08-09-2010, 13:36
(08-09-2010, 12:23)petronius schrieb: na, weil das "halbe volk" sich eben nicht die mühe macht, sich zu informieren und mit fakten auseinanderzusetzen
im stammtischmief ist es doch viel heimeliger
Der Stammtischmief scheint mir derzeit bei den Sarrazingegner, die auf durch die Medien aufgebauschte Häppchen und durch Suggestivfragen erreichte zusammenhanglose Aussageteilchen reagieren, wesentlich ausgeprägter zu sein als bei jenen wenigen Personen, die sich noch annähernd hinter Sarrazin, und wenn nicht hinter ihn, dann hinter die Freiheit der Meinung stellen.
Im Grunde hat die mediale Auseinandersetzung sehr viel von der unrühmlichen Eva-Herman-Geschichte vor drei Jahren; wer etwas sagt, das einer Medienlobby nicht gefällt, der wird als schwachsinnig bezeichnet und medial getötet.
(08-09-2010, 12:23)petronius schrieb: eine verengung auf die frage muslim oder nicht, migrant oder nicht kann das nicht leisten und will das auch gar nicht
Die Erweiterung, nicht Verengung, des Blickwinkels auf die Herkunft des Einzelnen muss erfolgen, um überhaupt für bestimmte Problemmuster empfänglich zu sein. Migrant ist eben nicht Migrant, und fremde Kultur ist nicht einfach nur fremde Kultur - der Deutsche kennt zwar seit Jahrzehnten nur "das Ausland", aber diese Kurzsichtigkeit reicht nicht aus für ein Einwanderungsland, das Deutschland ist. Wenn eine Integration erfolgen soll, dann muss sie sich mit den Problemen des Landes auseinandersetzen, aus dem der Eingewanderte kommt - nichts anderes fordert Sarrazin in Kapitel 7 seines Buches. Und zumindest darin hat er Recht.
Die Augen vor Rechtsbrüchen in Deutschland zu schließen, davor z.B. dass Frauen hierzulande zwangsverheiratet werden, führt zu gar nichts - man kann das natürlich Ewigkeiten so weiter machen, jene, die versuchen, sich für Mädchen, die in die Türkei (die sie meist nur aus kurzen Urlauben oder gar nicht kennen) zwischen 14 und 18 verheiratet werden sollen einsetzen als Nationalsozialisten beschimpfen (einer mir bekannten Lehrerin, die alle Hebel bei den Ämtern in Bewegung gesetzt hat, um die Verheiratung einer 15jährigen namens Zeynep zu verhindern, wurde ein Hakenkreuz ins Fach gelegt und die türkische Gemeinde hat eine Unterschriftensammlung für ihre Entlassung aufgrund ihres vermeintlichen Rassismus' vorangetrieben,- das Mädchen hat selbstverständlich den Sommerurlaub in der Türkei verbracht und ist dort auch ordnungsgemäß verblieben), aber das wird nichts ändern, höchstens unsere Rechtsauffassung. Es kann nicht sein, dass hier im Lande junge Mädchen zwangsverheiratet werden, und wir hier munter die Augen davor schließen, und jeden, der diese Problematik anspricht als Neonazi deckeln und niederbrüllen.
Auch kann eine erfolgreiche Integration nur dann gelingen, wenn man weiß, wer zu integrieren ist. Dass es da größere Probleme bei Menschen aus muslimischen Ländern gibt, bestätigt jede dahingehende Untersuchung - und das ist genau das Problem das Sarrazin sachlich anspricht, und u.a. klarstellt, dass wir hier immer über eine Minderheit sprechen, die allerdings große Probleme bereitet. Wenn man in dem Maße bedrängt und gesellschaftlich bespuckt wird wie Sarrazin, wenn man das äußert, was er in Kapitel 7 seines Buches schreibt, dann ist das Ende der deutschen Diskussionskultur nicht weit,- dann werden bald Schriftsteller ihre sozialkritischen Büchern zu fabelhaften Parabeln und Analogien umgestalten müssen, um nicht in dem Maße subjektiv und unsachlich medial geschlachtet zu werden, wie es sowohl im Falle Sarrazin als auch Herman passiert ist. Wenn das so gewünscht ist, bitte sehr - dieses Land macht es allerdings wenig sympathisch.
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz