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brauchen wir noch Religionsführer ?
#1
Hallo,

habe jetzt seit einiger Zeit im Stillen hier mitgelesen und mich grade angemeldet.

Dabei ist mir recht stark aufgefallen, wie sehr sich teilweise die Auffassung ein und der selben Religion bei verschiedenen Usern unterscheidet.

Dass sich Religionen im Laufe der Zeit ändern und anpassen müssen, ist klar. Aber wer trifft diese Entscheidungen ?
Zum Glück haben wir auch keine Glaubenskontrolle mehr, die uns vorschreibt wie genau wir unseren Glauben auszuleben haben.

Aber bei immer weiteren Auseinanderdriften stellt sich doch die Frage, wo die Grenze ist ? Wo hört ein Christ auf ein Christ zu sein ? Wo ein Moslem ? Ist es legitim, dass sich jeder bei seiner Religion nur das herauspickt, was ihm gefällt, oder muss man das ganze Paket kaufen ?

Wie weit übernehmen die Katholiken hier das, was der Papst "diktiert" ?
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#2
Ich würde behaupten, das kommt auf die Perspektive an.

Beispielsweise die Perspektive der katholischen Kirche:
Ca. 200 Dogmen sind vorhanden, wer daran glaubt und Teil der Kirche ist, bleibt ein Teil ihrer Religion.
Wer eigentlich Teil der Kirche ist, aber an die Dogmen nicht glaubt, ist automatisch exkommuniziert, ist also kein Teil ihrer Glaubensgemeinschaft mehr.
Wer nicht Teil der Kirche ist, bleibt sowieso außen vor. (Das ist gleichzeitig auch ein Dogma^^)

Fragt man jetzt einen (nicht 100%ig konformen) Christen, ergibt sich eine andere Perspektive.
Je nach dem persönlichen Glauben dieses Christen liegt die Kirche ja eigentlich mit ihrer offiziellen Meinung falsch, es ist also legitim, an etwas anderes zu glauben, das einem persönlich glaubhafter erscheint. Dementsprechend liegt dieser Christ seiner pesönlichen Ansicht nach wieder richtig.

Wenn man das ganz pragmatisch betrachtet und statt auf den Wahrheitsanspruch auf die Konsequenzen für unser Leben blickt, ist es erst recht legitim. Dann kann ich ja sagen, dass die Religion auf dem Papier egal ist, hauptsache, der Gläubige verbessert sein Sozialverhalten und stärkt mit seinen Ansichten das soziale Gefüge.


Ich persönlich würde zunächst - der Korrektheit wegen - dazu tendieren, beispielsweise nur denjenigen katholisch zu nennen, der exakt an die katholische Leere glaubt.
Dann müssten wir aber vermutlich 7 Mrd. verschiedene Glaubensbezeichnungen erfinden, da kaum jemand exakt das gleiche glaubt wie ein Zweiter. Vielleicht ist es also praktikabler, die Menschen grob zusammenzufassen. Dann gelten eben viele Menschen als "katholisch" (um im Beispiel zu bleiben), auch wenn ihre Ansichen nur teilweise übereinstimmen.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#3
(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Wer eigentlich Teil der Kirche ist, aber an die Dogmen nicht glaubt, ist automatisch exkommuniziert, ist also kein Teil ihrer Glaubensgemeinschaft mehr.
Nun ist ein Priester vielleicht nicht maßgebend. Der von mir auf die Dogmen hin Befragte, behauptet: Nein, die Dogmen sind zwar Lehrsätze und als solche eine Hilfe in Glaubensdingen, binden aber nicht individuell. Ich füge hinzu: ..., müssen aber gelehrt werden.

(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Wenn man das ganz pragmatisch betrachtet und statt auf den Wahrheitsanspruch auf die Konsequenzen für unser Leben blickt, ...., kann ich ja sagen, dass die Religion auf dem Papier egal ist, Hauptsache, der Gläubige verbessert sein Sozialverhalten und stärkt mit seinen Ansichten das soziale Gefüge.
So ähnlich sehe ich das auch.

(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Ich persönlich würde zunächst - der Korrektheit wegen - dazu tendieren, beispielsweise nur denjenigen katholisch zu nennen, der exakt an die katholische Leere glaubt.
Katholisch sind allerdings erst einmal jene, die katholisch getauft und firmiert sind mit dazu gehörender Erstkommunion. Katholische Leere? Icon_lol

(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Dann müssten wir aber vermutlich 7 Mrd. verschiedene Glaubensbezeichnungen erfinden, da kaum jemand exakt das gleiche glaubt wie ein Zweiter. Vielleicht ist es also praktikabler, die Menschen grob zusammenzufassen. Dann gelten eben viele Menschen als "katholisch" (um im Beispiel zu bleiben), auch wenn ihre Ansichen nur teilweise übereinstimmen.
So ist es doch auch.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#4
(03-10-2012, 00:52)Sidereus_Nuncius schrieb: Dass sich Religionen im Laufe der Zeit ändern und anpassen müssen, ist klar. Aber wer trifft diese Entscheidungen?
() bei immer weiteren Auseinanderdriften stellt sich doch die Frage, wo die Grenze ist ? Wo hört ein Christ auf ein Christ zu sein ? Wo ein Moslem ? Ist es legitim, dass sich jeder bei seiner Religion nur das herauspickt, was ihm gefällt, oder muss man das ganze Paket kaufen?

Wie weit übernehmen die Katholiken hier das, was der Papst "diktiert"?
"Religion" ist zunächst einmal eine Lehre, die sich aus schriftlicher oder mündlicher Tradition heraus gebildet hat. Lehren sind Meinungen (Mythen, Legenden, die quasi Konsensvorschläge transportieren). Dazu kommt die Wechselwirkung des Individuums zu seiner sozialen Umgebung, in der größtenteils diese Lehren bereits Tradition sind - also quasi vorgegebener Konsens. Es ist also ein stochastisches Wabern zwischen verschiedenen Traditionen, deren Einzelheiten mal mehr mal weniger betont werden. Sehr strenge Gesellschaften legen mehr fest, als andere. Insofern ist der Name einer Religion bestenfalls ein Etikett. Und die Geschichte der Religionen zeigt auch, dass monolithische Blöcke nach wenigen Jahrhunderten aufspalten, weil sich z. B. die gesellschaftlichen Bedingungen ändern.
„Auseinanderdriften“ tut eine Tradition nur dann, wenn sich die sozialen Verhältnisse ändern, also z. B. durch mehr individuell erschließbare Ressourcen, durch Abschwächung von Autoritäten, Zerfall von monolithischen Staatsgebilden, Herausbilden von unterschiedlichen Gesellschafts- und Herrschaftsformen. Die Menschen werden aber lange Zeit das alte Etikett weiter verwenden. Ein heutiger Christ wäre im Sinne des Evangelisten Matthäus mit Sicherheit keiner!
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#5
(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Je nach dem persönlichen Glauben dieses Christen liegt die Kirche ja eigentlich mit ihrer offiziellen Meinung falsch, es ist also legitim, an etwas anderes zu glauben, das einem persönlich glaubhafter erscheint. Dementsprechend liegt dieser Christ seiner pesönlichen Ansicht nach wieder richtig.

(03-10-2012, 17:45)Ekkard schrieb: Die Menschen werden aber lange Zeit das alte Etikett weiter verwenden. Ein heutiger Christ wäre im Sinne des Evangelisten Matthäus mit Sicherheit keiner!

Die Auffassung teile ich auch. Wie weit aber "darf" der einzelne gehen ? Wenn ich alles immer weiter herunterreduziere, aber trotzdem einen gemeinsamen Nenner beibehalten will, sind doch irgendwann Religionen identisch ?
Welcher Merkmale muss eurer Meinung nach ein Katholik mitbringen, welche der Evangele ?

(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Wenn man das ganz pragmatisch betrachtet und statt auf den Wahrheitsanspruch auf die Konsequenzen für unser Leben blickt, ist es erst recht legitim. Dann kann ich ja sagen, dass die Religion auf dem Papier egal ist, hauptsache, der Gläubige verbessert sein Sozialverhalten und stärkt mit seinen Ansichten das soziale Gefüge.

Unbedingt. Aber ist dann Religion noch eine Vorraussetzung ? Gutes tun kann ich doch auch ohne.

(03-10-2012, 17:45)Ekkard schrieb: Und die Geschichte der Religionen zeigt auch, dass monolithische Blöcke nach wenigen Jahrhunderten aufspalten, weil sich z. B. die gesellschaftlichen Bedingungen ändern.
„Auseinanderdriften“ tut eine Tradition nur dann, wenn sich die sozialen Verhältnisse ändern, also z. B. durch mehr individuell erschließbare Ressourcen, durch Abschwächung von Autoritäten, Zerfall von monolithischen Staatsgebilden, Herausbilden von unterschiedlichen Gesellschafts- und Herrschaftsformen. Die Menschen werden aber lange Zeit das alte Etikett weiter verwenden.

Jap. Internet ist dafür natürlich auch ein schönes Beispiel Icon_smile
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#6
(03-10-2012, 21:55)Sidereus_Nuncius schrieb: Wie weit aber "darf" der einzelne gehen ? Wenn ich alles immer weiter herunterreduziere, aber trotzdem einen gemeinsamen Nenner beibehalten will, sind doch irgendwann Religionen identisch ?
Welcher Merkmale muss eurer Meinung nach ein Katholik mitbringen, welche der Evangele ?
Das muss fast auch so sein! Denn wir sind gezwungen, auf diesem Planeten zusammen zu leben, anderenfalls zusammen zu sterben. Das Fortbestehen von Extrawürsten wird im Laufe der Zeit mit Exitus bestraft.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
(04-10-2012, 00:13)Ekkard schrieb:
(03-10-2012, 21:55)Sidereus_Nuncius schrieb: Wie weit aber "darf" der einzelne gehen ? Wenn ich alles immer weiter herunterreduziere, aber trotzdem einen gemeinsamen Nenner beibehalten will, sind doch irgendwann Religionen identisch ?
Welcher Merkmale muss eurer Meinung nach ein Katholik mitbringen, welche der Evangele ?
Das muss fast auch so sein! Denn wir sind gezwungen, auf diesem Planeten zusammen zu leben, anderenfalls zusammen zu sterben. Das Fortbestehen von Extrawürsten wird im Laufe der Zeit mit Exitus bestraft.

Bin mir jetzt nicht sicher, ob ich das richtig verstehe.
Ist deiner Meinung nach eine Art Weltreligion erstrebenswert, oder einfach mehr Toleranz ?
Seit Ewigkeiten töten wir Menschen uns gegenseitig im Namen von Religionen. Und selbst wenn die Unterschiede noch so gering sind, meint jeder die "richtige" Wahrheit gefunden zu haben.
Durch Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit enstehen immer mehr Konfliktpotential. Anlässe die auch die Fanatiker für ihre Zwecke zu nutzen wissen.
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#8
(04-10-2012, 00:13)Ekkard schrieb: Das muss fast auch so sein! Denn wir sind gezwungen, auf diesem Planeten zusammen zu leben, anderenfalls zusammen zu sterben. Das Fortbestehen von Extrawürsten wird im Laufe der Zeit mit Exitus bestraft.

Im Laufe der Zeit wird jede/r mit Exitus "bestraft".
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)
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#9
(04-10-2012, 00:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Ist deiner Meinung nach eine Art Weltreligion erstrebenswert, oder einfach mehr Toleranz ?

Was sollte denn diese Weltreligion sein? Jeder würde seine eigene als Weltreligion haben wollen und die Nicht-Religiösen überhaupt keine.

Wie wäre es denn mit Toleranz gegenüber allen Bräuchen und Vorstellungen, die nur da ihre Grenzen findet, wo im Namen der Religion Menschenrechtsverletzungen stattfinden?
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#10
Nein, die Religionen müssen schon ihren Anspruch, in das Leben anderer (insbesondere Nichtglaubender) eingreifen zu wollen (in Deutschland aktuell sichtbar an der Beschneidungsdebatte oder an der Pro-Life-Bewegung oder der Nichtgleichstellung von Homo-Ehen), aufgeben (also selber erst mal tolerant werden). Erst dann (!) können sie auch selber Toleranz einfordern.
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)
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#11
(04-10-2012, 10:43)Lelinda schrieb:
(04-10-2012, 00:59)Sidereus_Nuncius schrieb: Ist deiner Meinung nach eine Art Weltreligion erstrebenswert, oder einfach mehr Toleranz ?
Was sollte denn diese Weltreligion sein? Jeder würde seine eigene als Weltreligion haben wollen und die Nicht-Religiösen überhaupt keine.
Eben. Klingt für mich auch zu sehr nach Gleichschaltung. War nur eine Verständnisfrage an Ekkard

(04-10-2012, 10:43)Lelinda schrieb: Wie wäre es denn mit Toleranz gegenüber allen Bräuchen und Vorstellungen, die nur da ihre Grenzen findet, wo im Namen der Religion Menschenrechtsverletzungen stattfinden?
Würde ich sofort unterschreiben.

(04-10-2012, 11:05)schmalhans schrieb: Nein, die Religionen müssen schon ihren Anspruch, in das Leben anderer (insbesondere Nichtglaubender) eingreifen zu wollen (in Deutschland aktuell sichtbar an der Beschneidungsdebatte oder an der Pro-Life-Bewegung oder der Nichtgleichstellung von Homo-Ehen), aufgeben (also selber erst mal tolerant werden). Erst dann (!) können sie auch selber Toleranz einfordern.
Sollte man meiner Meinung nach ein bisschen differenzierter betrachten.
Leben in einem säkularisierten Staat bedeutet, dass die Kirche keine Entscheidungsgewalt mehr hat. Eigene Meinungen vertreten ist doch ok, solange dabei alles friedlich abläuft. (auch wenn sie noch so absurd sind)
Geht es bei Toleranz nicht genau darum ? Etwas an einem anderen zu akzeptieren, mit dem ich selber nicht einverstanden bin ?
Für mich sind auch diese Punkte ausschlaggebend dafür, dass ich lieber nichts mit der Kirche zu tun haben möchte. Ich kann aber trotzdem das Gute darin für andere Menschen sehen und die Kirche tolerieren.
Denn wie wir gerade erfahren haben, muss man ja bei weitem nicht mit allem übereinstimmen, was dort von oben "diktiert" wird.
Wenn du sagt A muss erst tolerant werden, bevor er von B Toleranz einfordern darf, sagt B dasselbe über A. Ein Teufelskreis.
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#12
Hier, grade gefunden:

*http://kreuz.net/article.15957.html

Das ist einfach nur widerlich. Und Ja: Da hört die Toleranz definitiv auf. Es geht zu sehr in die Richtung persönlicher Beleidigung und ist dabei mehr als geschmacklos. Trotzdem unsterstelle ich jetzt nicht allen Katholiken diese Meinung..
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#13
(03-10-2012, 16:53)Ekkard schrieb:
(03-10-2012, 11:39)Keksdose schrieb: Ich persönlich würde zunächst - der Korrektheit wegen - dazu tendieren, beispielsweise nur denjenigen katholisch zu nennen, der exakt an die katholische Leere glaubt.
Katholisch sind allerdings erst einmal jene, die katholisch getauft und firmiert sind mit dazu gehörender Erstkommunion. Katholische Leere? Icon_lol

Icon_cheesygrin
Das war dann wohl ein freud'scher Verschreiber Icon_lol
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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