(29-12-2010, 22:55)Visionaire schrieb: Vielleicht solltest Du Dir noch einmal die Geschichte mit Moses und dem Berg Sinai durchlesen. Oder Du solltest klarer herausstellen, dass Du nicht mehr von den 10 Geboten sprechen möchtest.Tja, wenn man sich einen antiken "dramatischen Text" in grenzenloser Naivität durchliest, dann mag ja solch eine Auffassung dabei heraus kommen. Wie auch schon vielfach im Forum geschrieben wurde: Der Dekalog kann in der Frühzeit ein Gesetzeswerk gewesen sein. In späterer Zeit beschreibt er eine der Grundlagen des "gesellschaftlichen Seins", wie heute noch. Man findet diesen Konsens auch in unseren Gesetzen. Deswegen ist es auch gar nicht möglich, die Zehn Gebote "abzuschaffen". Das Einzige, was Atheisten und Areligiöse abgeschafft haben, ist der strikte Gottesbezug der Antike. Ich persönlich halte dies nicht für weiter tragisch, weil sich, rein technisch gesehen, von Gott einfach nicht mehr so sprechen lässt wie in alten Zeiten.
Ich und viele andere mit mir sprechen in der Tat nicht von "Geboten" im früheren Wortsinn. Wenn man es genau nimmt, handelt es sich um ein Gemisch von Haltungen, wie man einander zu begegnen habe, was du nicht ganz korrekt mit "Empathie" umschrieben hast. Korrekt wäre etwa "ethisches Paradigma" (das im Übrigen auch nur mehrheitlich bzw. meistens angewendet wird).
(29-12-2010, 22:55)Visionaire schrieb: Die meisten Konflikte in unserer Gesellschaft basieren leider auf der Vorstellung, es gäbe eine Wahrheit und alles andere wäre falsch. …Hier genügen einfache Gegenbeispiele, und schon ist diese These ungültig: Die Energiekrise, die Gigaprojekte (z. B. Stuttgart21), Kernkraftwerke, die Kohlendioxid-Krise, die Einkommensverteilung usw.. Nichts davon hat damit zu tun, dass im AT "Ich bin der ich sein werde"-Gott der einzige Gott zu sein habe.
Es ist einfach nicht wahr, dass der "moderne Egoismus" dort seine Wurzeln habe. Egoismus hat einen ganz klar evolutionären Grund. Überleben, zumal in einer wesentlich raueren Umgebung als heute, heißt in erster Linie, für sich selbst das Optimum erreicht und überlebt zu haben.
Vielleicht gibt es einen anderen Weg, den Dekalog zu verstehen. Denke dir einfach wesentliche Gebote weg, sagen wir "Du sollst nicht stehlen" und "Du sollst nicht töten". Gestatte, ja befiehl als Lehrer/in jedem Kind in unserer Republik: Nimm, was du kriegen kannst, Rücksicht auf andere ist Schwäche und Dummheit. Sei gewitzt und schlage oder beseitige deine Feinde. Dasselbe beim Ehebruch und bei Gewalt: Nimm dir jede/n Partner/in, in welcher Beziehung er (sie) auch stehen mag ohne jede Rücksichtnahme nach deinem Begehren und deiner Kraft.
Ich bin davon überzeugt, solche Gesellschaften funktionieren auch. Nur ist es nicht die unsere - jedenfalls noch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard