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Sünde und Vergebung in den Religionen
#1
bestimmt schon oft diskutiert hier...
aber nun mal wieder neu, gerade für newbies...

Gibt es Vergebung oder muss ich selbst gut werden/gut sein?
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#2
(20-02-2009, 23:09)miriam schrieb: Gibt es Vergebung oder muss ich selbst gut werden/gut sein?
Dazu ein paar Fragen, die du selbst beantworten musst:
Wozu Vergebung ...
-- Was, wenn wir einander nicht vergeben können?
-- Was, wenn wir leiden unter den Fehlern, die wir verschuldet haben (Unfälle, Kränkungen)?
Was leistet eine Gesellschaft, um wieder 'gut' zu werden, was Gott, was Jesus?
Wer sollte wem vergeben; gibt es professionelle Hilfen?
Was heißt das überhaupt: "gut werden" ...
-- Wie gut können Menschen überhaupt sein angesichts der Notwendigkeit, zu überleben?
-- Was leitet uns (Ratio, Gefühl, Glaube, Regeln)?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Ja, Vergebung kann es geben. Wenn es Vergebung nicht geben würde oder könnte, gäbe es keine Neuanfänge.
Gut sein (heil werden), wenn es heisst "den ersten Schritt wagen" oder "ein Trotzdem", allen Widersprüchen oder Widerständen auch immer, entgegensetzen.
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#4
ja, das sind richtig gute Gedanken, lieber Ekkard...
ich bleib da dran..
schön wie du das ausdrückst liebe Marlene

Ich hab schon ein Problem mit dem Begriff der Erbsünde...
ich finde da kein inneres Äquivalent dazu...sag aber auch nicht ganz nein...falls mir das einer erklären kann, also gern..ich hab hier offene Ohren..

was ich so anschaulich finde ist aber die Beschreibung in der Bibel AT...

wie Adam sich versteckt, als Gott ihn ruft...Wo bist du?...
sagt er (wird beschrieben, dass er sagt) nach ner Weile erst: hier bin ich, die Frau die du mir zur Seite....
und so weiter...

Ich glaub so sind wir immer noch...


Als Atheist könnte man sagen:
Erst lässt du dir die Schuld einreden und dann freust du dich über die Vergebung...

Und als Psychologe sagt man:
Alles kommt aus der lieblosen Erziehung, das setzt sich immer weiter fort

Und als Biologe sagt man:
Selbsterhaltungstrieb und Rudelanpassung zur Selbsterhaltung im Wechsel

Was ist Sünde?
Einfach dass wir uns von Gott unterscheiden
?
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#5
Wir wollen doch einfach auch unsere Welt in Ordnung bringen...
?
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#6
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#7
Als protestantischer Christ kenne ich keine "Erbsünde".
Ich kann mir nur vorstellen, dass damit die Situation des Menschen zwischen Gefühl, Überlebensinteresse und der Notwendigkeit des Zusammenlebens gemeint ist, also ein Bekenntnis zum Konflikt und damit auch zur Notwendigkeit der Aussöhnung.
Genau diese Bekenntnis vermeidet Rache- und Ehrenmord durch Aussöhnung. Und wenn man genau hinhört oder liest, dann sagt die Schrift indirekt: bestraft nicht, das ist Gottes Angelegenheit. Und wie ER das regelt, darüber breitet sich die Gnade des Unwissens. Unsere Sache ist die gerechte, friedliche Vergebung und Aussöhnung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#8
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#9
miriam schrieb:Ich hab schon ein Problem mit dem Begriff der Erbsünde...
ich finde da kein inneres Äquivalent dazu...sag aber auch nicht ganz nein...falls mir das einer erklären kann, also gern..ich hab hier offene Ohren..

