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Scham(gefühl) - angeboren oder -erzogen?
#1
Ich habe die Frage hier `reingestellt, weil ich immer wieder unterschiedlichste Ansichten zu der Thematik mitbekomme.
Es gibt z.B. unter den Christen (allein unter den Katholiken) Gläubige,die beispielsweise gerne saunen, während es manche (oft traditionell erzogene) gibt, für die es fast Sünde ist, sich anderen Menschen überhaupt unbekleidet zu zeigen.
Bei vielen "primitiven" Kulturen ist Nacktheit eher normal, wenn man vom einfachen Lendenschurz oder weniger absieht.
Interessant ist, daß es z.B. im Alten Ägypten nicht anormal war, daß Kinder bis etwa 10 Jahren nackt rumliefen, während es bei älteren (auch Jugendlichen nicht gerne gesehen wurde).
Auch heutzutage finden so manche ein 4-jähriges Kind nackt am Strand spielend noch "niedlich", während es Probleme (häufig,nicht immer) geben würde, wenn ein 14-jähriger nackt am Strand Sport treiben würde. Warum?
Anerzogen?
Im Mittelalter war es nicht unüblich, mit seinem Geschäftspartner zusammen im Badezuber Besprechungen zu führen- selbstverständlich nackt, Badekleidung gab es nicht.
Und heute:
Auf Mittelaltermärkten sind die Badezuber/-stuben eine kleine Sensation. Standartfrage vieler Besucher angesichts der Badenden verschiedenen Alters und Geschlechts:
"Sind die etwa nackt?"

Kephas
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#2
Guten Abend Kephas!

Ich denke, daß Schamgefühl wohl kaum angeboren sein kann, weil zum Beispiel kleine Kinder wohl nichts dabei empfinden, nackt durch die Gegend zu laufen. Wenn die Kinder dann älter werden bekommen sie wohl auch ab einem bestimmten Alter ein Gefühl für Nacktheit. Spätestens wenn sie sich ihrer Geschlechtlichkeit bewußt werden, vielleicht auch wohl durch Vorbild der Erwachsenen, kommt dann wohl auch das Bedürfnis, sich zu bekleiden.

Ich denke, es kommt wohl auch auf den Ort, die Zeit, die Menschen, die sich treffen, auf oben alles von Dir genannte an, ob und wie es angemessen ist, sich zu bekleiden.

In der Sauna zum Beispiel wäre es nicht angebracht, sich zu bekleiden. Vielleicht haben gerade die Leute, die die Saunagänger kritisieren wenig Ahnung von der Matrerie Sauna.

Auch am FKK Strand währen wohl bekleidete Menschen nicht so am richtigen Platz. Wer das nicht möchte kann ja diesen Ort meiden.

Dagegen würde ich in einer Kirche unbekleidete Menschen wohl nicht sehen möchten. DA wäre es m.E. vollkommen unangebracht.

Ich habe auch schon selbst die Sauna besucht und muß Dir sagen, das es da nichts gibt, was dich irgendwie sexuell anregen könnte. Beim Schwitzen machst Du Dir auch keine dementsprechenden Gedanken. Wenn Du Dich dann nach dem Abkühlen in den Ruheraum begibst hast Du wohl auch normalerweise einen Badematel an, um nicht auszukühlen. Aus hygenischen Gründen hast Du an stellen, wo Du nackt bist ein Handtuch unter Dich gelegt.

Ich denke sowieso, daß völlige Nacktheit gerade nicht den Sexuellen Reiz ausmacht, sondern wohl eher speziell geartete, sparsame aus wenig Stoff bestehende oder enge oder enganliegende Kleidung.

Gruß
Gerhard
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#3
Gerhard schrieb:Ich denke, daß Schamgefühl wohl kaum angeboren sein kann, weil zum Beispiel kleine Kinder wohl nichts dabei empfinden, nackt durch die Gegend zu laufen. Wenn die Kinder dann älter werden bekommen sie wohl auch ab einem bestimmten Alter ein Gefühl für Nacktheit.  Spätestens wenn sie sich ihrer Geschlechtlichkeit bewußt werden, vielleicht auch wohl durch Vorbild der Erwachsenen, kommt dann wohl auch das Bedürfnis, sich zu bekleiden.
Da dürfte so manches über viele hundet Generationen kulturell geprägt sein, siehe auch der sog. "Sündenfall" in der biblischen Paradesgeschichte. Das ist auch eine Geschichte von beginnender Sexualität und vom Erwachsenwerden ... Gen 3, 6+7 "Da sah die Frau, dass es gut wäre, von dem Baum zu essen, und dass er eine Lust für die Augen war und dass der Baum begehrenswert war, weil er wissend machte, und sie nahm von seiner Frucht und ass. Und sie gab auch ihrem Mann, der mit ihr war, und er ass.
7 Da gingen den beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Und sie flochten Feigenblätter und machten sich Schurze."

Der gesondere Reiz und eine elitär empfundener Kick ist nicht selten weniger das Tabu, sondern seine selektive Übertretung. Auch wenn das dann als "normal" für eine Gruppe dargestellt würde, so ist wahrscheinlich auch Nacktheit beim Bad, in Sauna, im Badezuber zu verstehen. Ein Zugehörigkeits-Ritual zu einer vermeintlichen Elite gegen ein als zu platt empfundendes Tabu.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#4
Gerhard schrieb:...
Ich denke, daß Schamgefühl wohl kaum angeboren sein kann, weil zum Beispiel kleine Kinder wohl nichts dabei empfinden, nackt durch die Gegend zu laufen. ...
...
In der Sauna zum Beispiel wäre es nicht angebracht, sich zu bekleiden. Vielleicht haben gerade die Leute, die die Saunagänger kritisieren wenig Ahnung von der Matrerie Sauna.
...
Gruß
Gerhard

Aber selbst, wenn man das Beispiel Sauna nimmt, scheint es noch kulturell bedingte Unterschiede zu geben.
Ein Freund von mir wollte einmal in den USA in eine öffentliche Sauna, ging `rein, zog sich aus und bekam erst mal einen "Anpfiff" - weil man in den USA (zumindest in den meisten Bundesstaaten) nicht nackt saunen geht. Man trägt dort selbstverständlich (für mich nicht nachvollziehbar) Badekleidung in der Sauna.

LG
Kephas
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#5
Hallo allerseits :)
Also, soweit ich es mitgekriegt habe, fanden Voelkerkundler noch vor ca.40 Jahren in der ganzen Welt auch bei den kleinsten einsamen Gesellschaften ein Scham-Verhalten, das sich zumindest auf irgend etwas an eigenen Koerper bezog.
Das Prinzip dahinter scheint das persoenliche Beduerfnis nach status-entsprechendem Revier-Verhalten zu sein, welches auch im Tierreich schon strikte regelt, wer wen anfassen darf, wann, wo, wie lange und wie.

Am Beispiel FKK kann man sehn, dass der Mensch die Moeglichkeit hat, "unsichtbare Kleider" auszustrahlen und es am anderen zu respektieren. Da hat ja nun jeder gar nichts an, aber man regelt das mit der Disziplin, nicht, am Koerper des andern, irgendwo drauf zu starren, als zoege man etwa Vergleiche.
Oder in Kleidern - da gibt es das Aequivalent, "jemand andern mit dem Blicken auszuziehn", also die im FKK Heimischen verhalten sich so, dass sich niemand von ihnen schaemen wuerde, weil ihn niemandes Blicke wie einen behandeln, der "nackt" ist.
Das kann so "normal" werden, dass es zu komik-Situationen kommen kann wie deieser: einmal arbeitete ich in einem Haus, das dringend Einnahmen brauchte, und darin war ein grosses zuenftige Schwimmbad. Nun bat uns der zu unserm Haus naechstgelegene FKK um Schwimmzeiten fuer ihre Mitglieder. Dazu verhuellten sie "artig" die Glasfenster-Front der Schwimmhalle hoch genug, dass keiner von aussen sie sehn musste, auch nicht sehn konnte, wenn er / sie hochgehuepft waere.
Einer aus dem Haus war einmal kurz vor deren Stunde noch allein im Bad, tauchte und planschte und schwamm so fuer sich hin, als der FKK eintraf, und von der Unruhe aufmerksam geworden, sah er, dass er nun der Einzige im Saal war, der eine Schwimmhose trug. Da fiel ihm ein, dass jetzt ja deren gemietete Stunde begann.
Er war es, der sich nun schaemte, weil sie das fuer eine Art Kritik an ihrer Unbekleidetheit auffassen koennten, erzaehlte er nachher, davon selbst etwas irritiert lachend, daher "schlich er sich" unter Wasser eilig in eine Ecke, wo er sich unauffaellig schnell auch komplett entkleiden konnte und "rettete" sich auf diese Art schnell aus dem Raum hinaus.

Ich meine, im tuerkischen Bad, was auch eine Art Sauna ist, da hat man ein Handtuch um die Hueften, das man dezent lockern und wieder festziehen kann. Frauen und kleine Kinder benutzen die Einrichtung zu ganz eigenen Zeiten. Sowie ein heranwachsender Junge anfaengt, Frauen auf Unterschiede zueinander anzuschauen, wird er zu den Maennern ueberwiesen und darf nicht mehr in dies Abteil.

Dass man in der USA "saunt" und dazu Badezeug anzieht, liegt daran, dass so viele Gemeinschaften in USA Asyl fanden, die wegen ihrer etwas strengeren Glaubens-Ueberzeugung anderswo vertrieben worden waren, die aber andererseits auch Freude an vielem haetten, wenn man ihnen diese kleine Besonderheit gestattete, im oeffentlichen Raum nicht mit komplett nackten Menschen konfrontiert zu werden.
Man sah das so, dass der mit den groesseren Bedenken die Ruecksicht derer verdient, die etwas tun oder lassen koennen.
Der Sauna-Wirkung geht da vermutlich nichts bei ab, waehrend im andern Fall bei Schlafen im Freien bei Kaelte das Rest-Bekleidet-Sein durchaus etwas ausmacht, den Koerper zu verwirren, ob er sich ganz selbst erwaermen soll.

- Der Mensch kann im Prinzip bei plus 7 Grad noch im Freien nackt schlafen, aber er muss dabei ganz unbekleidet sein und liegt am besten dann auf Gras einer Wiese.
Das setzt die urspruengliche Felke-Kur zur Stoffwechsel-Reinigung ein, trennt dabei aber die Wiese der Maenner von der Wiese der Frauen und Kleinkinder. Herr Felke war Pastor. Er wurde schon hierfuer kritisch betrachtet, denn im 18.Jhd.waren einige Glaubensrichtungen noch so eigen, dass man sich nichtmal selber und beim normalen Samstagsbad nackt sah.
Da gab es extra "keusche" Hemden zum Wechseln, die an den Traegern zu oeffnen waren, da zog man nach dem Baden seiner selbst samt des Hemdes von der Woche zuvor zuerst das neue Hemd schonmal drueber und entliess das nasse Hemd erst dann schnell nach unten weg, damit das frische Hemd nicht nass wird.

Ein Ehepaar sah sich also erst recht niemals unbekleidet gegenseitig, dann gab es auch kein Abtaxieren nach Unregelmaessigkeiten und Falten oder so, vemutlich hielten solche Ehen auch im Durchschnitt viel besser. Das Paar wurde im Dunklen zusammen alt und die nachlassende Frische des einen ergaenzte sich mit der nachlassenden Tastfaehigkeit des andern beim koerperlichen Lieben, sodass beiden nichts daran "alt" vorkam.

Es deprimiert Menschen auch, sich nackt vor Angezogenen bzw.vor Fremden zeigen zu muessen, wenn es nicht freiwillig so ist, dass sie mit ihren "Reizen" wen beeindrucken moechten.

