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kann man über religion diskutieren?
#16
Ich denke, man muss Glaube, Religion und Gemeinde deutlicher auseinander halten. Petronius hat im Eingangsstatement bereits deutlich darauf hingewiesen!

Gemeinden sind selbstverständlich so zu kritisieren, wie jede Gemeinschaft. Religiöse Gemeinschaften haben sich im Diesseits und heute zu bewähren und nicht im Jenseits und im Altertum!

Religiöse Lehren haben keinerlei Sachkompetenz in der Welt der Dinge. Sie sind Sprachkonstrukte mit dem Ziel, Überzeugungen in einer größeren Gruppe von Menschen zu installieren. Sie wirken damit gemeinschaftsbildend. Das fängt bei einfachen gesellschaftlichen Regeln an und endet bei komplexen ethischen Fragen.

Der Rest ist Memotechnik und Psychodynamik. Richtig erkannt wurde seit Alters her: Was transzendent ist, wird der Kritik und der Veränderung entzogen. Dies führte zu der heute zu erkennenden Erstarrung der in Europa bekannten Religionen auf dem Eis der Welterkenntnis von vor 2000 Jahren.

Das ist meine Religionskritik. Sie richtet sich gegen einen theologischen Überbau, der nicht mehr als konsenswürdig empfunden wird, und gegen Organisationsformen, die dem spätantiken Imperialismus entsprechen. Längst ist "Gott" vom geistigen Band der betenden Menschen zum Allein-Herrscher und -Organisator der Welt nach kaiserlichem Vorbild mutiert, zum erzieherischen Angstmacher und gnadenlosen Richter (falls man sich nicht ausreichend um ein anständiges Leben und Sündenvergebung bemüht, falls es mal nicht so klappt).

Um noch mal auf das Beispiel der so genannten Schöpfungsgeschichte zurück zu kommen: Wer dort heute noch versucht, eine Sachkompetenz zu finden, ist schlicht der religiösen Erstarrung auf den Leim gegangen. Dort drinnen sind keine physikalischen, geologischen, biologischen, astronomischen oder paläontologischen Weisheiten enthalten, nicht eine Einzige! Die ganze Story benutzt den Zustand der landwirtschaftlich orientierten Menschen ihrer Zeit, um ein Bekenntnis zu Gott zu etablieren. Und zwar im Gegensatz zu den Göttern der (anderen) Völker, die für alle möglichen Teilbereiche des Lebens zuständig waren. Dieser Gott ist schlicht „allzuständig“, andere Götter sind „Nichtse“. Mehr steckt nicht in diesem „Verzäll“ aber auch nicht weniger.

Solche „Lehren“ nicht zu kritisieren, bedeutet für mich, die religiöse Erstarrung zu zementieren, und die Wertedebatte den Glaubenslosen zu überlassen, die keine glaubensmäßigen Skrupel kennen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#17
@ petronius

Erst einmal - ganz interessant Dein Ansatz, wie eine solche Diskussion anzugehen sei. Sofern jeder in seinem Kämmerlein isoliert in Gedanken über Gott auf ein anderes ebenso undefiniertes Idol stößt, kommt es nun mal zur Diskussion, sofern überhaupt darüber geredet wird.

Was ich sonst noch notierte - aber nicht gleich reinstellen konnte, hatte in der Zwischenzeit Ekkard gut formuliert, und ich brauche es daher nicht mehr wiederholen.


@ Ekkard,

einen Einwand habe ich zu doch:
Ekkard schrieb:Religiöse Lehren haben keinerlei Sachkompetenz in der Welt der Dinge. Sie sind Sprachkonstrukte mit dem Ziel, Überzeugungen in einer größeren Gruppe von Menschen zu installieren. Sie wirken damit gemeinschaftsbildend.

Es ist dies die allgemeine Meinung geworden, weil die Wissenschaft abgetrennt worden war weil keine fachmännische Ausbildung vorhanden war, auf anfängliche Kritik nicht eingegangen, schlechte Meinung übernommen, etc. das übliche Schema mit Minusauswirkungen.

Die Sachkompetenz der biblischen Schriften liegt vor.
Durch die Teilung in Erzählung (Bibelübersetzung) und verschiedene Bereiche der Wissenschaften kam es zu einer Spaltung. Das heißt zu einem Fürwahrhalten der Erzählung und dem Verlust der anderen Teile.

Komplett ist die Bibel völlig im Einklang mit heutigen Wissenschaften. Sie übertrifft sie mit manchen Regeln sogar im breiten Kommunikationsbereich. Mit Hilfe der Auslegung (alle Teile sehen) entsteht ein breites Allgemeinwissen. Das fehlt derzeit in den Wissenschaften. Das Allgemeinwissen fehlt bereits mit deren Ausbildung, bei der jeder sich in einem Fachgebiet profiliert, aber den Überblick in andre Bereiche kaum oder nur schwer finden kann.

Wie soll ich dieses Wissen beschreiben?
Es hat ganz wenig mit dem Bild zu tun, das die Diskussion anregt - ob man denn irgend eine Befindlichkeit beim Thema Religion hätte.

Dabei werden diese Hintergründe ganz übersehen:
Wie sieht denn der Komplex überhaupt aus?


Schöpfungsgeschichte wurde von Physikern bezweifelt, wo sie doch ein Sprachforscher einem Manager in die Hand gibt und der dem Fach Philosophie zuordnet und der wiederum als Grundausbildung jedem Wissenschaftler gern mitgeben würde.

Nach Noah und die Sintflut suchen Geologen und Mythenforscher.
In den Volksüberlieferungen suchen sie aber nicht. Die wurden zu Religionen. Ein Psycholinguistiker würde das Werk gerne jedem Psychologen, eigentlich jedem Analytiker gern in die Hand geben und es wäre die Grundausbildung eines Politikers oder Juristen - und wenn es ein 10-Jahriger liest freut er sich auch noch, weil es eine schöne Geschichte ist.

Abraham würde jedem Sprachforscher in Erstaunen versetzen. Er würde es als Grundausbildung in den Schulen vorschlagen und darüber hinaus wie Mose und Salomo ein muss für jeden höheren Beamten, bei jedem Anwalt, jedem Forscher, jedem Politiker, jedem Landwirt, jeder Erzieherin, etc.
Denn es sind komplexe System der Wissenschaften darin enthalten, aber nicht die Märchen aus denen Religionen wurden.

Wir kennen leider (noch) ganz wenige Literatur, die diese Methode der Gesamtwissenschaft beschreibt. Viele Jahrhunderte wurde das kaum beachtet.

Vielleicht könnte ich es so beschreiben:
Man hatte den Schwanz einer Kuh für die Kuh gehalten.
#18
(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Es ist dies die allgemeine Meinung geworden, weil die Wissenschaft abgetrennt worden war weil keine fachmännische Ausbildung vorhanden war

kannst du das präzisieren?

wo, bei wem, war "keine fachmännische Ausbildung (und wozu?) vorhanden"?

(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Die Sachkompetenz der biblischen Schriften liegt vor

wie meinst du das?

inwiefern können überhaupt schriften (und nicht menschen) "sachkompetent" (nicht: sachorientiert oder fakten darstellend) sein?

sachkompetenz wozu, in welcher sache?

(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Durch die Teilung in Erzählung (Bibelübersetzung) und verschiedene Bereiche der Wissenschaften kam es zu einer Spaltung

wann und wo sollte es eine solche teilung gegeben haben?

eine erzählung ist ein text, wissenschaft eine arbeitsmethodik - das war nie eins. allenfalls kann sich die wisenschaft mit texten befassen oder auch selber welche produzieren

(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Komplett ist die Bibel völlig im Einklang mit heutigen Wissenschaften

inwiefern?

das sind zwei völlig verschiedene paar schuh. mit völlig verschiedenem anspruch

(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Mit Hilfe der Auslegung (alle Teile sehen) entsteht ein breites Allgemeinwissen. Das fehlt derzeit in den Wissenschaften. Das Allgemeinwissen fehlt bereits mit deren Ausbildung, bei der jeder sich in einem Fachgebiet profiliert, aber den Überblick in andre Bereiche kaum oder nur schwer finden kann.

Wie soll ich dieses Wissen beschreiben?

das würde ich jetzt aber auch gerne wissen

was verstehst du denn überhaupt unter "wissen"?

(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Schöpfungsgeschichte wurde von Physikern bezweifelt, wo sie doch ein Sprachforscher einem Manager in die Hand gibt und der dem Fach Philosophie zuordnet und der wiederum als Grundausbildung jedem Wissenschaftler gern mitgeben würde

ich verstehe leider (schon sprachlich) nicht, was du damit (aus)sagen willst

(23-12-2010, 01:39)MaSofia schrieb: Nach Noah und die Sintflut suchen Geologen und Mythenforscher.
In den Volksüberlieferungen suchen sie aber nicht

das gegenteil ist der fall
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#19
"alle Teile sehen" (MaSofia).... beschreibt eigentlich ein Problem, das mir schon seit Jahren auffällt....

Die Fähigkeit, über den eigenen Horizont zu blicken, über das studierte und erlernte eigene Wissen hinauszugehen und sich anderen Wissengebieten mit dem Hintergrund des selbst studierten zu öffnen, scheint nicht allzu ausgeprägt vorhanden zu sein - in den Wissenschaften ebenso wie im Handwerk.

Stattdessen zählt zunehmend die Spezialisierung. Nun ist das Spezialwissen natürlich nicht verkehrt, aber manche "Auswüchse" des Spezialwissens sind doch bedenklich. Ich nehme hier mal ein Beispiel aus meinem Berufsfeld:

Noch vor 40 Jahren lernte man nals Schlosser nicht nur die Instandsetzung und den Bau nach Zeichnung von Maschinen; man lernte auch die Grundzüge der Elektrotechnik, der Tischlerei und des Werzeugmachers. Der Grund dafür war schlicht und einfach das Wissen der Ausbilder, das nicht jeder Betrieb sich einen eigenständigen Betriebselektriker, Betriebsschreiner/tischler und Betriebsschlosser leisten konnte. Die grundsätzlichen Reperaturaufträge eines Betriebes musste als ein Betziebsschlosser ebenso erledigen können wie ein Betriebstischler oder Betriebselektriker. Heutzutage - gibt's keine "Allroundhandwerker mit betrieblicher Fachausbildung" mehr. Stattdessen gibt's den Mechatroniker, den Starkstromelektriker, den Techniker FB Elektronik, den Fermeldeelektroniker - nur der Tischler/Schreiner ist übrig geblieben (allerdings auch unterteilt in Bautischler, Fenster- und Türentischler, Möbeltischler, Kunstschreiner...). Werkzeugmacher sind ausgestorben, ebenso wie Kunst- oder Industrieschmiede und selbstverständlich auch Betriebsschlosser, Dreher, Fräser.... alles Berufsfelder die auf den "Müll" gewandert sind.

Und wenn heutzutage ein kleiner 4-10 Mann-Betrieb im Maschinenbau nicht wenigstens einen alten Facharbeiter oder alten Industriemeister beschäftigt - ist dieser Betrieb aufgeschmissen wenn bei Starten einer Fertigungsmaschine ständig die Sicherung 'rausfliegt - weil nämlich die jungen Mechatroniker weder so einen Schaden analysieren, geschweige denn beheben können. Es fehlt das Allroundwissen.

Wenn die Beiträge von MaSofia "unverständlich" erscheinen - ist das auch ein Zeichen dafür, dass das "Allroundwissen" fehlt - halt "nur" in einem anderen Fachbereich.
#20
@ t.logemann

Danke für das Beispiel Allroundwissen und das Verständnis.

@ petronius

Deine Frage: "fachmännische Ausbildung".
Die vorherrschenden Kirchensprachen Latein und Griechisch im Römischen Reich: Ostrom mit Griechisch, Westrom mit Latein. Die Schriften der Bibel sind aber in Hebräisch, der früheren Diplomatensprache des Perserreiches verfasst worden. Es kam zum Kulturbruch, weil diese Sprache nicht beachtet wurde und nicht weiter tradiert wurde. Das Fachwissen auf dieser Seite wurde nicht mehr gepflegt.

Die Teilung, nach der Du fragst war wie folgt:
Die alte Literatur hat verschiedene Ebenen. In Bälde kann ich so ein Muster einmal deutlicher zeigen. Es macht unendlich viel Arbeit die Literaturvergleiche anzustellen, und die Zusammenhänge ganz langsam zu zeigen. Die Ebenen ergeben sich durch andere Informationsvernetzungen. Diese vernetzten Informationen wurden auf verschiedene Weisen tradiert, daraus entstanden unterschiedliche Wissenschaftszweige.

In den ersten Jahrhunderten des Christentums war die Form noch halbwegs komplett mit Philosophie, Staatswesen, Psychologie und Kultur. Selbst die ersten Kirchenväter verwendeten die Tradition der Auslegung. Dann ging jedoch immer mehr die Tendenz hin zum "Fürwahrhalten" der Bibel in Glaubensansichten hinein statt deren wirklich wertvollen Inhalte zu sehen.

Etwa ab 500 nach Christus entstand erst allmählich die Lehre von Himmel und Hölle, Erbsünde, Maria in den Himmel aufgenommen, etc. also alles Vorstellungen, die dem übersetzten Text entsprechen, nicht aber der philosophischen Form der Texte.

Getrennt davon entwickelte sich die Philosophie zwar weiter, recht verkrüppelt, weil vieles davon fehlte. Es war nicht allein die Philosophie die verloren ging, sondern ein Großteil vom Wissen um den Menschen.

In China fand diesesr Bruch nicht statt. Dort wurde die Philosophie aus den antiken Schriften auf andere Weise überliefert und weiter entwickelt. So sind die Inhalte der Geschichte Noah dort wiederzufinden, während Europa die Vorstellung eines Kapitän Noah ergriffen hat. Diese Schriften wurden nicht in der entscheidenden Form verarbeitet.

Wenn ich einen kurzen Ausschnitt aus der Schöpfungsgeschichte zeige,wird vielleicht die Informationsfülle deutlicher bewusst.

we jehi erev we jehi boker, jom achad
Es ward Abend, und es ward Morgen, der erste Tag.

Für einen Deutschen ist es eine einwandfreie Aussage, für einen Hebräer nicht. Der fängt gleich beim ersten Wort mit der Überlegung an, ob das we ein und, ein damit, ein somit, oder sei oder gar ein waw der Erzählform, das ein Verb in Zukunft in eines der Vergangenheit verwandelt. Er steht vor dem Problem ob das jehi ein Verb Futur 3.Person, in Kal oder Vergangenheit sein oder in seiner Sollform genommen werden sollte. Ein Verbindungswort, eine Schlussfolgerung - oder alles umgedreht?

Er steht bei erev vor acht verschiedenen Wörtern. ערב

1. Abend, 2. mischen, 3. Bürge, 4. angenehm, 5. Gemisch, Durcheinander, 6. Querfaden, 7. Plage Ägyptens, 8. Wüste, ebenes Land

Du siehst, es ist gar nicht so eindeutig.
Für boker hat er die vier Möglichkeiten:
Morgen, Rindvieh, kritisieren, besuchen, sich kümmern.

Ein Leser hat in Hebräisch eine gewaltige Denkarbeit vor sich. Deshalb empfindet er die Texte als sehr schwer. Er sieht die philosophischen Entsprechungen der Worte, er folgt der Geschichte. Sie nimmt aber durch die geistigen Inhalte einen anderen Verlauf an. Beispiel es ward Abend es ward Morgen aus dem gefilterten philosophischen Anteil:

So sollte es angenehm werden - man soll sich kümmern...

Zu diesem Schluss kommt er durch die Vielzahl der vorangegangenen Sätze, wie am Besten etwas zu schaffen ist.
Er bündelt das Durcheinander, kritisiert (einen langen Tag)

Er bündelt auch das Positive - kommt zu guten und brauchbaren Lösungen ähnlich den Lehrsätzen der Philosophie. Nur sind seine Aufgaben gleichzeitig Übungen und leicht einzusehende humorvolle Erzählweisen.
#21
Hallo MaSofia,

Zitat:In China fand diesesr Bruch nicht statt. Dort wurde die Philosophie aus den antiken Schriften auf andere Weise überliefert und weiter entwickelt. So sind die Inhalte der Geschichte Noah dort wiederzufinden

Dass die Noah-Geschichte im sumerisch-babylonischen Raum vorkommt [Gilgamesch], ist ja bekannt -
dass sie in China auftaucht, ist mir aber neu. Das interessiert mich - hast Du da Quellen?
() qilin
#22
(23-12-2010, 19:43)MaSofia schrieb: Die Schriften der Bibel sind aber in Hebräisch, der früheren Diplomatensprache des Perserreiches verfasst worden.

