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Gott ist ein Amt
#61
(20-01-2022, 17:33)Ulan schrieb: @Schmiede: Die Quellen, wo man nachschauen kann, stehen ja dabei. Wobei die Etymologie von Cicero wohl falsch ist (was jetzt nichts Ungewoehnliches bei antiken Etymologien ist) und die Abstammung des Begriffs von "religere", also "rueckbinden", auch damals stimmte. Dem Opferdienst der Antike liegt schliesslich der Gedanke des "do ut des" zugrunde, also dass man etwas gibt und dafuer etwas zurueckbekommt, die Goetter also so an die gebende Gemeinschaft gebunden werden.

Was sicherlich christlicherseits versucht wurde, war, den Religionsbegriff so eng umzudefinieren, dass man eine Wertigkeit damit ausdruecken konnte. Ich habe noch in Buechern aus den 1980ern solche Definitionen in einem Buch ueber die Weltreligionen gefunden, was z.B. Buddhismus dann zu einer Nichtreligion machte und es erlaubte, alle Religionen ausser Judentum und Christentum als irgendwo auf der Entwicklung zu einer "richtigen" Religion steckengeblieben und damit minderwertig darzustellen.

Ich muss dazu mal meine Studienunterlagen konsultieren, vielleicht kann man beide Quellen in einen stimmigen Zusammenhang bringen. Hab ja eh Zeit, weil ich jetzt 10 Tage in Isolation bin Icon_cheesygrin
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#62
(20-01-2022, 17:33)Ulan schrieb: @Schmiede: Die Quellen, wo man nachschauen kann, stehen ja dabei. Wobei die Etymologie von Cicero wohl falsch ist (was jetzt nichts Ungewoehnliches bei antiken Etymologien ist) und die Abstammung des Begriffs von "religere", also "rueckbinden", auch damals stimmte. Dem Opferdienst der Antike liegt schliesslich der Gedanke des "do ut des" zugrunde, also dass man etwas gibt und dafuer etwas zurueckbekommt, die Goetter also so an die gebende Gemeinschaft gebunden werden.

Was sicherlich christlicherseits versucht wurde, war, den Religionsbegriff so eng umzudefinieren, dass man eine Wertigkeit damit ausdruecken konnte. Ich habe noch in Buechern aus den 1980ern solche Definitionen in einem Buch ueber die Weltreligionen gefunden, was z.B. Buddhismus dann zu einer Nichtreligion machte und es erlaubte, alle Religionen ausser Judentum und Christentum als irgendwo auf der Entwicklung zu einer "richtigen" Religion steckengeblieben und damit minderwertig darzustellen.
Es gibt allerdings auch einen ganz anderen etymologischen Ansatz, der mir wesentlich besser gefällt, nämlich die von Axel Bergmann vorgeschlagene Ableitung von "rem ligare" (eine Sache binden). Diese stützt sich auf die Länge der ersten Silbe bei Lukrez, was beim Präfix re- ausgeschlossen wäre, und die Existenz der Schreibung relligio, welche auf den Wegfall des m deutet. Diese Möglichkeit hat in der Forschung wenig Beachtung gefunden, vielleicht weil der Ansatz ursprünglich von Robert Graves vorgeschlagen wurde (in "The White Goddess"), einem Autor, der in altertumswissenschaftlichen Kreisen einen miserablen Ruf hat. Graves nahm "rem legere" (eine Sache auslesen, wählen) an. Die aktuelle Hypothese, rem ligare, wird hingegen ernst genommen.   

Was den Religionscharakter des Buddhismus betrifft, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Auch wenn man Theismus nicht als Definitionsmerkmal von Religion betrachtet, lässt sich die Einordnung als Philosophie (Nichtreligion) gut begründen. Wobei natürlich zu beachten ist, dass beide Begriffe westlichem Denken entsprungen sind und daher auf diese Lehre nur bedingt anwendbar sind. Immerhin lässt sich argumentieren, dass die Bezeichnung Philosophie dem Inhalt der Lehre besser gerecht werde, zumindest was deren älteste rekonstruierbare Gestalt betrifft; später hinzugetretene ausgeprägt religiöse Elemente sind dem ursprünglichen Ansatz fremd.
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#63
Hmm, ja, Robert Graves hat doch recht fantasievolle Ansaetze vertreten. Ansonsten bin ich da bei Etymologien sicherlich nicht dogmatisch, da ich da nicht behaupte, Fachmann zu sein.