Wenn jemand etwa drastisch einer Gruppe angeschlossen werden soll, (das beschreibt der Soziologe Goffman in "Asyle"), ist es eine sehr verbreitete Sitte, als Aufnahme-Ritual den Neuen erstmal durch andere auszuziehn. Es gehoert ja zur Souveraenitaet des Heranwachsenden, sich, wenn erforderlich, dann selber zu entkleiden, also einen ungefragt einfach so auszuziehn, das bricht dem sozusagen das "seelische Genick", ganz ohne Worte und Erklaerung: er /sie fuegt sich dann etwas geknickt nun in diese Gruppe ein, aber nur in diese, und legt weiterhin keinen Wert darauf, sich noch anderen etwa auch so zu zeigen. Er hat lediglich diese Gruppe insgesamt in sein erweiterbares Wir-Scham-Gefuehl einbezogen und schaemt sich vielleicht spaeter, hier gewesen zu sein, im Namen der Insassen dieser ganzen Einrichtung, die das alle ertragen mussten, und er moechte es am liebsten ganz vergessen, es hat ihm dauerhaft den Mut gemindert, Selbstvertrauen zu haben, sich gegen "unbefugte Blicke" verteidigen zu koennen. Das ist auch nicht optimal. Manchen Institutionen ist das aber im Sinne ihres Funktionierens ziemlich egal.

Generell meinen Soziologen und Voelkerkundler, dass das Schamgefuehl, das bei Kindern noch nicht so da zu sein scheint, mit der koerperlichen Reifung auftritt, sowie sich etwas an ihrem Koerper selbst veraendert. Oft ist das so verwirrend fuer sie, dass sie sich kaum trauen, wen danach zu fragen. Es ist auch etwas, das im hippokratischen Eid mit dazu gehoert, was ein Arzt auf keinem Fall aus einer Behandlungssituation nach aussen weitersagen darf, falls er ein vom Patienten aus fuer Fremde immer verborgenes Koerpermerkmal an ihm sehn muss, nur damit dieser behandelt werden kann.
Das bezieht sich auf alles, was er beim Behandeln antrifft, sei es, dass ein als wohlhabend geltender Mitbuerger ueberhaupt kein Stueck Moebel mehr besitzt, sei es er haette "einen Schwanz, Hoerner oder Hufe" unter der Kleidung verborgen gehabt *g* - er darf ueberhaupt nichts nach aussen hin sagen, was er waehrend einer Behandlung an Besonderem mitkriegt.

Frauen mit z.B.einem Buckel kommen mitunter in Verlegenheit, wenn sie sich entkleiden muessten und da ist etwas wie ein Fenster, ob sie den Busen oder den Buckel vom Fenster aus nicht gesehn haben moechten.

Also Paparazzis brechen auch Prominenten seelisch das Genick durch Herausschreien von etwas aus dem, was ein Mensch als Privat-Sphaere, also Revier, beansprucht. Das ist ein tatsaechliches Beschaedigen des Mitmenschen - manche lassen sich freiwillig darauf ein, als sei das ein Preis, den sie zahlen, aber immer mehr Prominente emanzipieren sich zur Zeit und reagieren zu Recht erzuernt darauf, dass Paparazzis ihnen nicht zugestehn, was ein Buerger Normalo sonst gewaehrt kriegt und vom Staat geschuetzt bekommt: ein kleines persoenliches "Geheimnis", das man nur solchen Menschen mitteilt, die man selbst auswaehlte.

Um zu illustrieren, wie masslos Paparazzis mitunter mit Prominenten umgehn, muss man sich das mal vorstellen: dass einer mal eine heimliche Kamera installierte, die der "Lady Di" direkt zwischen die Schenkel filmte, waehrend sie am Kraft-Expander arglos Bodybuilding machte - ich denk, ich waer zwei Zentner schwer vor Wut geworden. - Es handelte sich immerhin um eine Person in der Britischen Regierung, die nach so etwas noch Autortitaet ausstrahlen koennen sollte, wenn sie gegen Landminen zu Verbots-Massnahmen aufrief. Man muss sich vorstellen mit welcher Pein so jemand sich an diesen Uebergriff erinnert, von dem ein solches Foto vorher durch die Presse ging.

Also Scham ist meines Erachtens eine Natur-Reaktion und die Merkmale der koerperlichen Differenzierung in Maenner und Frauen, die Kinder kriegen koennten, verursachen vielleicht gar keine wesentlich andere Scham als ein Buckel oder Hautfleck oder sonst etwas, was man zuerst nicht an sich hatte oder von dem einer nicht schon wusste, dass das nicht jeder Mensch auch hat. So etwas beschreibt derselbe Soziologe Erving Goffmann in "Stigmata" sehr gut.

