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Gibt es grundsätzliche Erkenntnisgrenzen in der Physik?
#57
(07-08-2020, 17:54)Ekkard schrieb:
(07-08-2020, 15:46)Ekkard schrieb: Ein intersubjektives Verständigungsmittel wird nicht selbst zur Erkenntnisquelle, obwohl es Erkenntnisse mitteilen kann.

(07-08-2020, 17:05)Holmes schrieb: Das halte ich für falsch, denn sonst müsste sich Mathematik rein auf ein Konstrukt reduzieren lassen und ich denke Kant hat gezeigt, dass das nicht möglich ist. Der Logizismus ist auch gescheitert, dass heißt Mathematik entspringt nicht dem reinen Denken, sondern ist wirklich synthetisch a priori.

Ich habe hier Verständnisschwierigkeiten:
A: Mathematik entspringt nicht dem reinen Denken;
B: sie ist wirklich synthetisch a priori
In meinem Kopf widersprechen sich diese Sätze.

Mathematik mag nicht dem reinen (formalen) Denken entspringen. Dafür sind unsere Gehirne nicht eingerichtet: z. B. Arithmetik, Metrik. Diese Beobachtung ist korrekt. Aber die "praktischen" Konstrukte, obwohl an der Wiegen- und Zählenproblematik entwickelt, sind längst formalisiert worden (Körper der reellen Zahlen, Mengen etc.), so als seien sie a priori als formal-sprachlicher Überbau ausgedacht (synthetisiert) worden - also synthetisch a posteriori (nach Erfahrungen des Zählens und Messens). Am deutlichsten wird das - zumindest für uns Laien - am "Kontainer-Kalkül". Dort werden mathematische Objekte (ausgedacht) bestimmten "Kästchen" (Objektklassen) zugeordnet. Diese stehen in dort näher beschriebenen formalen Beziehungen zueinander. Das Praktische daran ist, dass man sich von den eigentlichen Objekten lösen kann, wie immer ihr historischer Werdegang war.

Was für ein schrecklicher Blödsinn mit rein sprachlich ausgedachten "Objekten" (Texte, Textfragmente) angerichtet werden kann, sieht man an der Verselbständigung biblischer Mythen, die einfach aufgrund ihrer langen Vergangenheit als "wahr" angesehen werden.

Mir ist nicht ganz klar geworden, warum sich A und B widersprechen. Das synthetische a priori entstammt nicht dem "reinen" Denken, sondern bedient sich der Anschauung. Wenn Raum und Zeit aber in unserer Anschauung enthalten sind, weil Kant genau das meint, dann kann man etwas über Raum und Zeit Aussagen ohne das man dafür die Empirie braucht. Das ist aber nicht mit dem "reinen" Denken zu verwechseln, denn das reine Denken, also Methoden die nur a priori sind, etwa die Logik, erweitern die Erkenntnis nicht, weshalb der Rationalismus fehlschlägt und führen deshalb zu Fehlschlüssen, deshalb hat Kant auch alle Gottesbeweise widerlegt, weil sie eben rationaler Art waren. 

Einen guten Vergleich habe ich damals von meinem Professor gehört und halte ihn immer noch für passend. Wenn wir ein neues Objekt anschauen, dann fragen wir nicht - hat das Objekt eine Farbe? - , sondern wir Fragen welche Farbe hat dieses Objekt, weil Farben schon in unserer Anschauung vorhanden sind. Wir können also ohne überhaupt sinnlich nachsehen zu müssen etwas über das Objekt Aussagen, nämlich das es eine Farbe haben wird. Gleiches gilt nun für unsere Anschauung von Raum und Zeit, denn Raum und Zeit sind laut Kant subjektive Bedingung unserer Anschauung und sind nicht notwendig für das "Sein an sich", also dem "Ding an sich", weshalb wir etwas über Raum und Zeit "wissen" können ohne wirklich hinschauen zu müssen. Wir müssen zwar die Anschauung bemühen, denn diese ist nicht im reinen Denken vorhanden, aber wir brauchen dafür keine Naturwissenschaft. Diese Aussage wird laut Kant dann durch die Mathematik bewiesen, denn Mathematik ist eben synthetisch a priori und das ist sie deshalb, weil wir etwas von Raum und Zeit wissen, weil Raum und Zeit eben schon im "Gemüt" vorhanden sind.


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RE: Gibt es grundsätzliche Erkenntnisgrenzen in der Physik? - von Holmes - 07-08-2020, 19:19

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