17-07-2009, 20:52
(17-07-2009, 17:54)Ekkard schrieb: Muss ich denn jedesmal einen Begriff (nehmen wir die Transzendenz) in allen traditionellen Richtungen erläutern, um schließlich zu erklären, wie ich den Sachverhalt dahinter verstehen möchte?
Wenn Du Begriffe, die eine lange Tradition haben, uminterpretierst - teilweise in das genaue Gegenteil von dem, wie es gehandhabt wird -, dann sehe ich mch in die Pflicht genommen, genau das aufzuzeigen. Und die Gründe dafür habe ich genannt.
Zitat:Ich bin doch kein kalter Krieger, der mit Begriffen Menschen "erschlägt". Es ärgert mich, dass solche Betrachtungsweisen auf einer begrifflichen Ebene - und ich empfinde es als Absicht - auseinander genommen werden, wo ich die Sache und ihr Verständnis meine!
Ich habe das natürlich mit "Absicht" getan, also bewusst. Aber mit Sicherheit nicht, um Dich zu ärgern. So, wie ich annehme, dass auch Du diese Uminterpretation nicht vorgenommen hast, um mich zu ärgern - und dennoch ärgere ich mich darüber jedesmal. Meistens schreibe ich ja da gar nichts zu. Aber das war mir zu massiv. Soo kann und darf man mit Sprache nicht umgehen.
Zitat:Deshalb habe ich aufgezeigt, wie man diese (geistige) Tätigkeit, für die es derzeit keinen Spezialbegriff gibt außer vielleicht "Grenzübergang", noch verstehen kann.
Nein - eben das hast Du nicht, Du hast das Matteist als Fakt erklärt. Bei so einem Satz
"So bilden übliche transzendente Vorstellungen wie Himmel und Hölle die Notwendigkeit ab, sich in der Gesellschaft auf anständige Art und Weise einzufügen."
stehen mir die Haare zu Berge. Begründet habe ich es, glaube ich.
Zitat:Dasselbe für "Mission", "Heiliges", "Gott" usw. Es handelt sich um Deutungsvorschläge, macht was ihr wollt.
Deutungsvorschläge können es niemals sein, weil die Bibel hier gar nicht gedeutet wurde, gar keine Exegese gemacht wurde.
Sowohl von der Exegese her also auch von der Praxis her ist das - in meinen Augen - eine Verharmlosung sowohl des Neuen Testamentes als auch de facto der Missionstätigkeit seit Paulus.
Indem man diese Begriffe einfach anders füllt, wird das, was im Namen der Mission und des Gottesgerichtes geschehen ist, nachträglich gerechtfertigt.
Auch wenn Du es gar nicht willst. Es ist eine verbale Rechtfertigung.
(17-07-2009, 18:58)Sonne schrieb:(16-07-2009, 22:21)Saldo schrieb: Transzendenzen müssen ja auch gar nicht vermieden werden. Denn immerhin sind aus diesem Grund die Religionen entstanden. Transzendenz ist ein Grundbedürfnis des Menschen.
Nun, Saldo, wie erklärst du dir dann Atheismus?
Nicht jedes Grundbedürfnis wird in jedem Menschen aktualisiert. Auch Singen ist ein Grundbedürfnis des Menschen, und doch gibt es viele, die danach kein Bedürfnis haben.
Hinzu kommt - aber das ist ein wirklich weites Feld -, dass Transzendenz viele Formen haben kann. Manche Bergsteiger, die ihre Grenzen ausloten und überschreiten wollen, Leute die Angst spüren und überwinden wollen - indem sie gefährliche Sachen eingehen, suchen nach dem "Kick" - auszusteigen aus ihrer normalen Begrenzung. Sie wollen es erleben.
Auch das Musikerleben ist ein transzendentes - da werden Welten spürbar, die im Empirisch-Rationalen nicht erfahrbar sind.
Auch Drogen haben für viele diese Funktion. Auch der Sex. Von Buddha wird gesagt, er sei erleuchtet worden, nachdem er nach jahrelanger Enthaltsamkeit mit einer Frau geschlafen habe.
Ich weiß auch von Autofahrern, die den Geschwinindigkeeitsrausch genießen.
Selst der Massenrausch auf dem Fußballplatz ist ein transzendetes Erleben. Das In-der-Masse-Aufgehen ist ein sehr heftiger Trieb, man vergleiche das Buch "Die Welle".
Selbst das Töten kann Transzendenzerlebnisse verschaffen, man kann auch da in einen völlig anderen "Zustand" kommen (beschrieben in Remarques "Im Wesen nichts Neues").
Zitat:Der Humanismus ist nämlich ein logisches Gedankengebäude
Davon habe ich mein ganzes Leben noch nicht gehört, Sonne. Wilhelm von Humboldt - einer der Begründer des humanistischen Bildungsgedanken in Deutschland, hielt eine allseitige Ausbildung des Menschen für unerlässlich - und nicht nur die der Logik oder der ratio.
Zitat:und nicht irrational.
Das Irrationale ist doch genauso Teil des Menschen wie das Rationale.
Auch ist "Atheismus" ja nicht identisch mit "Humanismus".