Naeher betrachtet geht es dem Inhaber des Koerpers hier um sein Recht, erstmal selbst festzustellen, was das "Andere" an ihm ist, und ob es diese Kennntnis mit andern Menschen teilen moechte oder nicht, nur quantitativ davon unterschieden, was einer sonst noch als sein Privates betrachtet, z.B.den Inhalt seiner eignen Nase oder Hosentasche oder Tagebuchs.

Ein Teil der Scham-Objekte sind insofern anerziehbar, indem derjenige nicht von allein darauf gekommen sein koennte, dass er /sie ein Recht darauf hat, allein auch darueber zu verfuegen, z.B.Brief oder Tagebuch - oder Konto-Auszuege, mal aktuell gesprochen. *g*

An so etwas messen Menschen, ob sie als jemand gelten duerfen, der etwas mit Autoritaet anordnen darf.
Dazu reicht nicht aus, es theoretisch zu duerfen, denn die bio-logische Spuernase einer Umgebung bemerkt, ob jemand dabei mit sich selbst im Einklang steht und an seine Position auch glaubt.

Das haben Geruchs-Forscher herausgefunden. Menschen, die durch einen Unfall den Geruchssinn ganz verloren, kommen sozial nach wenigen Monaten ueberhaupt nicht mehr zurecht, weil sie die von anderen ausgesandten Duftsignale nicht erkennen und daher kein Feeedback fuer ihr Verhalten mehr kriegen, woraufhin sie reht ratlos im Benehmen entgleisen.

Es koennen also Duftsignale sein, die im FKK der Nackten Kleidung sind und den Blick der anderen von ihren "kritischen" Zonen wegsteuern, da wirklich gar nicht hinzuschauen. Ich sah das mal sogar an einer Wespe, die beschlossen hatte, etwas Puderzucker ganz alleine abzuernten, als eine zweite kam. Sie blieb ganz cool auf ihrer Beute sitzen und die andere suchte das Zimmer systematisch nach dem vermerkten Puderzucker ab, jedoch genau nicht diese ganze kleine Ecke, auf der die Kollegin sass. Die hatte ausserdem mit den hochkant gestellten Fluegeln ein V geformt. Die suchende Kollegin fiel schliesslich vor Aufregung in meine Kaffeetasse rein. - Eine Jaeger-Spinne schaffte es auf eine anscheinend aehnliche Art regelmaessig, dass Fliegen, wenn sie jagte, nur zu Fuss ueber die Tapeten kurvten und nicht aufflogen, als haetten sie vergessen, dass sie das koennen, nur so konnte sie auf ihre 7 Portionen kommen, die sie pro Nacht zum Leben brauchte.
Ich denke, das machte sie mit einem Ton oder mit einem Duft, wann sie es brauchte.

Ob Tiere sich auch von Natuer aus schaemen, ist vielleicht noch kein Forscherthema gewesen. Bei meinem Hund erlebte ich, als er mir ein einziges Mal in seinen 14 Jahren mir mir das gesamte Mittagessen vom Teller geklaut hatte, dass er sich direkt danach schaemte - erk konnte ja noch gar nicht wissen, ob ich aergerlich wurde - ich musste sogar irgendwie lachen, denn es war extrem gut duftend und lecker - ein zweites Mal sah ich ihn sich ebenso schaemen, gute 24 Stunden lang fuer etwas in ihm selbst Passiertes.
Es lief der Maerchen-Trickfilm "Schneekoenigin", und darin ist ein Schneesturm, das heult und weht tontechnisch aus dem Fernseher, den mein Hund gewoehnlich ganz ignorierte, und das riss ihn mit, er giing halb in die Hocke und jaulte in diesen "Sturm" passend hinein, was ihn total erschreckte, er hatte zuvor noch nie bei etwas mit Jaulen reagiert. Ich sah, wie er verzweifelt den Kopf schuettelte und nicht jaulen wollte.
Er konnte erst aufhoeren, als auch in dem Film die Sturmszene aufhoerte. Danach lief er niedergeschlagen und sich fast vor jedem, auch mir, versteckend durch die Gegend. Ich konnte ihn mit gar nichts troesten.
Zufaellig kam am naechsten Abend eine Nachrichten-Sendung ueber eine Kunstausstellung auch im Fernsehn, untermalt von einer ganz aehnlichen Musik. Mein Hund hob zum Mitheulen an, wollte nicht, setzte sich energisch hin und hielt die Klappe und konnte es unterdruecken. Danach strahlte er erfreut auf und war wieder normal-vergnuegt. Sein Selbstbefinden war wieder repariert.
Also was hatte ihn erfreut? - Dass er etwas nicht musste, dessen er sich offensichtlich schaemte, weil es ohne sein Zutun und gegen seinen Wunsch aus seinem Koerper her passiert war - etwa so, als wenn einem Menschen eine Blaehung entfaehrt, waehrend er gerade einen Kontakt mit einem ihm sehr interessanten Menschen anknuepfen will.
Es gibt ja Situationen, in denen man gar nicht ein beliebiger Koerper sein moechte, und darauf verwenden Menschen auch sehr viel Muehe und Geld, auf das, was sie zulassen moechten, dass man es von ihnen sehe.