Obwohl ich gerade wenig Zeit hab, zu diesem Thema ein paar kurze Bemerkungen.
Der Begriff der Erbsünde oder Erbschuld ist vielfach missverständlich (in der heutigen Zeit), da viele nicht mehr um seine Bedeutung wissen. Die Erbsschuld ist nicht identisch mit dem ersten Sündenfall Adams, sondern sie resultiert daraus. Erbschuld meint daher nicht, dass wir die Tätigkeit Adams als Schuld angelastet bekommen, sondern viel mehr an den Konsequenzen seiner Handlung anteilhaben.
Das gilt auch ganz allgemein für Schuld. Auch wenn wir für die Tat(en) einer bestimmten Person nicht verantwortlich sind, haben wir dennoch vielfach die Konsequenzen schuldhafter Handlungen mitzutragen.

Was meint also Erbschuld genau?
Es geht hier um die Relation des Menschen zu Gott. Die Beziehung zwischen beiden. Biblischer Glaube ist, dass die Folge der Sünde Adams der Verlust der Gemeinschaft des Menschen mit Gott ist. Dieser Verlust bezieht sich gleichsam auf das ganze Menschengeschlecht. Folglich ist die Erblast(-schuld), die wir zu tragen haben, nicht eine Tat, die wir schuldhaft begangen hätten, sondern die mangelnde, volle Beziehung zu Gott. Diese ist nur über seine Gnade unter unserer Mitwirkung zu erneuern. Christlicher Weise geschieht dies in der Taufe. Wenn der Mensch seinen Glauben an Gott bekundet und somit das Ja zu dieser vollen Gemeinschaft aussagt und gleichsam die sakramentale Gnade Gottes erfährt.

Sehr empfehlenswert zum Lesen ist hierfür:

Scheffczyk, Leo: "Kapitel IV: Der Mensch in der Schöpfung Gottes.", in: ders./Ziegenaus, Anton: "Katholische Dogmatik. Schöpfung als Heilseröffnung. Schöpfungslehre.", Bd. 3, 1. Aufl., Aachen 1997

_____________________________________________

@ Ekkard

Es mag sein, dass Erbsünde für dich keine Rolle spielt. Falsch wäre allerdings die Annahme sie wäre bedeutungslos weil du Protestant bist.
Im Gegenteil die protestantische Theologie verschärfte sogar die Lehre von der Erbschuld, weil nur so ihre sola-gratia-Theologie voll entfaltet werden konnte.

Confessio Augustana:

Art. II.
De Peccato Originis

Item docent, quod post lapsum Adae omnes homines, secundum naturam propagati, nascantur cum peccato, hoc est, sine metu Dei, sine fiducia erga Deum et cum concupiscentia, quodque hic morbus seu vitium originis vere sit peccatum, damnans et afferens nunc quoque aeternam mortem his, qui non renascuntur per baptismum et Spiritum Sanctum. Damnant Pelagianos et alios, qui vitium originis negant esse peccatum et, ut extenuent gloriam meriti et beneficiorum Christi, disputant hominem propriis viribus rationis coram Deo iustificari posse.


Der 2. Artikel
Von der Erbsünde

Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle Menschen, die natürlich geboren werden, in Sünden empfangen und geboren werden, das ist, daß sie alle von Mutterleibe an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur aus keine wahre Gottesfurcht und keinen wahren Glauben an Gott haben können: daß auch dieselbe angeborene Seuche und Erbsünde wahrhaftig Sünde sei, und alle die unter den ewigen Zorn Gottes verdamme, die nicht durch die Taufe und den heiligen Geist neu geboren werden. Daneben werden verworfen die Pelagianer und andere, die die Erbsünde nicht für Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, zu Schmach dem Leiden und Verdienst Christi.

Soweit Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#10
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#11
Vielen Dank, Presbyter, man wird es so zur Kenntnis nehemen müssen.
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Dazu einige Anmerkungen:
Confessio Augustana schrieb:Confessio Augustana:
Der 2. Artikel / Von der Erbsünde

Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle Menschen, die natürlich geboren werden, in Sünden empfangen und geboren werden, das ist, daß sie alle von Mutterleibe an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur aus keine wahre Gottesfurcht und keinen wahren Glauben an Gott haben können: daß auch dieselbe angeborene Seuche und Erbsünde wahrhaftig Sünde sei, und alle die unter den ewigen Zorn Gottes verdamme, die nicht durch die Taufe und den heiligen Geist neu geboren werden. Daneben werden verworfen die Pelagianer und andere, die die Erbsünde nicht für Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, zu Schmach dem Leiden und Verdienst Christi.
Wort für Wort und Satz für Satz wird hierin ein sehr spezieller theologischer Überbau beschrieben, der voller Vorurteile steckt und einfache Lebensbedrürfnisse zu etwas Bösem degradiert.
"Adams Fall" ist doch nichts weiter als ein Mythos, der verständlich machen soll, warum wir uns "aus dem Paradies vertrieben" vorfinden. Dieser Mythos ist ein Bekenntnis zum Konflikt des ideal Guten zum ideal Bösen - und der Mensch mittendrin.

"In Sünden empfangen" zeugt von einer ausgesprochen Lust- und Leibfeindlichkeit, die man bei Lichte betrachtet, direkt als gotteslästerlich sehen muss. Der Prozess des Alterns und Sterbens wird durch diese Art der Zeugung über lange Zeit erhalten zur Aufrechterhaltung von Gottes Werk (dem Menschen).

Selbst die angeblich "bösen Neigungungen" sind aus gleichem Grund naturnotwendig. Dass dies unter Menschen nicht konfliktfrei möglich ist, gehört zum mitleidenden Gott. Es ist im Sinne der Aufrechterhaltung des Lebens nicht anders möglich (2. Hauptsatz der Thermodynamik). Wollen wir Menschlein besser wissen, wie das alles zusammen hängt als Gott, der auch Grund der natürlichen Prozesse der Welt ist? Was gelten schon unsere Idealvorstellungen?

"Zorn Gottes, der nicht durch die Taufe" aufgehoben wird. Sorry Freunde, noch mehr Unsinn kann man über Gott kaum in die Welt setzen. Es ist schlicht das Werk des Bösen, den Menschen Angst zu bereiten, indem von etwas die Rede ist, was wir nicht wissen können.

"Daneben werden verworfen ..." Langsam glaube ich, dass die mittelalterlichen Kirchenlehren ausgesprochen diskriminierend gemeint sind. Wer nicht eine bestimmte Auffassung der Opfertheologie vertritt - und um nichts anderes geht es - wird "verworfen".

Na denn, Alaaf!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
Der Mensch ist Mensch, eingespannt zwischen Freude und Sorge, zwischen Furcht und Hoffnung.
Vielleicht sollten wir die alten Kleider ablegen und beginnen, Vorstellungen und Kategorien(denken) verlassen.
Der neugeborene Mensch, wie ich ihn verstehe - aus der Taufe oder innerer Erneuerung -, sehnt sich eher nach Freiheit, als nach Dogmatik. Die Liebesethik der Ostkirche bringt das gut auf den Weg. Aus der Liebe heraus leben.
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#15
(22-02-2009, 17:11)Ekkard schrieb: Vielen Dank, Presbyter, man wird es so zur Kenntnis nehemen müssen.
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Dazu einige Anmerkungen:
Confessio Augustana schrieb:Confessio Augustana:
Der 2. Artikel / Von der Erbsünde

Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle Menschen, die natürlich geboren werden, in Sünden empfangen und geboren werden, das ist, daß sie alle von Mutterleibe an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur aus keine wahre Gottesfurcht und keinen wahren Glauben an Gott haben können: daß auch dieselbe angeborene Seuche und Erbsünde wahrhaftig Sünde sei, und alle die unter den ewigen Zorn Gottes verdamme, die nicht durch die Taufe und den heiligen Geist neu geboren werden. Daneben werden verworfen die Pelagianer und andere, die die Erbsünde nicht für Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, zu Schmach dem Leiden und Verdienst Christi.
Wort für Wort und Satz für Satz wird hierin ein sehr spezieller theologischer Überbau beschrieben, der voller Vorurteile steckt und einfache Lebensbedrürfnisse zu etwas Bösem degradiert.
"Adams Fall" ist doch nichts weiter als ein Mythos, der verständlich machen soll, warum wir uns "aus dem Paradies vertrieben" vorfinden. Dieser Mythos ist ein Bekenntnis zum Konflikt des ideal Guten zum ideal Bösen - und der Mensch mittendrin.

