(19-08-2017, 11:26)Ulan schrieb: ..., der sehr beliebige Umgang mit dem Koran (oder der Bibel) nimmt diesem Buch die "Heiligkeit",...
Das sehe ich auch so.
Religionswissenschafter pflegen Schriften dann als heilig zu bezeichnen, wenn es innerhalb von Glaubensgemeinschaften zur Glaubenspflicht gehört, anzunehmen, dass Texte außerweltlichen Ursprungs, durch eine Gottheit verfasst oder göttlich inspiriert worden und daher durch menschliches Eingreifen auch nicht abänderbar sind.
Heilige Schriften gebieten in der Regel, am Wortlaut ihrer Texte festzuhalten, "nichts hinzuzutun" und "nichts davonzutun" (so die Forderung in Dtn 4,2 und 13,1).
Im Neuen Testament ist das in Offb 22,18 angesprochen.
Der Koran verkündet Entsprechendes mit den Versen 18:27 und 6:34.115. Nur Gott selbst kann über seine Offenbarung verfügen und hat das Recht, den Text zu verändern (10:15, 16:101, 17:86).
Wer also Texten die göttliche Urheberschaft abspricht, für den können sie naturgemäß nicht heilig sein. Dass sie der Erbauung dienen und inspirativ sein können, liegt auf der Hand.
Hier eine Definition für "Heilige Schriften" aus dem Lexikon für Theologie und Kirche:
Zitat:Der religionswissenschaftliche Begriff "heilige Schrift" entstand in Übernahme und Verallgemeinerung der in Röm 1,2 verwendeten Bezeichnung "heilige Schriften" (Röm 1,2 …ἐν γραφαῖς ἁγίαις…; gemeint sind die das Evangelium verheißenden Texte des AT) für Texte und Textkorpora der Religions-Geschichte, die in mehrfacher Hinsicht als grundlegende Urkunden der jeweiligen Religionsgemeinschaft gelten. Ihre Heiligkeit kommt darin zum Ausdruck, dass sie
1. hinsichtlich ihrer Herkunft,
2. der Unveränderbarkeit ihres Textbestandes und
3. im Blick auf ihre grundlegende Funktion für das Leben der Gläubigen ausdrücklich von profanen, ausschließlich auf menschliche Verfassertätigkeit zurückgehenden Texten unterschieden werden;
4. durch das Bekenntnis zu den in heiligen Schriften enthaltenen religiösen Grundtatsachen unterscheiden sich Anhänger der einen von denen einer anderen Religion; die jeweilige autoritative Geltung einer heiligen Schrift identifiziert und differenziert somit Mitglieder religiöser Gemeinschaften.
LThK, Bd 4, 1280
MfG B.