Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
atheistischer "glaube"
#76
(13-05-2009, 17:56)petronius schrieb: aber nicht von "nicht religiösen Menschen".
Oh doch, auch und gerade "nicht Religiöse" schwelgen gerne in Behauptungen, was zu glauben und deswegen abzulehnen sei. Du selbst gibst ein fast "bestes Beispiel":

(13-05-2009, 17:56)petronius schrieb: (z.b. so was wie die unbefleckte empfängnis, was ja kein mensch ernsthaft glaubt, aber viele eigentlich glauben müßten)
Wenn man - und ich schließe römisch-katholische Kreise ein - die eigenen Lehraussagen nicht mehr richtig versteht, dann kommt Unsinn heraus.

"Unbefleckte Empfängnis" ist ein historisch sehr altes Attribut verehrungswürdiger Frauengestalten (Königsmütter und ähnliche). Das ist zu jener Zeit eine besondere Verehrungsform, durch die diese Frau der profanen (um nicht zu sagen nichtswürdigen) gesellschaftlichen Stellung entzogen wurde. Sie gewann dadurch eine andere Seinsweise als Frauen im Allgemeinen. Einen Gottgleichen geboren zu haben, machte diese Frauengestalt zu einer gottähnlichen Schöpferin - verehrungswürdig, ja anbetungswürdig. Diese andere Seinsweise, dieses Herausgehobensein wurde ganzheitlich verstanden, ungefähr so, wie der Begriff der Frauen-Emanzipation das ganze Leben umfasst und nicht nur spezielle Teile um den Vorgang der Fortpflanzung herum.

Wenn man - und dies scheint leider der Fall zu sein - die ganzheitlich gemeinte Verehrungsform "unbefleckte Empfängnis" auf den Akt der menschlichen Fortpflanzung einengt, dann kommt man in der Tat mit gewissen biologischen Tatsachen in einen ernsthaften Konflikt, den ich als sinnlos erachte.

(13-05-2009, 17:56)petronius schrieb: nun gibt es aber nicht wenige (z.b. gerade in evangelikalen kreisen), die großen wert darauf legen, zu betonen, wie persönlich ihr glaube (resp. ihre beziehung zu gott) doch ist ...
Ja - und genau da setzt auch bei mir Glaubenskritik an. Wer nur noch auf Gott (oder überhaupt auf den theologischen Überbau) fixiert ist, der übersieht das Wichtigste der Religion: die Sicht auf den leidenden Menschen! (Hier dürfen sich alle Schwärmer und alle Fanatiker in gleicher Weise angesprochen fühlen!)

Im Übrigen denke ich nicht, dass Meinungen des römischen Papstes per se sakrosankt sind, sondern nur dann, wenn in einer Glaubensstreitfrage vom Vatikan entschieden wurde. In Glaubensfragen können ja durchaus grundverschiedene Meinung gegeneinander stehen, die zwar nicht koexistieren können, die aber gleichwohl beide glaubenswürdig sind. Nur in diesen Fällen entscheidet der Bischof von Rom endgültig.

Ich will nicht behaupten, dass nicht auch politisch entschieden wurde, und dass ich das Verfahren in seiner Entschiedenheit als befriedigend empfinde. Aber das haben Hierarchien nun mal so an sich. (Und ich schätze mich glücklich, dieser Kirche nicht anzugehören).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#77
(13-05-2009, 22:17)Ekkard schrieb:
(13-05-2009, 17:56)petronius schrieb: aber nicht von "nicht religiösen Menschen".
Oh doch, auch und gerade "nicht Religiöse" schwelgen gerne in Behauptungen, was zu glauben und deswegen abzulehnen sei. Du selbst gibst ein fast "bestes Beispiel":

du verstehst meine funktion als advocatus diaboli nicht: ich halte den gläubigen vor, was dabei herauskommt, wenn man ihre eigenen glaubensregeln anwendet. ich selbst sehe glauben sicher nicht als etwas absolutes, wie du schriebst

(13-05-2009, 22:17)Ekkard schrieb:
(13-05-2009, 17:56)petronius schrieb: (z.b. so was wie die unbefleckte empfängnis, was ja kein mensch ernsthaft glaubt, aber viele eigentlich glauben müßten)
Wenn man - und ich schließe römisch-katholische Kreise ein - die eigenen Lehraussagen nicht mehr richtig versteht, dann kommt Unsinn heraus.

