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Fundamentalismus
#16
Salaam!

Noch etwas.

Ich will noch etwas zu meinem Beitrag erklären.

Ich sehe den Glauben so wie ein Haus. Baue ich mein Haus losem Untergrund, dann wird das Fundament nicht halten und das Haus einstürzen.
Baue ich aber mein Haus auf einen guten festen Untergrund, so wird das Fundament halten und mein Haus wird stehen bleiben, ich kann es sogar noch verschönern und erweitern.

Was will ich sagen: Der lose Untergrund kann auch ungewollt sein, die Probleme die Du schon beschrieben hast, aber auch kann er durch die "schlechte" Religiöse Erziehung locker geworden sein. Ich kann falschen lehren verfallen, ich bin leicht ,durch sogenannte Gelehrte die meinen eine Religion in eine bestimmte Richtung auszulegen, zu beeinflussen. Der Glaube geht in die falsche Richtung ich verliere die Orientierung bis hin zum bedingungslosen Gehorsam, man sieht ja wo das hinführt.

Doch wenn ich schon von zu Hause aus eine gute Religiöse Bildung bekomme. Auch noch das Glück habe in einem Land zu leben wo ich nicht die von Dir beschriebenen Probleme habe. dann liegt es an mir gutes Baumaterial zu besorgen um auf dem festen Fundament mein Haus aufzubauen. Gutes Baumaterial könnte sein, das Verständnis und die Toleranz zu anders Gläubigen, keine Vorurteile zu haben. Auch kann gutes Baumaterial sein, nicht alles was in den Heiligen Schriften steht, so wörtlich zu nehmen wie es geschrieben steht, schließlich wurde uns doch der Freiraum für Interpretationen gelassen, die nicht immer nur ins negative gehen müssen. Ich erweitere mein Haus in dem ich mich auch mit anderen Religionen und Gebräuche beschäftige.
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#17
Selam Aysha,

Zitat: Deshalb sollten wir den falschen Fundamentalismus aus unseren Köpfen verdrängen und eher wieder an den positiven Fundamentalismus denken. Denn was wir als eigentlichen von den Medien gemachten Fundamentalismus kennen, ist schlichtweg einfach Radikalismus und Fanatismus. Dieser Radikalismus und Fanatismus ist meiner Meinung entstanden, weil hier eben das geeignete Fundament des Glaubens fehlt oder gefehlt hat.
Ja, weil, wie Shadaik schon schrieb, das Fundament (das für jede tragfähige Weltsicht notwendig ist) zu einem -Ismus wurde - und genau das wollten ja die Menschen ausdrücken, die dieses Wort geprägt haben. Jetzt nachträglich zu versuchen dieses - negative - Wort positiv umzuinterpretieren, ist doch nur unnötige Verwirrung. Die Fundamente sind mir wertvoll, auch wenn es vielleicht nicht meine sind (und das entspricht - soviel glaube ich doch zu wissen - auch dem Koran), aber einen Fundamentalismus habe ich noch nirgends gefunden, an dem ich irgendeinen positiven Wert erkennen hätte können - in keiner Religion oder Nicht-Religion.

wa selam
() qilin
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#18
Da dieses Wort immer wieder in verschiedenen Zusammenhängen auftaucht, und häufig in falscher Bedeutung verwendet wird, hier die etwas gekürzte Eintragung aus dem Lexikon 'Die Religionen der Welt', Gütersloh 1999. Mir sind bisher mehrere Definitionen begegnet, manche differieren in einigen Detailfragen, aber im großen Ganzen ergibt sich ein klares Bild:
Tworuschka schrieb:Fundamentalismus: Selbstbezeichnung aus dem US-amerikanischen Protestantismus des frühen 20. Jh.; baut auf Puritanismus und schottischem Presbyterianismus auf. Aus diesen wurden übernommen die Hochschätzung der Bibel, innere und äußere Mission, Gottesdienstreform sowie persönliche Bekehrung und Erweckung als Voraussetzung für die Kirchenzugehörigkeit. Die 'fünf Glaubensprinzipien' (fundamentals) wurden 1910 von der Presbyterian General Assembly angenommen und sind die kennzeichnenden Grundlagen des Fundamentalismus, mit denen er Front gegen Liberalismus, theologische Bibelkritik, Evolutionstheorie, Sozialreformen und Psychoanalyse macht:

1) Die Bibel als Wort Gottes enthält keinerlei Irrtümer. Nur das wörtliche Verständnis wird ihr gerecht.
2) Maria war Jungfrau vor, während und nach der Geburt Jesu.
3) Jesus hat durch seinen Kreuzestod stellvertretend die Menschen von der Sünde befreit.
4) Jesus ist leiblich von den Toten auferstanden.
5) Jesus wird in naher Zukunft leiblich wiederkehren.

Seit den 1970er Jahren erlebt der Fundamentalismus eine neue Blüte, u.a. in Gestalt der 'elektronischen Kirchen' mit ihren TV-Predigerstars. Der Fundamentalismus ist Antwort auf das immer deutlicher werdende Unbehagen an der modernen, weitgehend säkularisierten Welt. Die Orientierungs- und Bindungskraft der Kirchen schwindet ebenso zunehmend wie die Fortschrittsgewissheit und der Glaube an die Wissenschaft. Solchen Erosionsprozessen stemmt sich der Fundamentalismus als eine religiöse Antwort mit scheinbar objektiv-sicherem Glaubensbestand entgegen. Fundamentalistisches Denken geht von absoluten Wahrheiten aus, die gegenüber wissenschaftlicher Kritik, insbesondere der historischen Relativierung des eigenen Glaubens, immunisiert werden. Daher ist typisch für den Fundamentalismus der Glaube an die Unfehlbarkeit der heiligen Schrift, die Ablehnung der Ergebnisse der modernen Wissenschaft, Dialogunfähigkeit, gepaart mit Intoleranz, ja Aggression gegenüber Nichtfundamentalisten, und schließlich die Überzeugung, dass Politik christlich sein müsse.

Islamischer Fundamentalismus zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: Rückkehr zum Koran als unverfälschte Glaubensquelle. Orientierung am Frühislam, als die Einheit der islamischen Gemeinschaft noch existierte. Islamische Fundamentalisten wollen eine islamische Gemeinschaft errichten, in der das islamische Recht, die Sharia, alle Bereiche des menschlichen Lebens regelt. Darüber hinaus unterstreicht man die Gleichheit aller Gläubigen. Noch stärker als andere Muslime betonen islamische Fundamentalisten die Einheit Gottes und die daraus resultierende Einheit der islamischen Gesellschaft. Fundamentalistische Denker traten immer dann auf, wenn sich die islamische Welt in einer Krise befand. Im Unterschied zum christlichen Fundamentalismus stellt sich der islamische wesentlich als eine späte Reaktion auf die Kolonialzeit dar, in der Europa seine technische Überlegenheit oft als Mittel von Herrschaft und wirtschaftlicher Ausbeutung einsetzte. Hinzu kommt, dass viele der an Europa orientierten Regierungen islamischer Länder es nicht geschafft haben, soziale und wirtschaftliche Probleme zu überwinden. Anders als im christlichen Fundamentalismus werden technologische und ökonomische Neuerungen im Islam nicht kritisiert oder abgelehnt. Wenn auch islamischer Fundamentalismus oft in Verbindung mit terroristischen Aktivitäten steht, gehört Gewaltbereitschaft nicht zu seinen primären Merkmalen. Viele Reformbewegungen haben die an der Macht befindlichen Regierungen mit dem Vorwurf bekämpft, sich vom 'wahren Islam' entfernt zu haben. Man kann in diesen Bewegungen Vorläufer des heutigen Fundamentalismus sehen. Islamisten, wie man die Fundamentalisten nennt, glorifizieren den Frühislam, als die Einheit der Umma ('Gemeinde') noch Realität war.

Jüdische Fundamentalisten wollen Tora und Halacha für das gesamte jüdische Leben verbindlich machen. Ihr Ideal ist der auf dem Religionsgesetz gegründete jüdische Staat. Den Fundamentalisten geht es um das wörtliche Verständnis der Tradition, um die Unwandelbarkeit der Tora. Eine andere jüdisch-fundamentalistische Strömung gründet in der schon im Mittelalter nachweisbaren 'Zionsliebe', der Liebe zum heiligen 'Land der Väter'. Ein absolut toratreues Israel gilt als notwendig, damit die messianische Zeit auch wirklich anbricht.

