Sind die Bahai eine eigene Religion oder islamische Sekte?
Die Religion der
Bahá’í (auch:
Bahá’ismus oder
Bahá’ítum) ist eine Fortentwicklung des
Bábismus. Dieser entstand im Jahr 1844 in Iran und lehrte die Wiederkunft des seit dem 9. Jh. entschwundenen und seither in der "Verborgenheit"; lebenden zwölften Imám der Shí’iten (Schiiten).
Nachdem der Gründer des Bábismus,
’Alí Muhammad al-Báb (geb. 1819) erklärte, der verheißene
Imám der Shí’iten zu sein und sich seine Anhänger anschickten, in Iran einen eigenen
Gottesstaat (Theokratie) zu errichten, geriet die neureligiöse Bewegung sehr rasch in Verruf bei der shí’itischen Orthodoxie, aber auch bei der Staatsgewalt, die die gewaltsamen Erhebungen der Bábí (= Anhänger des Bábismus) abzuwehren hatte. ’Alí Muhammad al-Báb wurde schon 1846 inhaftiert und 1850 öffentlich exekutiert. Erschwerend kam hinzu, dass ’Alí Muhammad al-Báb dem
Qur’án (Koran), dem heiligen Buch der Muslime, ein eigenes Buch entgegensetzte –
Bayán ("Erklärung") genannt – , womit er sich vollends von der offiziellen Linie des Islam entfernte und sich damit der Häresie schuldig machte.
Nach dem Tode des Gründers und der weitgehenden Zerschlagung der Bábí-Bewegung sammelten sich ihre Führer im Exil in Bagdad (später in Istanbul und Edirne). Auf die äußere Bedrohung folgten innere Zerwürfnisse und Streitigkeiten um die Nachfolge. Aus diesen internen Querelen ging
Husain ’Alí Núrí (1817-1892) als Sieger hervor. Er nannte sich nun
Bahá’u’lláh ("Herrlichkeit Gottes") und sah sich selbst in der Rolle eines göttlichen Propheten oder Offenbarers. Die meisten Anhänger des Bábismus schlossen sich Bahá’u’lláh an – und so entstand die neue Religion der
Bahá’í, die heute auf dem gesamten Erdkreis verbreitet ist (etwa 6 Mio. Anhänger).
Die Bahá’í lehren die Einheit der gesamten Menschheit und ihre Vereinigung in einem weltumspannenden Gemeinwesen (Theokratie). Ihr Zentrum bildet das
"Universale Haus der Gerechtigkeit" mit Sitz in Haifa (Israel), das sie als Vorhut einer künftigen
Weltregierung betrachten.
Nach der Lehre der Bahá’í bilden auch alle früheren Religionen eine innere Einheit, doch im gegenwärtigen, mindestens tausend Jahre währenden Zeitalter ist der Bahá’ismus
die allein wahre Religion Gottes. Die Bahá’í besitzen ebenfalls ein eigenes heiliges Buch – das
Kitáb-i-Aqdas (das "Heiligste Buch"), in dem ihr Religionsgesetz enthalten ist.
Der Bahá’ismus ist eine eigenständige Offenbarungsreligion und wird inzwischen auch von der Religionswissenschaft als solche beschrieben. Sein Verhältnis zum Islam entspricht in etwa dem des Christentums zum Judentum. So, wie das Christentum aus dem Judentum hervorging und mit diesem viele Gemeinsamkeiten aufweist, so ging auch der Bahá’ismus aus dem Islam hervor, mit dem er ebenfalls eng verwandt ist, ohne aber mit diesem gleichgesetzt werden zu können.
Der Bahá’ismus ist somit
keine Sekte des Islam, sondern eine vom diesem losgelöste unabhängige Religionsgemeinschaft.
Weitere Informationen:
www.bahai.de
www.bahai-kritik.ch (kritisch)
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