"Unbefleckte Empfängnis" ist ein historisch sehr altes Attribut verehrungswürdiger Frauengestalten (Königsmütter und ähnliche). Das ist zu jener Zeit eine besondere Verehrungsform, durch die diese Frau der profanen (um nicht zu sagen nichtswürdigen) gesellschaftlichen Stellung entzogen wurde. Sie gewann dadurch eine andere Seinsweise als Frauen im Allgemeinen. Einen Gottgleichen geboren zu haben, machte diese Frauengestalt zu einer gottähnlichen Schöpferin - verehrungswürdig, ja anbetungswürdig. Diese andere Seinsweise, dieses Herausgehobensein wurde ganzheitlich verstanden, ungefähr so, wie der Begriff der Frauen-Emanzipation das ganze Leben umfasst und nicht nur spezielle Teile um den Vorgang der Fortpflanzung herum.

Wenn man - und dies scheint leider der Fall zu sein - die ganzheitlich gemeinte Verehrungsform "unbefleckte Empfängnis" auf den Akt der menschlichen Fortpflanzung einengt, dann kommt man in der Tat mit gewissen biologischen Tatsachen in einen ernsthaften Konflikt, den ich als sinnlos erachte.

das ist dem papst aber so was von egal, ob und was du als sinnlos erachtest. ich habe ja auch nicht über dich gesprochen und dein privates verständnis von "unbefleckter empfängnis" - das kannst du sowieso halten wie ein dachdecker

ich spreche von katholischen dogmen, denen man sich als gläubiger katholik zumindest pro forma zu unterwerfen hat - andernfalls man rausfliegt, siehe fr. ranke-heinemanns "karriereknick", nachdem sie bezeugte, nicht an die biologischen jungfrauengeburt marias zu glauben

Zitat:Im Übrigen denke ich nicht, dass Meinungen des römischen Papstes per se sakrosankt sind, sondern nur dann, wenn in einer Glaubensstreitfrage vom Vatikan entschieden wurde

selbstverständlich. ob papa ratzi lieber weißbier oder helles trinkt, darf sogar dem frommen katholiken (weiß)wurscht sein - ich habe auch nichts anderes gesagt
Zitieren
#78
(13-05-2009, 17:56)petronius schrieb: im gegenteil sind es die (hoffentlich sehr religiösen und gläubigen) kirchenfürsten bzw. vermittler der religiösen lehre, die fordern, man müsse dogmen glauben. den religionen kritisch gegenüberstehende menschen machen sich natürlich gerne einen spaß daraus, gläubige darauf hinzuweisen, was sie nach den regeln ihrer eigenen religion ja gefälligst zu glauben haben (z.b. so was wie die unbefleckte empfängnis, was ja kein mensch ernsthaft glaubt, aber viele eigentlich glauben müßten)

Ich hatte mich mal mit einem Katholiken unterhalten, der von sich sagte, sehr religiös zu sein. Wir kannten uns damals kaum.
Er erzählte dann von einer Variante der wörtlichen Interpretation der Jungfrauengeburt. Das hat mich ziemlich irritiert, da ich nicht wusste, was das soll. Glaubte er das so, wie er es erzählte? Stellte er sich absichtlich dumm, weil er mich nicht ernst nahm? Oder wollte er einfach nur herumblödeln, weil er davon ausging, dass klar war, dass weder er noch ich das ernsthaft glauben? Es hat sich später herausgestellt, dass es letzteres war, was mir recht sympathisch war.
Dennoch fällt mir so etwas schwer. Sich über Religionsfragen zu amüsieren ist schon kritisch. Bei fremden Menschen habe ich Scheu, dass es in gegenseitige Verletzungen ausartet.

Viele Grüße
Reni
Zitieren
#79
Erstmal wieder ein herzliches Grüß Gott.
Melde mich nach einiger Zeit der Abwesenheit und des intensiveren Arbeitens wieder und freue mich wieder auf anregende Diskussionen.


