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Judenwitze: Staatsanwaltschaft prüft strafrechtliche Relevanz
#16
Hallo Koon!
Hier in diesem thread geht es nicht primär um allgemeine Themen wie Antisemitismus, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit. Es geht um die gesellschaftliche Bedeutung des Witzes und um die Frage, ob nicht in einer Demokratie der Witz einen besonderen Freiraum haben sollte.
Sollte diese eingegrenzte Frage schon anderswo ausdiskutiert sein, bitte ich um Hinweise. Wenn aber nicht, würde ich mich freuen, wenn du meine Fragestellung tolerieren würdest.

Dies fragt ganz bescheiden
dalberg

PS:
Die Bedeutung des Witzes für eine Gesellschaft und die Bedrohung der Spezies Witz in und durch totalitäre Systeme wurde schon einmal in dem von Harpya eröffneten Forum "Satyre, Lächerlichkeit, Witze, Lachen und Skepsis" angesprochen.
Ich wiederhole nochmal den dort von Harpya zitierten Salman Rushdie über das Verhältnis des Islam zu Witzen:
"Was mich beunruhigt, ist die Leichtigkeit, mit der sich die Menschen in Europa und Amerika in ihren Grundfesten erschüttern ließen. Ich glaube, das Problem liegt darin, dass die Einschüchterung zunehmen wird und dass jene Werte, die im Westen hunderte Jahre Gültigkeit hatten, nämlich Satire, Lächerlichkeit, Witze, Lachen und Skeptik sowie die Bereitschaft, sich nicht vor jeder Macht auf den Boden zu werfen, an Kraft verlieren."

Wir zählen es zu schutzwürdigen Freiheitsrechten, Diktatoren lächerlich zum machen (Chaplin: Der große Diktator). Das halten alle guten Demokraten für durchaus akzeptabel. Und es wird als ein übles Kennzeichen von Diktatur bewertet, wenn diese Witze als strafbare Handlungen gerichtlich verfolgt werden.

Und daher nochmal meine Frage zugespitzt formuliert: Sollten wir nicht um des Schutzes der wichtigen Spezies Witz willen auf Zensur oder gar gerichtliche Verfolgung von Witzen - selbst von üblen Latrinen-Witzen in bierdunstgeschwängerter Atmosphäre - verzichten? Oder muss das Nulltoleranzgebot in Zukunft alle Lebensbereiche - selbst die Latrinen -radikal und total erfassen?
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#17
@ Dalberg

Lachen ist in welche Form auch eine Menschliche Bedürfnis... Ich kann mir nicht vorstellen dass du das aus dem Geist der Menschen per Gesetzesentwurf wegschaffen kannst... Ich habe auch keine Idee, welche besondere Formel der Gesetzgeber hier anwenden kann...
Der vom Witz beleidigte kann eine Anzeige wegen Beleidigung erstatten, und der Gesetzesgeber kann zu der Sache als Beleidigung nachgehen...
die Bösen Witze Insgesamt verbieten.. dazu wäre die Einwand einfach zu Groß, zb die Witze die im Internet umlaufen, sind nicht kontrollierbar...
Sie haben nicht geschafft Neo-Nazis zu verbieten, die Nazi Witze werden sie schonmal garnicht abschaffen...

Die Blondinen = Witze
Witze über Ostfriesen = Satire
Türken Witze = Ausländerhass
Witze über Juden = Antisemitismus

Alle bösen Witz Äußerungen fallen unter Beleidigung, ... wobei die Blondinenwitze Kultur ist, über den selbst die Blondinen lachen
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#18
Ich muss sagen in der Gesellschaft ist oft meine Waffe der Witz gewesen.
Gerade damals in den miesesten Jobs, wo man sich nicht täglich Prügeln konnte, musste man lernen anders mit Differenzen umzugehen.

Es ist sehr Schlagkräftig, wenn das Timing stimmt. Das Lachen kann auflockern und man kann Dinge aussagen, in einer Form, wo es besser gesagt werden kann.

Aber die Grenzen im Witz können sehr Fein sein. Genauso wie mit anderen Dingen - Essen, Sport, Schlaf usw. Alles hat seine Dosis - zu wenig ist schlecht, zu viel ebenso. Daher, wenn ein Kaberetist mit dem Witz im Übermaß umgeht, nimmt er z.B auch direkt andere Gruppen, damit er das in seinem Konzept abrunden kann. Der Umgang mit dem Witz ist also eine gewisse Kunst für sich und kein ethisch freier Raum um z.B seine eigenen Sadismen auszuleben.

Man kann z.B damit, wenn man will Psychische-Gewalt ausführen und das hat nichts mit irgendwelchen intellektuellen, philosophischen, kulturellen oder wissenschaftlichen Hintergründen zu tun, sondern einfach nur mit der eigenen Psychologie. Ob dieser Witz nur in der eigenen Gruppe verstanden wird oder nicht, hängt oft auch mit der eigenen Situation und die der Gruppe zusammen.. Dieses Kultur-Wissenschaft-Blabla ist nur um sich selbst, in seiner eigenen Art wichtig zu machen.
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#19
(05-06-2013, 21:57)Harpya schrieb: Gibts eine Witzdefinition ?

zumindest kenne ich keine, die, was "beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet", wie "Judenwitze in Bezug auf die Nazizeit" definitiv als solche ausschließt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#20
(05-06-2013, 22:56)indymaya schrieb:
(05-06-2013, 21:57)Harpya schrieb: Gibts eine Witzdefinition ?
Sie müssen witzig sein! Gequältes lachen, aus Höflichkeit oder "Ehrfurcht"
vor dem Erzähler, zählt nicht.

witzig für wen?

klar gibts auch menschen, welche "Judenwitze in Bezug auf die Nazizeit" oder anderes, das "beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet", als unheimlich witzig empfinden
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#21
(06-06-2013, 14:49)dalberg schrieb: Und daher nochmal meine Frage zugespitzt formuliert: Sollten wir nicht um des Schutzes der wichtigen Spezies Witz willen auf Zensur oder gar gerichtliche Verfolgung von Witzen - selbst von üblen Latrinen-Witzen in bierdunstgeschwängerter Atmosphäre - verzichten?

anstatt einer antwort formuliere ich das einfach um unddenke, daß du dir die antwort dann selber geben kannst:

sollten wir menschenverachtende und volksverhetzende aussage erlauben, wenn sie nur als "witz" deklariert werden?

(06-06-2013, 14:49)dalberg schrieb: Oder muss das Nulltoleranzgebot in Zukunft alle Lebensbereiche - selbst die Latrinen -radikal und total erfassen?

mir ist nicht klar, welches gebot das sein soll oder wer es erlassen hätte
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#22
(06-06-2013, 18:34)petronius schrieb: sollten wir menschenverachtende und volksverhetzende aussage erlauben, wenn sie nur als "witz" deklariert werden?

Ich habe meine Position selbst als zugespitzt bezeichnet, weil ich eine Gefahr deutlich sichtbar machen möchte. Natürlich bedarf auch die von dir in Umkehrung angedeutete Gefahr desgleichen der Beachtung. Im Grunde plädiere ich nur für kluge Mäßigung, weil mich im Zusamenhang mit diesem Vorfall einige wilde Aufschreie nach "law and order" im Augenblick schon mehr beunruhigen als ein zu laxer Umgang mit den Rechten von Minderheiten.
Kluge Politiker - soll es ja geben - schätzen ab, bevor sie strafrechliche Sanktionen beschließen, ob diese das Ziel, das sie erreichen sollen auch wirklich erreichen. Sie prüfen ferner, ob die Nebenwirkungen, die von öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen ausgehen, nicht den erreichbaren Nutzen unter Umständen sogar übertreffen.
Zwischen Erlauben und strafrechtlich verfolgen ist für mich immer noch ein deutlicher Unterschied. Lange Zeit war z.B. auch das Nichtanlegen von Sicherheitsgurten verboten, Verstöße wurden aber nicht mit Strafe belegt.

