Beiträge: 13890
Themen: 307
Registriert seit: Apr 2004
Lieber Volker,
du hast mich missverstanden: Die Zahl der Anhänger ist nicht entscheidend, sondern die Gemeinschaft. Und die, hatte ich angemerkt, ist im Forum nicht in der Weise gegeben, wie bei Ortsgemeinden. (Ich bin wahrhaftig kein Zahlenfetischist und du musst dich nicht kreuzigen lassen; entschuldige bitte, wenn das nach meinem Geschreibsel so erscheint.)
Ich glaube auch nicht, dass die Diskussionsbeiträge überwiegend "Totschlagargumente" waren. Hinter den Beiträgen, teilweise waren es Fragen, steckt immer die Frage: "Welches weltanschauliche Problemfeld wird mit der jeweiligen These gelöst oder jedenfalls besser gelöst, als in meiner bisherigen Weltanschauung?"
Ein Problemfeld konventioneller Religion ist der theologische Überbau. Im Bereich der Evangelischen Kirchen, kurz Protestanten, ist das Problem bekannt. Ich selbst gehöre zu jener Gruppe von Leuten, denen die Predigt fast alles bedeutet, und der Rest fast nichts. Ich weiß aber, dass viele Menschen an den Liedern, an Musik, an Meditation, am Gebet, an der Liturgie, an Gemeindeunternehmungen (Wandern, Stricken, Tanzen, ...) hängen und die Institution "Predigt" am liebsten aus der Kirche heraus hätten.
Also: "Der Himmel", sagst du, "gehört auf die Erde". Einverstanden!
Das ist jedoch, wie ich meine, in jedem Gebet so, auch in jeder gelebten Vorstellung, die meine Beziehung zu anderen ordnet, mir mich selbst erklärt, meine Stellung bestimmt, mir einen Lebenssinn verschafft.
In deinem Büchlein sind 350 Thesen aufgelistet, die genau das tun: einen Aspekt menschlichen Daseins zu bedenken. Mich stört daran bereits die äußere apodiktische Form: "Wer glaubt, dass ... hat Mich /nicht/ nur halb/ - /begriffen."
Die Formulierung suggeriert "Begreifen" von etwas, was man im weitesten Sinne die Forderung nach einem Konsens nennen kann. Hier geht es nicht um 'begreifen' sondern um 'vereinbaren', 'mitmachen', 'beherzigen'.
Wie gesagt, solche sprachlichen Details wirken auf mich apodiktisch und "von oben herab". Da bestimmt jemand, welche Stellung ich gefälligst zu beziehen habe. Kostprobe:
342. Wer glaubt, daß er einst sein Leben vor Gott rechtfertigen muß, hat Mich nur halb begriffen, denn wenn er den Blick in sein Inneres wagen würde, könnte er dort Mich mit Meinen Geschenken erblicken, deren Nutzen er schon am heutigen Tage beginnen kann zu verwirklichen, um damit ab heute sein Leben vor Gott zu rechtfertigen.
Wenn wir schon einen Jenseitsglauben aufrichten, dann die Frage: Warum "halb begriffen"? Wo ist die andere Hälfte des Begreifens? Ich bin viel mehr der Auffassung, dass man sich stets so verhalten sollte, dass man Rechenschaft über seine Tätigkeiten geben kann - und zwar in einem positiven Sinne.
Wenn ich mich auf den Standpunkt stelle, Gott könne sich irren, dann muss ich mich versöhnen können auf der einen und vergeben können auf der anderen Seite. Jetzt bestimmt dieser Gott (ex cathedra) unter seinen 'Geschenken' auf Suche zu gehen, um darin Rechtfertigung zu finden.
Das sehe ich für das Zusammenleben mit anderen Menschen (auf der Erde!) aber völlig anders. Nicht irgendwelche von Gottes Geschenken (also irgendwelche Fähigkeiten) sind entscheidend sondern ganz Bestimmte! (Nämlich Versöhnung und Vergebung, Kommunikation, ehrliche Haltung und Ähnliches aus diesem Umfeld). Und das sind Verhaltensweisen, die uns eben nicht geschenkt sind, sondern die wir erst im Laufe der Sozialisation mühsam lernen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
Ekkard schreibt:
Zitat:Welches weltanschauliche Problemfeld wird mit der jeweiligen These gelöst oder jedenfalls besser gelöst, als in meiner bisherigen Weltanschauung?"
Ein Problemfeld konventioneller Religion ist der theologische Überbau. Im Bereich der Evangelischen Kirchen, kurz Protestanten, ist das Problem bekannt. Ich selbst gehöre zu jener Gruppe von Leuten, denen die Predigt fast alles bedeutet, und der Rest fast nichts. Ich weiß aber, dass viele Menschen an den Liedern, an Musik, an Meditation, am Gebet, an der Liturgie, an Gemeindeunternehmungen (Wandern, Stricken, Tanzen, ...) hängen und die Institution "Predigt" am liebsten aus der Kirche heraus hätten.
Also: "Der Himmel", sagst du, "gehört auf die Erde". Einverstanden!
Das ist jedoch, wie ich meine, in jedem Gebet so, auch in jeder gelebten Vorstellung, die meine Beziehung zu anderen ordnet, mir mich selbst erklärt, meine Stellung bestimmt, mir einen Lebenssinn verschafft.
In deinem Büchlein sind 350 Thesen aufgelistet, die genau das tun: einen Aspekt menschlichen Daseins zu bedenken. Mich stört daran bereits die äußere apodiktische Form: "Wer glaubt, dass ... hat Mich /nicht/ nur halb/ - /begriffen."
Die Formulierung suggeriert "Begreifen" von etwas, was man im weitesten Sinne die Forderung nach einem Konsens nennen kann. Hier geht es nicht um 'begreifen' sondern um 'vereinbaren', 'mitmachen', 'beherzigen'.
Wie gesagt, solche sprachlichen Details wirken auf mich apodiktisch und "von oben herab". Da bestimmt jemand, welche Stellung ich gefälligst zu beziehen habe. Kostprobe:
342. Wer glaubt, daß er einst sein Leben vor Gott rechtfertigen muß, hat Mich nur halb begriffen, denn wenn er den Blick in sein Inneres wagen würde, könnte er dort Mich mit Meinen Geschenken erblicken, deren Nutzen er schon am heutigen Tage beginnen kann zu verwirklichen, um damit ab heute sein Leben vor Gott zu rechtfertigen.
Wenn wir schon einen Jenseitsglauben aufrichten, dann die Frage: Warum "halb begriffen"? Wo ist die andere Hälfte des Begreifens? Ich bin viel mehr der Auffassung, dass man sich stets so verhalten sollte, dass man Rechenschaft über seine Tätigkeiten geben kann - und zwar in einem positiven Sinne.
Lieber Ekkard,
ich danke Dir für Deine Zuschrift, die ich für den bisher bedeutendsten Beitrag zum Christianentum halte.
Du schreibst mir, daß Dich bereits die äußere apodiktische Form der Thesen des Christianentums stört.
Du hast leider Recht.
Du hast eine heiße Spur aufgedeckt, nämlich den Weg zur Wahrheit der Sprache. Ich gestehe, daß ich durch Dich erkenne, daß leider nicht nur die äußere Form meiner Thesen apodiktische ist, sondern auch der Inhalt. Nomen est omen.
Was jetzt kommt soll keine Entschuldigung sein, aber ich hielt alles, was mit Gott verflochten ist, für so unangreifbar, daß ich nicht bemerkt habe, daß es nur Thesen sind, menschengemachte Thesen, die genau das beanspruchen, was das Christianentum verabscheut, nämlich so zu tun, als seien sie unwiderlegbar.
Das widerspricht zutiefst dem Geist des Christianentums. Beweis : These 333.
Jetzt wird es schwierig für mich. Keinesfalls will ich die apodiktische Form der These 333 wiederholen.
Sie war ein Irrtum und ich starte einen neuen Versuch:
"Wer glaubt, das Christianentum spricht in seinen 350 oder mehr Thesen immer die Wahrheit, muß sich fragen, ob er noch auf dem Weg ist, Gott zu begreifen, denn nichts steht geschrieben, außer der Mensch findet es in seinem Herzen und in Gott."
Mögen die abrahamitischen Religionen sich für unwiderlegbar halten, das Christianentum will das auf keinen Fall, weder der äußeren Form nach, noch inhaltlich.
Wenn Erkenntnis einen vernünftigen Sinn haben soll, dann muß sie in der Lage sein, sich selbst in Frage zu stellen.
Ab sofort sind alle christianischen Thesen so zu lesen, daß sie kein apodiktisches Element mehr enthalten, denn ich finde sie dank Dir in der alten Form nicht mehr in meinem Herzen wieder.
Fangen wir sogleich mit der Korrektur einer der Kernthesen des Christianentums an.
These 5:
" Wer glaubt, daß Gott nicht irren kann, muß sich fragen, ob er noch auf dem Weg ist, auf dem er Gott begreifen könnte, denn ein Beispiel nur beweist die Fähigkeit Gottes sich zu irren an den Neandertalern, die er nicht retten konnte."
Mit der folgenden Frage zielst Du wieder mal in das Herz des Christianentums, indem Du mich fragst, welches weltanschauliche Problemfeld wird mit der jeweiligen These gelöst oder besser gelöst, als in der bisherigen Weltanschauung.
Abgesehen davon, daß ich Deinen Weltanschauung nicht wirklich kenne, bleibt also nur der Vergleich mit dem Christentum.
Eine lange Geschichte, mehr noch, eine unendliche Geschichte.
Im heutigen Christentum wird die Vollkommenheit Gottes verherrlicht.
Im Christianentum ist die Vollkommenehti ein Schimpfwort, weil sie den Tod bedeutet. Nur tote Materie ist vollkommen, weil sie sich nur in den engen Grenzen der Naturgesetze entwickeln kann.
Im Gegensatz zur toten Materie besitzt die lebende Materie einen gewissen oder ungewissen Freiraum innerhalb der sie durchdringenden Naturgesetze, den wir als Leben bezeichnen und auch so erleben.
Daß wir an das Naturgesetz des Atmens gebunden sind, empfinden wir nicht als Gefängnis in den engen Grenzen von Naturgesetzen. Sieh Goethe über die Köstlichkeit des Atmens.
Worauf will ich hinaus ?
Im Christianentum wird die Zweigesichtigkeit Gottes beschworen, siehe These 7:
" Wer glaubt, daß es einen Teufel gibt, muß sich fragen, ob er noch auf dem Weg ist, auf dem er Gott begreifen könnte, denn im entsetzlichsten seiner Irrtümer erscheint Gott den Menschen als Teufel. ( Siehe auch die Auschwitz- These.)
Diese Zweigesichtigkeit Gottes erscheint doch tausendfach in unserem Leben. Sind wir blind ?
Nur ein kleines Beispiel aus meinem Gedichtband (Auszug):
"wie zauberhaft malst du konturen
mit schummerlicht aus eis gemacht,
erhabene stille für sterbende kreaturen,
das ist der gipfel, den schönheit gebracht."
Ssind wir blind für den ewigen und allgegenwärtigen Gegensatz zwischen Wundern der Schönheit gepaart mit der blutigen Fratze des Bösen ? Können wir die Zwiegesichtigkeit Gottes nur ertragen, indem wir wegsehen, zum Beispiel in der U- Bahn, aus Angst totgeschlagen zu werden ?
Der menschliche Körper als Wunder der Natur in einem Atemzug mit der blutigen Axt des Bösen in seiner Hand ?
Und Du fragst nach der weltanschaulichen Lösung dieses Problems ?
Für die Zwiegestalt Gottes gibt es keine Lösung. Auch das Christianentum kennt keine Lösung. Aber das Christianentum ist im Gegensatz zu den abrahamitischen Religionen wenigstens ehrlich und sagt, ich weiß keine Löstung, aber habe einen Gedanken, der sich asymptotisch einer Erkenntnis nähert: Gott kann sich irren.
Wenn wir den zweilichtigen Geist Gottes nicht erklären können, sollten wir dann nicht wenigstens ehrlich sein und sagen, daß es so ist ?
Haben wir nicht die Kraft und die Liebe Gottes auf unserer Seite, wenn wir anerkennen, daß die überwältigende Mehrheit der Menschen gut ist ? Auch Du, lieber Ekkard !
Warum bewaffnen wir uns nicht mit der These 9 des Christianentums, die da sagt:
" Wer glaubt, daß Gott in überwältigender Zahl die Liebe und leider auch in geringer Zahl der Hass in Gestalt von Versuch und Irrtum ist, der ist auf dem Weg, auf dem er Gott begreifen könnte, wenn er auch noch glaubt, daß die geglückten Versuche Gottes ewig seine Irrtümer besiegen werden."
Ich will nicht wissen, wo im zweitausendjährigen Christentum der zweilichtige Geist Gottes erkannt und eine Lösung angeboten wird. Mich interessiert das historische Christentum nur insofern, als es zu dem Christentum gehört, das in den letzten 70 Jahren, die mein Leben ausmachen, gelehrt wird.
In der Bibel kann man alles finden und wenn nicht, kann man alles irgendwie hinbiegen. Das interessiert mich nicht. Mich interessiert das heute lebende, das heute gelehrte Christentum, z.B. von Joseph Kardinal Ratzinger oder von Papst Beendikt XVI. oder von den heute lehrenden evangelischen und katholischen Bischöfen.
Wo, bitte sehr, wird die Zweilichtigkeit des Gottesgeistes von ihnen beschrieben ?
Wo werden im heute gelehrten Christentum Lösungen angeboten, die sich auf die Zwittergestalt Gottes beziehen ?
Wie erklärt das Christentum den Willen des angeblich allmächtigen Gottes, wenn von 1000 Geburten vielleicht bei zwei Säuglingen sich die Natur nicht entscheiden kann, ob sie eine Frau oder einen Mann geboren hat ?
Ich habe vom Christentum noch nie ein Sterbenswörtchen über dieses Drama sagen hören. Besser man verschweigt es ? Deutschland ist ja sowieso Weltmeister im Verschweigen. In China braucht man harte und ungerechte Gesetze, in Deutschland funktioniert das Schweigen ganz von selbst.
Du schreibst mir von der gesondert zu betrachtenden Predigt im Rahmen christlicher Liturgien. Ich kann die besondere Stellung der Predigt im Ablauf christlicher Gottesdienste nicht erkennen. Gewiß, in der Mehrzahl der Predigten wird versucht, den Bezug zu unserem täglichen Leben herzustellen.
Aber was geschieht, wenn wir retrograd denken ?
Was geschieht, wenn unser tägliches unvergleichliches Gemenge aus Menschenwelt und Gotteswelt auf die Himmelfahrt Christi stößt ? Auf die Vaterschaft des heiligen Geistes bei der jungfäulichen Maria ? Auf die Erbkrankheit, verzeihung, auf die Erbsünde des Menschen ? Auf die Unfehlbarkeit des Papstes ? Auf die Unfehlbarkeit der Konzilien ? Auf die Unfehlbarkeit Gottes ?
Die heutige Kirche ist doch das lose Ende unserer täglichen Existenz. Einzig Bischöfin Käßmann muckt auf, im weitesten Sinne der christianischen Kunduz- These. Obwohl sie ihren kirchlichen Einspruch hundert Mal weichgepült hat, schreit die Politik auf und tut, als ob man ihr auf den teuflischen Klumpfuß getreten hätte.
Die Verbrechen, die wir Deutschen in Afghanistan begehen, kümmern in Wahrheit keinen Hund.
Wir haben uns selbstgerecht und überheblich den Dispens zur Aufrechnung von Toten gegen Tote erteilt.
Und alle schweigen, weil wir nur unsere Lippen bewegen.
Endlich, lieber Ekkard, haben wir einen gemeinsamen Schnittpunkt, wenn wir sagen, der Himmel gehört auf die Erde.
Aber siehst Du auch die abgrundtiefe Feigheit des Menschen, wenn er in den Himmel flieht, im Fall daß die irdischen Probleme unerträglich werden ?
Siehst Du die Nebelschwaden des Christentums, wenn es zur Sache geht (in Kunduz), die Opiumwolken, wenn unser irdisches Fassungsvermögen über "menschliche" Greueltaten an seine Grenze gelangt ? (Verbrannte Kinder als Kollateralschaden ).
Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Davon glaube ich kein Wort. Der Herr hat mir das Gottesgeschenk der Vorsicht gemacht, das ich nicht ausgepackt und nicht angewendet habe, als ich zu schnell gegen einen tödlichen Baum fuhr.Das ist die christianische Wahrheit und nicht die christliche, die ihre religiösen Nebelwerfer in Stellung bringt, die Wahrheit zu vertuschen.
Selbst in unsere tägliche Sprache hat sich unsere Verlogenheit schon eingeschlichen, wenn wir behaupten, daß sich ein Unfall ereignet hat. Das ist eine glatte Lüge. Das Christianentum besteht darauf, daß es keinen Unfall gibt , der sich ereignet, sondern der Unfall wurde durch Ignoranz gegenüber den Gottesgeschenken durch Menschen verursacht.
Schau, lieber Ekkard, wie die Blumen blühen im Garten. Ist das nicht Wunder genug ? Sind wir blind und sehnen uns nach dem regnerischen Grau des Himmels, unterlegt mit dem himmlischen Strahlblau eines Sonnentages ?
Das Christianentum schiebt nichts in die Wolken und auch nichts in eine nebulöse Zukunft. Das Christianentum ist eine realitätsgebundene Tagesreligion. Das Christianentum ist eine Religion, die versucht, Raum und Zeit an das Kreuz eines jeden Tages zu nageln. Das Christianentum ist eine Religion, die uns ahnen läßt, daß die Selbstgespräche, die wir mit uns führen, vielleicht Dialoge mit einem Partner sind, der in uns wohnt.
Du hast alle meine Thesen verändert, ja neu geschrieben. So auch die These 342:
Wer glaubt, daß er einst sein Leben vor Gott rechtfertigen muß, hat vielleicht schon die Hälfte des Weges zurückgelegt, auf dem er Gott Gott begreifen könnte, denn wenn er einen Blick in sein Inneres wagen würde, könnte er dort seinen Partner mit all seinen Geschenken erblicken, deren Nutzen er schon am heutigen Tage beginnen kann zu verwirklichen, um damit ab heute sein Leben vor Gott zu rechtfertigen."
Ich habe eine Bitte an Dich: Kannst Du in mein Büchlein einen Zettel legen mit folgendem Text:
Denkfehlerberichtigung statt Druckfehlerberichtigung:
Alle Formulierung dieses Buches nach dem Schema ... hat Gott begriffen, .. hat Gott nicht begriffen, .. hat Gott nur halb begriffen, sind zu ersetzen durch : ...ist auf dem Wege, auf dem er Gott begreifen könnte, ... sollte sich fragen, ob er noch auf dem Wege ist, auf dem er Gott begreifen könnte, ... hat vielleicht schon die Hälfte des Weges zurückgelegt, auf dem er Gott begreifen könnte.
Ellerbek, den 11. Janur 2010
Ich danke Dir für alles,
Dein Volker
Beiträge: 266
Themen: 5
Registriert seit: Dec 2007
(11-01-2010, 15:07)VolkersList schrieb: "Wer glaubt, das Christianentum spricht in seinen 350 oder mehr Thesen immer die Wahrheit, muß sich fragen, ob er noch auf dem Weg ist, Gott zu begreifen, denn nichts steht geschrieben, außer der Mensch findet es in seinem Herzen und in Gott."
Volker
Damit sind alle deine Thesen hinfällig, oder?
Könnten ja auch nicht nur nicht ganz richtig, sondern auch vollkommen falsch sein.
Ach ja, mit den Psalmen meinte ich nicht eine bestimmte, sondern allgemein, das die Psalmen ein Lobgesang und Dank an Gott sind.
Beste Grüße, K - G - B
Beiträge: 13890
Themen: 307
Registriert seit: Apr 2004
Lieber Volker,
deinem Wunsche nach konzilianterer Formulierung deiner Thesen habe ich entsprochen und den Zettel ins Buch gelegt.
(11-01-2010, 15:07)VolkersList schrieb: Mögen die abrahamitischen Religionen sich für unwiderlegbar halten, das Christianentum will das auf keinen Fall, weder der äußeren Form nach, noch inhaltlich. Wenn du religiöse Lehren so formulierst, machst du deutlich, dass das Christianentum das Verhältnis von Religionslehre und Glauben nicht verinnerlicht hat.
Kleiner Exkurs:
Religion, also die Lehre, formuliert bzw. erzeugt durch Geschichten konsensfähige Vorstellungen zu Fragen nach dem Lebenssinn, nach seelischer Geborgenheit, nach Wertvorstellungen im Hinblick auf Verhalten und Verhältnis zu Mitwelt und Umwelt sowie Gemeinschaft bildenden Elementen. Das alles gilt unabhängig von einer konkreten Lehre. Bei Ideologien kommen zu den Gemeinschaft bildenden Elementen noch solche hinzu, welche die Anhängerschaft gegen fremde Ansichten abgrenzen.
Glaube ist die eigene (positive) Antwort auf die Lehre. Im Glauben geht das Individuum von den Vorstellungen der Lehre als positiv besetzt aus: das Gute.
- Exkurs Ende -
Deshalb verstehe ich das Christianentum (immer noch) nicht. Es geht doch bei den abrahamitischen Religionen nicht ums "unwiderlegbar sein", sondern darum Glauben zu erzeugen. Richtig ist: Gewisse Lehrer und Gemeindeälteste missbrauchen die Religionslehren in einer ganz bestimmten Weise als Instrumente der "Gleichschaltung" und als "Gehirnwäsche".
Religion ist nichts zum Widerlegen weder bei den Großreligionen noch bei den christianischen Thesen und Geschenken!
Die Frage lautet vielmehr: Transportieren sie ein "positives Vertrauen" in die dort vorhandenen Vorstellungen?
Du schriebst: " ich hielt alles, was mit Gott verflochten ist, für so unangreifbar, ..."
Ja, das ist aber trotz der Umformulierungen immer noch so. Meines Erachtens werden die Thesen ihrer Aufgabe nicht gerecht, Liebe, Geborgenheit, Wert usw., kurz Glauben zu erzeugen. Das haben Thesenpapiere so an sich. Thesen definieren den christianischen Gott. Dir mag es darum gehen, Gott besser zu verstehen. Das aber ist Sache der Theologie, nicht die Aufgabe der Religion.