(15-04-2009, 09:48)petronius schrieb: warum eigentlich ist es (an gott, ein göttliches prinzip) gläubigen ein so besonderes anliegen, auch atheisten zu unterstellen, sie seien religiös gläubig?

Hmmm. Mir persönlich ist das nicht wichtig. Es fällt nur auf, dass auch atheistische Personen und Verbände (trotz aller Heterogenität, die sie aufweisen) immer wieder auch mit religiös anmutenden Tatendrang (lat. Missio(n) = Sendung) auftreten.
Desweiteren warum sollte Atheismus per se keine religiösen Ausprägungen haben. Schließlich ist die religöse Entfaltung weder an einen Theismus jeglicher Coleur gebunden, wie der Buddhismus in seiner nihilistischen (nicht wertend verstehen), a-theistischen Konzeption zeigt.


(15-04-2009, 09:48)petronius schrieb: sodaß letztlich also das zoon politicon homo sapiens per se religiös sei

Genau das ist meine Überzeugung und sie wird durch die Paläo-Anthropologie derzeit sehr gut gestützt. So gehört zu den ersten "Kunstwerken" bzw. religiösen Bauten das Grab. Der Ritus der Bestattung in welcher Form auch immer, zeigt als soziale Form des Umgangs des Menschen mit dem Tod schon in der Frühzeit des Menschen religöse Züge. In diesem Sinne gehört Religion, wie übrigens Kultur an sich (zu der ja auch die Religion gehört), zum proprium humanum und ist das unterscheidend Menschliche im Gegensatz zum Tier. Homo sapiens ist daher meiner Überzeugung tatsächlich immer auch homo religiosus, weil er immer auch kulturschaffend und vermögend ist.

Zwar setzt diese religöse Vermögen keinen Theismus voraus und ist auch kein Beweis Gottes, aber er erklärt warum es überhaupt religöses menschliches Handeln gibt und warum auch atheistische Denker von dieser Form der sozialen-kulturellen Kommunikation nicht ausgeschlossen sind.

Die Frage nach Offenbarung und Gottesglaube ist dabei erstmal zweitrangig, denn dafür braucht es Glauben an jemanden (Monotheistisch - Gott als Person) oder an etwas (Theismus, Pantheismus etc.). Dies unterstelle ich in der Tat keinem Atheisten, dass er eigentlich Glauben würde. Dies wäre in der Tat Selbstbetrug wie du richtig feststellst, Petronius.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
Zitieren
#80
Petronius schrieb:ich spreche von katholischen dogmen, denen man sich als gläubiger katholik zumindest pro forma zu unterwerfen hat - andernfalls man rausfliegt, siehe fr. ranke-heinemanns "karriereknick", nachdem sie bezeugte, nicht an die biologischen jungfrauengeburt marias zu glauben

Da wir das Thema Dogma schon an anderer Stelle ausführlich bestritten haben, an dieser Stelle nur ein kurzer Kommentar:

Man fragt sich in der Tat warum man überhaupt karrieristische Ambitionen oder ein sonstiges Interesse in oder an der Katholischen Kirche hat, wie Frau Ranke-Heinemann, wenn man den Glauben dieser Institution oder besser dieser Glaubensgemeinschaft gar nicht teilt. Es grenzt für mich an religiöse Schizophrenie auf der einen Seite das Amt innerhalb dieser Gemeinschaft einzufordern, andererseits die Grundprinzipien dieser Gemeinschaft nicht mehr oder niemals geteilt zu haben. Frau Ranke-Heinemann kann daher von mir aus lehren was immer sie will, aber nicht als katholische Professorin und im Auftrag der Kirche.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
Zitieren
#81
Willkommen zurück, Presbyter.

Vielleicht glaubst Du es kaum, aber ich habe Dich vermisst.

Zum Thema "Nihilismus": Dieser Begriff ist durch Nietzsche, Benn und Co. so eindeutig besetzt, dass er zum Buddhismus nicht passt. Das Nichts im Buddhismus würde ich eher als "Leere" bezeichnen, das ist nicht nur richtiger, sondern auch weniger missverständlich.