Ziel des politischen Hinduismus, dessen Wurzeln in das letzte Drittel des 19. Jh. zurückreichen, ist die 'reine' Hindu-Nation, aus der alles Fremde getilgt worden ist. Dayananda Sarasvati beschwor eine ideale Urzeit. Die Hindu-Lebensordnung müsse für alle im Lande bindendes Gesetz sein. Im Hintergrund steht die typische hindupolitische Reinigungsidee, die 'besagt, dass die Reinigung des Landes im Sinne der zwangsweisen Durchsetzung der wahren Religion gegenüber ihren eigenen Fehlentwicklungen wie auch gegenüber eingedrungenen fremdreligiösen Elementen zu vollziehen sei. Alle fremden Bekenntnisse wie der Islam und das Christentum seien durch Rückbekehrung ihrer Anhänger zum Hinduismus auszurotten'. Im Unterschied zum christlichen, islamischen und jüdischen Fundamentalismus besitzt der Hinduismus, ein Sammelbecken zum Teil grundverschiedener Religionen, kein Fundament im Sinne einer schriftlich fixierten Lehre. Beim Hindu-Fundamentalismus geht es nicht in erster Linie um Frömmigkeit, sondern um Nationalismus, um die Hervorhebung der eigenen Werte gegenüber Fremdgruppen.

Ein Fundamentalist ist also nicht jemand, der auf die eigenen Fundamente zurückgreift und auf diesen aufbaut, sondern jemand, der aus dem Fundus der eigenen heiligen Schriften und Traditionen mehr oder weniger willkürlich bestimmte Glaubensprinzipien als 'fundamental' hervorhebt und andere dafür minderbewertet, häufig auch aus politischem Interesse. Wenn jemand die Meinung vertritt "Ich bin Fundamentalist, aber ich verstehe das Wort eben anders und verwende es auch so", ist er in der gleichen Situation wie jemand der sagt "Ich liebe Kinder, also bin ich paedophil", ohne zur Kenntnis zu nehmen, daß dieses Wort bereits eine andere Konnotation hat. Unangenehme Missverständnisse sind in beiden Fällen vorprogrammiert...  

Später habe ich in einer Arbeit über hinduistischen Fundamentalismus eine Kurzformel gefunden, die IMHO das zentrale Problem des Fundamentalismus anspricht:
Marty/Appleby schrieb:Der Fundamentalismus ist … eine religiöse Weise des Daseins, die sich als Strategie manifestiert, vermöge derer Gläubige versuchen, ihre unverwechselbare Identität als Volk oder Gruppe zu bewahren, wenn sie sich als im Belagerungszustand befindlich ansehen. In dem Gefühl der Bedrohtheit dieser Identität suchen Fundamentalisten ihre Identität durch eine selektive Wiederbelebung von Doktrinen, Glaubensvorstellungen und Praktiken aus einer intakten, heiligen Vergangenheit zu befestigen. ('Fundamentalisms Comprehended', Chicago 1995)
() qilin
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#19
Zitat:Marty/Appleby schrieb:
Der Fundamentalismus ist … eine religiöse Weise des Daseins,
die sich als Strategie manifestiert,
vermöge derer Gläubige versuchen,
ihre unverwechselbare Identität als Volk oder Gruppe zu bewahren,
wenn sie sich als im Belagerungszustand befindlich ansehen.
In dem Gefühl der Bedrohtheit dieser Identität
suchen Fundamentalisten ihre Identität
durch eine selektive Wiederbelebung von Doktrinen, Glaubensvorstellungen und Praktiken
aus einer intakten, heiligen Vergangenheit zu befestigen. ('Fundamentalisms Comprehended', Chicago 1995)
Danke, dass Du das rausgesucht hast, Quilin, auch zuvor,

Es ist ja so, dass hier im oeffentlichen Sprachgebrauch keine Ruecksicht genommen wird, etwas als "Fundamentalismus" zu bezeichnen, ohne sich auf diese Definition zu beziehen, zumal das im oeffentlichen Raum ja auch nur in abwertendem Sinne gemeint ist.
Das obige Zitat zeigt ja den legitimen Grund auf, warum Menschen zu dem Mechanismus greifen, sich relativ hastig auf ein paar Eckpunkte festzulegen, woran sie einander als die getreue Gruppe erkennen wollen. Es ist Notwehr und ist nicht auf immer geplant, so reduziert zu bleiben, auch wenn daraus immer mal wieder auch Sekten entstehen, die davon ausgehn, dass man mehr auch nicht braeuchte.
Wenn das eine Volksbewegung macht, wird es wohl nicht theologisch ausgewogen an alles gedacht haben, was zuvor wirklich das Eigene, das Identische, ausmachte.

Die andere Seite der Angelegenheit "Fundi" ist die Tatsache, dass das Wort ja nicht alt ist, seit es gepraegt wurde, und dass die Mehrheit der Wahrnehmung im Alltag heutzutage eben nicht jenen Inhalt meint.