Nehmen wir also deine These 333.
333. Wer glaubt, daß Christianentum spricht in seinen 350 oder mehr Thesen immer die Wahrheit, sollte sich fragen, ob er noch auf dem Wege ist, auf dem er Gott begreifen könnte, denn nichts steht geschrieben, außer ihr findet es in eurem Herzen ohne die Schrift.
Diese These ist dem Sinne nach eine Antithese zur römisch-katholischen Dogmenlehre. Ohne Kenntnis solcher "verbindlicher Dogmen" ist These 333 überhaupt nicht verständlich.
Auch "Gott zu begreifen" ist an sich nichts Erstrebenswertes und führt nicht zum Glauben. Eine Religion muss zuallererst die Gefühlswelt des geplagten und verunsicherten Individuums mit Liebesfähigkeit, Urvertrauen, Sicherheit des Urteilens usw. vertraut machen. Auf intellektueller Ebene könnte man auch an eine Methodenlehre denken, wie man Vertrauen schafft, Aussöhnung, Vergebung, Vermittlung in Konflikten bis hin zur Liebesfähigkeit.
Ich will nicht behaupten, dass dies alles nicht irgendwo in den Thesen vorkommt. Im Allgemeinen setzen die Thesen gewisse römisch-katholische Denkschemata voraus und setzen dagegen einen Kontrapunkt.
Bereits auf einen liberalen evangelischen Christen, wirken manche der Thesen antiquiert. Sie richten sich gegen Lehren, die bei uns schon seit über dreißig Jahren nicht mehr vertreten werden.
Beispiel:
(11-01-2010, 15:07)VolkersList schrieb: Im heutigen Christentum wird die Vollkommenheit Gottes verherrlicht. Ich behaupte: nein, nicht wirklich! Es mag Ausdruck der Volksfrömmigkeit sein, Gott als Idealgestalt wahrzunehmen. In unseren Seminaren und Gesprächskreisen wird immer betont, dass wir mit unseren Gottesbildern im Kopf nur eingeschränkt operieren dürfen. Also steht Gott außerhalb solcher menschlicher Urteile.
Richtig ist: Man kann auch nicht behaupten, ER sei unvollkommen. Man muss nur aufpassen: Eine Aussage nicht zu machen, bedeutet nicht, ihre Umkehrung sei wahr.
Was darüber hinaus Vollkommenheit bedeutet, hast du zwar ein Wenig aufgezählt. Ich bin aber nicht mit all dem einverstanden, zumal sich gewisse begriffliche Unschärfen einschleichen, die man zuerst klären müsste. Beispielsweise ist "tote Materie" (du meinst anorganisches Material?) nicht einfach "vollkommen", wie du unterstellst, weil sie nur den Naturgesetzen unterliegt.
"Vollkommenheit" ist ein menschliches Urteil, das nur begrenzt gilt. Auch Leben ist in dem Sinne des anorganischen Materials "vollkommen". Aber beide Materialarten tot oder lebendig erreichen im nächsten Moment erneut eine (weiter gehende) Vollkommenheit.
Erst der Ziele definierende Mensch durchbricht dieses Werden, indem er urteilt: Mein Werkstück ist oder ist noch nicht vollkommen, wenn mein Ziel noch nicht erreicht wurde.
Wie willst du das auf Gott anwenden - christlich hin, christianisch her? Man muss überhaupt vorsichtig sein mit Aussagen über transzendente Entitäten. Diese haben mehr Ziel- und Vorbildcharakter, als dass man ihnen konkrete Eigenschaften zuordnen kann (ok. im Gegensatz zur Volksfrömmigkeit!).
(11-01-2010, 15:07)VolkersList schrieb: Im Christianentum wird die Zweigesichtigkeit Gottes beschworen, siehe These 7:
"Wer glaubt, daß es einen Teufel gibt, muß sich fragen, ob er noch auf dem Weg ist, auf dem er Gott begreifen könnte, denn im entsetzlichsten seiner Irrtümer erscheint Gott den Menschen als Teufel." (Siehe auch die Auschwitz- These.)
Diese Zweigesichtigkeit Gottes erscheint doch tausendfach in unserem Leben. Sind wir blind?
In gewisser Weise sind wir, die Christen, vielleicht "blind". Gott und Satan definieren das Gute und das Böse schlechthin. Es sind antagonistische Ziel- bzw. Vermeidenskategorien, in die wir die Vorgänge und Verhaltensweisen einsortieren und beurteilen (sollen).
Es geht also darum, menschliches Verhalten innerhalb der Menschengemeinschaft zu steuern. In der Tat "begreifen" wir Gott an diesen Stellen nicht, aber das kann das Christianentum genauso wenig! Es macht - meiner Meinung nach - nun den Fehler, Gott erneut eine Eigenschaft zuzuordnen, nämlich, sich irren zu können.
Ich habe im Laufe meines Lebensweges immer deutlicher erkannt, dass wir über Gott nichts wissen können. Und in der modernen Theologie sehe ich mich bestätigt. Nein, wir sind nicht "blind", sondern haben falsche Gottes bilder im Kopf - gewissermaßen "dicke Bretter"! Und die christianischen Thesen bebohren diese!
Es bringt also gar nichts, Gott eine weitere unzulässige Eigenschaft zuzuordnen, die garantiert an irgend einer Stelle erneut zu Widersprüchlichkeiten führen. Damit sind die Dilemmata der Religionen (die Theodizee) keineswegs besser oder verständlicher gelöst. Du räumst das ja auch ein: "Für die Zwiegestalt Gottes gibt es keine Lösung. Auch das Christianentum kennt keine Lösung. Aber das Christianentum ist im Gegensatz zu den abrahamitischen Religionen wenigstens ehrlich und sagt, ich weiß keine Löstung, aber habe einen Gedanken, der sich asymptotisch einer Erkenntnis nähert: Gott kann sich irren."
Irrtum, das ist nicht ehrlicher; denn die großen Religionen haben auch keine Lösung und sagen auch theologisch nichts anderes (wenn man mal von unvollkommenen Versuchen absieht). Ehrlicher ist allein der Atheist. Die These: "Gott ist nicht", erklärt auf völlig einleuchtende Art, dass es Gutes und Böses gibt. Wo wir uns nicht anpassen, ecken wir an, erfahren Böses. Dazu kommt, dass wir den Tod als Böses betrachten, was im Übrigen ein (individuelles) Falsch-Urteil ist.
Die These 7 enthält also ziemlichen Sprengstoff für den Glauben.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
Zitat: (11-01-2010, 15:07)VolkersList schrieb: Mögen die abrahamitischen Religionen sich für unwiderlegbar halten, das Christianentum will das auf keinen Fall, weder der äußeren Form nach, noch inhaltlich.
Wenn du religiöse Lehren so formulierst, machst du deutlich, dass das Christianentum das Verhältnis von Religionslehre und Glauben nicht verinnerlicht hat.
Kleiner Exkurs:
Religion, also die Lehre, formuliert bzw. erzeugt durch Geschichten konsensfähige Vorstellungen zu Fragen nach dem Lebenssinn, nach seelischer Geborgenheit, nach Wertvorstellungen im Hinblick auf Verhalten und Verhältnis zu Mitwelt und Umwelt sowie Gemeinschaft bildenden Elementen. Das alles gilt unabhängig von einer konkreten Lehre. Bei Ideologien kommen zu den Gemeinschaft bildenden Elementen noch solche hinzu, welche die Anhängerschaft gegen fremde Ansichten abgrenzen.
Glaube ist die eigene (positive) Antwort auf die Lehre. Im Glauben geht das Individuum von den Vorstellungen der Lehre als positiv besetzt aus: das Gute.
- Exkurs Ende -
Deshalb verstehe ich das Christianentum (immer noch) nicht. Es geht doch bei den abrahamitischen Religionen nicht ums "unwiderlegbar sein", sondern darum Glauben zu erzeugen. Richtig ist: Gewisse Lehrer und Gemeindeälteste missbrauchen die Religionslehren in einer ganz bestimmten Weise als Instrumente der "Gleichschaltung" und als "Gehirnwäsche".
Religion ist nichts zum Widerlegen weder bei den Großreligionen noch bei den christianischen Thesen und Geschenken!
Die Frage lautet vielmehr: Transportieren sie ein "positives Vertrauen" in die dort vorhandenen Vorstellungen?
Du schriebst: "ich hielt alles, was mit Gott verflochten ist, für so unangreifbar, ..."
Ja, das ist aber trotz der Umformulierungen immer noch so. Meines Erachtens werden die Thesen ihrer Aufgabe nicht gerecht, Liebe, Geborgenheit, Wert usw., kurz Glauben zu erzeugen. Das haben Thesenpapiere so an sich. Thesen definieren den christianischen Gott. Dir mag es darum gehen, Gott besser zu verstehen. Das aber ist Sache der Theologie, nicht die Aufgabe der Religion.
Lieber Ekkard,
seit dem 14. Januar 2010 ließ sich das Religionsforum nicht mehr aufrufen und ich weiß nicht warum. Dann war ich eine Woche auf Madeira, allerdings mit einem Augenunfall. Heute am 2. Februar habe ich im Moment nicht die Kraft, meinen am 14.01.2010 verfassten Text zu verändern. Also hier ist er:
" Lieber Ekkard, danke daß Du mir hilfst, das wild gewachsene Christianentum mit dem Begriff "Religionslehre" zu versuchen einzuordnen. Zum ersten Mal begreife ich, daß das Christianentum von Außen eigentlich als Lehr verstanden wird. Ich verstehe heute, warum ich nur von christianischen Thesen spreche, weil ich jede These als gefühlte Frage verstehe. Durch Dich verstehe ich heute, daß das Christianentum keine Lehre, sondern ein Fragenkatalog sein möchte. Bitte denke nicht, daß das eine semantische Spitzfindigkeit meinerseits ist.
Das Christianentum scheint auf den ersten Blick eine gnostische Religion zu sein, aber es entspringt einer gefühlten Quelle. Ich beginne zu ahnen, daß das Christianentum nicht einmal eine Religion ist. Eine Religion wird das Chrtistianentum erst dann, wenn ich auf den Fragenkatalog des Christianentums mit ja antworten kann.
Also bezeichne ich mich als gläubiger Christianer. Setzt das voraus, daß ich alle oder meinetwegen den überwiegenden Teil der Fragen des Christianentums mit ja beantwortet habe ? Verlangt das Christentum vom Christen an die jungfäuliche Geburt Christi zu glauben ? An die Unfehlbarkeit der Bibel ? An die Unfehlbarkeit der Konzilien ? An die Unfehlbarkeit Gottes ? Wenn ein Christ einen wesentlichen Teil dieser Fragen mit nein beantwortet, ist er dann noch Christ ?
Eines ist sicher, ein Christianer, der an die Unfehlbarkeit Gottes glaubt, ist kein Christianer, denn das ist eine Kernthese des Christianentums.
Du schreibst von den Religionen, daß sie Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach dem Ort seelischer Geborgenheit und nach Wertvorstellungen im Verhalten zur Mitwelt und Umwelt beantworten.
