(01-05-2010, 09:04)YA-N schrieb: ...hältst Du die gesamte Stoa für pantheistisch?
Hallo YA-N,
natürlich ist in der Stoa von Zenon bis Johannes Stobaeus vieles zu finden, was verschiedenst gedeutet werden kann.
Wenn ich die Stoa als pantheistisch begreife, habe ich den (bei Diogenes Laertius) formulierten Leitgedanken der stoischen Ethik vor Augen, wonach der Mensch Abkömmling und Teil der göttlichen Vernunft ist, die das Natur- und Weltgeschehen bestimmt und der in bewusster theoretischer Darstellung und willentlich-praktischer Mitwirkung sich einzufügen das Ziel des menschlichen Lebens ist.
(01-05-2010, 09:04)YA-N schrieb: Zufälligerweise lese ich gerade Seneca,... (irgendwo las ich sogar mal einen Artikel eines Autoren, der Seneca einen "frühen Christen" nannte, aber ich finde ihn nicht mehr in meinem Wust von Zetteln).
Solches ist beispielsweise bei Lactanz (6. Buch der Göttlichen Unterweisungen, Kap. 24, 12-17, Über die wahre Gottesverehrung) zu finden. Lactanz zitiert Teile aus dem ersten Buch Senecas leider verlorengegangenen Ermunterungen (zur Philosophie).
Seneca leitet dort aus der absoluten, die menschliche Vorstellungskraft übersteigenden Größe Gottes, dessen Allgegenwart und Allgewissheit in unserem Gewissen her und empfiehlt den sittlichen Lebensvollzug als besten Gottesdienst. Lactanz greift diese Argumentation auf und stellt fest, dass er (Seneca), wenn ihn jemand unterwiesen hätte, ein wahrhafter, das heißt christlicher Verehrer Gottes hätte sein können.
Solche Bewertung hat Seneca nicht zuletzt in der Scholastik zu einem hochgeschätzten Autor gemacht.
Zum Pantheisten Seneca:
Seneca äußert den Gedanken, dass Wesensmerkmal und einzigartiger Vorrang des Menschen vor allen anderen Lebewesen seine Geistesnatur, die ihm als "Mitgift Gottes" mit diesem gemeinsam sei.
Das menschliche Bewusstsein (mens) hat seinen Ursprung in jenem himmlischen Feuerhaus (spiritus), der auch die Gestirne beseelt. Im Inneren des rechtschaffenen Menschen wirkt Gott selbst als heiliger Odem (sacer spiritus), als göttliche Kraft (vis divina) und als himmlische Fähigkeit (caelestis potentia).
Das ist pantheistisches Denken, wie man es auch bei Meister Eckehard in ähnlicher Form findet.
MfG B.
MfG B.