Ich denke, ich hab eine recht breite Wissensbasis und Freiheit, damit unter verschiedensten anderen Kulturen nicht meine Identitaet zu verlieren, also nicht, dass ich mich an ein paar Eckpunkte klammern muesste. Trotzdem definierte mich jemand vor Jahrzehnten als Fundamentalisten
- naja, es ging mir wie dem Mann, der beleidigt wurde, aber erstmal das Wort im Lexikon nachsehn wollte, um zu entscheiden, ob er sich darueber aufregen sollte ... ich war dem Wort noch nicht begegnet und leitete es mir aus dem Wort Fundament ab, nicht aus Fundus *g*
Ich sah darin also nichts weiter Bedenkliches, wenn ich es also "auch" waere.

Es wird der Grund sein, dass in diesem Fall das selbe Wort im selben Jahrhundert nacheinander aus zwei Quellen entstand.
Coffee2Coffee2
Es ist in der Diaspora - wo man verstreut zur Minderheit gehoert - ein Faktum bleiben, dass die staendige Konfrontation mit anderen einen Glaeubigen auf die Dauer von jedem Insider unterscheidet. Einerseits soll er - oder mag - den Kopf hinhalten fuer das Ganze, das er vor Ort in eigener Person praesentiert.
Da wirkt sich natuerlich stark aus, dass andere die ganze Religion nach eben diesem einen Menschen abschaetzen - man kann sich zum Guten wie zum Schlimmen dabei sehr irren. Aber der Einzel-Vertreter seiner Konfession kann eben nicht die interne Vielfalt darstellen, wie er sie noch selbst kennt. Der Eimzelne kann diese anderen ja nicht selbst sein.
Ein Unterschied ist dann noch: welche Art von Diaspora ist es?
Es gibt Menschen, die innerhalb Brauch, Sitte und Konfession noch in einem geschlossen gleich-glaeubigen Siedlungsgebiet aufwuchsen, innerhalb all der a-verbalen Signale der Zusammengehoerigkeit.
Wenn diese etwa berufsbedingt oder vertrieben, geflohen, in eine andersglaeubige Umgebung ziehn, freuen sie sich ueber jeden Landsmann, den sie dann noch antreffen. Man wird zusammenhalten moegen und einander helfen, sich gemeinsam erinnern, und das Gesamt an die Kinder weitergeben wollen und weithin auch koennen.
Daher kennt die Welt "Ausgewanderte oder Vertriebene nach mendelschen Regeln" bis zu mehreren Generationen.
Die intensivsten, genauesten, Heimat-Beschreibungen tragen ohnehin die Vertriebenen der Weltliteratur bei. Sie werben um ihr selbst erinnertes Leben.
Eine andere Diaspora ist eine Gemeinde aus Missionierten, Konvertiten, denen ist das gesamte Feld des Brauchtums, das sich ans Gemuet wendet, welches in der Heimat ihrer Konfession den Alltag begleitete, ja gar nicht bekannt, und es wurden eher Lehre und Argumente vermittelt. Es kann sein, dass sie auch mal meinen, das Drumherum sei auch nicht noetig, kann auch sein, dass sie das nicht uebernehmen wuerden - denn es entspraeche nicht ihrem gehabten Brauch.

Ich hab das mal verglichen mit Pflanzen, dieselbe Pflanzenart
a) im Freiland, zuhause "einfach" aufgewachsen -
b) im Treibhaus, die das Zuhause in die Fremde tradieren -
c) im Blumentopf, die konvertierten -
Am Unterschiedlichsten zu einander koennen die Menschen der Kategorie a) ihre Konfession realisieren, deren Landeplatz wird immer inmitten der anderen sein, wie auch immer ihr Leben verlaeuft. Es sind viele Ebenen da, auf denen sie verkrnuepft bleiben koennen.
Die Menschen der Kategorie b) wirken schon kuenstlicher, weil im Treibhaus zwar die Blueten genormter und die Blaetter gesaettigter sein koennen, aber man hielt ihnen Schaedlinge fern und andererseits sortieren sich Kuemmerlinge aus jeder Ebene alsbald heraus, ob etwa nur die eine Ebene nicht mehr funktioniert oder nur die andere. Es ist so nahe, wegzulaufen.
Die Menschen der Kategorie c) sind in einer Hnsicht sturer, und inn anderer Hinsicht vor-selektiert durch die intellektuelle Rechthaberei, denn man hatte sich selber entschieden. Ein Blumentopf hat keine welken Blaetter zu haben, und abgebluehte Blueten werden meistens weggezupft, damit es wieder bluehe, auf Fruechte wartet fast niemand. Er muss immer gut aussehn, normalerweise - oder die ganze Pflanze wird ersetzt durch eine andere. Dafuer wird sie gegossen und mit Naehrstoffen versorgt.
- Es kann verschiedene Gruende haben, ein "Glaeubiger im Blumentopf" zu werden, mal Angezogen-Sein, mal auch ein Weglaufen.
Beim Weglaufen rennt der Mensch vielleicht nur bis zur naechsten Strassenecke - wenn niemand ihn sofort zurueckholen will - aber ein Phaenomen ist merkwuerdig: es kann denen viel schlechter ergehen als es je zuvor war - sie kehren nicht wieder zurueck.

Religionen haben oft Zuwachs wegen Heiraten - gepriesen werden aber theoretisch mehr diejenigen, die von der Lehre ueberzeugt dazu gekommen sind. Konvertiten sind mitunter theorie-lastig und dann anstrengend fuer Alt-Zugehoerige, weil sie die Lehre einfordern und zum Richter bestimmen fuer Konflikte verschiedenester Art. Dann nennt man Konvertiten eine "Last". Sie halten einem eventuell recht ungnaedig einen Spiegel vor.
Dagegen kann ja auch ein im Wissen Mittel-Orientierter wenig sagen, es sei denn, der muesste sich ausdruecklich gegen die Lehre outen, was einer nie brauchte, solange ihn keiner drauf festnagelte.

Andererseits bringen Konvertiten grad wegen ihres frischen Einblicks in die Lehre ihre Schoenheiten und interkonfessionellen Werte mehr zu Bewusstsein. Die andern Glaeubigen, in der Routine von Freiland oder Gewaechshaus, haetten es sonst ja fast nicht mehr bemerkt, was sie haben. Dann ergaenzt es sich optimal.

Die Freilandpflanzen koennen weit ins von der Theorie Abweichende gehen, bleiben trotzdem identisch dazugehoerig und werden geduldig zur Kenntnis genommen, auch wenn sie schon fuer Gewaechshaus und Blumentopf ganz eindeutig untragbar geworden waeren.

Ich glaube, dies laesst sich auch auf den Islam uebertragen.
Um zum Thema "Fundi" zurueckzukommen: die Notwehr-Fundis, die den zufaelligen Fundus, den sie einpacken konnten, bewahren, sind eher im Gewaechshaus zu finden, die Fundis, die aus 3-4 Eckpunkten (das Buch plus "mein" Verstand) das ganze Gebaeude zu erstellt ernennen, eher im Blumentopf.

Gerecht koennen wir mit dem Muslim unter uns nur umgehn, wenn wir ihn nicht einfach mit allen anderen Muslimen pauschal betrachten.

Vergleichen wir es mit dem Buddhismus. Gautama Buddha war ein Hindu-Prinz in Nepal. Was er eigentlich lehrte ("Der kleine Diamant-Wagen"), ist heute die Lehre eines Landes weit weg. Der "Grosse Diamant-Wagen" wurde lange Zeit immer nur von Indern gelehrt, und es ist nicht so, dass er das nicht etwa mit lehrte, auch wenn er das nicht alles schrieb. Was er schrieb, war vor dem inneren Hintergrund seiner Gegenwart geschrieben, im Freiland. Die Varianten im Ausland wurden grossteils "Gewaechshaeuser, die Freiland wurden".
Jedes Land fuegte naemlich daran vieles vom Eigenen, alles was sich dahin uebertragen liess, damit es ihr eigener Glaube werden konnte. Davon hatte ja einiges vorher noch gar kein theoretisches Dach.

Bezueglich des Islam der als Diaspora nich nicht so viel Erfahrungen hat wie das Judentum und Christentum, sind inzwischen auch all diese Unterschiede zu finden. Durch das Veraendern ganzer Staatsformen in den alten Laendern, wo er flaechendeckend Landesreligion war, ist ja auch teilweise die Saekularisierung sehr verbreitet, weil die interne Fluktuation durch sozialistische Revolutionen, Flucht und Vertreibungen das Gesamt, welches vorher teils Jahrhunderte lang gewachsen war, auf der Ebene von Brauch und Sippen-Struktur verloren ging.