Wo das nochmal eine grosse Rolle spielt und wieder mit einer Aenderung am eignen Koerper zu tun hat, geschieht im Sterben des Menschen, da gibt es auch eine Phase der grossen Scham, und viele schicken einen, der sie betreut, unter einem Vorwand kurz raus, wenn sie dann sterben.

Also eines Menschen Schamgefuehl zu respektieren gehoert zu dem, wo man des Menschen Wuerde ansetzt, das heisst, auch schon ein Kind hat Rechte auf hoeflichen Zugriff, wenn einer noetig ist, sich wenigstens kurz darauf innerlich gefasst machen zu duerfen. Ein Mensch kann, auch schon wenn er sehr jung ist, sich sowas wie einen seelischen Mantel anziehn, um sein Selbstgefuehl zu sichern.

Dies ist ein interessantes und vielschichtiges Thema. Danke :.)
mfG WiT
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#6
Sowohl angeboren als auch erzogen

Durch Beschämung einer Person beispielsweise in der Öffentlichkeit mittels Verleumdungen oder unerlaubte Übergriffe in die Privatsphäre
kann der Grund weswegen eine Person sich schämen soll neu definiert werden mit dem Ziel jemanden zu diffamieren und auszugrenzen
und der Menschenwürde zu berauben.
Mächtigere haben hierüber das Sagen.
Das kann bei falschen Tischregeln anfangen oder gar in körperliche
Zonen (gar in die Neugier anderer Leute Liebesleben) abdriften- pervers.
So scheint es seit den 68ern peinlich sich körperlich zimperlich zu geben,
während es- wie es in der heutigen Ausgabe des SZ-Magazins zu lesen ist- früher ein Grund war die Mädels im neuaufgekommenen Mini als "Huren" zu beschimpfen.
Ein(e) Beschämer/in weiß was er /sie an sich reißen muß, damit eine andere Person an gesellschaftlicher Achtung verliert !
Das fängt beim Nachbarntratsch der Eintagsfliegen an und hört beim mobbing auf.
Wie macht man das?
Hierzu kann eine Orientierung an gesellschaftlichen Normen oder ein bewußtes Wissen über die Schwachstellen des Opfers "dienen", welche dann zur Rufschädigung eingesetzt werden können.
Das daraus resultierende Gefühl dürfte wohl dasselbe sein-
egal wie die aktuellen Normen lauten.
Es wird beim Opfer ankommen, wenn es bloßgestellt wird,
sogar unabhängig von dem eigenen Schamempfinden
für die Sache an sich.
Allein die Absicht und die Auswirkungen des Aggressors können zersetzend wirken.
Und das kann dann nur schlecht verheilt werden.
Abhängig vom Ausmaß eventuell auch gar nicht.

Vom natürlichen Schamgefühl will ich gar nicht erst reden.
Ich denke jeder kennt eine Grenze , die er/ sie gegenüber verschiedenen Personen wohl unterschiedlich ziehen möchte.
Allgemein objektivierbar ist das wohl nicht .
Rainer Langhans im SZ-Magazin freut's wenn er nackt auch noch betagt abgebildet wird, ein anderer würde sich das nicht erlauben können,
weil er um seine Arbeitsstelle fürchten müßte und dem nächsten wer das irgendwie zu unreif.
Schwer vorstellbar, wie es wäre wenn niemand um sein Ansehen
fürchten müßte indem er/ sie sich die Blöße gibt.
Ist das der Garten Eden ? Icon_sad
Man möge sich diesen selbst erträumen.
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#7
WiTaimre schrieb:Das Prinzip dahinter scheint das persoenliche Beduerfnis nach status-entsprechendem Revier-Verhalten zu sein, welches auch im Tierreich schon strikte regelt, wer wen anfassen darf, wann, wo, wie lange und wie. ... ... ...
Zu langer Rede kurzer Sinn: Anerzogen, weil Status nicht angeboren ist sondern erst im gesellschaftlichen Kontext gebildet.

WARUM können sich TheologInnen nur nie kurz fassen?

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#8
Wenn es nicht angeboren wäre, weshalb empfinden dann dei meisten
Menschen Scham sobald sie von der STASI in der ehem. DDR überwacht wurden ?
Weshalb leiden die Menschen unter traumatischen Folgen
unter beschämenden Haftbedingungen ?
Schamgefühl hängt auch viel mit Menschenwürde zusammen.
Wer das eine hinterfragt kann auch gleich in Frage stellen ,
ob es eine angeborene Würde des Menschen gibt oder
ob sich das erst entwickelt hat.
[/align]
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#9
freiheit schrieb:Wenn es nicht angeboren wäre, weshalb empfinden dann dei meistenMenschen Scham sobald sie von der STASI in der ehem. DDR überwacht wurden ?
WENN angeboren, warum dann nur die "meisten"???
Es gab und gibt enge Gesellschaftsstrukturen, in denen die Einzelnen, insbesondere wenn unangepasst, in allen seinen Lebensäußerungen viel umfassender Kontrolle unterliegen (z.B. dörfliche Stammesgesellschaften, Sekten, Kommunitäten, Klöster, Militär) OHNE dass dies die Anrüchigkeit der Würdelosigkeit oder der Verletzung von Schamgrenzen hätte. WIE kann das sein, wenn allen Menschen gleichermaßen angeboren und nicht gesellschaftsabhängig kulturell gebildet?
Du überzeugst mich irgendwie gar nicht, weil deine Argumentation nicht schlüssig ist.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

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#10
@Fritz: dann darf ich es nochmal anders formulieren , ja?
Vermutlich sind wir dann trotzdem nicht einer Meinung Coffee2

Es gibt meines Erachtens eine Korrelation zwischen Schamgefühl und der Würde des Menschen.
Wenn dem Menschen eine Würde angeboren ist,
dann gibt es auch das Schamgefühl a priori,
welches dem Individuum anzeigt ,
dass ein Überschreiten der dignitas stattfindet.
Das Schamgefühl ist sozusagen ein protektiver seelischer und körperlicher Schutzfaktor, ein Warnsignal ähnlich der Angst.
Es zwigt an dass Übertritte stattfinden/stattgefunden haben.
Der Rahmen wann dies erfolgt usw. ist ein anderes Thema.
Wenn Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben,
dann wird dies beim Opfer nicht zuletzt vor allem deswegen traumatisch erlebt,
weil das individuelle Schamgefühl mißachtet wurde.
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#11
Du überzeugst mich irgendwie gar nicht, weil deine Argumentation nicht schlüssig ist.

Fritz
[/quote]