(21-01-2022, 02:14)Apollonios schrieb: Was den Religionscharakter des Buddhismus betrifft, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Auch wenn man Theismus nicht als Definitionsmerkmal von Religion betrachtet, lässt sich die Einordnung als Philosophie (Nichtreligion) gut begründen. Wobei natürlich zu beachten ist, dass beide Begriffe westlichem Denken entsprungen sind und daher auf diese Lehre nur bedingt anwendbar sind. Immerhin lässt sich argumentieren, dass die Bezeichnung Philosophie dem Inhalt der Lehre besser gerecht werde, zumindest was deren älteste rekonstruierbare Gestalt betrifft; später hinzugetretene ausgeprägt religiöse Elemente sind dem ursprünglichen Ansatz fremd.

Ich denke, dass die Einschaetzung des Buddhismus als Nichtreligion mittlerweile von der Religionswissenschaft endgueltig entsorgt wurde. Die Beurteilung als Philosophie war im Prinzip durch jesuitische Missionare erfolgt, damit es nicht als haeretisch galt, sich mit Buddhismus zu beschaeftigen, und das war nuetzlich. Ansonsten hat der Buddhismus halt alles, was eine Religion ausmacht, also Ritus, Tempel, Moenche und die Einbindung in das taegliche Leben der Glaeubigen, wie Begraebniskult, etc. Dass es dabei im Einzelfall durchaus auch zur Vergoettlichung von Buddha oder Boddhisattvas kommt, ist zwar auch ein Teilaspekt spaeterer Entwicklungen, aber nicht entscheidend fuer dieses Urteil. Ob das irgendwann mal als reine Philosophie gedacht war (was bei der Quellenlage eh nicht entscheidbar ist), ist sowieso unerheblich. Wir urteilen nicht ueber eine hypothetische Rekonstruktion der Anfaenge, sondern das, was ist. Und Philosophie ist eh Teil jeder Religion.

Edit: Wobei uebrigens anzumerken ist, dass auch der Buddhismus in seiner urspruenglichen Form (soweit bekannt) die Existenz von Goettern anerkennt, im Gegensatz zum Jainismus also nicht atheistisch ist; die Goetter werden nur nicht verehrt.

Fuer den Thread spielt das aber wohl keine Rolle. Die Legitimation, um die es hier geht, passiert im Buddhismus vollkommen anders.
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#64
Das sehe ich auch als wahren Grund der sogenannten Reformation!

Sie findet in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz statt! Alles Gebiete, die Herrschaft der Habsburger abstreiten wollen. Die sind vom Papst legitimiert!

Bald gibt es evangelische Landeskirchen, deren Oberhaupt der Landesfürst ist. Erster evangelisch gesalbter Herrscher ist der König von Dänemark! England folgt dem Beispiel und es kommt die Anglikanische Kirche!

Manning
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#65
(21-01-2022, 21:26)Helmut-Otto Manning schrieb: Das sehe ich auch als wahren Grund der sogenannten Reformation!

Dies Reformation könnte auch sehr viel einfachere Gründe haben. Nämlich, dass ein römisch katholischer Mönch eine ebensolche römisch katholische Nonne heiraten wollte. Und weil dann halt eine solche Ehe ohne Reformation nicht zu legitimieren gewesen wäre. Diese Reformation war dann auch eine opportune Gelegenheit all jener, die ohnenhin schon immer den Willen Gottes auf Erden vertraten...um die Machtverhältnisse noch mehr zu ihren eigenen Gunsten um zu verteilen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#66
(21-01-2022, 22:41)Geobacter schrieb:
(21-01-2022, 21:26)Helmut-Otto Manning schrieb: Das sehe ich auch als wahren Grund der sogenannten Reformation!

Dies Reformation könnte auch sehr viel einfachere Gründe haben. Nämlich, dass ein römisch katholischer Mönch eine ebensolche römisch katholische Nonne heiraten wollte.


Das glaube ich nicht. Denn in jeder Population ist ein Prozentsatz von jeweils 5 % Schwul bzw lesbisch.
Diese Früchte wurden in Klöster abgeschoben.
Kriegsuntaugliche Grafensöhnchen, verweichlichte Bauernbuben, verpatzte Burschen . . .
Für die war das Kloster das Refugium
Die wollten ja gar nicht heiraten.