Diesen Bereich des Lebens übernimmt im Christianentum die Suche und das Finden und die Anwendung der Gottesgeschenke. Das bedeutet, daß das Christianentum ohne seinen Geschenkkatalog nicht verstanden werden kann.
Du schreibst, daß es den abrahamitischen Religionen nicht darum geht, unwiderlegbar zu sein, sondern sie wollen Glauben erzeugen.
Dann frage ich Dich, hast Du noch nie erlebt, wenn man Kernsätze des Christentums für widerlegbar hält, mit welcher Unduldsamkeit und mit welchem Widerwillen seitens der Gläubigen reagiert wird ? Man entreisst doch den Gläubigen ihren Glauben, wenn man ihre Glaubenssätze für widerlegbar hält und das mit Heerscharen von Zweiflern belegt.
Selbstverständlich geht es den den abrahamitischen Religionen um die Unwiderlegbarkeit ihre Glaubens, denn das ist ja gerade das Geheimnis eines jeden Glaubens, daß er sich sein eigenes Himmelreich schafft.
Selbst das Christianentum, das von sich selber sagt, es sei offen wie ein Scheunentor, sagt bei der Unfehlbarkeit Gottes, dann bist du eben kein Christianer. Punktum.
Du schreibst, wenn ich das Christianentum für widerlegbar halte, oder besser, wenn es sich elbst für widerlegbar hält, dann hat es das Verhältnis von Religionslehre und Glauben nicht verinnerlicht.
Dieser Satz ist für mich voller Rätsel. Ich versuche, dieses Rätsel zu lösen.
Du sagst, Glaube ist die positive Antwort auf eine Lehre. Gewiß, als gläubiger Christianer Christianer antworte ich auf die christianenischen Thesen positiv. Aber sind diese Thesen eine Lehre ? Sind sie eine Religionslehre ? Wie kann etwas eine Lehre sein, das von sich sagt, wenn du meine These in deinem Herzen nicht wiederfindest, dann gilt sie als nicht geschrieben ? Ist das das von Dir behauptete gestörte christianische Verhältnis von Lehre und Glauben ?
Ich glaube, das Christianentum will keine Lehre sein. Und auch keine Religionslehre. Beweis: These 114: " Wer an die Schrift glaubt und sagt, es steht geschrieben, der muß sich fragen, ob er Gott begriffen hat, denn nichts steht geschrieben, außer er entdeckt es in sich und in Gott."
Die These 333 bekräftigt das: Auch das Christianentum steht nicht geschrieben, wenn es nicht im Herzen gefunden wird.
Du sagst dazu:
Zitat:Nehmen wir also deine These 333.
333. Wer glaubt, daß Christianentum spricht in seinen 350 oder mehr Thesen immer die Wahrheit, sollte sich fragen, ob er noch auf dem Wege ist, auf dem er Gott begreifen könnte, denn nichts steht geschrieben, außer ihr findet es in eurem Herzen ohne die Schrift.
Diese These ist dem Sinne nach eine Antithese zur römisch-katholischen Dogmenlehre. Ohne Kenntnis solcher "verbindlicher Dogmen" ist These 333 überhaupt nicht verständlich.
Hat das Christianentum mit der These 333 sein Verhältnis von Religionslehre und Glauben nicht verinnerlicht ? Weil es im Christianentum keine feste Bindung des Galubens an die "Lehre" gibt ? Weil das Christianentum selbst bezweifelt, daß es eine Lehre ist ? Weil das Christianentum auch den Begriff Religion als nicht passend für sich empfindet ? Weil die christianischen Thesen keine Glaubenssätze sind, sondern als diskutable Vorschläge eher den Charakter von Fragen haben ?
Nur nicht locker lassen: Hält die These 5 eine Frageform aus oder wird sie bis zur Unkenntlichkeit entstellt ? Versuch macht klug.
These 5: " Wer ist unter euch, der glaubt, daß Gott sich nicht irren kann, wenn ein Beispiel die Fähigkeit Gottes beweist, daß er sich bei den Neandertalern geirrt hat, die er nicht retten konnte ?"
Nur nicht locker lassen. Zweiter Versuch:
These 6: " Wer ist unter euch, der glaubt, daß Gott nur Liebe ist, wenn seine Fähigkeit, sich zu irren seinen Hass mit einschließt ?
Es funktioniert. Adieu, Konzilianz.
Die Frageform ist viel härter als der Indikativ und passt nach meinem Gefühl viel besser zum Christianentum.
Bitte den Korrekturzettel der Denkfehler- Korrektur nicht wegwerfen. Der hat Bestand als Nachweis der Versuche und Irrtümer in der Evolution des Christianentums.
Vielleicht wirst Du es nicht nachvollziehen können, aber das Christianentum ist entschlossen, seine Evolutionsgeschichte nicht zu vertuschen. Diese Entschlossenheit steht im Gegensatz zum Christentum, wo in den ersten Jahrhunderten die Kirchenväter die Bibel häufig ohne Nachweis umgeschrieben haben.
Leider muß ich an dieser Stelle abbrechen.
Ich melde mich wieder , sobald ich kann.
Herzlichen Dank für alles.
Volker
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
Lieber Ekkard,
entschuldige, daß ich mich wiederhole: Das Christianentum ist entschlossen, seine Evolutionsgeschichte nicht zu vertuschen.
Auch die Natur steht zu ihrer Evolutionsgeschichte: In den 9 Monaten der Wiederholung der vielleicht 500 Millionen Jahre dauernden Entwicklungsgeschichte des Menschen, entwickelt der menschliche Embryo rudimentäre Kiemen, obwohl er sie gar nicht braucht. Ist dieses Gedächtnis der Natur ein Gottesgesetz`? Irrt Gott in den Handlungen der Kirchenväter, als sie die Bibel in den ersten Jahrhunderten spurenlos veränderten ? Führt uns das zur These 362 ?
"Wer ist unter euch, der an ein Gottesgesetz glaubt, wenn der Mensch in den 9 Monaten seiner Entwicklung rudimentäre Kiemen entwickelt, die vielleicht aus der Zeit vor 100 Millionen Jahren stammen und Gottes Willen dokumentieren, in allem Spuren der Wahrheit zu hinterlassen ?"
Das Christianentum ist fest entschlossen, niemals die Spuren seiner Entwicklung zu tilgen und seien sie noch so nachteilig.
Zitat:Du schriebst: "ich hielt alles, was mit Gott verflochten ist, für so unangreifbar, ..."
Ja, das ist aber trotz der Umformulierungen immer noch so. Meines Erachtens werden die Thesen ihrer Aufgabe nicht gerecht, Liebe, Geborgenheit, Wert usw., kurz Glauben zu erzeugen. Das haben Thesenpapiere so an sich. Thesen definieren den christianischen Gott. Dir mag es darum gehen, Gott besser zu verstehen. Das aber ist Sache der Theologie, nicht die Aufgabe der Religion.
Dein Satz, Gott besser zu verstehen ist Aufgabe der Theologie, nicht die Aufgabe der Religion, hat mich ziemlich verwirrt.
Ist Theologie der verstandesmäßige Zugang zur Religion ?
Zunächst tut mir die Feststellung von Herbert Vorgrimmler und Karl Rahner gut, daß sich Theologie und Religion nicht unbedingt voneinander abgrenzen lassen.
Zum Gegenstand der Theologie soll der Akt und der Inhalt des christlichen und kirchlichen Glaubens gehören, der in methodischer Reflexion untersucht wird.
Weder ist das Christianentum christlich, noch ist es kirchlich. Versucht hier wieder das menschenzentrierte Denken den wild gewachsenen Blumengarten und alle wilden Unkräuter des Christianentums zu sezieren ?
Wenn überhaupt Begriffe wie Theologie und Religion sich einigermaßen dem Christianentum nähern wollen, dann nur in der Erkenntnis, daß im Christianentum Theologie und Religion identisch sind und somit eine Einheit darstellen.
Wer das gefühlte Wort nicht kennt, wird es nie erjagen. Am Anfang war das Wort ? Am Anfang war das Gefühl und nicht das Wort. Das Wort ist eine mühsame Hilfskonstruktion, Gefühle zu "erklären". Eigentlich kann es das gar nicht. Wir ringen um Worte, weil wir nicht ausdrücken können, was wir fühlen. Das Wort ist eine Blechschere, die niemals den Zauber einer Blume ergreifen kann. Worte sind Schall und Rauch im Anblick der wunderbaren Natur, die der Christianer Blüte für Blüte als Gottesgeschenk empfindet. Und das soll keine Heimat für einen Glauben sein ? Das soll keine Heimat für Liebe und Geborgenheit sein ? Wer die Gottesgeschenke des Christianentums nicht finden will oder kann, der braucht seine Thesen gar nicht erst zu lesen.
Das Wort verharrt in systemimmanenter Überheblichkeit, wenn es behauptet, am Anfang war das Wort. Das ist eine glatte Lüge. Am Anfang war das Gefühl. Das Christianentum sieht das Wort als neureichen Emporkömmling, der Gefühle in das Reich der Fantasie verbannen will.
Die Theologie behauptet, sie sei Logos von Gott, als wenn Gott keine Gefühle hätte.
Daß wir uns Menschen nennen, ist eine Überheblichkeit des menschenzentrierten Denkens, das die Heimat unserer Tiere als juristische Sache verkommen ließ.
Diesen Geist aus der Büchse des - cogito,ergo sum - will das Christianentum bis zum letzten Atemzug bekämpfen.
Es tut mir leid, ich kann nicht anders.
Volker
Beiträge: 13890
Themen: 307
Registriert seit: Apr 2004
(05-02-2010, 21:18)VolkersList schrieb: Das Christianentum ist entschlossen, seine Evolutionsgeschichte nicht zu vertuschen. Das ist nett und edel. Aber auch in anderen Religionen bleiben Informationen über die Vergangenheit erhalten. Gelebte Tradition ist immer eine Adaptation der Tradition an die heutige Zeit.
(05-02-2010, 21:18)VolkersList schrieb: Auch die Natur steht zu ihrer Evolutionsgeschichte: ... Sorry, die Geschichte mit den rudimentären Kiemen beim Säugetier-Embryo beruht auf einer wissenschaftlichen Fälschung aus dem 19. Jahrhundert, wie ich meine, und wurde inzwischen widerlegt bzw. als Fälschung enttarnt. (Ich hab das aus einem Artikel in SPEKTRUM. Dort wurden die Zeichnungen aus dem 19 Jahrhundert mit modernen Fotos verglichen, und man kann deutlich sehen, wo der damalige Autor einfach dieselben Bilder genommen hat für ein Amphibium und beim menschlichen Embryo nochmals.).
(05-02-2010, 21:18)VolkersList schrieb: Dein Satz, Gott besser zu verstehen ist Aufgabe der Theologie, nicht die Aufgabe der Religion, hat mich ziemlich verwirrt.
Ist Theologie der verstandesmäßige Zugang zur Religion ? Ich sehe das zumindest so.
(05-02-2010, 21:18)VolkersList schrieb: Versucht hier wieder das menschenzentrierte Denken den wild gewachsenen Blumengarten und alle wilden Unkräuter des Christianentums zu sezieren ? Zunächst einmal bin ich Christ, dann protestantisch, dann fast ohne Gottesbild. Das Christianentum hat für mich, abgesehen von einigen Anregungen zur weiteren Diskussion wenig Attraktivität. Mir erscheint ein Gott, der nunmehr wieder konkrete Eigenschaften erhält, als ein Rückschritt gegenüber meiner persönlichen Entwicklung.
Es gibt da Aussagen in den Thesen des Christianentums, die mich immer noch stören, und das ist nicht die These, Gott könne sich irren. Von einer neuen Religion erwarte ich ein höheres Maß an Lösungen sozialer Probleme. Jesus hat die Randgruppen seiner vormals jüdischen Gemeinden in das Zentrum der Religionsausübung und damit der Gesellschaft gerückt. So wurden insbesondere Frauen, Sklaven und Ausgestoßene (Berufsgruppen) überhaupt als Problemfälle erkannt.
(05-02-2010, 21:18)VolkersList schrieb: Wer das gefühlte Wort nicht kennt, wird es nie erjagen. Hier unterscheiden wir uns erheblich: Gefühle können äußerst trügerisch sein. Innerlichkeit darf nicht zum Inhalt des Glaubens werden. Wichtig ist der Mitmensch, nicht der religiöse Überbau.
Was an Gutem nicht getan wird, geschieht nicht. Vielleicht würde ein intensives Studium und eine sehr eingehende Beschäftigung mit den Thesen zum Tun veranlassen, aber so der "direkte Renner" in diese Richtung sind die Thesen nicht. Dafür sind sie der katholischen Lehre zu sehr verhaftet, als Antithesen zwar, aber sie lösen sich nicht wirklich davon. Als Protestant hat man dafür eine feine Antenne!
Ein Beispiel, die 228 hat für mich ein absolut statisches Moment, das sich allein gegen eine ominöse (katholische?, biblische) Ewigkeitsauffassung stemmt. Solche mythischen Vorstellungen sind mir sowieso wurscht. Die sind bei mir so durch, wie die apokalyptische Literatur.
Oder die 47: Was will uns diese These sagen? Gott, der Splitter im Auge des Nächsten und der Balken in unserem Auge. Das ist bestenfalls eine Antithese gegen das entsprechen Bild das Jesus von der eigenen Schuld entworfen hat. Gott = Schuld?
Ich bitte dich! Ich wüsste nicht, zu was mich eine solche These motiviert. Bei dem Jesus-Gleichnis weiß man wenigstens, dass man die Schuld am Scheitern einer Beziehung zuerst einmal bei sich selbst suchen soll.
Wie gesagt, aller Wahrscheinlichkeit nach lösen deine Thesen bestimmte religionsphilosophische Probleme, die ich gar nicht habe. Infolgedessen kann ich deinen Thesen eher selten ein Motiv für mich entnehmen und werde so weder dir noch dem Christianentum gerecht.
Ich möchte mich für den negativen Touch entschuldigen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
Zitat: Das Christianentum hat für mich, abgesehen von einigen Anregungen zur weiteren Diskussion wenig Attraktivität. Mir erscheint ein Gott, der nunmehr wieder konkrete Eigenschaften erhält, als ein Rückschritt gegenüber meiner persönlichen Entwicklung.
Lieber Ekkard,
das Zentrum des Christianentums sind nicht die 361 Thesen, sondern die 1000 Gottesgeschenke. Die Thesen sind nur die Praelogien, die zum eigentlichen Glauben führen können, indem man die Geschenke Gottes sucht und anwendet, was zudem der Sinn des Lebens ist.
Du schreibst, daß für Dich Gott keine konkreten persönlichen Eigenschaften hat. Sollte er welche haben, erscheint Dir das als Rückschritt.
Diese Deine Feststellung liegt mir wie ein Stein im Magen.
Es reisst mich hin und her. Ich weiß, daß wir mit den abrahamitischen Religionen die vermenschlichten Götter der Griechen und Römer weit hinter uns gelassen haben.
Jezt kommt das heerensche Christianentum und gräbt das Überwundene wieder aus.
Ich weiß und fühle, daß das stimmt und gleichzeitig, daß das nicht stimmt.
Warum kann ich es nicht erklären ?
Wenn Gott in jedem Kleinstlebewesen, in jeder Pflanze, in jedem Tier wohnt, dann schaffen wir den Sprung, der uns als Rückschritt erscheint ziemlich ohne Probleme.
Wenn Gott aber im Menschen ( wie in jedem Lebewesen) wohnt, scheint es gefährlich zu werden.
Warum ?
Kommen wir dann unserem Schöpfer und uns selbst zu nahe ?
Psychoanalyse ist mir seit je unheimlich, weil sie zuweilen den Menschen so auseinander nimmt, daß sie ihn nicht wieder zusammen flicken kann.
Ist das heerensche Christianentum eine gefährliche religiöse Selbstananlyse ?
Laufen wir Gefahr, daß wir im Kreise laufen, wenn wir davon ausgehen, daß Gott in uns wohnt ?
Ist es normal und anerkannt zu sagen, in Jesus Christus hat Gott gewohnt, aber ist es Blasphemie zu sagen, daß Gott in 6,8 Milliarden Menschen wohnt ?
Hinter welchem Dornenbusch steckt das Geheimnis der Wohnung Gottes ?
Muß Gott seine Wohnung im Menschen räumen, um glaubhaft zu werden ?
Wohnt Gott doch nicht persönlich in jedem Lebewesen, sondern nur seine göttlichen Gesetze ?
Und welche sind das ?
Sind die menschlichen Gipfelerlebnisse der Liebe, aber auch die furchtbaren Konflikte der Menschen untereinander schon der Lebenskampf Gottes mit sich selbst ?
Warum will der Christianer keinen Himmel, der nicht auf Erden ist, warum will er keinen Gott, der irgendwo und nirgends über ihm schwebt, warum will er keinen Gott, der nur die Liebe kennt und mit Hass nichts oder wenig zu tun haben will, warum will er keinen moralin sauberen Alleskönner, warum will er keinen, der sich von Sünde reiner gewaschen hat als Schnee, warum kann er die Moralapostel aller Kirchen nicht mehr ertragen ?
Muß Gott, wenn er als Partner in uns wohnt, konkrete Eigenschaften haben ? Wer sagt das ?
Ist Gott unser Schatten, dem wir nicht entfliehen können ? Aber Schatten ist das falsche Wort, dann schon lieber Lichtschatten.
Leider muß ich hier abbrechen.
Danke, lieber Ekkard.
Volker
Beiträge: 13890
Themen: 307
Registriert seit: Apr 2004
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: das Zentrum des Christianentums sind nicht die 361 Thesen, sondern die 1000 Gottesgeschenke. Die Thesen sind nur die Praelogien, die zum eigentlichen Glauben führen können, indem man die Geschenke Gottes sucht und anwendet, was zudem der Sinn des Lebens ist. Mit den so formulierten "Gottesgeschenken", die in deinem Büchlein stecken, fangen meine Probleme allerdings erst richtig an.
Beispiele:
347. Das Geschenk der Vermutung, dass alle Wirtschaftsbeziehungen der Menschen untereinander auch Beziehungen zu Gott sind, der in jedem Menschen wohnt.
Ich glaube, dass "347" mehr wäre als eine Vermutung, wenn wir die Wirtschaftsbeziehungen ganz allgemein als eine Beziehung wahr nähmen, die ganz selbstverständlich über unser wahres Menschenbild Auskunft gibt. Viele Miss-Stände sind nur dadurch zu erklären, dass unser Menschenbild eurozentrisch - und damit gruppenzentriert - ist. Diese Art der Beziehung wird gerade im Christentum als ausgesprochen verwerflich angesehen und stellt somit keine neue Forderung nach Besserung dar. In "347" muss man sich die eignetliche Forderung nach Verbesserung der Beziehungen aufgrund des "göttlichen Vermutungsgeschenks" selbst denken.
Sorry Volker, das spiegelt mal wieder das Problem, dass Wahrheiten "verklausuliert" werden, auf dass niemand "vor den Kopf gestoßen" werde.
327. Das Geschenk des Bewusstseins, dass jeder Mensch am Fortschritt der Menschheit beteiligt ist, so winzig er auch sein mag.
Was bitteschön ist "Fortschritt". Noch so eine Verschlüsselung. Im Allgemeinen ist europäischer Fortschritt ein anderer Ausdruck für Wohlergehen und Reichtum in der Hand Weniger (besonders, wenn sie in die ehemaligen britischen Kolonien ausgewandert und dort eigene Staatsgebilde aufgerichtet haben. Ihr eurozentrierter Gruppenegoismus treibt dort die wundersamsten religiösen Verbrämungen, damit niemand auf die Idee komme, es könne sich um Gier handeln).
Was du meinst, mag etwas anderes sein, dann schreib' das auch so!
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Wenn Gott in jedem Kleinstlebewesen, in jeder Pflanze, in jedem Tier wohnt, dann schaffen wir den Sprung, der uns als Rückschritt erscheint ziemlich ohne Probleme.
Wenn Gott aber im Menschen ( wie in jedem Lebewesen) wohnt, scheint es gefährlich zu werden. Warum?
Kommen wir dann unserem Schöpfer und uns selbst zu nahe? Lieber Volker,
ich glaube einfach nicht, dass Gott in jedem Lebewesen wohnt, auch nicht im Menschen - jedenfalls nicht als Eigenschaft Gottes. Hier tust du einfach das, was die römisch-katholische Kirche auch tut: du ordnest Gott Eigenschaften zu, die man nicht wissen kann. Diese Behauptungen enden bei näherer Analyse in Widersprüchen. Ich weiß, das Christianentum möchte diese Widersprüche zum religiösen Text vermeiden, aber das gelingt nur, wenn man Religion für gruppendynamische Prozesse offen hält. Texte sind nur Projektionsflächen, auf der hier und da kleine Markierungen angebracht sind, damit man weiß, worüber gesprochen wird.
Hinter den "1000 Gottesgeschenken" steckt vielleicht die richtige Idee, aber du bist noch viel zu katholisch, um diese offensiv zu formulieren. Möglicherweise wären weniger Thesen besser, vor allem Thesen, die sich um grundsätzliche Bedürfnisse von Menschen kümmert, sprich um ein Menschenbild, was unsere eurozentrischen Fortschritte aufspießt und endlich sagt, dass wir auf Kosten anderer und der Umwelt leben.
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Ist das heerensche Christianentum eine gefährliche religiöse Selbstananlyse? Meines Erachtens ist die Heerensche Formulierung einer neuen Religion überhaupt keine "Analyse", sondern es ist bestenfalls der Versuch, sich von der Dogmatik einer bestimmten Kirche zu lösen. Ich sag ja: Anregungen zum Nachdenken gibt es viele. Nur als "neue Religion" taugen sie nichts, weil sie erkennbar gegen etwas sind, das bereits existiert. Und "gegen etwas sein" reicht nicht, um andere mitzureißen, besonders jene, die schon seit 500 Jahren mit jener Institution gebrochen haben.
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Ist es normal und anerkannt zu sagen, in Jesus Christus hat Gott gewohnt, aber ist es Blasphemie zu sagen, daß Gott in 6,8 Milliarden Menschen wohnt ? Nu, es gibt mehr als einen Gläubigen, der auch Jesus und Gott nicht in dieser Form "zusammenbringen". Jesus hat zu Gott gebetet, er hat im Namen Gottes Sünden vergeben, Kranke geheilt und Ausgegrenzte in die Gemeinde zurück geholt.
