(29-08-2010, 08:52)petronius schrieb: (28-08-2010, 20:32)agnostik schrieb: Weil Jesus Jude war.
kanns sein, daß du wirklich den kerygmatischen und den historischen jesus für ein und dasselbe hältst?
und wenn der historische jesus baalspriester gewesen wäre - die das christentum begründende hagiographische schrifttum (vulgo: evangelien) hätte mit dem baalskult ebenso wenig zu tun wie mit dem judentum
Es geht darum, welche Übersetzung die wahrscheinlichere ist.
Für die Berichterstatter war Jesus real - oder sie haben es zumindest so repräsentiert.
Ein Jude, auch ein moderner, könnte wahrscheinlich eher beurteilen, ob der rabbi Jesus auf solch grobe Art mit seiner Mutter gesprochen hätte, ob er mit seiner Mutter "was zu schaffen" gehabt hätte und ob man einen möglichen Ausrutscher tradiert hätte, wenn man Jesus in einem möglichst guten Licht erscheinen lassen wollte - und von Letzterem kann man wohl ausgehen.
Nochmal: Die Frage ist auf die Korrektheit der Übersetzung beschränkt.
(29-08-2010, 15:30)petronius schrieb: (29-08-2010, 14:37)Ebru schrieb: Und es sind anscheinend kleinere und größere Fehler in der Übersetzung vorgekommen, die die Aussagen einzelner Textpassagen verzerrten oder Inhalt deformierten... Mit moralischen Bewertungen hat das nichts zu tun
wenn ich bions sehr überzeugender argumentation folge, kann ich keine übersetzungsfehler finden. die behauptete verzerrung und deformation beruht lediglich auf dem moralischen einwand, daß der ach so liebe jesus doch unmöglich derart mit seiner mutter umgesprungen haben könne
Bion hat selbst mehrer mögliche Übersetzungen aus dem Griechischen für die Passage angegeben - zwei davon basieren auch auf der Annahme desselben Falls im Griechischen.
Ich habe auf der Basis dieser Möglichkeiten argumentiert - bion ist aber darauf nicht weiter eingegangen.
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(29-08-2010, 15:48)agnostik schrieb: Es geht darum, welche Übersetzung die wahrscheinlichere ist
kommt auf die definition von "wahrscheinlich" an: sprachlich korrekt oder in den vermuteten bzw. beabsichtigten kontext passend
Zitat:Für die Berichterstatter war Jesus real - oder sie haben es zumindest so repräsentiert
natürlich wird jesus so präsentiert, als sei er real gewesen. nicht anders, als joseph smith seinen engel moroni präsentiert
Zitat:Ein Jude, auch ein moderner, könnte wahrscheinlich eher beurteilen, ob der rabbi Jesus auf solch grobe Art mit seiner Mutter gesprochen hätte, ob er mit seiner Mutter "was zu schaffen" gehabt hätte und ob man einen möglichen Ausrutscher tradiert hätte, wenn man Jesus in einem möglichst guten Licht erscheinen lassen wollte - und von Letzterem kann man wohl ausgehen
ich habe ja schon gesagt, wie auch die präsentation jesu als mensch wie du und ich mit allen dazugehörenden fehlern als "in einem guten licht" gesehen werden könnte, und konzediert, daß dies wenig zum sonstigen duktus des johannesevangeliums paßt
daraus allein aber "falsche übersetzung" zu konstruieren, wo sie doch sprachlich korrekt ist, scheint mir abwegig
(29-08-2010, 15:48)agnostik schrieb: Nochmal: Die Frage ist auf die Korrektheit der Übersetzung beschränkt.
eben!
Mögliche Übersetzungen:
Was (ist zwischen; gibt es zwischen) mir und dir, Frau?
Oder es liegt ein "Dativus ethicus" vor:
Was willst Du (eigentlich) von mir, Frau?
Variante:
Was habe ich mit dir (zu schaffen), Frau?
für mich ist das eindeutig. wie du - rein sprachlich - auf
"Was möchtest Du denn, das ich mache?"
kommen willst, erschließt sich mir nicht. bzw. nur, wenn du bereit bist, die wort bedeutung zugunsten einer dir in moralischer hinsicht eher zusagenden interpretation hintanzustellen
ich muß jedoch hinzufügen, daß ich des altgriechischen nicht mächtig bin
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(29-08-2010, 15:27)petronius schrieb: (29-08-2010, 14:45)humanist schrieb: Wobei der Übersetzer auch die Kultur verstehen muss. Schon ein englischer Text setzt dies in gewissem Umfang voraus.
du meinst wohl die kultur des autors
die scheint ja im fall des "johannes" nicht unbedingt eine traditionell jüdische gewesen zu sein, wie das im johannesevangelium gezeichnete judenbild nahelegt
Nein, ich meine den Kulturkreis zu der zu übersetzenden Sprache. Damit muss sich der Übersetzer auskennen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
agnostik schrieb:Es geht darum, welche Übersetzung die wahrscheinlichere ist. Dann muß wohl exegetisch herangehen. Aber auch da brauchst Du das Rad nicht neu zu erfinden...
Gruß
29-08-2010, 17:16
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 29-08-2010, 21:40 von Ekkard.)
petronius schrieb:daraus allein aber "falsche übersetzung" zu konstruieren, wo sie doch sprachlich korrekt ist, scheint mir abwegig [Quoting korrekt zugeordnet./Ekkard]
(29-08-2010, 15:48)agnostik schrieb: Nochmal: Die Frage ist auf die Korrektheit der Übersetzung beschränkt.
(29-08-2010, 16:22)petronius schrieb: eben!
Mögliche Übersetzungen:
Was (ist zwischen; gibt es zwischen) mir und dir, Frau?
Oder es liegt ein "Dativus ethicus" vor:
Was willst Du (eigentlich) von mir, Frau?
Variante:
Was habe ich mit dir (zu schaffen), Frau?
für mich ist das eindeutig. wie du - rein sprachlich - auf
"Was möchtest Du denn, das ich mache?"
kommen willst, erschließt sich mir nicht. bzw. nur, wenn du bereit bist, die wortbedeutung zugunsten einer dir in moralischer hinsicht eher zusagenden interpretation hintanzustellen
ich muß jedoch hinzufügen, daß ich des altgriechischen nicht mächtig bin
Lassen wir meine Deutung außen vor (ist halt Interpretation) und nehmen die Übersetzungen von bion:
Was (ist zwischen; gibt es zwischen) mir und dir, Frau?
Wäre das nicht ziemlich genau "Was willst Du?
Und mit dem Dativus ethicus:
Was willst Du (eigentlich) von mir, Frau?
wobei das "eigentlich" nicht im Text steht, sondern von bion hineininterpretiert wurde (s. underline Übersetzung)
Also auch bei dem Dativus ethikus: Was willst Du von mir?
Wie kommt man da auf die Übersezung: Was habe ich mit Dir zu schaffen?
Stell Dir vor, die Mutter kommt bei einer Familienfeier zu ihrem Sohn und sagt (aufgeregt): "Es ist kein Kuchen mehr da"
Der Sohn würde vielleicht antworten: Was habe ich damit denn zu tun, oder "Was geht mich das an! - aber doch wohl eher nicht: "Mutter, was gehst Du mich an?!"
(29-08-2010, 17:16)agnostik schrieb: Stell Dir vor, die Mutter kommt bei einer Familienfeier zu ihrem Sohn und sagt (aufgeregt): "Es ist kein Kuchen mehr da"
Der Sohn würde vielleicht antworten: Was habe ich damit denn zu tun, oder "Was geht mich das an! - aber doch wohl eher nicht: "Mutter, was gehst Du mich an?!" 
Genau! Jesus hat doch mit der Logistik dieser Hochzeitsfeier gar nichts zu tun, er war Gast. Wieso sollte er denn ausgerechnet für den Nachschub von Alkohol sorgen?
Deshalb kann es sich nur um ein Gleichnis gehandelt haben, was allerdings verstanden werden muß. Und das scheint bei den Griechen eben nicht der Fall gewesen zu sein. Und nicht nur bei den Griechen.
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(29-08-2010, 18:10)indymaya schrieb: Deshalb kann es sich nur um ein Gleichnis gehandelt haben, was allerdings verstanden werden muß. Und das scheint bei den Griechen eben nicht der Fall gewesen zu sein. Und nicht nur bei den Griechen.
ah, ich verstehe: wer auch immer was auch immer über jesus aufgeschrieben hat, hat einfach ein gleichnis nicht verstanden - wenn das geschriebene nicht mit den wünschen und vorstellungen des lesers übereinstimmt
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(29-08-2010, 17:16)agnostik schrieb: Der Sohn würde vielleicht antworten: Was habe ich damit denn zu tun, oder "Was geht mich das an! - aber doch wohl eher nicht: "Mutter, was gehst Du mich an?!" 
"was willst du von mir" verstehe ich im gegebenen kontext als ziemlich gleichwertig zu "was gehst Du mich an" und nicht im sinne von "Was möchtest Du denn, das ich mache?"
(mama, was soll ich denn tun?)
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(29-08-2010, 21:29)petronius schrieb: (29-08-2010, 17:16)agnostik schrieb: Der Sohn würde vielleicht antworten: Was habe ich damit denn zu tun, oder "Was geht mich das an! - aber doch wohl eher nicht: "Mutter, was gehst Du mich an?!" 
"was willst du von mir" verstehe ich im gegebenen kontext als ziemlich gleichwertig zu "was gehst Du mich an" und nicht im sinne von "Was möchtest Du denn, das ich mache?"
(mama, was soll ich denn tun?)
Ich hatte meine Interpretation explezit herausgenommen:icon_rolleyes:
Zu den Übersetzungen: steht denn im Original "was willst Du von mir?" oder ist es "Was willst Du von mir?" oder evtl. "Was willst Du von mir?
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(29-08-2010, 21:45)agnostik schrieb: Ich hatte meine Interpretation explezit herausgenommen:icon_rolleyes:
Zu den Übersetzungen: steht denn im Original "was willst Du von mir?" oder ist es "Was willst Du von mir?" oder evtl. "Was willst Du von mir?
Zu verantworten hat die Äußerung der Autor der besagten Perikope. Warum sie so in den Text gekommen ist, kann heute niemand sagen.
Wenn es aber um die korrekte Übersetzung des Textes geht, darf man annehmen, dass jene, die aus der griechischen Sprache übersetzt haben (Luther eingeschlossen), mit dafür ausreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattet waren.
Was soll das bringen? Altphilologen korrektes Griechisch beibringen zu wollen, ohne auch nur über rudimentäre Kenntnisse dieser Sprache zu verfügen?
MfG B.
(29-08-2010, 21:56)Bion schrieb: (29-08-2010, 21:45)agnostik schrieb: Ich hatte meine Interpretation explezit herausgenommen:icon_rolleyes:
Zu den Übersetzungen: steht denn im Original "was willst Du von mir?" oder ist es "Was willst Du von mir?" oder evtl. "Was willst Du von mir?
Zu verantworten hat die Äußerung der Autor der besagten Perikope. Warum sie so in den Text gekommen ist, kann heute niemand sagen.
Wenn es aber um die korrekte Übersetzung des Textes geht, darf man annehmen, dass jene, die aus der griechischen Sprache übersetzt haben (Luther eingeschlossen), mit dafür ausreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattet waren.
Wie ich aus einem Beitrag von Guest entnommen habe, hatte derjenige, der den griechischen Text in die vulgata übersetzte, wohl ebenfalls ausreichende Kenntnisse der griechischen Sprache.
Außerdem gibt es auch Bibeln, in denen anders übersetzt ist.
Außerdem hatte auch Professor Knobloch, auf dessen Übersetzung ich mich in meinem 1.Beitrag bezogen habe, ganz ganz sicher ausreichende Kenntnisse der griechischen Sprache
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30-08-2010, 11:25
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30-08-2010, 11:29 von Bion.)
(30-08-2010, 01:13)agnostik schrieb: Außerdem hatte auch Professor Knobloch, auf dessen Übersetzung ich mich in meinem 1.Beitrag bezogen habe, ganz ganz sicher ausreichende Kenntnisse der griechischen Sprache 
Dann wäre es schön, wenn Du berichten könntest, wie Dein Professor Knobloch (meinst Du den Germanisten Clemens Knobloch?) es fachlich begründet
τί ἐμοὶ καὶ σοί, γύναι (wörtlich: was mir und dir, Frau)
mit: "Frau, du hast ja Recht" zu übersetzen!
(30-08-2010, 01:13)agnostik schrieb: Wie ich aus einem Beitrag von Guest entnommen habe, hatte derjenige, der den griechischen Text in die vulgata übersetzte, wohl ebenfalls ausreichende Kenntnisse der griechischen Sprache.
Die mit der Vulgata erbrachte Übersetzungsleistung wird Hieronymus zugeschrieben.