Es betrifft 1/6 der Menschheit - dem trau ich durchaus zu, damit auch zurechtzukommen.

mfG WiT :)
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#20
Hallo WiT,

erstmal Danke für den 'blumigen' Vergleich, dem ich auch viel abgewinnen kann...
Bei den buddhistischen 'Gewächshäusern, die Freiland wurden' (ein schönes Bild)
ist es ja so, dass diese Glashäuser meist auf Einladung gebaut wurden - meist
wurden die Buddhamönche ja gezielt von den jeweiligen Herrschern ins Land
geholt - und da die ostasiatischen Religionen a priori 'flexibler' sind als die
Offenbarungsreligionen, konnten sie leicht 'ausgewildert' werden... Heute und
im Westen gibt es ebenso dogmatische Buddhisten und Hinduisten wie manche
Anhänger der abrahamitischen Religionen - da fällt mir ein Spruch des 'Idioten'
von Dosto'evskij ein: "Wenn jemand katholisch wird, dann genügt es meist nicht,
einfach zu konvertieren - nein, er muss gleich in den Jesuitenorden eintreten :icon_rolleyes:"
Dieser Mechanismus und der [oft auch nur imaginierte] 'Belagerungszustand'
können in einer unheilvollen Allianz zusammenwirken - gleichgültig ob es sich
um 'neubekehrte' Muslime oder 'wiedergeborene' Christen handelt. Da sehe ich die
ironische Überzeichnung Mandingos gar nicht so ganz unberechtigt wenn er sagt,
man könnte die drei Abrahamsreligionen doch leicht auf zwei reduzieren - die
Traditionalisten und die Modernisten in allen dreien würden sich bis auf wenige
dogmatische Unterschiede doch recht gut verstehen...
Der Islam in der Diaspora hat im Gebiet der K.u.K. Monarchie eine gar nicht so
kurze Geschichte, und er war da relativ gut integriert - Probleme sind erst in
den letzten zehn oder zwanzig Jahren aufgetreten - hochgeschaukelt m.E. von
[sowohl islamischen als auch anti-islamischen] politischen Fundamentalisten,
weniger von religiösen...
() qilin
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#21
Zitat:quilin: im Gebiet der K.u.K. Monarchie eine gar nicht so kurze Geschichte, und er war da relativ gut integriert -
- ja, da hatten wir nachher auch die preussischen Ulanen (Lanzenreiter) her, und das ging auch recht lange ohne jede Aufregung
mfG WiT
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#22
...und jetzt haben unsere armen österreichischen Nachbarn der Herrn Haider.... und wir noch bedauenrswerten Deutschen schlagen uns mit Horden von Neo-Nazi`s `rum....
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#23
Jep - der Herr Haider hat erst kürzlich ein 'Moscheenverbotsgesetz' erlassen,
das aber keine sehr lange Lebensdauer haben dürfte...
Und Neonazihorden gibt's bei uns keine mehr, seit an jeder dritten Hauswand
'Antifa' oder 'Nazis raus' steht - oder ist's vielleicht umgekehrt, dass die
Sprayer erst aktiv sind, seit keine Neonazis mehr marschieren...? :icon_mrgreen:
() qilin
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#24
Gibt`s in Österreich nicht die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der die Muslimverbände von vorneherein die Rechtmässigkeit des Kärtner Gesetzes vor dem Verfassungsgericht überprüfen lassen?
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#25
Im Prinzip ja, nur bräuchte es dazu, wie schon im verlinkten Artikel steht,
'einen langen Atem' - im konkreten Fall vermutlich auch deswegen, weil in
dem Gesetz expressis verbis von Islam und Moscheen ja nichts drinsteht...
Ein Muslimverband könnte also nur die Anwendung des Gesetzes in einem
konkreten Fall anfechten, wenn ein Moscheebau damit abgelehnt wurde.
() qilin
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#26
Ich meinte das eigentlich anderster: In Deutschland kann ich mich jederzeit mit eine Beschwerde an das BVerfG wenden, auch ohne direkt betroffen zu sein. Da diese Beschwerde keine Klage voraussetzt, wird sie als "Eingabe zur Überprüfung der Verfassungsmässigkeit eines Gesetzes/einer Verfahrens/einer Anordnung" behandelt - ein entsprechender Senat überprüft dann, ob grundsätzlich ein erlassenes Gesetz oder auch eine erlassene Verwaltungsanordnung verfassungsgemäss ist. Je mehr solcher Eingaben gemacht werden, um so dringlicher wird die Überprüfung gehandhabt.
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