Weil hier ein theologisches Problem für viele Gläubige besteht, verlagert das Christianentum den unfassbaren Gott der abrahamitischen Religionen ganz konkret "auf Alle" (Menschen). Meiner Meinung nach wird das angesprochene Problem damit nur verschoben, vielleicht im Sinne demokratischer Ansichten eines modernen Mitteleuropäers.
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Wohnt Gott doch nicht persönlich in jedem Lebewesen, sondern nur seine göttlichen Gesetze? Es steckt eine große Klugheit in der ursprünglich jüdischen Auffassung, dass Gott zwar überall wirkt, aber nirgends einen besonderen Ort in der Welt hat. Jeder "Gerechte" kann die Welt retten, so die jüdische Auffassung. Dazu muss er kein Gott sein.
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Sind die menschlichen Gipfelerlebnisse der Liebe, aber auch die furchtbaren Konflikte der Menschen untereinander schon der Lebenskampf Gottes mit sich selbst? Volker, du löst das Problem der Theodicee nicht! Ich halte mich auch da an die These: Über Gott und sein Verhalten wissen wir nichts. Gott ist für uns Menschen ein Ordnungsprinzip für unsere Gesellschaften und niemand und nichts, das die Welt lenkt ohne unsere Beiträge.
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Warum will der Christianer keinen Himmel, der nicht auf Erden ist, warum will er keinen Gott, der irgendwo und nirgends über ihm schwebt, warum will er keinen Gott, der nur die Liebe kennt und mit Hass nichts oder wenig zu tun haben will, warum will er keinen moralin sauberen Alleskönner, warum will er keinen, der sich von Sünde reiner gewaschen hat als Schnee, warum kann er die Moralapostel aller Kirchen nicht mehr ertragen ? Der Witz an der Gottesvorstellung ist doch, sich von den Einflüsterungen der Mächtigen, bestimmter Denkungsarten und Ideologien ein Stück weit lösen zu können. Ein Gott, der im Christianentum gewissermaßen ein Stück des Menschen ist oder umgekehrt, verliert die Kraft, Gott zu sein. Er ist damit in unsere Denkungsarten eingebunden. Gehen die schief, hat er sich halt geirrt. Dumm gelaufen.
Das enthebt den Menschen doch in keiner Weise, seine Denkungsarten ständig auf den Prüfstand zu stellen, meine ich.
(09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: Ist Gott unser Schatten, dem wir nicht entfliehen können? Verstehe ich nicht: Das Christianentum postuliert einen gelegentlich irrenden Gott, der ständig in uns wohnt und unseren Geist beeinflusst.
Ein Entfliehen ist doch im Christianentum ganau so unmöglich, wie im Judentum (und damit in allen abrahamitischen Religionen). Im Judentum ist Gott das Organisationsprinzip schlechthin - überall. Um unsere Gesellschaften aufrecht zu erhalten, haben wir Christen IHN vorstellungsmäßig als maßgebend (als Maß des "eigentlich" Guten) adaptiert (in den Bundesschlüssen mit IHM).
Ich sehe gegenüber der christlichen Auffassung den Verlust der überindividuellen "Maßgeblichkeit", weil der Gott des Christianentums individuell maßgebend sein kann.
Danke für deine Erläuterungen und Fragen! Sag's rechtzeitig, wenn du keine Lust mehr hast. Ich bin und bleibe ein unbequemer Christ.
Schon ist es wieder Zeit, dass ich mich an der Zubereitung unseres Mittagessens beteilige.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
15-02-2010, 15:37
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15-02-2010, 18:17 von Ekkard.)
(10-02-2010, 13:37)Ekkard schrieb: (09-02-2010, 20:14)VolkersList schrieb: das Zentrum des Christianentums sind nicht die 361 Thesen, sondern die 1000 Gottesgeschenke. Die Thesen sind nur die Praelogien, die zum eigentlichen Glauben führen können, indem man die Geschenke Gottes sucht und anwendet, was zudem der Sinn des Lebens ist. Mit den so formulierten "Gottesgeschenken", die in deinem Büchlein stecken, fangen meine Probleme allerdings erst richtig an.
Beispiele:
347. Das Geschenk der Vermutung, dass alle Wirtschaftsbeziehungen der Menschen untereinander auch Beziehungen zu Gott sind, der in jedem Menschen wohnt.
Ich glaube, dass "347" mehr wäre als eine Vermutung, wenn wir die Wirtschaftsbeziehungen ganz allgemein als eine Beziehung wahr nähmen, die ganz selbstverständlich über unser wahres Menschenbild Auskunft gibt. Viele Miss-Stände sind nur dadurch zu erklären, dass unser Menschenbild eurozentrisch - und damit gruppenzentriert - ist. Diese Art der Beziehung wird gerade im Christentum als ausgesprochen verwerflich angesehen und stellt somit keine neue Forderung nach Besserung dar. In "347" muss man sich die eignetliche Forderung nach Verbesserung der Beziehungen aufgrund des "göttlichen Vermutungsgeschenks" selbst denken.
Sorry Volker, das spiegelt mal wieder das Problem, dass Wahrheiten "verklausuliert" werden, auf dass niemand "vor den Kopf gestoßen" werde.
Lieber Ekkard,
Du hast Recht mit Deiner Analyse, daß das christianische Gottesgeschenk 347, daß die Wirtschaftsbeziehungen der Menschen auch Gottesbeziehungen sein sollen, dürftig und formalistisch ist.
Du schreibst, daß das Geschenk 347 mehr wäre als eine Vermutung, wenn man voraussetzen könnte, daß menschliche Wirtschaftsbeziehungen verläßlich Auskunft über das wahre Menschenbild geben könnte.
Ich glaube, es ist durch Dich an dieser Stelle die Zeit gekommen, daß die viel zu einfache und naive Formulierung der These 23 nicht mehr aufrecht erhalten werden kann:
"Wer ist unter euch, der an Gott glaubt, der den Menschen kennt und herausfindet, daß Gott in seiner Seele wohnt und daß der mit Gott spricht, wenn er mit sich selber spricht."
Du hast Recht, so geht das nicht.
Die Behauptung des Christianentums, daß Gott in der Seele des Menschen wohnt, ist zu einfach, sprich, zu unqualifiziert. Daß Gott in der Seele des Menschen wohnt, ist in dieser schlichten Verkürzung nicht wahr.Wohnt Gott auch in der Seele eines Verbrechers ?
Das Christianentum benutzt für diesen Fall die Feststellung, daß Gott sich irrt, wenn er einen Verbrecher gewähren läßt.
Das Christianentum hält also unbeirrt an der These fest, daß selbst dann Gott in der Seele eines Menschen wohnt, wenn dieser ein Verbrecher ist.
Aber das ist ohne Verdikt unmöglich.
Die Aussage, daß Gott sich irrt, wenn ein Verbrecher seine Untaten begeht, ist viel zu schwach und in ihrer Schwäche einfach unwahr.
Wsir Menschen sagen, irren ist menschlich und meinen damit, daß nur ein höheres Wesen in der Lage sein kann, sich niemals zu irren.
Aber gerade das schließt das Christianentum aus mit der Aussage, daß auch Gott sich irren kann.
Der Trugschluß muß in der Aussage stecken, daß Gott im Menschen wohnt. Diese Aussage, die quasi eine Wohngemeinschaft beschreibt, ist in ihrer Schlichtheit einfach unwahr.
Hilft uns unsere Seele ?
Hilft es uns, wenn wir sagen, daß Gott in unserer Seele wohnt ? Wird mit dieser Aussage das Problem der Faßbarkeit nur verschoben ?
Hilft es uns, wenn wir den Ariadnefaden von der anderen Seite aufnehmen ?
Alle Lebewesen, alle Pflanzen und Tiere leben und handeln doch nicht im luftleeren Raum, sondern sie sind gebunden an ihre Entstehung und an ihre Entstehungsgeschichte.
Über ihr Entstehung wissen wir noch gar nichts, ihre Entstehungsgeschichte entdecken wir gerade. Das Mindeste, das als Tatsache festgestellt werden kann, da war eine Kraft oder irgendwas, das den Anfang des Lebens erschaffen hat. Das Christianentum mischt sich unverfroren ein und sagt, diese Kraft wirkt bis heute, bis jetzt, in jeder Minute. Quod erat demonstrandum est.
Wenn diese Kraft , die vor 3,5 Milliarden Jahren das Leben schuf, noch immer wirksam ist, was folgt daraus ?
Wenn diese Kraft nicht nur in allen Lebewesen, sondern auch im Menschen noch heute wirksam ist, was tut sie in uns ?
Und wie tut sie es ?
Wir sind wieder am gleichen Punkt angelangt, der Ariadnefaden hat uns im Kreise herum geführt.
Was ich bis heute nicht begreifen kann, warum ist es so gefährlich anzunehmen, daß die Kraft Gottes in uns Menschen jede Minute wirksam ist ? Schließlich leben wir doch nicht wie eine einmal auf ein Gleis gestellte und aufgezogene Lokomotive auf den Zwangswegen unserer Lebensschienen. Gewiß, unsere Weichenstellungen beinhalten geringere Stellmöglichkeiten, als wir glauben möchten. Nebengedanke: Nach These 62 ist der Mensch nur halb so frei.
In meinem Gehirn baut sich eine Barriere auf bei dem Gedanken, wie ich meinen Partner erkennen oder gar fassen kann, ohne daß Gott vermenschlicht wird.
Es ist eine Tatsache, daß mich ein Gefühl überwältigt, daß in mir ein Partner ist, mit dem ich sprechen kann, ja mehr noch, mit dem ich Gedanken austauschen kann.
Warum kann ich es niemanden erklären, daß ich ihn für Gott gehalten habe ?
Vielleicht liegt die Lösung darin, daß ich meinen Partner als meinen alter ego betrachte ? Alles das klingt so vage, so hergeholt, dabei spreche ich mit "mir" tagtäglich, da ich viel allein bin.
Vielleicht liegt die Lösung in der konkreten Geschenkliste Gottes, die ziemlich am Anfang mit der linken Hand beginnt. Das klingt banal und warum ist grade die linke Hand ein Gottesgeschenk ? Muß sie ja nicht, denn der 13jährige Denise, die ich kenne, fehlen beide Hände.
"Wer ist unter euch, der daran zweifelt, daß unsere Hände Gottesgeschenke sind ?"
Wenn ich meine Hände in den Schoß lege, ist das sehr konkret, aber noch konkreter wird es bei Denise, der beide Hände durch Contergan fehlen.
Unsere Hände sind konkret, gegenständlich, beweisbar, selbst dann, wenn sie fehlen.
Welch ein Unterschied zu Gesprächen mit sich selbst. Selbstgespräche können sehr konkret hörbar sein, aber meistens sind sie lautlos, unhörbar und amit auch nicht beweisbar. Da fangen die Probleme an.
Mit wen unterhälst du dich, wenn du mit dir selber sprichst ?
Lautet die Antwort, mit niemandem , denn ich bin es ja selbst, der mit sich spricht ?
Dieses "mit sich selber sprechen" , diese Selbstgespräche stecken voller Geheimnisse. Sind das Gedanken, die angeblich frei sind ?
Können Gedanken sich außerhalb ihre Sprachkörpers aufhalten, einfacher, kann man Gedanken ohne Sprache denken ?
So geheimnisvoll Selbstgespräche sind, Gedanken sind es nicht. Man kann sie jederzeit äußern und dann verlassen sie den Eigenkosmos, ihre stumme , unhörbare Geburtstätte und müssen sich in der rauhen Welt der Sprache bewähren.
Vielleicht wohnt Gott gar nicht in uns, sondern in unseren Gedanken ?
Haben Gedanken Regeln ?
Angeblich sind Gedanken frei, aber sind sie das wirklich ?
Handelt es sich um eine Auto -Suggestion, wenn man sich in Gedanken einen Partner bei seinen Selbstgesprächen vorstellt ?
Was ist mit der Forderung an den Menschen, daß Denken und Handeln möglichst nicht voneinander abweichen sollen ?
Werden Gedanken erst dann konkret, wenn sie Hanlungen verursachen ? Nein, das kann nicht sein. Auch Gedanken , die nie das Licht der Welt erblicken, können sehr konkret sein.
Es muß eine Beziehung, ja sogar eine Abhängigkeit geben, zwischen unserer Entwicklungs geschichte und unsrem heutigen Dasein. Und unsere Entwicklungsgeschichte hängt von der Erschaffung des Lebens ab.
Wer hat den Menschen die Sehnsucht nach Singen und Lachen eingepflanzt ?
Die Sehnsucht nach Liebe ? Die Sehnsucht nach Geborgenheit ? Die Sehnsucht nach Verstehen ?
Was ist zwischen der Schöpfung des Lebens vor 3500 Millionen Jahren und dem Beginn der Menschwerdung vor 4 Millionen Jahren geschehen ?
Vor 4 Millionen Jahren trennten wir uns von den Affen, die heute noch immer Affen sind.Warum ?
Lucys Gehirn war mit 450 ccm schon etwas größer als ein Affenhirn. War das der Grund, warum ihre Nachfahren versuchten, das Feuer zu zähmen ?
Zähmten wir Menschen das Feuer vor 2 Millionen Jahren ?
War der erste Mensch, der das Feuer zähmte, Adam ?
Stieg nach der Zähmung des Feuers, also nach der Erschließung größerer Energieaufnahme durch gegartes Fleisch, unser Gehirnvolumen steil bergan, auf 600 ccm, bzw, auf 900 ccm ?
Verharrt unser heutiges Gehirn auf 1500 ccm oder nimmmt es weiter zu ?
Können wir bis zu einem Zeitpunkt 4 Millionen Jahre vor heute, als wir uns von den Affen trennten, von einer göttlichen Schöpfung sprechen ?
Ja, dreimal ja.
Der Mensch, obwohl ein Spitzenprodukt der Schöpfung, ist nicht das Maß für die Schöpfung.
Andererseit gibt es in der Milchstraße ekin anderes "Maßband" , als den Menschen.
Wie kommen Menschen dazu, die Schöpfung von der Evolution zu trennen, als ob es reichen würde, eine Horde von Einzellern zu erschaffen und alles andere hat sich dann von selbst ergeben ?
Wer oder was hat die Schöpfungbis zur Entwicklung des Affen getrieben ?
Wer oder was hat unsere Trennung vom Affen veranlasst ?
Wer oder was wohnt in uns, mit dem wir Selbstgesspräche führen können ?
Liegt der Schlüssel zu Liebe und Geborgenheit in uns selbst ?
Wer oder was hat gesagt, daß wir eine Kirche brauchen ?
Wer oder was veranlasst, daß unsere Evolution weiter geht ?
Falls nicht, wer oder was hat sie gestoppt ?
Wie erfassen und bemessen wir die scheinbar unsichtbare Kraft, die nach der Challenger- und Columbia-Katastrophe, Menschen weiter ins Weltall fliegen läßt ?
Habe ich endlich einen Wurstzipfel der Wahrheit erwischt, wenn ich sage:
"Wer ist unter euch, der glaubt, das ein Gottatom in ihm wohnt, das sein Partner ist ?"
Es tut mir leid, ich kann nicht anders.
Danke für alles.
Volker
Beiträge: 19363
Themen: 156
Registriert seit: Oct 2009
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Das Christianentum benutzt für diesen Fall die Feststellung, daß Gott sich irrt, wenn er einen Verbrecher gewähren läßt
worin genau besteht der irrtum gottes an dieser stelle?
wozu würde gott sich "richtig" entscheiden, was würde er tun, irrte er sich nicht?
Zitat:Das Mindeste, das als Tatsache festgestellt werden kann, da war eine Kraft oder irgendwas, das den Anfang des Lebens erschaffen hat
nö
wer soll das wie "als Tatsache festgestellt" haben?
es ist eine bloße behauptung bzw. wunschdenken deinerseits
Zitat:Was ich bis heute nicht begreifen kann, warum ist es so gefährlich anzunehmen, daß die Kraft Gottes in uns Menschen jede Minute wirksam ist ?
was soll daran gefährlich sein?
du darfst annehmen, was du lustig bist. die gedanken sind frei. selbst wenn du dir eine "Kraft Gottes in uns Menschen" vorstellst wie andere sich das fsm
Zitat:"Wer ist unter euch, der daran zweifelt, daß unsere Hände Gottesgeschenke sind ?"
vermutlich eine ganze menge menschen. nich zuletzt jene, die von diesen händen mißhandelt werden
Zitat:Wie kommen Menschen dazu, die Schöpfung von der Evolution zu trennen, als ob es reichen würde, eine Horde von Einzellern zu erschaffen und alles andere hat sich dann von selbst ergeben ?
wer außer dir selbst hätte schon mal eine derart krause hypothese von sich gegeben?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Beiträge: 13890
Themen: 307
Registriert seit: Apr 2004
Lieber Volker,
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Die Aussage, dass Gott sich irrt, wenn ein Verbrecher seine Untaten begeht, ist viel zu schwach und in ihrer Schwäche einfach unwahr.
Wir Menschen sagen, irren ist menschlich, und meinen damit, dass nur ein höheres Wesen in der Lage sein kann, sich niemals zu irren.
Aber gerade das schließt das Christianentum aus mit der Aussage, dass auch Gott sich irren kann.
Der Trugschluss muss in der Aussage stecken, dass Gott im Menschen wohnt. Diese Aussage, die quasi eine Wohngemeinschaft beschreibt, ist in ihrer Schlichtheit einfach unwahr. Ich glaube, du übernimmst aus der Religiosität deiner Kindheit und Jugend die Angewohnheit, über Gott Aussagen zu machen. Du weißt über Gott nichts, ich nicht, keine der Kirchen, niemand, auch nicht die Bibel. Bei gruppendynamischer Betrachtungsweise ist das Wort „Gott“ ein Symbol für eine Zielvorstellung, wie das Leben der Gemeinde gelingen könnte, ohne dass deren Individuen Hunderte von Regeln stur lernen und ausüben.
Die einzelnen Gottesbilder mögen dazu nützlich sein. Wahr, wirklich oder tatsächlich sind sie deshalb nicht. Und genau daran scheitert die Aussage „Gott kann sich irren“. Schon dem Christentum wird vorgeworfen, dass die Verantwortung für das eigene Handeln auf einen vorgestelltes höheres Wesen (Gott) abgewälzt werde. Wie viel mehr gilt das dann für eine Gottesvorstellung, die den Irrtum als schicksalhaft, göttlich-unvermeidlich hinstellt.
Nein, die Vorstellung eines Gottes, der sich irren kann, erzwingt geradezu eine areligiöse, vollkommen menschenorientierte Denkweise.
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Hilft es uns, wenn wir sagen, dass Gott in unserer Seele wohnt ? Wird mit dieser Aussage das Problem der Fassbarkeit nur verschoben ? In unserer „Seele“ wohnen nicht nur die Gottes-, sondern auch eine ganze Reihe anderer Vorstellungen! Die alle sind nicht etwa transzendent, sondern beruhen auf sozialen Lernprozessen, soweit sie nicht angeboren sind (Archetypen). Religionslehren konstruieren daraus Überwesen durch Idealisierungen (Übersteigerungen).
Ein Gott, der irrt, ist aber nicht einmal das!
Lieber Volker, Deinen Exkurs in die Evolution in allen Ehren! Aber gehört er wirklich in das Problem „Glaube“? Das Einzige, was man in dem Zusammenhang sagen kann: Unsere Gedanken unterliegen den gleichen Prozessen, wie wir sie draußen bei der Entwicklung des Lebens sehen können. Sie werden in verschiedenen Varianten erzeugt, werden auf ihre Anwendbarkeit, ihre Ästhetik, ihren Beeinflussungszweck hin abgeklopft und behalten oder verworfen, je nach dem, was wir gerade gebrauchen können. Das Gedanken nur Schaltzustände im Geflecht unserer Nervenzellen sind, ist ihr Tod oder Überleben von einem viel geringeren Aufwand verbunden, als wenn wir alles erst ausprobieren müssen. Vielleicht ist ja „Verbrechen“ nichts anderes als der physische Test, ob ich von einer Gesellschaft mehr erhalten kann, als mir nach „Software“ (Moral/ethischen Regeln) zukommen würde.
Du siehst, hier irrt nicht Gott, sondern ein bestimmtes Gehirn. Und vielleicht auch nur in Verbindung mit der umgebenden Gesellschaft.
An anderer Stelle habe ich sinngemäß geschrieben: Ich kann mir die Welt nicht anders vorstellen, als dass es eine Macht gibt, die uns wollte. Das aber ist eine sehr subjektive, nur für mich gültige Vorstellung. Mit dieser Vorstellung ist – für mich – eine Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt verbunden. Dadurch sind – für mich – viele ethische Regeln „von selbst verständlich“. Ich hoffe, ich habe nirgends im Forum jemals Aussagen über Gott gemacht mit dem Anspruch der Allgemeingültigkeit! Wenn doch, dann ist mir das aus der Gewohnheit religiöser Sprechweise „durchgerutscht“.
Ich betone ausdrücklich, die religiöse Sprechweise suggeriert in gar manchen Fällen eine Objektivität, die in Wahrheit nicht gegeben ist. „Gott kann sich irren.“ steht genau in dieser Tradition!
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Das Mindeste, das als Tatsache festgestellt werden kann, da war eine Kraft oder irgendwas, das den Anfang des Lebens erschaffen hat. Das Christianentum mischt sich unverfroren ein und sagt, diese Kraft wirkt bis heute, bis jetzt, … Du hängst deinen Glauben gerne an äußerlich sichtbaren Dingen auf (Entstehung und Entwicklung des Lebens)? Da kann ich nur zur Vorsicht raten. Das sieht jeder Mensch anders. Manchen ist es sogar schnurz-egal. Die blicken ohnehin nicht durch. Gleichwohl müssen sie sich innerhalb ihrer Gesellschaft zurecht finden können (religiös und/oder säkular).
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Was ich bis heute nicht begreifen kann, warum ist es so gefährlich anzunehmen, dass die Kraft Gottes in uns Menschen jede Minute wirksam ist ? Schließlich leben wir doch nicht wie eine einmal auf ein Gleis gestellte und aufgezogene Lokomotive auf den Zwangswegen unserer Lebensschienen. War von „gefährlich“ die Rede? Wenn ja, dann möchte ich dies relativieren. Es ist ein Unterschied, ob Gott die Kraft ist, die uns wollte und wir dadurch verantwortlich sind für unser Handeln, oder ob diese Kraft uns auf uns selbst wirft, weil sie irren kann. Damit erhält die Gesellschaft einen Stellenwert, den sie schamlos missbrauchen kann (und das auch schon mehrfach getan hat).
Ich habe etwas Schwierigkeiten, deine subjektiven Empfindungen „Selbstgespräche“ nachzuvollziehen. Gedanken werden fortwährend „erzeugt“ (steigen aus dem Unbewussten auf) und im Wachzustand auf ihre Brauchbarkeit hin abgeklopft. Sind sie „brauchbar“ (das kann auch angenehm bis schrecklich sein), dann werden sie „behalten“ zur späteren, gegebenenfalls sofortigen Verwendung. Da das Ganze im Sprachzentrum stattfindet, klingt dieses Gedankenspiel wie ein Dialog, zumindest manchmal.
Das kann man als geheimnisvoll erleben. Aber das ist halt die subjektive Seite der Geschichte. Selbstverständlich spielen dabei auch unsere „Spiegelneuronen“ eine Rolle, die ständig Signale abgeben, was andere empfinden könnten. Dazu nutzen sie weitgehend Mimik und Gestik unseres Gegenübers.
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Können Gedanken sich außerhalb ihre Sprachkörpers aufhalten, einfacher, kann man Gedanken ohne Sprache denken ? Nach neueren Untersuchungen können sie das eben nicht. Hier zeigt sich lediglich, dass die Ich-Tradition ein ziemlich dynamischer und volatiler Prozess ist, dessen Resultate gespeichert (behalten) werden. Auf diese Weise haben wir den subjektiven Eindruck, kontinuierlich „Ich“ zu sein.
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Vielleicht wohnt Gott gar nicht in uns, sondern in unseren Gedanken ? Du machst es dir viel zu schwer, weil du versuchst, Gott zu objektivieren (ganz im Sinne der traditionellen, christlichen Religionslehren).
Die objektiven und auch die intersubjektiven Seiten unseres Lebens sind erforschbar, notfalls durch Umfragen. Damit unterliegen sie dem menschlichen Zugriff. Sollte Gott durch den Menschen feststellbar sein? Ich denke, das ist jedenfalls nicht der Fall, also sollte man es auch nicht versuchen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
(18-02-2010, 19:54)Ekkard schrieb: Lieber Volker,
(15-02-2010, 15:37)VolkersList schrieb: Die Aussage, dass Gott sich irrt, wenn ein Verbrecher seine Untaten begeht, ist viel zu schwach und in ihrer Schwäche einfach unwahr.
Wir Menschen sagen, irren ist menschlich, und meinen damit, dass nur ein höheres Wesen in der Lage sein kann, sich niemals zu irren.
Aber gerade das schließt das Christianentum aus mit der Aussage, dass auch Gott sich irren kann.
Der Trugschluss muss in der Aussage stecken, dass Gott im Menschen wohnt. Diese Aussage, die quasi eine Wohngemeinschaft beschreibt, ist in ihrer Schlichtheit einfach unwahr. Ich glaube, du übernimmst aus der Religiosität deiner Kindheit und Jugend die Angewohnheit, über Gott Aussagen zu machen. Du weißt über Gott nichts, ich nicht, keine der Kirchen, niemand, auch nicht die Bibel. Bei gruppendynamischer Betrachtungsweise ist das Wort „Gott“ ein Symbol für eine Zielvorstellung, wie das Leben der Gemeinde gelingen könnte, ohne dass deren Individuen Hunderte von Regeln stur lernen und ausüben.
Die einzelnen Gottesbilder mögen dazu nützlich sein. Wahr, wirklich oder tatsächlich sind sie deshalb nicht. Und genau daran scheitert die Aussage „Gott kann sich irren“. Schon dem Christentum wird vorgeworfen, dass die Verantwortung für das eigene Handeln auf einen vorgestelltes höheres Wesen (Gott) abgewälzt werde. Wie viel mehr gilt das dann für eine Gottesvorstellung, die den Irrtum als schicksalhaft, göttlich-unvermeidlich hinstellt.
Nein, die Vorstellung eines Gottes, der sich irren kann, erzwingt geradezu eine areligiöse, vollkommen menschenorientierte Denkweise.
Lieber Ekkard,
herzlichen Dank für Deine profunden und ausführlichen Aussagen über meine religiösen Findungsprobleme im Zusammenhang mit dem Christianentum.
Du schreibst, daß ich aus der Religiosität meiner Kindheit und Jugend die Angewohnheit übernehme, über Gott Aussagen zu machen.
Angewohnheit nein, Denkweise ja.
Dann schreibst Du: Du weißt über Gott nichts, ich(Ekkard) nicht, keine der Kirchen, niemand, auch die Bibel nicht.
Das widerspricht fundamental meinem bisherigen Leben, stellt alle meine Lebenserfahrung auf den Kopf, behauptet, daß alle meine Fundamente meines bisherigen Lebens unwahr sind.
Das sind sie nicht. Dreimal nicht.
Das sind die Fundamente meines Lebens: Ich habe einen Körper, der hat Organe, Gliedmaßen, der kann sich bewegen, noch.
Frage: Woher ?
Hilfskonstruktion: Von Gott ?
Ich weiß von Gott nichts ?
Aber ich kann sehen, fühlen, erleben.
Hilfskonstruktion: Solange ich nicht weiß, woher das kommt oder warum, nehme ich mal an, es kommt von irgendwas, das vielleicht Gott heißen kann.
Wenn ja, wenn von Gott, dann kann ich Gott sehen, indem ich mich anschaue.
Oder den Nächsten anschauen.
Oder aus dem Fenster sehen.
Oder draußen die Natur sehen.
Oder die Erde und den Himmel sehen.
Und von all dem weiß ich nichts ?
So geht das nicht, lieber Ekkard.
Das Leben auf unserer Erde ist sichtbar. Und nicht nur das. Es ist sichtbar, daß es lebt. Daß es sich bewegt. Wohin ? Unbekannt.
Aber es bewegt sich.
Frage: Was brauchen wir, um mehr über diese Bewegung zu erfahren und über das Woher und das Wohin ?
Gott ? Aus purer Bequemlichkeit ?
Aus Sammelwut ? Isis, Osiris, Helios, Zeus, Jehova, Gott, Jesus, Allah, Shintu, x, y, z ?
Zuerst Laut geben und dann nachdenken, was das sein könnte ?
Ich sehe mich und ich sehe das Leben. Ich sehe , daß es sich bewegt, in etwa, wie ich mich bewege.
Diese Bewegung ist für mich voller Rätsel.
Woher kommt der Harndrang, dieses Rätsel unbedingt lösen zu wollen ?
Steckt schon wieder dieser Unaussprechliche dahinter ?
Welche Macht dreht an mir , an meinen Knöpfen ?
Besteht unser Leben nur aus Fragezeichen, weil wir aus dem Dunkel der Evolution kommen ?
Weil der Anfang unseres Lebens ein Geheimnis ist ?
Ist retrogrades Denken verboten ?
Sind Tatsachen keine Tatsachen, weil ihr Ursprung im Dunkeln liegt ?
So geht das nicht.
Wie geht es dann ?
Packt uns die Verzweiflung angesichts der Übermacht unserer gegnerischen Rätsel ? Gilt für uns die Devise, vorwärts Kameraden, wir müssen zurück ?
Wie kommen wir hinter das Geheimnis unserer Bewegung, die wir sehen, aber nicht deuten können ?
Steckt uns der Begriff Gott wie eine verschluckte Gräte quer im Gehirn und blockiert weiterführende Lösungen ?
Gibt es eine vorgeblich nur semantische Lösung mit der Vorstellung einer Macht, die uns wollte ?
Aber jetzt nicht mehr will ?
Warum denn gerade jetzt ?
3500 Millionen Jahre Evolution wurde heute durch Nachdenken gestoppt ?
Stellt sich an den Grenzen unseres Denkens Irrsinn ein ?
Und, was mich völlig fertig macht, ist, daß ich nichts tun kann, als diese blöde eigene Sprache wie ein angeschmiedetes Stahlnetz, das mich fesselt, benutzen zu müssen.
Ich fühle, ich leide, ich weiß, meine Sprache ist nicht meine Sprache, sie wurde mit umgehängt, wie ein ungeliebter Schlips, den ich freiwillig nie tragen würde.
Eine unbekannte, oft verleugnete, aber existente Macht zwingt mich, etwas Neues zu formulieren, aber bitte schön, mit dem alten verbrauchten und ausgeleierten Werkzeug meiner Vorgänger.
Wollen wir dieses abgenutzte und ausgeleierte 4-letter word unserer Vorgänger nicht endlich in die Asservatenkammer vergangener Kriminalfälle stecken und nur noch von einer WillMacht sprechen ?
Ich bin erschöpft und dankbar zugleich für das, was Du mir schreibst.
Volker
Beiträge: 13890
Themen: 307
Registriert seit: Apr 2004
Lieber Volker,
Danke für deine Anstrengungen und deine Antworten. Vielleicht können wir die Diskussion so ausklingen lassen:
(20-02-2010, 14:12)VolkersList schrieb: Ich sehe mich und ich sehe das Leben. Ich sehe , daß es sich bewegt, in etwa, wie ich mich bewege. Ich denke, deine Fragen sind tatsächlich die Fragen der Menschheit: Was treibt dieses Leben, was mein Leben an? Je konkret menschlicher wir unsere realen Beziehungen fassen, umso näher kommen wir der Treibenden Kraft, der "WillMacht".
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Beiträge: 155
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2009
22-02-2010, 11:40
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22-02-2010, 17:51 von Ekkard.)
(21-02-2010, 00:13)Ekkard schrieb: Lieber Volker,
Danke für deine Anstrengungen und deine Antworten. Vielleicht können wir die Diskussion so ausklingen lassen:
(20-02-2010, 14:12)VolkersList schrieb: Ich sehe mich und ich sehe das Leben. Ich sehe , daß es sich bewegt, in etwa, wie ich mich bewege. Ich denke, deine Fragen sind tatsächlich die Fragen der Menschheit: Was treibt dieses Leben, was mein Leben an? Je konkret menschlicher wir unsere realen Beziehungen fassen, umso näher kommen wir der Treibenden Kraft, der "WillMacht".
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Lieber Ekkard,
Du siehst mich ziemlich traurig, denn ich habe verstanden. Du möchtest unsere Diskussion beenden, jetzt, wo sie meiner Meinung gerade eben erst anfängt.
Bitte habe Verständnis dafür, daß ich dazu nicht fähig bin. Ich werde weiterhin meinen konstruktiven Klagegesang in dieses Forum rufen und ich löse Dich hiermit von jeglichem Hauch einer gefühlten Verpflichtung, mir zu antworten. Es tut mir leid, ich kann nicht anders.
In Dankbarkeit
Dein Volker
[Überflüssiges Quote-Tag am Anfang entfernt./Ekkard]
|