Hieronymus beklagte sich bei seinem Dienstherrn (Papst Damasus I.), dass zu viele (alt-)lateinische Übersetzungen des NTs mit unterschiedlicher Wiedergabe des griechischen Textes im Umlauf seien, worauf er von Damasus den Auftrag zu einer Textrevision erhielt.
Wie viel an der Vulgata Übersetzungsleistung des Hieronymus ist, ist umstritten. Es darf aber angenommen werden, dass das, was in der Vulgata steht, die Billigung des Hieronymus hatte.
Dass Hieronymus, wenn er sich nicht sicher war, wie etwas zu übersetzen sei, "interlinear" übertrug, weiß man aus den Streitigkeiten, die er mit Rufin hatte, als es um "die Richtigkeit" der Übersetzung von Schriften des Origenes ging. So meinte Hieronymus (in einem Briefwechsel mit Rufin), dass sich Rufin bei seiner Übersetzungsarbeit "zu weit vom Geschriebenen entfernt" hätte, worauf er die Arbeit Rufins an den Wörtern klebend "verbesserte"!
Das gilt auch für die Vulgata: Wenn sich Hieronymus nicht entscheiden konnte, wie zu übersetzen sei, hat er offenbar wörtlich ins Lateinische übertragen.
Da der dativus commodi (bzw. incommodi), an den sich die Gebrauchsweisen des dativus sympathicus, des dativus ethicus sowie des dativus auctoris anschließen, immer in loser Beziehung zur eigentlichen Satzaussage steht, sind entsprechende Ergänzungen gestattet bzw. gefordert. Diese müssen sich aber an dem orientieren, was die griechische Sprache zulässt, das heißt, an dem orientieren, wovon es in der griechischen Literatur Belegstellen gibt.
Tut man das nicht, liegt eine mangelhafte Übersetzung vor!
(30-08-2010, 01:13)agnostik schrieb: Außerdem gibt es auch Bibeln, in denen anders übersetzt ist.
Ja, die gibt es. Und in jedem Fall hat der Übersetzer zu erklären, wie er zu seiner Übersetzung kommt. Oftmals ist auch der Wunsch Vater des Gedankens!
Qualitätvolle Übersetzungen, wie Luther 1984, Elberfelder, Herder, Einheitsübersetzung, etc., stimmen mit ihrer Übertragung von Joh 2,4 ins Deutsche weitgehend überein.
Im Rahmen der (sprachlichen) Zulässigkeit hat Luther 1984 den gegenständlichen Satz zu entschärfen versucht:
Luther 1545: Weib was habe ich mit dir zu schaffen.
Luther 1984: Was geht's dich an, Frau, was ich tue?
MfG B.
(29-08-2010, 21:22)petronius schrieb: (29-08-2010, 18:10)indymaya schrieb: Deshalb kann es sich nur um ein Gleichnis gehandelt haben, was allerdings verstanden werden muß. Und das scheint bei den Griechen eben nicht der Fall gewesen zu sein. Und nicht nur bei den Griechen.
ah, ich verstehe: wer auch immer was auch immer über jesus aufgeschrieben hat, hat einfach ein gleichnis nicht verstanden - wenn das geschriebene nicht mit den wünschen und vorstellungen des lesers übereinstimmt
Nein verstehst Du scheinbar nicht.
Nur dann, wenn das Geschriebene dem Wesen Jesu oder dem Wort Gottes widerspricht, ist etwas entweder falsch aufgeschrieben oder aber falsch verstanden worden. Sonst bist Du doch immer so pingelich bei alten Schriften und in dem Fall mit Jesu und seiner Mutter lässt Du einfach den Widerspruch gelten.
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(30-08-2010, 11:45)indymaya schrieb: Nein verstehst Du scheinbar nicht.
Nur dann, wenn das Geschriebene dem Wesen Jesu oder dem Wort Gottes widerspricht, ist etwas entweder falsch aufgeschrieben oder aber falsch verstanden worden
sag ich doch. zuerst legst du fest, was "dem Wesen Jesu oder dem Wort Gottes entsprechen" soll, und dann sagst du, ob das geschriebene "falsch ist" oder nicht :icon_rolleyes:
(30-08-2010, 11:45)indymaya schrieb: Sonst bist Du doch immer so pingelich bei alten Schriften und in dem Fall mit Jesu und seiner Mutter lässt Du einfach den Widerspruch gelten
ach gottchen...
die bibel ist voller widersprüche, ist doch nichts neues
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