Lieben Gruss

DE
Zitieren
#82
(27-05-2009, 01:20)Presbyter schrieb: Hmmm. Mir persönlich ist das nicht wichtig. Es fällt nur auf, dass auch atheistische Personen und Verbände (trotz aller Heterogenität, die sie aufweisen) immer wieder auch mit religiös anmutenden Tatendrang (lat. Missio(n) = Sendung) auftreten.
religiös anmutend *yes* bedeutet, es schaut aus religiöser Sicht so aus wie religiöser Tatendrang, den du hier so passend mit Mission versiehst. Religion verbinde ich mit einem Heilsversprechen bzw. dem Aufzeigen eines Weges zum (Seelen)heil. Solcherlei Ambitionen liegen einem Atheisten völlig fern. Das "Seelenheil" ist hier nämlich bedeutungslos.

(27-05-2009, 01:20)Presbyter schrieb: Der Ritus der Bestattung in welcher Form auch immer, zeigt als soziale Form des Umgangs des Menschen mit dem Tod schon in der Frühzeit des Menschen religöse Züge.

Woher wissen die das den, wie der Ritus damals war? Waren die etwa dabei? Alles wilde Spekulationen. Die Archeologen sind da recht "phantasievoll" bei sowas...
Nur wei "Wissenschaft" drauf steht, heißt es in diesem Fall vor allem Skeptizismus walten lassen.

Übrigens: schön von dir zu lesen.

Sonnige Grüße

Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
Zitieren
#83
(27-05-2009, 01:20)Presbyter schrieb: Erstmal wieder ein herzliches Grüß Gott.
Melde mich nach einiger Zeit der Abwesenheit und des intensiveren Arbeitens wieder und freue mich wieder auf anregende Diskussionen.


[quote='petronius' pid='44821' dateline='1239781689']
warum eigentlich ist es (an gott, ein göttliches prinzip) gläubigen ein so besonderes anliegen, auch atheisten zu unterstellen, sie seien religiös gläubig

Hmmm. Mir persönlich ist das nicht wichtig. Es fällt nur auf, dass auch atheistische Personen und Verbände (trotz aller Heterogenität, die sie aufweisen) immer wieder auch mit religiös anmutenden Tatendrang (lat. Missio(n) = Sendung) auftreten

das will ich auch gar nicht bestreiten,schon gar nicht nach meinen erfahrungen im religionsforum "wogeheichhin"

ich habe mich auch bei meiner frage auf jene bezogen, die atheisten generell (und nicht nur einzelnen eiferern) unterstellen, auch nichtglaube sei von der gleichen art wie religiöser glaube

Zitat:Desweiteren warum sollte Atheismus per se keine religiösen Ausprägungen haben. Schließlich ist die religöse Entfaltung weder an einen Theismus jeglicher Coleur gebunden, wie der Buddhismus in seiner nihilistischen (nicht wertend verstehen), a-theistischen Konzeption zeigt

weil religion sich auf transzendenz beruft - atheismus aber nicht


(15-04-2009, 09:48)petronius schrieb: sodaß letztlich also das zoon politicon homo sapiens per se religiös sei

Zitat:Homo sapiens ist daher meiner Überzeugung tatsächlich immer auch homo religiosus, weil er immer auch kulturschaffend und vermögend ist

du kannst dich mit ekkard zusammentun. religion ist kulturelles schaffen, gott ist eine chiffre für menschengemachte regeln des täglichen zusammenlebens. ergo ist alles erfüllt von religion und gott...

ok, so kann man sich seine eigene welt zusammendefinieren
Zitieren
#84
(27-05-2009, 01:25)Presbyter schrieb:
Petronius schrieb:ich spreche von katholischen dogmen, denen man sich als gläubiger katholik zumindest pro forma zu unterwerfen hat - andernfalls man rausfliegt, siehe fr. ranke-heinemanns "karriereknick", nachdem sie bezeugte, nicht an die biologischen jungfrauengeburt marias zu glauben

Da wir das Thema Dogma schon an anderer Stelle ausführlich bestritten haben, an dieser Stelle nur ein kurzer Kommentar:

Man fragt sich in der Tat warum man überhaupt karrieristische Ambitionen oder ein sonstiges Interesse in oder an der Katholischen Kirche hat, wie Frau Ranke-Heinemann, wenn man den Glauben dieser Institution oder besser dieser Glaubensgemeinschaft gar nicht teilt. Es grenzt für mich an religiöse Schizophrenie auf der einen Seite das Amt innerhalb dieser Gemeinschaft einzufordern, andererseits die Grundprinzipien dieser Gemeinschaft nicht mehr oder niemals geteilt zu haben. Frau Ranke-Heinemann kann daher von mir aus lehren was immer sie will, aber nicht als katholische Professorin und im Auftrag der Kirche.

danke, daß du mir recht gibst. es gibt also die religiöse vorschrift, unsinniges zu "glauben"

über das recht oder sogar die pflicht als engagiertes mitglied einer kirche dieselbe auch mal zu kritisieren, kann man natürlich streiten. manche sehen die kirche eben als museum, in dem sich aber auch gar nichts ändern darf
Zitieren
#85
(28-05-2009, 10:36)petronius schrieb: weil religion sich auf transzendenz beruft - atheismus aber nicht

Beide Behauptungen, dass Relgion sich immer notwendig auf Transzendenz und Atheismus niemals berufen, dürfte wohl noch zu beweisen sein....

Petronius schrieb:
(15-04-2009, 09:48)petronius schrieb: sodaß letztlich also das zoon politicon homo sapiens per se religiös sei

Presbyter schrieb:Homo sapiens ist daher meiner Überzeugung tatsächlich immer auch homo religiosus, weil er immer auch kulturschaffend und vermögend ist

du kannst dich mit ekkard zusammentun. religion ist kulturelles schaffen, gott ist eine chiffre für menschengemachte regeln des täglichen zusammenlebens. ergo ist alles erfüllt von religion und gott...

ok, so kann man sich seine eigene welt zusammendefinieren

Ich glaube du missverstehst mich. Gott ist für mich weder eine Chiffre noch ist für mich mein Glaube ein rein kulturelles Phänomen. Ich habe nur darauf hingewiesen, das Religion ein kulturenübergreifendes und in jeder Kultur vorkommendes Geschehen ist und dies seit Anbeginn der menschlichen Kulturleistung.
Wie du oben nachgelesen kannst, habe ich dabei explizit unterschieden, dass die Fragen nach einem Theismus, erst recht nach einem Monotheismus als Offenbarungsreligion ganz andere und neue Fragen aufwirft.
Das der Mensch die Neigung, das Vermögen oder wie immer man es nennen will hat sich religiös zu entfalten, kannst du genauso wenig hinweg reden wie, dass dies eine für jede Form von Kultur eigene Art der sozialen Kommunikation ist. Religion gehört vom rein geschichtlichen Faktum gesehen her, offensichtlich per se zur Entfaltung menschlicher Kultur und auch der menschlichen Persönlichkeit. Was ist also der Atheismus letztlich anderes? Schließlich ist er ja nur die Negation eines Theismus und damit einer bestimmten religiösen Grundüberzeugung. Das dieses Gegen-Bekenntnis durchaus religiöse Züge trägt, sowohl im Sendungsbewusstsein dieser Bewegung, als auch im allgemein verbindlichen Credo - Nein, ich glaube nicht - scheint mir selbstevident. Natürlich muss nicht alles was religöse Züge hat auch gleich Religion sein, doch eine gewisse Nähe und Bezogenheit zu dieser kann meines Erachtens nicht bestritten werden. Zumal der Transzendenzbezug, den du oben genannt hast, ebenfalls schon eine Besonderheit des Menschen ist. Er beginnt dort, wo der Mensch sich selbst reflektiert und über die Grenzen seines eigenen Körpers sich in ein Verhältnis zu Natur, sich selbst und zu Anderen setzt (Exteriorität d. Geistes nennt das die Philosophie). In sofern ist auch der a-theistische Mensch nicht frei von Transzendenzbezügen, nur setzt er diese nicht in Bezug zu einem Gott.