(06-06-2013, 18:34)petronius schrieb: mir ist nicht klar, welches gebot das sein soll oder wer es erlassen hätte
Aber Petronius! Wie überraschend, dass dir Forderungen nach Nulltoleranz völlig unbekannt zu sein scheinen. Uns ist wohl allen bekannt, dass Politiker nicht selten in populistischer Manier Nulltoleranz gegen Menschenverachtung und Volksverhetzung fordern, obwohl sie wissen, dass solche gar nicht in der geforderten Totalität rechtlich möglich sind, weil Gerichte gegenläufige Rechtsansprüche gegeneinander abwägen müssen und dies auch tun. Und dann kommt natürlich das entsetzte Aufgeheule von Wutbürgern, die da glauben, man könne durch eine genügende Radikalität von Gegen-Maßnahmen die Gesellschaft und das Recht schützen und Gesetzesverstöße und Verbrechen ausmerzen. Und das fordern sie je nach Erregungsanlass heute in der einen und sdann chon morgen in der entgegengesetzten Richtung.
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#23
(06-06-2013, 19:50)dalberg schrieb: Ich habe meine Position selbst als zugespitzt bezeichnet, weil ich eine Gefahr deutlich sichtbar machen möchte

und ich habe mich der zuspitzung angeschlossen und sie weiter getrieben

(06-06-2013, 19:50)dalberg schrieb: Im Grunde plädiere ich nur für kluge Mäßigung, weil mich im Zusamenhang mit diesem Vorfall einige wilde Aufschreie nach "law and order" im Augenblick schon mehr beunruhigen

gut, ich habe keine solchen aufrufe vernommen

(06-06-2013, 19:50)dalberg schrieb: Wie überraschend, dass dir Forderungen nach Nulltoleranz völlig unbekannt zu sein scheinen. Uns ist wohl allen bekannt, dass Politiker nicht selten in populistischer Manier Nulltoleranz gegen Menschenverachtung und Volksverhetzung fordern

ja?

muß mir in der tat entgangen sein
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#24
(06-06-2013, 18:28)petronius schrieb: witzig für wen?
Wie das bei Witzen so ist, Einer erzählt und Jemand hört zu, bereit darüber zu lachen.
Wenn man, beim erzählen der Witze, die Zuhörer nicht so gut kennt, sollte man vieleicht "neutrale" Witze wählen weil sonst der Witz seinen Witz verliert und bei eigentlich lustigen "Spaßhabenwollenden" die Stimmung kippt.
"Judenwitze" unter Nazis erzählt, sind für Nazis sicher megawitzig, aber bei Anderen out. Aber wer sollte sie anzeigen? Ein "Maulwurf"? Oder lässt die Staatsanwaltschaft "abhören"?
Hängt dann in jeder Kneipe ein Mikrophon über den Gästen?
Gibt es den IM Wirt? Oder ein staatliches Buch mit erlaubten Witzen?
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#25
Ich bringe in Erinnerung, dass die Medien diese Sache vor allem deshalb aufgegriffen hatten, weil Priesterseminaristen, wenn sie später ins Berufsleben eintreten, nicht unerheblichen Einfluss auf die ihnen anvertrauten Mitglieder der Pfarrgemeinde ausüben werden.

Es ist also durchaus im Interesse der Allgemeinheit, wenn braungefärbte Dumpfbacken, sollten sie den Erzieher-, Lehrer-, Priesterberuf, etc. anstreben, rechtzeitig erkannt und aussortiert werden.
MfG B.
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#26
(07-06-2013, 09:21)indymaya schrieb: Wenn man, beim erzählen der Witze, die Zuhörer nicht so gut kennt, sollte man vieleicht "neutrale" Witze wählen weil sonst der Witz seinen Witz verliert und bei eigentlich lustigen "Spaßhabenwollenden" die Stimmung kippt.
"Judenwitze" unter Nazis erzählt, sind für Nazis sicher megawitzig, aber bei Anderen out. Aber wer sollte sie anzeigen? Ein "Maulwurf"? Oder lässt die Staatsanwaltschaft "abhören"?
Hängt dann in jeder Kneipe ein Mikrophon über den Gästen?
Gibt es den IM Wirt? Oder ein staatliches Buch mit erlaubten Witzen?

worauf willst du eigentlich hinaus?

daß "judenwitze" in odnung sind, solange sie unter antisemiten erzählt erden?

um mich bion anzuschließen: mir würde es nicht reichen, daß ein pfarrer zwar nazi ist, das aber außerhalb seines kameradenkreises nicht laut erzählt
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#27
(07-06-2013, 11:11)petronius schrieb: um mich bion anzuschließen: mir würde es nicht reichen, daß ein pfarrer zwar nazi ist, das aber außerhalb seines kameradenkreises nicht laut erzählt
Ob "Seminaristen", die antisemitische Judenwitze erzählen, jemals Pfarrer werden bleibt doch erstmal abzuwarten. Viele waren auf einem Elektroniker - Seminar und sind jetzt Maler und Lackierer.
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#28
(07-06-2013, 10:19)Bion schrieb: Ich bringe in Erinnerung, dass die Medien diese Sache vor allem deshalb aufgegriffen hatten, weil Priesterseminaristen, wenn sie später ins Berufsleben eintreten, nicht unerheblichen Einfluss auf die ihnen anvertrauten Mitglieder der Pfarrgemeinde ausüben werden.

Es ist also durchaus im Interesse der Allgemeinheit, wenn braungefärbte Dumpfbacken, sollten sie den Erzieher-, Lehrer-, Priesterberuf, etc. anstreben, rechtzeitig erkannt und aussortiert werden.

Volle Zustimmung und ich wiederhole mich: "Schickt die unreifen jungen Herren aus dem Priesterseminar von mir aus zum Nachreifen nach Hause! Bürger und nötigenfalls auch Gerichte: Unterbindet direkte und offene menschenfeindliche Parolen, wo auch immer sie sich zeigen!"
Doch darum geht es zumindest bei meiner Themenstellung nicht. Es geht um die Frage, ob es klug und zweckdienlich ist, Bierkeller-Witze gerichtlich zu verfolgen. Ich beschränke die Frage also auf Witzeerzählungen auf privater oder halbprivater Ebene. (Bei öffentlicher Rede sähe ich die Frage nach gerichtlicher Verfolgung eher gestellt)
So viel ich sowohl in Internetbeiträgen und aus Pro-Beiträgen hier im Forum entnehme, sind viele Menschen wie ich der Meinung, dass bei Verfolgung von Witzen im Privatraum, also unter Bekannten, Freunden, in geselligen Runden usw die "Kollateralschäden" großer sein könnten als der zu erwartende Nutzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Mehrheit von Mitbürgerne eine konsequente Bekämpfung von Menschenverachtung und Volksverhetzung gutheißen und unterstützen. Ich bin aber zugleich der Meinung - und deshalb bringe ich hier das Thema vor - , dass eine sehr große Zahl von Menschen so wie ich, eine Verfolgung von Witzen im privaten oder "halbprivaten" Bereich für überaus problematisch hält und daher ablehnt.
Wenn Neonazis Gewalt fordern und anwenden, ist ohne Zweifel neben auch der Staat der über Justiz und Polizeit alleine das Gewaltmonopol besitzt, gefordert. Solange Menschen (Neonazis sind vielleicht nicht gerade sympathisch aber halt auch Menschen) privat oder "halböffentlich" Witze erzählen, dann ist das keine Sache für Gerichte. Da kann jeder Zuhörer Stellung nehmen oder, viel besser, wenn er das vermag ihnen mit der gleichen "Waffe" begegnen.
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#29
.. und damit mein Vorschlag mal etwas konkreter wird, hier zwei Witze, die man vielleicht in einer Runde, in der unerträgliche Witze aufgetische werden, dagegensetzen könnte (sowas findet man ja schließlich auch im Internet):

Nr . 1
Zwei Männer sitzen in einer Bar. Da sagt der eine zum Anderen: "Soll ich einen Judenwitz erzählen?"
Darauf erwidert der Andere: "Nein, bitte nicht. Mein Großvater ist in einem Konzentrationslager gestorben."
"Oh, das tut mir schrecklich Leid! Wurde er vergast?"
"Nein, er ist betrunken vom Wachturm gefallen!"

Nr. 2
Adolf Hitler geht zum Wahrsager.
Wahrsager: "Führer, du wirst an einem jüdischen Feiertag sterben."
Hitler: "An welchem denn?"
Wahrsager: "Jeder Tag, an dem du stirbst, wird ein jüdischer Feiertag sein!"
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#30
(07-06-2013, 12:06)indymaya schrieb: Ob "Seminaristen", die antisemitische Judenwitze erzählen, jemals Pfarrer werden bleibt doch erstmal abzuwarten

nein, so was will ich keinesfalls einfach abwarten!!!
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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