdings nicht so, daß jedes individuum sie teilen müßte - selbst wenn es sich ihnen unterwirft. genau das ist ja gundis punkt

Zitat:Darüber hinaus scheint es einen Archetypus zu geben, der im Normalfall eine arteigene Tötungshemmung darstellt. Aber wie das bei Archetypen (Instinktresten) so üblich ist: Die Tötungshemmung gilt nicht ohne Randbedingungen - im Kampfgetümmel sicher nicht.

diesen archetyp sehe ich auch sonst nicht unbedingt gegeben. siehe romeros hinweis auf die azteken
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#69
(28-01-2010, 13:01)Hikikomori schrieb: Das läßt zum einen darauf schließen daß Menschen nicht nur einen identischen Weg haben Moral überhaupt zu entwickeln sondern daß sie dabei auch annähernd in die gleiche Richtung tendieren
...
Aber alleine die Tatsache daß wir über Kulturen hinweg trotzdem noch so ähnlich in dieser Beziehung sind läßt meines Erachtens den Schluß Moral sei per se völlig beliebig genausowenig zu wie man annehmen kann jeder Mensch würde in ethischer Hinsicht durch einen inneren Kompaß auf einen moralischen Nordpol gelenkt und müßte gegen diese innere Stimme handeln wenn er davon abweichen wollte

moral ist natürlich nicht völlig beliebig. sie ist ja schließlich zweckgerichtet. und eine moral des puren fressens und gefressen werdens wäre in sozialer hinsicht absolut kontraproduktiv - kann sich also schon deshalb nicht im struggle for life der populationen (hier: gesellschaften) evolutionär durchsetzen

Zitat:Ähnliche Mechanismen waren auch bei den erwähnten Azteken vorhanden, da bin ich mir sicher

da dürftest du falsch liegen. wenn es um die vernichtung von "untermenschen" gegangen wäre, hätten sich wohl (bei azteken und mayas) kaum freiwillige als opfer gefunden oder wären angehörige der eigenen oberschicht geopfert worden
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#70
"Arteigene Tötungshemmung" - eine sehr schöne Formulierung übrigens - ist eigentlich ein schlechtes Beispiel, weil sie unter allen Tierarten der Welt beim Menschen wohl am wenigsten ausgeprägt (oder mit mehr Ausnahmen gespickt) ist.
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#71
(28-01-2010, 13:49)petronius schrieb:
Zitat:Ähnliche Mechanismen waren auch bei den erwähnten Azteken vorhanden, da bin ich mir sicher

da dürftest du falsch liegen. wenn es um die vernichtung von "untermenschen" gegangen wäre, hätten sich wohl (bei azteken und mayas) kaum freiwillige als opfer gefunden oder wären angehörige der eigenen oberschicht geopfert worden

Ich meinte mit "ähnliche Mechanismen" nicht alleine dieselbe Entmenschlichung wie die der Nazis sondern ganz allgemein Methoden um etwas falsches richtig erscheinen zu lassen.
Ich hätte wohl präziser sein müssen, aber ich habe den Satz nachträglich und hastig eingefügt um ein aktuelles Beispiel der Diskussion einzuschließen.

Die Azteken glaubten daß die Gesellschaft davon profitieren würde wenn sich ein Mensch opfert, und umso mehr wenn es viele tun. Also ist auch von diesem Standpunkt aus diese Barbarei verständlich, denn es folgt der groben menschlichen Ethik wonach viele Menschen mehr wert wären als einer.
Tatsächlich war die Vorstellung die Natur, die Götter oder das Kriegsglück würden sich darum scheren ob man ein Menschenopfer darbringt natürlich Unsinn, und hätten sie nicht blind geglaubt daß es so sei hätte es ihnen auch auffallen können.