Wenn nun einer daherkam und sagte: "Alle mal herhören - wir stürzen das Zölibat. Morgen feiern wir Hochzeit. 100 Mönche führen 100 Nonnen zum Traualtar!"
Dann wäre der Mann am nächsten Morgen mit den Haxen nach Oben im Brunnen gefunden worden Icon_cheesygrin
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#67
(21-01-2022, 23:01)Sinai schrieb:
(21-01-2022, 22:41)Geobacter schrieb:
(21-01-2022, 21:26)Helmut-Otto Manning schrieb: Das sehe ich auch als wahren Grund der sogenannten Reformation!

Dies Reformation könnte auch sehr viel einfachere Gründe haben. Nämlich, dass ein römisch katholischer Mönch eine ebensolche römisch katholische Nonne heiraten wollte.


Das glaube ich nicht. Denn in jeder Population ist ein Prozentsatz von jeweils 5 % Schwul bzw lesbisch.
Diese Früchte wurden in Klöster abgeschoben.

Und die andern 95 Prozent waren Mitglieder kinderreicher Ehen und hatten meist nur die Wahl, ihren Lebensunterhalt entweder als ärmliche Dienstboten/Mägde/Knechte zu bestreiten, oder ihr Leben als Mönche und Nonnen im Kloster dem "Herrn" zu widmen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#68
(21-01-2022, 23:10)Geobacter schrieb: Und die andern 95 Prozent waren Mitglieder kinderreicher Ehen

Die gingen auf Kreuzzug - um dort gegen andere Mitglieder besonders kinderreicher polygamer Ehen wechselweise zu sterben.

Schnitter Tod fuhr reiche Ernte ein.

Dann war Jahrhunderte lang Pause. Entlud sich dann schließlich mit den Atombomben
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#69
Das neue Testament von Luther erschien 1522, das alte erst zwölf Jahre später. Das war kein Schnellschuss!!

Die Kreuzzüge waren lange vorbei. Und in Klöstern wurden Kinder versorgt, um nicht große Besitzungen durch viele Erben schnell zu pulverisieren!!

Manning
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#70
(21-01-2022, 23:51)Helmut-Otto Manning schrieb: Und in Klöstern wurden Kinder versorgt, um nicht große Besitzungen durch viele Erben schnell zu pulverisieren!!

Manning


Das war zweifellos auch ein Effekt. Aber gegen Überpopulation war Krieg ein viel probateres Mittel. Um ein Kloster zu bauen,
brauchte man Jahrzehnte - eine Schlacht dauerte einen Tag  Icon_smile
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#71
Kriege werden allein der Beute wegen geführt!! Die soll aber der Herrschaft gehören. Der Krieger bekommt seinen Lohn im Jenseits! Auch dazu dient Gott und sein angeblicher Wille!!

Manning
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#72
(22-01-2022, 00:12)Helmut-Otto Manning schrieb: Kriege werden allein der Beute wegen geführt!!

Glaubt der Soldat . . .
Der Feldherr läßt ihm diesen Glauben, auch wenn dort gar keine Beute lockt, auch wenn er die Herde (frz. troupeau, davon Truppe) bloß verheizen will
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#73
Macht Sinn, Truppe tot, Feldherr kann endlich allein kämpfen ?.

Manning
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#74
Bei einem Aderlaß gibt man auch nicht das gesamte Blut her . . .

Man sehe den Islam als Musterbeispiel einer Soldatenreligion.
Zuerst unglaubliche Vermehrung durch Vermehrungsvorschriften. Dieses exponentielle Wachstum schreit dann nach Krieg! Der Dschihad ist vorprogrammiert. Überall Hunger und Not. Da beginnen die Massen schon fast von selbst zu marschieren.

Aber auch das Christentum - wie jede andere biblische Religion - mit ihrem Leitmotiv "wachset und vermehret euch" schrie nach regelmäßiger Dezimierung

Heuschreckenschwärme fressen alles kahl und setzten sich dann von selbst in Marsch
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#75
(21-01-2022, 04:33)Ulan schrieb:
(21-01-2022, 02:14)Apollonios schrieb: Was den Religionscharakter des Buddhismus betrifft, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Auch wenn man Theismus nicht als Definitionsmerkmal von Religion betrachtet, lässt sich die Einordnung als Philosophie (Nichtreligion) gut begründen. Wobei natürlich zu beachten ist, dass beide Begriffe westlichem Denken entsprungen sind und daher auf diese Lehre nur bedingt anwendbar sind. Immerhin lässt sich argumentieren, dass die Bezeichnung Philosophie dem Inhalt der Lehre besser gerecht werde, zumindest was deren älteste rekonstruierbare Gestalt betrifft; später hinzugetretene ausgeprägt religiöse Elemente sind dem ursprünglichen Ansatz fremd.