"In Sünden empfangen" zeugt von einer ausgesprochen Lust- und Leibfeindlichkeit, die man bei Lichte betrachtet, direkt als gotteslästerlich sehen muss. Der Prozess des Alterns und Sterbens wird durch diese Art der Zeugung über lange Zeit erhalten zur Aufrechterhaltung von Gottes Werk (dem Menschen).

Selbst die angeblich "bösen Neigungungen" sind aus gleichem Grund naturnotwendig. Dass dies unter Menschen nicht konfliktfrei möglich ist, gehört zum mitleidenden Gott. Es ist im Sinne der Aufrechterhaltung des Lebens nicht anders möglich (2. Hauptsatz der Thermodynamik). Wollen wir Menschlein besser wissen, wie das alles zusammen hängt als Gott, der auch Grund der natürlichen Prozesse der Welt ist? Was gelten schon unsere Idealvorstellungen?

"Zorn Gottes, der nicht durch die Taufe" aufgehoben wird. Sorry Freunde, noch mehr Unsinn kann man über Gott kaum in die Welt setzen. Es ist schlicht das Werk des Bösen, den Menschen Angst zu bereiten, indem von etwas die Rede ist, was wir nicht wissen können.

"Daneben werden verworfen ..." Langsam glaube ich, dass die mittelalterlichen Kirchenlehren ausgesprochen diskriminierend gemeint sind. Wer nicht eine bestimmte Auffassung der Opfertheologie vertritt - und um nichts anderes geht es - wird "verworfen".

Na denn, Alaaf!


Einige deiner Kritikpunkte sind sicherlich berechtigt. Dennoch wie bei allem muss man auch die Confessio Augustana in ihrem geschichtlichen Kontext verstehen.

Im übrigen spiegelt dieser Textpassus überhaupt nicht mein Verständnis von Mensch und Sünde oder gar der Erbschuld wider (Ich finde die Positionen Scheffczyks sehr überzeugend...). Der katholische Gegenpart findet sich in dem Dekret über die Erbschuld des Konziles von Trient und widerspricht der Confessio Augustana in zentralen Punkten.

Wenn man beide Texte gegen einanderhält wird man die daraus rein theologischen Streitereien des Gnadenstreites besser verstehen, als auch, heute würde man sagen für die Basis relevante Unterschiede bemerken. Die katholische Theologie betont z.B., dass auch der von der Erbschuld betroffene Mensch immer nocht "gut" ist, wie es im Schöpfungsbericht heißt. In Anlehnung an die von Irenäus von Lyon dargelegte Lehre von der imago Dei (Gottebenbildlichkeit), verliert diese der Mensch nur teilweise und nicht ganz.
Die protestantische Theologie hängt da viel mehr vom augustinischen Erbschuld begriff ab und radikalisiert ihn. Dies kommt dann voll im lutherischen sola gratia zum Durchbruch. Der Mensch muss vollkommen schlecht sein, sonst würde der Gnade Gottes nicht die einzige Heilsmittlerschaft zu kommen.
Da das Konzil von Trient gegen die Reformation betont, dass auch die göttliche Gnade unter Mitwirkung des Menschen geschieht, da sie sonst nicht die Freiheit des Menschen achtet, ist die katholische Theologie auch nicht dazu gezwungen einen naturhaft schlechten Menschen anzunehmen.

Welchen tatsächlichen Stellenwert die Confessio Augustana für die Dogmatik der evangelischen Theologie hat, dass weiß ich nicht. Ich wage allerdings eher zu bezweifeln, dass sie in dieser Form noch heute vertreten wird.

Anzumerken wäre vielleicht noch, dass man auch beachten muss, dass wir heute einen anderen Naturbegriff haben. Zumindest Luther ist diesbezüglich der scholastischen Terminologie sehr nahe und weniger dem heutigen Verständnis, dass sich durch die ökologische Krise des 20 Jh. entwickelt hat.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
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Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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