Soweit Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
Zitieren
#86
(28-05-2009, 10:40)petronius schrieb: danke, daß du mir recht gibst. es gibt also die religiöse vorschrift, unsinniges zu "glauben"

über das recht oder sogar die pflicht als engagiertes mitglied einer kirche dieselbe auch mal zu kritisieren, kann man natürlich streiten. manche sehen die kirche eben als museum, in dem sich aber auch gar nichts ändern darf

Sinn hat dieser Glaube sehr wohl! Nur scheint er dir unvernünftig. Das für den Glauben eine andere oder besser ein umfassender Begriff von Rationalität und Verständlichkeit gebraucht wird, dürfte wohl unumstritten sein. Eine ratio, die nur das hier und jetzt als faktisches gelten lässt, ist in seiner geistigen Weite mehr als nur beschränkt, weil es nur auf das materielle, dass empirisch Erfahrbare beschränkt ist.

Frau Ranke-Heinemann wurde nicht ihres Lehrstuhles enthoben, weil sie Kritik übte, sondern weil sie die Prinzipien und den Glauben, den sie ja als Professorin lehren sollte, nicht mehrteilte.
Ich möchte den Gewerkschaftspräsidenten sehen, der im Arbeitskampf die Prinzipien der Soldiargemeinschaft leugnet und sich für die Forderungen der Arbeitgeber einsetzt und seinen Posten behält. Eine Übereinstimmung von Grundbekenntnissen und Prinzipien ist unumgänglich für jede Organisation und Person, die in deren Namen auftreten will!
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
Zitieren
#87
(27-05-2009, 14:35)Sonne schrieb:
(27-05-2009, 01:20)Presbyter schrieb: Hmmm. Mir persönlich ist das nicht wichtig. Es fällt nur auf, dass auch atheistische Personen und Verbände (trotz aller Heterogenität, die sie aufweisen) immer wieder auch mit religiös anmutenden Tatendrang (lat. Missio(n) = Sendung) auftreten.
religiös anmutend *yes* bedeutet, es schaut aus religiöser Sicht so aus wie religiöser Tatendrang, den du hier so passend mit Mission versiehst. Religion verbinde ich mit einem Heilsversprechen bzw. dem Aufzeigen eines Weges zum (Seelen)heil. Solcherlei Ambitionen liegen einem Atheisten völlig fern. Das "Seelenheil" ist hier nämlich bedeutungslos.

(27-05-2009, 01:20)Presbyter schrieb: Der Ritus der Bestattung in welcher Form auch immer, zeigt als soziale Form des Umgangs des Menschen mit dem Tod schon in der Frühzeit des Menschen religöse Züge.

Woher wissen die das den, wie der Ritus damals war? Waren die etwa dabei? Alles wilde Spekulationen. Die Archeologen sind da recht "phantasievoll" bei sowas...
Nur wei "Wissenschaft" drauf steht, heißt es in diesem Fall vor allem Skeptizismus walten lassen.

Übrigens: schön von dir zu lesen.

Sonnige Grüße
Zitieren
#88
Hallo Sonne,
irgendwie ist es mir nicht gelungen ein Zitat von Dir in meine antwort zu kopieren, ich habe zwar kopiert aber nichts dazu geschrieben, das kommt jetzt.

Wieso liegt es einem Atheisten fern, sich um sein Seelenheil zu kümmern? Religion ist für mich Rückbindung aber nicht unbedingt Heilsversprechen. Seelenfrieden finde ich nur in mir selbst und nur im konkreten Leben hier und heute. Das Heilsversprechen für das Jenseits nach dem Tod ist für mich nur eine Fiktion, die mir niemand versprechen kann. Wenn ich meinen inneren Frieden, mein Seelenheil finden will, dann kann ich es nur im Einklang mit mir selbst und mit meiner Umwelt meinen Mitmenschen tun. Das Seelenheil kann ich mir nicht mit "Wohlverhalten" gegenüber einem "Gott" erkaufen, indem ich Regeln einhalte, die von anderen Menschen verwaltet und dann beurteilt werden.
bis demnächst
Zitieren
#89
(28-05-2009, 14:04)Presbyter schrieb:
(28-05-2009, 10:36)petronius schrieb: weil religion sich auf transzendenz beruft - atheismus aber nicht

Beide Behauptungen, dass Relgion sich immer notwendig auf Transzendenz und Atheismus niemals berufen, dürfte wohl noch zu beweisen sein....

