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Gedankenspiel - Sinn des Lebens
#92
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: was du nur immer mit dem feuer hast...

philosophie ist imho das nachdenken über das sein, in allen möglichen facetten. nur weil das ohne sprache nicht auszudrücken ist, reduziert sie sich nicht auf ein sprachspiel. ein schüttelreim z.b. ist ein sprachspiel - und behauptet nicht, mehr sein zu wollen

willst du z.b. die Kritik der praktischen Vernunft auf der selben bedeutungsebene ansiedeln wie

was macht der eunuch, der hodenlose,
in einer tiroler lodenhose?

Das Konzept des Sprachspiels ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es stammt aus der Philosophie Ludwig Wittgensteins und gehört wohl zu seinen bedeutendsten Gedanken. Nicht zuletzt dafür gilt er als der wohl wichtigste Philosoph des 20. Jahrhundert.

Sprachspiel meint eben nicht bloß ein Wortspiel sondern die Situationsgebundenheit unseres Sprachgebrauchs.
Sprachspiel Busfahren: "Hallo, ein halb mal bis Hauptbahnhof, bitte." Diesen Satz könnte man außerhalb eines Busses wohl kaum sinnvoll äußern; im Bus wird aber von mir erwartet, dass ich mich auf diese Art und Weise ausdrücke.
Das Äußern eines Satzes gleicht einem Zug in einem Schachspiel. Dadurch, dass ich etwas bestimmtes auf eine bestimmte Art und Weise sage, fordere ich meinen Gegenüber heraus auf eine bestimmte Art und Weise zu antworten.
So tradieren sich Sprachspiele für alle Bereiche des menschlichen Lebens und es ergeben sich Folgerungen für unser Verständnis von Wissen und Verstehen. Ein Wort, einen Begriff, einen Satz zu verstehen bedeutet es richtig verwenden zu können. Dass ich z.B. kein Physiker bin, erkennt man daran, dass ich physikalische Fachausdrücke nicht verwende, nicht verwenden kann, daran, dass ich die Sprache der Physik nicht spreche.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: wobei geht es denn schon "grundsätzlich um Philosophie"?

In der Philosophie und nur da.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: die philosophie ist ein werkzeug, eine methode, sich sachverhalten zu nähern - die als solche nicht "philosophisch" sein müssen

Ja.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: du kennst keinen fall, wo jemand freiwillig sich von "Volk, Familie, Gemeinde, Gott" trennt?

Keinen, in der diese Trennung ohne Sinnkrise einherging. Damit meine ich ja nicht, dass jemand erwachsen geworden ist und das Elternhaus verlässt um auf eigenen Füßen zu stehen, derjenige hält ja noch Kontakt zu seiner Familie. Ich meine eine vollständige Trennung, wie die, die vielleicht ein Kind im Sinn hat, das von zuhause wegläuft.
Mein Großvater hat sich z.B. von seiner Familie (Frau, Kinder) getrennt, er ist einfach abgehauen. Ob er eine Sinnkrise gehabt hat, darüber kann ich nur spekulieren. Ich habe ihn nur einmal in meinem ganzen Leben gesehen. Da besuchte er uns Jahrzehnte später, war den Zeugen Jehovas beigetreten und wollte sich bei meiner Mutter entschuldigen und den Kontakt wieder aufbauen.

Ich meine auch nicht, dass die Trennung von wichtigen Instanzen zwangsläufig zu kompletten Sinnverlust führt. Nur, dass solch eine Trennung im Zusammenhang mit einer Sinnkrise steht. Wer z.B. feststellt, dass seine aktuelle Lebenssituation für ihn selbst gerade keinen Sinn ergibt oder dass eine andere sinnvoller wäre, der lässt sich eine Lösung einfallen.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb:
Zitat:Die Pubertät z.B. ist das Lebensalter der Sinnkrise schlechthin

ich würde sagen: der sinnfindung

Dann verwende diesen Ausdruck, wenn er dir angebrachter erscheint.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb:
Zitat:
Zitat:das brennt wohl nicht in allen. ich behaupte mal, daß viele dieses feuers nicht bedürfen, um sinn in ihrem dasein zu finden bzw. diesem einen sinn zu geben

Kannst du mir erklären wie?

wenn du nicht selbst erfassen kannst, wie die zufriedenheit mit dem sein und dasein persönlichen sinn ergeben kann, kann ich dir das vermutlich nicht erklären

Zufriedenheit verstehe ich schon. Nur ein Dasein ohne Feuer, das kann ich mir schwer vorstellen.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb:
Zitat:Kennst du einen, bei dem du sicher bist, dass in ihm keine Flammen lodern? Ich wüsste jetzt auf die Schnelle keinen

ich maße mir nicht an, in die menschen hineinzublicken. deshalb könnte ich z.b. auch nicht davon ausgehen, daß in jedem "eine flamme lodert". von mir persönlich etwa habe ich diesen eindruck nicht

Das ist merkwürdig. Wenn das stimmt, werde ich mein Menschenbild überdenken müssen.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb:
Zitat:Und das ist der Punkt, den ich kaum glauben kann. Gar nichts, das ist doch völlig unmöglich. Mit "gar nichts" meinst du meiner Meinung nach eher Richtlinien, die so allgemein sind, dass man sie in unserem Kulturkreis nicht mehr bewusst wahrnimmt. An einer anderen Stelle hast du ja z.B. von Menschenrechten gesprochen...

nein, ich meine eben nichts bestimmtes. natürlich kann und werde ich einem jungen menschen vermitteln, welche werte mir wichtig sind, und warum. ob er diese meinung aber auf- und übernimmt, oder selbst eine andere sicht entwickelt - das ist seine sache. und seine höchstpersönliche aufgabe bei seiner sinnfindung

"sinn" läßt sich nicht eindressieren

Sinn lässt sich teilen und mitteilen. Wem man nichts über den Sinn des Lebens beibringt, der wird auch wenig finden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Vermittlung von Sinn zu den höchsten Zielen der Erziehung gehört. So hoch, dass sie gesetzlich gesichert wird.
Daher verstehe ich die meisten Leute, die sagen, sie würden nichts bestimmtes mitteilen, so, dass sie mit nichts bestimmtes das meinen, das ihnen in unserer Kultur nicht auffällt, das, was sie automatisch auch unbewusst vermitteln, eben die Werte unserer Kultur. (Du gibst ja z.B. den Wert der persönlichen Freiheit weiter.)

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb:
Zitat:Ich sehe das persönlich sogar sehr streng: Eine Generation, die ihren Nachkommen keinen Sinn vermitteln konnte, hat versagt; sie hat nur für sich selbst gelebt, vielleicht ein erfülltes Leben, ganz sicher ein absurdes

"kein sinn" ist etwas anderes als "nicht mein sinn"

verstehst du das?

Treffendstes Beispiel einer Generation, die keinen Sinn vermitteln konnte, ist das dritte Reich. Nicht, weil sie es nicht versucht hätten, sondern weil ihre Ideale gescheitert sind. Danach war Kahlschlag, Stunde Null, eine ganze Generation, die den Sinn neu erfinden musste.

(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: aber reden wir mal nicht von mir oder der philosophie. reden wir von dir. du fragst viel - aber du mußt doch auch selbst was zu sagen, zu antworten haben

warum also würdest du als christ "Gebet und Bibelstudium empfehlen, um Sinn zu finden. Dinge von denen du sagen kannst, dass sie Sinn haben" ?

welchen sinn haben denn gebet und bibelstudium, welchen ergeben sie? auf welchem weg?

in der bibel z.b. findest du alles mögliche. auch schräges, und reichlich widersprüchliches. wie also und zu welchem sinn führt ihr studium, und warum soll das für einen jugendlichen der richtige weg sein?

Ich spalte auf. Erst der Sinn des Bibelstudiums, anschließend Sinn des Gebets.

Der Jugendliche wird nicht irgendwo geboren sondern in unserer abendländischen Kultur. Es gibt ein Werk, das die abendländische Geschichte und Kultur mehr beeinflusst hat als alles andere: die Bibel.
Das Verständnis der Bibel ist der Schlüssel zu Jahrhunderten unserer Kultur. Wer die Bibel kennt, hat die Wissensgrundlage um einen entscheidenden Teil unserer Kultur zu verstehen.
Vermitteln wir dieses Verständnis unseren Nachkommen nicht, so geht es verloren. Es liegt nicht in meinem Interesse, dass unsere Kultur verloren geht. Sie braucht nicht von jedem neu erfunden zu werden, nur beständig weiterentwickelt werden.
Ich hatte ja schon beschrieben, wie die Bedeutung des Individuums mit seiner Kultur zusammenhängt, dass es seine Bedeutung gar nicht außerhalb seiner Kultur finden kann. Gerade deshalb muss man ihm Kultur vermitteln, damit es sich selbst verstehen kann und Möglichkeiten zur Selbstentfaltung bekommt.

Das Gebet ist sinnvoll, weil es die Stellung des Betenden in der Welt, begreifen und ordnen kann. Es ist kein monologer Gedankengang sondern ein Dialog. Die eigene Bedürfnisse, Hoffnungen und Ängste auszudrücken und an eine Instanz heranzutragen, die schonungslos ehrlich und voller Liebe ist, hilft dabei entscheidend, weil die eigene Situation nicht separat betrachtet sondern mit einem äußeren Ideal verglichen wird. Erst der Vergleich öffnet die Möglichkeit Besonderheiten, Ungewöhnlichkeiten, Abweichungen zu erkennen. Gleichzeitig wird die Möglichkeit zum Selbstbetrug minimiert, weil es keinen Sinn macht jemanden zu belügen, der alles weiß.
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