Nicht Hebräisch, sondern Aramäisch war die (Haupt-)Amtssprache (und Verkehrssprache) im Perserreich.

MaSofia schrieb:Etwa ab 500 nach Christus entstand erst allmählich die Lehre von Himmel und Hölle, Erbsünde,...

Die Lehre von der Erbsünde (peccatum originale = Ursünde) hat Augustinus formuliert. Seit der Synode von Karthago (begonnen am 1.5.418) ist die Erbsündenlehre (zumindest für Katholiken) verbindliches Glaubensgut.
MfG B.
#23
(23-12-2010, 19:43)MaSofia schrieb: Ein Leser hat in Hebräisch eine gewaltige Denkarbeit vor sich. Deshalb empfindet er die Texte als sehr schwer.
Hier kommen sich analytisches Denken und Denken im gesellschaftlichen Kontext (Deutung, Bedeutung) ins Gehege. Eine Sprache, deren sachlichen Zusammenhänge erst nach einer diffizilen Textanalyse zum Vorschein kommen und dann nicht einmal eindeutig, taugt nicht für eindeutige Sachzusammenhänge. Wenn ein Apfel, ein Stein und ein Stahlspan im Vakuum mit gleicher Beschleunigung fallen, dann muss dies in wenigen Worten oder einer Formel beschreibbar sein. Da kann es nicht von der Individualität der Wortbedeutungen von 'Apfel', 'Stein', 'fallen', 'gleich', 'Stahlspan' und 'Beschleunigung' abhängen, welchen Sachverhalt ich beschreibe. Und das genau ist die Behauptung von dir: Der Apfel = Frucht, Nahrung, Symbol für die Welt, 'Stein' = Festkörper, hart, uralt, rau, 'fallen' = hinunter fallen, verloren gehen, sterben, 'gleich' = sofort, ein Bisschen später, gleichartig, 'Stahlspan' = metallische Locke, scharfkantig. So wird aus dem o. g. Sachverhalt: "Durch raue, harte Nahrung sterben Menschen durch Beschleunigung sofort".

Diese Art der Textverarbeitung ist bestenfalls den Poeten vorbehalten, nicht dem Sachkundigen. Daher meine Kritik an der üblichen Deutung des Schöpfungsmythos: Er benutzt zwar Sachinformationen (nämlich die Lebenssituation des Menschen in der Antike), dient aber ausschließlich der Etablierung des Gottesglaubens.

(23-12-2010, 19:43)MaSofia schrieb: Er (der Leser) bündelt auch das Positive - kommt zu guten und brauchbaren Lösungen ähnlich den Lehrsätzen der Philosophie. Nur sind seine Aufgaben gleichzeitig Übungen und leicht einzusehende humorvolle Erzählweisen.
Die Möglichkeit, Texte so zu verarbeiten, bestreite ich gar nicht. Aber wenn es grundsätzlich so sein sollte, dann kann man nur eines lernen: Hl. Schriften sind in der Sache nicht vertrauenswürdig. Sie sind reine Projektionsflächen für eigene Vorstellungen.
Folglich können Sätze wie: "Die Bibel ist im Einklang mit heutigen Wissenschaften", nicht korrekt sein. Denn etwas nicht Eindeutiges (mit zahlreichen Nebenbedeutungen Versehenes) kann nicht mit objektiven Erkenntnissen "im Einklang stehen" - siehe mein Beispiel aus der Physik.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#24
Vielleicht sollte man das realtivieren, Ekkard:

Die Bibel befand sich zum Zeitpunkt ihres Entstehens im Einklang mit den seinerzeit bekannten Wissenschaften. Im "hier und heute" kann das nicht mehr der Fall sein, weil sich die Erkenntnis weiter entwickelt hat.
#25
(24-12-2010, 06:38)t.logemann schrieb: Vielleicht sollte man das realtivieren, Ekkard:

Die Bibel befand sich zum Zeitpunkt ihres Entstehens im Einklang mit den seinerzeit bekannten Wissenschaften. Im "hier und heute" kann das nicht mehr der Fall sein, weil sich die Erkenntnis weiter entwickelt hat.

Ich meine, hier sollte man lieber von Wissen statt Wissenschaften sprechen: ... befand sich im Einklang mit dem seinerzeit bekannten Wissen.

Gruß
Vitoria
#26
Ic h will - und kann - den Altvorderen ihre Wissenschaft nicht absprechen... Wer weiss denn heute noch, wie die Menschen vor 1000 oder 2000 Jahre Wissenschaft betrieben haben - das Wissen, das sie hatten, ist ja nicht "vom Himmel gefallen". Die "Try and Error-Methode" kannten die ganz bestimmt auch...
#27
@ qilin
qilin schrieb:Dass die Noah-Geschichte im sumerisch-babylonischen Raum vorkommt [Gilgamesch], ist ja bekannt - dass sie in China auftaucht, ist mir aber neu. Das interessiert mich - hast Du da Quellen?

Sobald Du die "Quelle" Noah-Geschichte in der Auslegung kennst, ist es sehr leicht zu erkennen, an sämtlichen Werken und im Volksgut.

Umgekehrt - es gibt keine Quellen. Das deshalb, weil die Geschichte Noah eben nicht als solche gesehen wurde. Dieser Abgleich fand nie statt. Wäre noch viel zu sagen, wie abgeschlossen seit Jahrhunderten die Welten waren...


@ t.logemann
Du meintest: "Die Bibel befand sich zum Zeitpunkt ihres Entstehens im Einklang" ... und nun hat sich die Erkenntnis weiter entwickelt.
Das ist einerseits richtig und auf der Seite falsch:
Mit beinah 2000 Jahren Fehlentwicklung ist sie gewaltig im Hinterland!


@ Ekkard
Ich hatte schon die Befürchtung, dass die anfänglich gezeigten Wortbeispiele, ein kleiner Bruchteil von Satz von Gen. 1, den Eindruck bei einem Leser verwirren. Dazu hat mich der "Bock" verleitet. Mir blieb aber im Moment nichts anderes übrig. Der vordere Teil fehlte, zu dem das alles als logische Schlossfolgerung passte.

Versuch mal einen deutschen Witz in England zu erklären! Dort wirst Du nur verwirren, aber kein Verständnis sehen, während ein Deutscher sich totlacht.
Ekkard schrieb:Hl. Schriften sind in der Sache nicht vertrauenswürdig. Sie sind reine Projektionsflächen für eigene Vorstellungen.
Das ist die Sicht eines Deutschen, aber nicht die eines Hebräers.
Die Geschichten sind so plaziert, dass sie alle Antennen auf "on" schalten. Sie gehen gar nicht anders als richtig auf. Nur, bei Einigen geht das nicht. Einen Witz über Kohl bringen die mit Gemüse in Verbindung, dann ist er nicht mehr eindeutig. Wenn Du verstehst was ich mit zweideutiger Eindeutigkeit darunter meine.

Man müsste also bei der Zuordnung aufpassen!
Metapher werden verstanden, die sprachliche Zuordnung auch, aber zuweilen passt sie in anderer Folge, z.B. Kohl als ehemaliger Bundeskanzler. Ein Witz über Kohl ist etwas anderes als eine Feststellung über Gemüse.

Solange Du die Zuordnung nicht richtig hast und auch nicht den Text kennst, ist es nicht möglich die Feststellung zu treffen: "Hl. Schriften nicht vertrauenswürdig" Deine Basis wäre das Einzige was nicht vertrauenswürdig wäre.

Ich hoffe, Du verstehst - eine Beurteilung erfordert Untersuchung.
Keine Schuß-Bumm Lösung!


@Bion

Bion schrieb:Nicht Hebräisch, sondern Aramäisch war die (Haupt-)Amtssprache (und Verkehrssprache) im Perserreich.
Ich muss dabei an einen oft gehörten Ausspruch meines Vaters denken:
"Sieben Sprachen kann ich - und alle sind Deutsch".
Lieber Bion schau in ein Wörterbuch! Dann sag mir wieviel Ausdrücke gleich sind...


@ viktoria
Obwohl Dein Einspruch "von Wissen sprechen statt von Wissenschaften" ausgleichend wirkt - muss ich Dir doch widersprechen: Die Glaubensvorstellung hat erst ihr Weltbild zu einer unglaubwürdigen Konstruktion gemacht.

Du denkst, man glaubte (damals), dass die Erde in 7 Tagen entstand. Das tat man aber nicht. Es war ein philosophischer Lehrsatz, bei dem niemand an eine 7-Tageschöpfung gedacht hat.

Man WUSSTE also die besten Lehrmeinungen der Philosophie.
Hat gelacht über die Beispiele einer neunmal verflixt verdrehten Handhabung. Hat sich die Welt normal vorgestellt mit allem was man sieht und hört. (Fall 1)

Man WEISS heute - wegen dem Widerspruch und dem Anspruch die Schöpfung wäre das Werk Gottes - in technischen Dingen viel mehr Einzelheiten, die sonst nie aufgefallen wären. War quasi der Motor dazu.
(Fall 2)


Eine Textanalyse stellt nun fest:
Fall 1 hatte Recht.
Fall 2 hatte Recht. Beiden fehlt etwas Detailwissen.
Früheren das Wissen über Raumfahrttechnik
Heutigen das Wissen über Philosophie

(Fall 3 ...)
Hoffentlich endlich der Motor zu mehr Menschlichkeit in der Welt
#28
Lieber qillin,

lies mal Däniken - danach war olle Hennoch Raumfahrer....:icon_cheesygrin:
#29
(24-12-2010, 12:13)t.logemann schrieb: Ic h will - und kann - den Altvorderen ihre Wissenschaft nicht absprechen... Wer weiss denn heute noch, wie die Menschen vor 1000 oder 2000 Jahre Wissenschaft betrieben haben - das Wissen, das sie hatten, ist ja nicht "vom Himmel gefallen". Die "Try and Error-Methode" kannten die ganz bestimmt auch...


Worte Worte Worte...

Wie kann man sich nur immer über die Benutzung von Wörtern streiten. "Wissenschaft" ist ein modernes Wort. Wenn gemeint ist: "Wissenschaft" im heutigen Sinn gab es damals noch nicht, dann ist die Aussage korrekt. Wenn man "Wissenschaft" ungenau und unpräzise meint, also jegliche Deutungsmethode, dann nennt man halt das, was die Atvorderen deuteten, auch "Wissenschaft".

Dann hat man jedenfalls einen verwaschenen Begriff, mit dem man alles und jedes sagen kann.
#30
Sorry Karla, ich sehe das ein wenig anders:

Jede Zeit oder jeder Zeitabschnitt hat seine eigenen gültigen Definitionen. Wir heutigen modernen Menschen haben für Wissenschaft eine andere Definition als die Menschen der Antike - trotzdem kannten die Menschen der Antike Errungenschaften aus den Bereichen Forschung und Technik. Die Ärchäologie hat bereits den Nachweis erbracht, dass die alten Römer in ihrem Kolosseum ganze Seeschlachten nachspielen konnten - es gab im Kolosseum mit Muskelkraft bewegte Aufzüge; die hatten damals sogar die Möglichkeit die Arena weitgehend wasserdicht abzuschliessen und die Seeschlachten "im Swimmingpool" nachzustellen. Die Römer kannten und nutzten die Wasserkraft für Schmiedewerke und Kornmühlen, und man vergesse mal auch nicht die hohe technische Ingenieurskunst beim Bau der Äquadukte - auch aus heutiger Sicht noch eine Meisterleistung.

Einige Erfindungen der Antike, wie z.B. der Flaschenzug und die Archimed'sche Schraube finden heute noch in der Technik Anwendung, der "Satz des Pythagoras" ist immer noch gültig.

Gehen wir noch ein paar Jahrhunderte zurück, so belegen die Ausgrabungen in Ägypten dass die alten Ägypter bereits erfolgreich Operationen durchführten. Sie müssen auch die Techniken des Schienens von gebrochenen Knochen gekannt haben - wie soll das alles ohne Wissenschaft möglich gewesen sein?

Wenn wir nur unsere heutigen Massstäbe für Wissenschaft für gültig erklären wollen - verhalten wir uns doch reichlich arrogant gegenüber den vergangenen Zeiten.


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