Ich denke, dass die Einschaetzung des Buddhismus als Nichtreligion mittlerweile von der Religionswissenschaft endgueltig entsorgt wurde. Die Beurteilung als Philosophie war im Prinzip durch jesuitische Missionare erfolgt, damit es nicht als haeretisch galt, sich mit Buddhismus zu beschaeftigen, und das war nuetzlich. Ansonsten hat der Buddhismus halt alles, was eine Religion ausmacht, also Ritus, Tempel, Moenche und die Einbindung in das taegliche Leben der Glaeubigen, wie Begraebniskult, etc. Dass es dabei im Einzelfall durchaus auch zur Vergoettlichung von Buddha oder Boddhisattvas kommt, ist zwar auch ein Teilaspekt spaeterer Entwicklungen, aber nicht entscheidend fuer dieses Urteil. Ob das irgendwann mal als reine Philosophie gedacht war (was bei der Quellenlage eh nicht entscheidbar ist), ist sowieso unerheblich. Wir urteilen nicht ueber eine hypothetische Rekonstruktion der Anfaenge, sondern das, was ist. Und Philosophie ist eh Teil jeder Religion.

Edit: Wobei uebrigens anzumerken ist, dass auch der Buddhismus in seiner urspruenglichen Form (soweit bekannt) die Existenz von Goettern anerkennt, im Gegensatz zum Jainismus also nicht atheistisch ist; die Goetter werden nur nicht verehrt.

Fuer den Thread spielt das aber wohl keine Rolle. Die Legitimation, um die es hier geht, passiert im Buddhismus vollkommen anders.

Ich bestreite nicht, dass der Buddhismus in der überwältigenden Mehrzahl seiner heutigen Erscheinungsformen klar Religion ist. Es gibt aber auch innerhalb des Buddhismus eine philosophische Tradition, die sich dezidiert dagegen ausspricht, die religiösen Elemente ernst zu nehmen; diese Elemente erscheinen aus der Perspektive der philosophischen Richtung als überflüssige Zutaten, die toleranzhalber geduldet werden, über deren Bedeutungslosigkeit man sich aber klar sein sollte. Sehr viel spricht dafür, in dieser Sichtweise die Auffassung des Gründers zu sehen, also den Urbuddhismus. Der Buddha wandte sich nachdrücklich gegen sämtliche religiösen Traditionen seiner Zeit, und seine Lehre (soweit rekonstruierbar) ist, genau betrachtet, mit Religion unvereinbar. Sie ist aber auch für den Normalkonsumenten unverdaulich und musste daher, um sich ausbreiten zu können, religiös verbrämt werden. Mit Recht schreibt der Indologe und Buddhismuskenner Hans Wolfgang Schumann in seiner Monographie "Der historische Buddha": "Bei den Regeln fällt auf, dass keine von ihnen eine ritualistische Forderung erhebt. Rituale und Kultobservanzen lehnte der Buddha ab, sie waren nach seiner Meinung nur dazu geeignet, sich weiter in den Samsara zu verstricken. Und wem hätte ein Kult innerhalb des Dhamma auch gelten sollen?"

Ja, der Buddha anerkannte die Existenz von Göttern. Betrachtet man seine Grundeinstellung, so wird erkennbar, warum er das tat: Er hielt es nicht für der Mühe wert, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, da ihn die Götter überhaupt nicht interessierten. Diese gleichgültige Haltung beiläufiger Akzeptanz macht den Buddhismus nicht zur Religion. Auch der Materialist Epikur nahm die reale Existenz von Göttern an und äußerte sich sogar über deren Existenzweise (er hielt sie für aus Atomen bestehende materielle Wesen) - niemand käme auf die Idee, deswegen den Epikureismus zur Religion zu erklären. 

Die philosophische und dezidiert nichtreligiöse Tradition ist übrigens im Buddhismus nicht ausgestorben. Paul Dahlke, der in den 1920er Jahren den Buddhismus als gelebte Praxis nach Deutschland brachte, war ein entschiedener Vertreter dieser Richtung.

Hinsichtlich der Ausgangsthese dieses threads ist also festzustellen: Nein, Gott ist kein Amt - weder im Urbuddhismus noch im Epikureismus: Es gibt zwar Götter, aber sie werden nachdrücklich als funktionslos dargestellt. Wo keine Funktion, da ist kein Amt.
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