(19-03-2009, 18:37)Presbyter schrieb: Meines Wissens gibt es noch einige weitere Indizien, sowohl auf einen gewaltsamen Tod des Petrus hinweisen, als auch, dass dieser in Rom stattfand.
Im Johannesevangelium wird folgendes berichtet:
Jesus sagt zu Petrus:
"Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!" (Joh 21, 18f)
Das sind die beiden letzten Verse aus dem sg. "ersten Buchschluss", einem späteren Nachtrag zum Johannesevangelium. Wenn man will, kann man diesem entnehmen, dass Petrus eines gewaltsamen Todes sterben werde. Realistisch gesehen musste der Verfasser schon wissen, auf welche Weise (und wo) Petrus gestorben war, denn der 1. Nachtragsschuss ist mit Sicherheit nicht vor 100 nChr, wohl eher um 120 nChr entstanden, was Du ja auch angedeutet hast.
Wer also aus diesen Zeilen den Märtyrertod des Petrus herauslesen vermag, soll das meinetwegen tun, ein starkes Argument sieht anders aus. Insbesondere wenn man glauben will, dass Petrus schon "in urchristlicher Zeit" die herausragende Stellung eingenommen hat, die ihm später zugeordnet wurde, hätte man von einem Chronisten von der Bedeutung des Verfassers des Johannesevangeliums mehr Information erwarten dürfen.
(19-03-2009, 18:37)Presbyter schrieb: Offensichtlich ist schon Tertullian einwandfrei die neronische Verfolgung bekannt und auch die Tradition wonach Petrus und Paulus dort ihr Martyrium erlitten haben sollen. In diesem Zusammenhang spricht dann auch Irenäus von Lyon von Petrus und Paulus als den Gründern der römischen Kirche.
Ob die "Tradition", wonach Petrus und Paulus in Rom das Martyrium erlitten haben, zu Zeiten Tertullians "schon bekannt" war oder ob sie durch Mithilfe der Autoritäten dieser Zeit erst Gestalt angenommen hat (was meiner Auffassung entspricht), werden wir nicht eindeutig klären können. Irenäus von Lyon (der Dionysius v. K zitiert) ist hiefür kein besonders guter Beleg.
Der historische Gehalt dieses "Beweises" lässt sich an der Behauptung messen, Petrus und Paulus wären die Gründer der römischen Kirche gewesen. Diese Aussage des Dionysius v. K. ist eindeutig falsch. Und nach dieser Falschaussage sind auch alle seine anderen Behauptungen zu bewerten.
Die christliche Gemeinde in Rom wurde weder von Paulus noch von Petrus gegründet und schon gar nicht von beiden gemeinsam!
Den Brief an die Römer hat Paulus 54 nChr (vielleicht auch 57 nChr) geschrieben. Er schreibt: "…, dass ich mir schon oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen, und bis jetzt verhindert worden bin,…" (Röm 1,13). Und dass er sie, die römische Gemeinde, auf der Durchreise besuchen werde, wenn er nach Spanien reisen sollte (Röm 15,24).
Dass eine christliche Gemeinde schon 49 nChr bestanden haben muss, kann man der "Vita Claudii" des Sueton entnehmen.
Irenäus v. L., Dionysius v. K. und Tertullian waren Zeitgenossen. In ihrer Zeit dürfte wohl der Wunsch der christlichen Autoritäten nach einem Aufenthalt und Märtyrertod des Petrus in Rom und nach einer Gemeindegründung durch Paulus und Petrus als Gemeinschaftsakt so stark geworden sein, dass man solches einfach behauptet hat.
In dieser Zeit sind auch die Petrusakten entstanden (180 – 190 nChr), in denen die Kreuzigungsgeschichte (Kreuzigung des Petrus mit dem Kopf nach unten) dramatisch ausgestaltet wurde. Im Römischen Messbuch (29. Juni) ist dieses Märchen (als historische Tatsache?) vermerkt!
Selbst den Märtyrertod des Paulus halte ich für nicht wirklich gesichert.
MfG E.
MfG B.