Aus heutiger Sicht wäre es nicht nur unsinnig einen Menschen für eine diffuse Sache zu opfern, es wäre auch moralisch verwerflich ihn unter Vorspiegelung falscher oder unsicherer Tatsachen dazu zu verleiten oder ihn gar dazu zu zwingen.
Aber die Azteken hatten wohl keinen Schimmer daß ihre "Tatsachen" nur Hirngespinste und Wunschdenken waren, sie glaubten mit ziemlicher Sicherheit auch daß ihre Belohnung für Gottgefälligkeit sehr konkret sein würde. Gefangene die geopfert wurden waren Sklaven, und Sklaven waren nicht primär deshalb quer durch die Geschichte mehr oder weniger rechtelos weil die Moral eine andere gewesen wäre. Sie waren es weil sie als weniger wert als ein freier Mensch angesehen wurden, als dem Tier näher als dem Mensch. Diese Ansicht äussert sich in rassistischen Äusserungen aus der damaligen Zeit, und stellt einfach einen Hebel dar, genauso wie der Antisemitismus einer war.


(28-01-2010, 14:45)Romero schrieb: "Arteigene Tötungshemmung" - eine sehr schöne Formulierung übrigens - ist eigentlich ein schlechtes Beispiel, weil sie unter allen Tierarten der Welt beim Menschen wohl am wenigsten ausgeprägt (oder mit mehr Ausnahmen gespickt) ist.

Wir haben auch die komplizierteste Geisteswelt mit unzähligen Möglichkeiten diese Hemmung aufzuheben. Antrainierte Mitleidlosigkeit, "höhere Ziele", starke Gefühle wie Haß und Rachedurst. Je komplizierter die Maschine desto leichter kann was kaputtgehen.
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#72
Ich glaube nicht, dass Kriegsgefangene als "Sklaven" in dem Sinne gesehen wurden. Sklaven wären eine Art minderwertiges Opfer gewesen. Ich zitiere Wikipedia zum Thema Blumenkriege:

Zitat:"Die Köpfe der Toten wurden auf einem Gerüst aus Holzstämmen Tzompantli ordentlich aufgereiht. Doch wenn ein großes Fest im Kalender oder die Einweihung eines Tempels anstand, mussten die Gefangenen manchmal lange auf ihren Tod warten. Sie wurden für die Festtage aufgespart und gesammelt. So hatten die Priester die Möglichkeit, den Göttern eine größere Anzahl Menschenopfer darzubringen. Zu dem Krieger, der sie auf dem Schlachtfeld bezwungen hatte, entwickelten die Gefangenen vor ihrem Opfertod oft ein herzliches Verhältnis. Es gab die Sitte, dass der Unterlegene seinen Bezwinger „Vater“[6] nannte."


Für uns kaum vorstellbar, aber es war eine Ehre den Göttern geopfert zu werden.

Aber so gesehen hast du schon recht, denn - wie ich auch sagte - für sie war es moralisch vertretbar, da gut fürs Allgemeinwohl
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#73
Zum "herzlichen Verhältnis" fallen mir auf einen Schlag 2 Dinge ein:

Tote überliefern keine Geschichte, die Henker tun das.

Stockholm-Syndrom.
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#74
Ja schon, aber "Blumenkriege" wurden ja extra zu dem Zweck organisiert, untereinander vereinbart: "Hey, lasst uns mal wieder Krieg führen, wir brauchen Opfer" und liefen hochritualisiert ab - auch wenn sie ab und zu mal in richtige Kriege ausarten konnten.

Man wusste von Anfang an, dass man entweder Gefangene machen oder als Gefangener geopfert würde.

Aber klar, Stockholm-Syndrom... wer weiss, war nicht dabei
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#75
(28-01-2010, 14:48)Hikikomori schrieb: Ich meinte mit "ähnliche Mechanismen" nicht alleine dieselbe Entmenschlichung wie die der Nazis sondern ganz allgemein Methoden um etwas falsches richtig erscheinen zu lassen

vorsicht: was ist "falsch", und was ist "richtig"?

dein satz von den "Methoden ganz allgemein" tut so, als gäbe es ein absolutes "falsch" und "richtig". was zweifellos nicht der fall ist. für die azteken war es eben "richtig", zum wohle der allgemeinheit die götter durch menschenopfer zu beschwichtigen

wie sicher könnn wir denn sein, daß etwa unsere vorstellungen von menschenwürde nicht bloß "Hirngespinste und Wunschdenken" sind?

gar nicht. schon der 08/15-chinese zeigt uns den vogel, wenn wir mit unseren westlichen vorstellungen vom wert des individuums daherkommen...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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