19-07-2010, 12:56
(16-07-2010, 18:19)humanist schrieb: Glaubst du, dass im Alter irgendwelche Einsichten kommen, die ein junger Mensch nicht hat?
eindeutig
wär ja auch traurig, wenn man in ein paar jahrzehnten leben immer auf der stelle getreten und sich nicht entwickelt hätte
selbstverständlich mag es menschen geben, die noch mit 60 auf dem status ihres bewußtseins mit 20 hängen geblieben sind. in aller regel aber ist das wohl nicht so
einschub: gerade, wenn wir solche themen behandeln, kann es nie um aussagen gehen, die zwangsläufig auf alle - jedes einzelne individuum - zutreffen. auch wenn das eigentlich selbstverständlich sein sollte, halte ich es für angebracht, noch mal darauf hinzuweisen
inwieweit diese geänderten einsichten mit "weisheit" zu tun haben sollen, ist eine andere frage. ich halte nicht mehr alles für machbar, so wie mit 20, ich glaube nicht mehr so an die macht der vernunft wie mit 20, ich bin eher bereit als mit 20, auch anderes gelten zu lassen als das, was ich selbst als richtig ansehe
bin ich aber deshalb schon "weise"?
natürlich nicht. meine alterseinsicht erfüllt genauso eine wichtige gesellschaftliche funktion wie das apodiktische ungestüm der jugend - die einen stoßen neues an, die anderen moderieren die daraus sich ergebenden entwicklungen
und natürlich habe ich nicht schon deshalb immer recht, nur weil ich über ein mehr an lebenserfahrung verfüge (daß zunehmendes lebensalter in aller regel auch mit zunehmender zahl von erfahrungen einhergeht, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten)
"Weisheit als eine Kombination aus ausgeprägtem logischen Denken und ethischer Reife" zu definieren, finde ich befremdlich
in meinen augen besteht weisheit vor allem in der einsicht in das mögliche, ohne deshalb darauf zu verzichten, das unmögliche anzustreben
die jugend will meist das "unmögliche" - und zwar alles, das dafür aber sofort
das alter verweist gerne darauf, was alles warum nicht möglich sei (wie man ja aus erfahrung wisse)
die weisheit besteht für mich darin, um die sinnvolle funktion jugendlichen ungestüms als motor gesellschaftlicher entwicklung, ja gesellschaftlichen fortschritts, zu wissen und diese anzuerkennen, dabei jedoch die praktische erwartungshaltung sinnvoll zu dämpfen und vor allem auch ausgleichend zu wirken hinsichtlich der dadurch betroffenen interessen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)