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[geteilt] katholische Apokryphen und Luther
#1
Ein interessantes Thema

Es wurde das Buch Kohelet und das Buch Jesus Sirach erwähnt und 'Ulan' schrieb ein paar interessante Zeilen:

Christentum und Theologie › 2050 Weltuntergang ? > Beitrag #186
(09-07-2023, 15:56)Ulan schrieb: Ja, diese AT-Apokryphen sind durchaus lesenswert und auch immer noch Teil von katholischen Bibeln. Ich haette NT-Apokryphen spezifizieren sollen, fuer das das von mir Gesagte gilt. Der Laodizenerbrief wurde erst wegen Luthers vehementer Opposition auch aus katholischen Bibeln entfernt (alle deutschsprachigen Bibeldrucke vor Luther enthielten den noch). Am einflussreichsten war das Protoevangelium des Jakobus, das vor allem ueber die Legenda aurea (wahrscheinlich das meistgelesene Buch des Mittelalters) nachhaltigen Einfluss auf christliche Vorstellungen und Kunst bekam. Wer das kennt, weiss, warum die Geburtskirche Christi eine unterirdische Hoehle als seinen Geburtsort verehrt, oder wo dieser ganze Kram mit der immerwaehrenden Jungfraeulichkeit Marias herkommt. Diese Schriften fanden mit der nachreformatorischen Kanonfestlegung der RKK ihr Ende; nur die Traditionen leben natuerlich trotzdem weiter.
#2
"Die katholische und die orthodoxe Kirche folgen in ihrem AT-Kanon weiter der Septuaginta, während die Reformatoren ihren Bibelübersetzungen die hebräische Bibel zugrunde legten. Entsprechend werden im Protestantismus alle Schriften, die im Judentum nicht als kanonisch anerkannt sind, zu den Apokryphen gezählt. Sie sind in der Lutherbibel als „nützliche“, aber nicht „heilige“ Schriften in einem Anhangsteil abgedruckt."
Apokryphen - Wikipedia

Das ist nun schon ein theologisches Problem, was als "heilige Schriften" zu werten ist.

Paulus schrieb ja in 2 Tim 3,15-16 "denn du kennst von Kindheit an die heiligen Schriften, die dir Weisheit verleihen können, damit du durch den Glauben an Christus Jesus gerettet wirst. Jede von Gott eingegebene Schrift ist auch nützlich zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit"

Paulus meinte als griechischsprachiger Schreiber wahrscheinlich die griechischsprachige Septuaginta ?
Aber das ist nur eine Vermutung
Vielleicht war er im Herzen dem hebräischen Tanach verhaftet und schrieb bloß aus taktischen Gründen (Heidenmission) auf Griechisch
#3
(10-07-2023, 21:41)Sinai schrieb: "Die katholische und die orthodoxe Kirche folgen in ihrem AT-Kanon weiter der Septuaginta, während die Reformatoren ihren Bibelübersetzungen die hebräische Bibel zugrunde legten. Entsprechend werden im Protestantismus alle Schriften, die im Judentum nicht als kanonisch anerkannt sind, zu den Apokryphen gezählt. Sie sind in der Lutherbibel als „nützliche“, aber nicht „heilige“ Schriften in einem Anhangsteil abgedruckt."
Apokryphen - Wikipedia

Das ist nun schon ein theologisches Problem, was als "heilige Schriften" zu werten ist.

Paulus schrieb ja in 2 Tim 3,15-16 "denn du kennst von Kindheit an die heiligen Schriften, die dir Weisheit verleihen können, damit du durch den Glauben an Christus Jesus gerettet wirst. Jede von Gott eingegebene Schrift ist auch nützlich zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit"

Paulus meinte als griechischsprachiger Schreiber wahrscheinlich die griechischsprachige Septuaginta ?
Aber das ist nur eine Vermutung
Vielleicht war er im Herzen dem hebräischen Tanach verhaftet und schrieb bloß aus taktischen Gründen (Heidenmission) auf Griechisch

Hallo Sinai,

wer im Buch der Weltgeschichte liest, erfährt unmissverständlich, dass es gerade auch wegen der Auslegung von sog. "Heiligen Schriften" zu großen und kleinen Kriegen kam. Sie begannen nicht selten im Familienkreis und endeten in größerer Art und Weise auf militär. Schlachtfeldern!
"Zur Erziehung in der Gerechtigkeit" war stets eine gut gemeinte Absicht, die aber bis heute grob mit Füßen getreten wird!  Icon_evil

Gruß von Reklov
#4
(10-07-2023, 21:41)Sinai schrieb: Das ist nun schon ein theologisches Problem, was als "heilige Schriften" zu werten ist.

Aber nicht weniger interessant. Das christliche Verständnis sieht in der Bibel ein Zeugnis, nicht das Wort Gottes selbst. Als Gottes Wort nur indirekt, da sie Gotteswort in Menschenwort enthält. Als wortwörtliche Offenbarung ist das Wort Gottes Mensch geworden. Anders als im Islam, wo das Wort Gottes Buch wurde und der Verkünder Zeuge ist, wurde im Christentum das Wort Mensch und die "heilige Schrift" ist Zeugnis.
Da wir im Christentum von keiner Verbaloffenbarung als Heilige Schrift ausgehen, scheint mir die Kanonstreitfrage irrelevant zu sein. Das Buch verkündet Jesus Christus und so sind selbst die Evangelien keine Augenzeugenberichte, sondern als Verkündigungsschriften gedacht und verfasst wurden. Die Bibel soll auf Christus hinweisen, daher ist sie im wahrsten Sinne menschgemacht.
#5
(15-07-2023, 15:27)Mensch schrieb:
(10-07-2023, 21:41)Sinai schrieb: Das ist nun schon ein theologisches Problem, was als "heilige Schriften" zu werten ist.

Aber nicht weniger interessant. Das christliche Verständnis sieht in der Bibel ein Zeugnis, nicht das Wort Gottes selbst. Als Gottes Wort nur indirekt, da sie Gotteswort in Menschenwort enthält. Als wortwörtliche Offenbarung ist das Wort Gottes Mensch geworden. Anders als im Islam, wo das Wort Gottes Buch wurde und der Verkünder Zeuge ist, wurde im Christentum das Wort Mensch und die "heilige Schrift" ist Zeugnis.
Da wir im Christentum von keiner Verbaloffenbarung als Heilige Schrift ausgehen, scheint mir die Kanonstreitfrage irrelevant zu sein. Das Buch verkündet Jesus Christus und so sind selbst die Evangelien keine Augenzeugenberichte, sondern als Verkündigungsschriften gedacht und verfasst wurden. Die Bibel soll auf Christus hinweisen, daher ist sie im wahrsten Sinne menschgemacht.

so ist es

jedenfalls für jenen teil der christenheit, dem ich vernunft zugestehe. leider gibts auch noch den anderen, der zudem zumindest in manchen weltgegenden im wachsen begriffen scheint
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#6
Beitrag #3
(15-07-2023, 15:13)Reklov schrieb: Hallo Sinai,

wer im Buch der Weltgeschichte liest, erfährt unmissverständlich, dass es gerade auch wegen der Auslegung von sog. "Heiligen Schriften" zu großen und kleinen Kriegen kam.

Hallo Reklov,

Du hast sicher recht, man denke etwa an den Dreißigjährigen Krieg auf dem Festland und den parallel geführten Englischen Bürgerkrieg.*

Aber der Überfall auf Jericho und die Ausrottung der Einwohnerschaft erfolgte nicht wegen der Fragen der Auslegung der Schrift



____

*) Dreißigjähriger Krieg: 1618 - 1648
Englischer Bürgerkrieg: 1642 - 1649
#7
Beitrag #4
(15-07-2023, 15:27)Mensch schrieb: Da wir im Christentum von keiner Verbaloffenbarung als Heilige Schrift ausgehen, scheint mir die Kanonstreitfrage irrelevant zu sein.

Interessant was Du schreibst, aber erklärungsbedürftig.
Es sind doch viele Zitate von Jesus im NT enthalten, gerade die wichtigsten!

"Gehet hin und lehret alle Völker!" Damit antizipierte Jesus das Apostelkonzil!
"Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halt ihm auch die linke hin." Ein weiser Rat für Menschen eines besetzten Landes.
"Alle, die zum Schwert greifen, werden durchs Schwert umkommen." Das sah man dann im Bar-Kochba-Aufstand

Und klar ist die Kanonfrage wichtig! In irgendeiner Apokryphe wird Jesus verspottet, indem geschrieben wurde, dass der junge Jesus Sperlinge (Spatzen) aus Lehm geformt hätte und diese Lehmklumpen zum Fliegen gebracht hätte
#8
Beitrag #4
(15-07-2023, 15:27)Mensch schrieb: Als wortwörtliche Offenbarung ist das Wort Gottes Mensch geworden.

Das hört man öfter, aber ich kann mir darunter nichts vorstellen. Wieder einmal eine Übersetzungsunschärfe??
Immerhin sind da unterschiedliche Begriffswelten beteiligt. Die altsemitische religiöse Begriffswelt, die altgriechische mythologische Begriffswelt, und nun die heutige deutsche Sprache

"Und das Wort ist Fleisch geworden / und hat unter uns gewohnt" Johannes 1,14 Einheitsübersetzung
In der 2200 Jahre älteren Septuaginta stand noch der altgriechische Begriff Logos
Und wer weiß, was Jahrhunderte davor die alten Hebräer darunter verstanden?? Sie waren keine Griechen und die altgriechische Begriffswelt (noch dazu die philosophische) war ihnen unbekannt

Genauso hilflos wie die völlig unsinnige Übersetzung des althebräischen Begriffes Scheol in altgriechisch Hades
#9
(15-07-2023, 22:55)Sinai schrieb: Beitrag #4
(15-07-2023, 15:27)Mensch schrieb: Als wortwörtliche Offenbarung ist das Wort Gottes Mensch geworden.

Das hört man öfter, aber ich kann mir darunter nichts vorstellen. 

Warum schreibst Du im Theologie Forum, wenn Du die christlichen Basics nicht kennst?
#10
(15-07-2023, 23:09)Mensch schrieb: Warum schreibst Du im Theologie Forum, wenn Du die christlichen Basics nicht kennst?

Bist Du dir sicher, dass Du sie verlässlich kennst ??

Der althebräische Malach* ist doch nicht mit einem Angelos der polytheistischen altgriechischen Mythologie zu vergleichen!




____

*) Diverse Schreibweisen wegen der oft unbekannten Vokale im Bibelhebräisch
#11
Was soll das denn? Das Johannesevangeiium bezeichnet Jesus als den Logos, und der Logos ist schon im hellenistischen Judentum (siehe vor allem Philon v. Alexandria) bekannt, stammt aber natuerlich aus der griechischen Philosophie.
#12
(15-07-2023, 23:11)Sinai schrieb:
(15-07-2023, 23:09)Mensch schrieb: Warum schreibst Du im Theologie Forum, wenn Du die christlichen Basics nicht kennst?

Bist Du dir sicher, dass Du sie verlässlich kennst ??

Die Aussage, dass du dir unter einem oder vielleicht sogar dem christlichen Glaubenspunkt schlechthin nichts vorstellen kannst, war durch Dich selbst getroffen. Das ist halt so wie im Islam Forum zu schreiben und zu fragen "Was ist der Koran?"
#13
Ich will hier nur kurz anmerken, dass der im Eingangsbeitrag zitierte Textteil von mir, abgesehen von den ersten Worten, sich mit Apokryphen zum Neuen Testament befasste. Einige davon, wie der Hirte des Hermas, der Barnabasbrief oder der erste Clemensbrief, waren in Bibeln des vierten Jahrhunderts noch enthalten. Der genannte Brief des Paulus an die Laodizener ist schon im Codex Fuldensis (lateinisch, 6. Jhdt.) zu finden und war, wie gesagt, bis in Luthers Zeiten auch in Druckausgaben deutschsprachiger Bibeln zu finden. Der ist aber wahrscheinlich eine Faelschung und hat mit dem von Markion bekannten Brief desselben namens nach Meinung der meisten Neutestamentler nichts zu tun (die Hypothese, warum das so war, hat mit der vorgeschlagenen Uebernahme markionitischer Kapiteleinleitungen in die Vulgata zu tun). Texte wie das Protoevangelium des Jakobus haben dagegen eine eher mittelbare Wirkung, die trotzdem noch einflussreicher und lang anhaltender war als die von zuvor genannten Texten. Im ersten Jahrtausend fielen eine ganze Reihe dieser Texte in die Kategorie empohlenen Lesestoffs. Einige davon waren aeusserst beliebt, was sich auch an der Zahl der gefundenen Manuskripte ablesen laesst.
#14
(15-07-2023, 15:27)Mensch schrieb:
(10-07-2023, 21:41)Sinai schrieb: Das ist nun schon ein theologisches Problem, was als "heilige Schriften" zu werten ist.

Aber nicht weniger interessant. Das christliche Verständnis sieht in der Bibel ein Zeugnis, nicht das Wort Gottes selbst. Als Gottes Wort nur indirekt, da sie Gotteswort in Menschenwort enthält. Als wortwörtliche Offenbarung ist das Wort Gottes Mensch geworden. Anders als im Islam, wo das Wort Gottes Buch wurde und der Verkünder Zeuge ist, wurde im Christentum das Wort Mensch und die "heilige Schrift" ist Zeugnis.
Da wir im Christentum von keiner Verbaloffenbarung als Heilige Schrift ausgehen, scheint mir die Kanonstreitfrage irrelevant zu sein. Das Buch verkündet Jesus Christus und so sind selbst die Evangelien keine Augenzeugenberichte, sondern als Verkündigungsschriften gedacht und verfasst wurden. Die Bibel soll auf Christus hinweisen, daher ist sie im wahrsten Sinne menschgemacht.

Nur noch mal hierzu: aus fruehen christlichen Texten (bis in die Mitte des 2. Jhdts.) wird klar, dass die Schriftform eigentlich zu Beginn nichts galt. Es wird dort immer wieder betont, wie wichtig die direkte verbale Ueberlieferung ist. Das mit der Verschriftlichung wurde wohl erst wichtiger, nachdem Markion mit seinem "Neuen Testament" ankam, mit 10 Briefen des Paulus und einem Evangelium. Es ist wohl nicht so, dass die fruehe Kirche in den Evangelien (selbst der Name als Bezeichnung einer Schriftgattung scheint von Markion zu stammen) irgendwie "heilige" Texte sah. Die drei kanonischen, synoptischen Evangelien als Produkte von umfangreichem Editieren ein und desselben Textes legen davon immer noch Zeugnis ab.

Einen verbindlichen Schriftkanon hat die katholische Kirche erst nach Luther als Reaktion auf seine Kritik verordnet (1546).
#15
(16-07-2023, 10:49)Ulan schrieb: Einen verbindlichen Schriftkanon hat die katholische Kirche erst nach Luther als Reaktion auf seine Kritik verordnet (1546).


"Die Alte Kirche übernahm alle Schriften des Tanach und stellte sie als Altes Testament (AT) dem Neuen Testament (NT) voran, das um 400 endgültig kanonisiert wurde." Kanon (Bibel) – Wikipedia


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