@Fritz
nennen wir es doch einfach verständigungs- oder verständnisschwierigkeiten!
das ist höflicher und vermutlich auch zutreffender bei
subjektiven meinungsäußerungen.
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#12
Hi Fritz :)
Zitat:Fritz7: ...Anerzogen, weil Status nicht angeboren ist,
sondern erst im gesellschaftlichen Kontext gebildet.
Nein, das meinte ich nicht, auch wenn ich mehr Beispiele geschildert habe, um zu erhellen, dass Schamgefuehl sich nicht immer auf die selben Bereiche richtet.
Es gibt z.B.auch die Scheu, beim echten Beten nicht beguckt zu werden zu moegen.
- Es gibt die Scheu im Sterben, im Moment, wo es "so weit ist", wenn es derjenige selbst spuert, dann noch Anwesende schnell aus dem Raum zu schicken, um dies (zuerst?) allein kennenzulernen, was da nun kommen mag.
Das "eigne Revier" ist fuer die meisten zumindest der eigene Koerper und seine eigenen Gedanken selbst, und da aeussert sich die eigne Wuerdigkeit eines Revier-Haben-Duerfens darin, dass der Mensch selbst darueber das Sagen behalten moechte, wen er diesen anfassen lassen mag und wen nicht, wem er sagen muesse, was er weiss und wem nicht.
Stimmt, was einer von Euch beitrug, das Leute sich auch schaemten, wenn sie erfuhren, dass die Stasi oder jemand sonst sie heimlich ueberwachte und alles protokollierte, ohne sie selbst zu fragen.
Das ist der geistige Intimbereich, der da ungefragt angetatscht wurde, auch wenn man da gar nichts zu befuerchten gehabt haette, dass es jemand erfaehrt, und selbst wenn derjenige selber freiwillig das alles jedermann selbst erzaehlt haette.
Vielleicht ist vieler Inhalt anerzogen und kultur-bedingt, aber die Funktion, sich zu schaemen, ist so fest wie die Menschenwuerde ein normaler Bestandteil des Lebewesens Mensch.
Als Kleinkind bekam man diese "Wuerden" stufenweise zugestanden, es ist etwa mit 9J in unserm Kulturraum fertig, meine ich. Das ist auch das Alter, wo ungefaehr weltweit bei Menschen beobachtbares Schamverhalten einsetzt.

Diese "Reviere" sind biologisch begruendet verschieden gross, bei einigen mehrere Meter vor sich und um sich auch alles betreffend, wer da etwas dran veraendern oder ungefragt mitbenutzen darf, vital bedingt, ob und ob viel - und inhaltlich zum Teil erlernt, auf was alles es sich erstrecken "darf" - daher ist das nicht rechtlich fixierbar.
Aber trotzdem, denk ich, dass jeder Mensch von Natur aus in dieser Hinsicht Bereiche selbst setzt, die er mit Scham behueten wuerde, falls man gar keine Vorschlaege oder Vorbilder dazu von der Umwelt her bekaeme.
mfG WiT :)
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#13
Hallo Wit,

na, ob das "Abstecken von Revieren" nun so unbedingt etwas mit Schamverhalten oder Schamgefühl zutun hat.... Also, ich "stecke meine Reviere" meistenteils dann ab, wenn ich meine Ruhe haben muss/will; entweder weil ich es gerade so baruch, oder aber weil ich in meinem "Revier in Ruhe besser nachdenken kann. Mit schämen hat das nix zutun...

MfG
Thomas
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#14
Guten Abend!

Ich denke, die Scham in Bezug auf den "Stasi" der zugeschaut/zugehört/überwacht hat, liegt weniger an der Tatsache, das jemand überwacht hat, sondern vielmehr an der Möglichkeit, das dort "Sachen" an dritte kamen, die man nicht haben möchte, daß andere erfahren.

Gruß
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#15
Gerhard schrieb:Ich denke, die Scham in Bezug auf den "Stasi" der zugeschaut/zugehört/überwacht hat, liegt weniger an der Tatsache, das jemand überwacht hat, sondern vielmehr an der Möglichkeit, das dort "Sachen" an dritte kamen, die man nicht haben möchte, daß andere erfahren.
Ich denke, dass der Begriff hier allmählich grotesk überdehnt wurde auf alles würdeverletzende oder "peinliche".
Bei Ausspionierungen im Privatbereich (egal von wem) geht es vermutlich auch um Schuldgefühle der Opfer für Auffälligkeit, für den Anschein des ´Nichtdazugehörens zu Mainstreamgesellschaft.

Gleiches funktioniert übrigens auch in Sekten und anderen kleinsten religiösen Gruppen sehr gut. Sanktionierung von tabuisierten verhaltensweisen durch allgemeine Überwachung und intensive Beobachtung ...

Fritz
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Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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