religionen sind nun mal so definiert, würde ich meinen

auf welche transzendenz sich atheismus berufen soll - das zu erfahren, wäre ich neugierig

Zitat:Ich habe nur darauf hingewiesen, das Religion ein kulturenübergreifendes und in jeder Kultur vorkommendes Geschehen ist und dies seit Anbeginn der menschlichen Kulturleistung

dem offensichtlichen wird wohl niemand widersprechen

warum du aber daraus den schluß ziehst, daß jemand, der "immer auch kulturschaffend und vermögend ist", deshalb als "homo religiosus" zu gelten habe, geht aus deinem statement nicht hervor

Zitat:Das dieses Gegen-Bekenntnis durchaus religiöse Züge trägt, sowohl im Sendungsbewusstsein dieser Bewegung, als auch im allgemein verbindlichen Credo - Nein, ich glaube nicht - scheint mir selbstevident

das dürfte davon abhängen, wie du "religiöse züge" definierst. in ihrer engstirnigkeit z.b. können atheisten gläubigen durchaus in nichts nachstehen

Zitat:Zumal der Transzendenzbezug, den du oben genannt hast, ebenfalls schon eine Besonderheit des Menschen ist. Er beginnt dort, wo der Mensch sich selbst reflektiert und über die Grenzen seines eigenen Körpers sich in ein Verhältnis zu Natur, sich selbst und zu Anderen setzt (Exteriorität d. Geistes nennt das die Philosophie). In sofern ist auch der a-theistische Mensch nicht frei von Transzendenzbezügen, nur setzt er diese nicht in Bezug zu einem Gott.

auch hier würde ich gerne wissen, was du eigentlich unter "transzendenz" verstehst. die natur und die anderen sind doch nicht transzendent

(wikipedia meint dazu:

Religiösen und philosophischen Verständnissen vom Transzendenten ist gemeinsam, dass dieser Begriff eine Wirklichkeit bezeichnet, die das voraussetzungslos sinnlich Wahrnehmbare überschreitet)
Zitieren
#90
(28-05-2009, 14:11)Presbyter schrieb:
(28-05-2009, 10:40)petronius schrieb: danke, daß du mir recht gibst. es gibt also die religiöse vorschrift, unsinniges zu "glauben"

über das recht oder sogar die pflicht als engagiertes mitglied einer kirche dieselbe auch mal zu kritisieren, kann man natürlich streiten. manche sehen die kirche eben als museum, in dem sich aber auch gar nichts ändern darf

Sinn hat dieser Glaube sehr wohl! Nur scheint er dir unvernünftig

in der tat. an etwas nach menschlicher erfahrung und wissen unmögliches (wie die jungfrauengeburt) zu glauben, erscheint mir unvernünftig

Zitat:Frau Ranke-Heinemann wurde nicht ihres Lehrstuhles enthoben, weil sie Kritik übte, sondern weil sie die Prinzipien und den Glauben, den sie ja als Professorin lehren sollte, nicht mehrteilte

der übergang dürfte fließend sein. bzw. das ganze ein bequemes totschlagargument, beliebig und willkürlich einsetzbar von dem, der eben die macht dazu hat

Zitat:Ich möchte den Gewerkschaftspräsidenten sehen, der im Arbeitskampf die Prinzipien der Soldiargemeinschaft leugnet und sich für die Forderungen der Arbeitgeber einsetzt und seinen Posten behält. Eine Übereinstimmung von Grundbekenntnissen und Prinzipien ist unumgänglich für jede Organisation und Person, die in deren Namen auftreten will!

die jungfrauengeburt hat im christenglauben also für dich denselben zentralen stellenwert wie der solidaritätsgedanke für die gewerkschaftsbewegung?

interessant, deinen glauben kennenzulernen!
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Ist Atheismus ein Glaube? Athon 199 56408 17-05-2022, 21:30
Letzter Beitrag: Ekkard
  Christliche Botschaften aus atheistischer Sicht AncheCameo 8 7809 12-03-2019, 20:29
Letzter Beitrag: AncheCameo
  Ich glaube nicht an die Evolutionstheorie, möchte es aber (-; Der Tor 419 644743 22-01-2014, 20:56
Letzter Beitrag: Bion

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste