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Gibt es grundsätzliche Erkenntnisgrenzen in der Physik?
#95
(02-12-2020, 23:44)Ekkard schrieb: Es gilt mein Vor-Argument, das du auch zitiert hast. Die so genannte Kausalität ist ein typischer Begriff aus unserer Erfahrungswelt. Wir beobachten Wirkungen, die immer oder jedenfalls häufig genug auf gleichartige Vor-Ereignisse folgen. Unser Bewusstsein macht daraus ein Prinzip, obwohl dieses streng genommen auf einem Verhalten unseres Denkorgans beruht, nämlich aus allen Ereignisfolgen eine so genannte Zeitreihe zu bilden. Dieses "Nacheinander" sichert unser Überleben, indem wir lernen, welche Ereignisse grundsätzlich aufeinander folgen.

Deine Bedenken bestehen aber zu Recht: Das Kausalitätsprinzip (bzw. die Anschauung, dass alle Ereignisse eine Ursache haben) ist eine (kulturhistorisch entstandene) a priori - Forderung an unsere Welt. Inzwischen weiß man aber, dass dieses Prinzip in einigen wenigen Fällen durchbrochen wird. In der Quantenphysik (Beispiel) können innerhalb der Heisenbergschen Unschärfe Ursache und Wirkung vertauscht sein. Auch, dass unsere Welt existiert und einseitig endlich ist - die Vergangenheit reicht nicht beliebig weit zurück - durchbricht ebenfalls das Prinzip.

Andererseits sind diese Unsymmetrien derart selten, dass sie in Mittelerde (unsere irdische Erfahrungswelt) nur als Zufall vorkommen (und das auch nur dann, wenn Mikro-Zustände eine Rolle spielen).

Ich würde auch sagen, dass die Kausalität auf einem Verhalten unserer Denkorgans beruht, aber wir können ja nicht außerhalb von diesem Denkorgan denken? Ich denke in der Quantenphysik hat sich bis jetzt kein Fall eindeutig gezeigt, welcher die Kausalität wirklich eindeutig verletzen würde. Wie ich das verstanden habe gibt es mehrere Deutungen in der Quantenmechanik die angewendet werden können. 

Ich möchte hier nur noch mal Kants Position deutlich erklären und vielleicht hilft das zu verstehen worauf ich überhaupt hinaus will. Es gibt sogenannte Kategorien des menschlichen Denkens. Diese Kategorien lassen sich nicht empirisch herleiten, sondern führen, wenn man sie analysiert, zum Ergebnis, dass ohne sie Erfahrung an sich überhaupt nicht möglich wäre. Kategorien dieser Art wären der Begriff - Raum, Zeit und Kausalität. Was Kant eigentlich damit meint ist ja, dass ohne diese Kategorien ein Bewusstsein, also nicht nur ein menschliches Bewusstsein, sondern das Bewusstsein von allen Wesen, gar nicht möglich wäre.

Wenn ein Wesen also bei Bewusstsein ist, dann enthält es a priori diese Kategorien. Ein Wesen denkt immer im Raum in der Zeit und kausal. Man befindet sich hier nicht mehr im Bereich der Psychologie oder anderer empirisches Wissenschaft, sondern im Bereich der Metaphysik/Erkenntnistheorie. Die Antwort, dass diese Kategorien durch Erfahrung generiert werden würde also in diesem Schema keinen Sinn machen, denn diese Kategorien sind, laut Kant, in jedem Bewusstsein vor jeder Erfahrung enthalten, weil sie eben Bedingung für Erfahrung an sich sind. 

Kant liefert auch Beweise warum das so sein muss. Er analysiert in seinem Werk die Kritik der reinen Vernunft erstmal die Begriffe Raum und Zeit und kommt zu dem Schluss, dass diese Begriffe weder empirisch noch analytisch a priori sind, sondern synthetisch a priori sind, also erfahrungsunabhängig sind und erkenntniserweiternd.


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RE: Gibt es grundsätzliche Erkenntnisgrenzen in der Physik? - von Holmes - 03-12-2020, 23:36

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