23-01-2009, 10:34
(23-01-2009, 00:13)Ekkard schrieb: Schriftreligionen sind im Prinzip "gut", es hapert indes an der Umsetzung. Damit meine ich, dass der Gläubige dazu neigt, die Beschreibungen und Vorschriften seiner heiligen Schrift notfalls gegen Menschen anzuwenden. Und glaubt mir, das geht immer!
In keiner der Schriftreligionen steht: "Setzt euch kritisch mit dem auseinander, was Priester, Politiker, Älteste, Professoren, kurz Autoritäten euch sagen (und sei es auch nur der liebe Nachbar oder die liebe Nachbarin)". Und das ist ganz klar der Kardinalfehler unserer Schriftreligionen.
Lieber Ekkard,
wenn man den FRÜH-Buddhismus, der ja auf dem Pâli-Kanon fusst, als Schriftreligion versteht, so zeigt diese Rede des Buddha, dass es so etwas durchaus gegeben hat. Der Buddha sprach zum Volk der Kâlâmer:
"Ihr Kâlâmer, richtet euch nicht nach Hörensagen, nicht nach einer Überlieferung, nicht nach Gerüchten, nicht nach der Mitteilung heiliger Schriften, nicht nach Spekulationen, nicht nach einem System, nicht nach Erwägungen, die sich auf den äusseren Augenschein stützen, nicht nach langgehegten Ansichten und Auffassungen, richtet euch nicht danach, ob eine vorhandene Erscheinung dafür spricht, auch nicht danach, dass ihr meint, der entsprechende Asket [Anmerkung: im alten Indien war das die "Meister"/DE] sei euer Lehrer, - wenn ihr, Kâlâmer, hingegen selbst [!!!] erkennt: "Diese Dinge sind unheilsam, diese Dinge sind nicht einwandfrei, diese Dinge werden von Verständigen getadelt, diese Dinge, wenn ausgeführt und unternommen, gereichen zum Unheil, zum Leiden, dann, Kâlâmer, solltet ihr sie verwerfen.
...
[Wenn] Ihr, Kâlâmer hingegen selbst erkennt: "Diese Dinge sind heilsam, diese Dinge sind einwandfrei, diese Dinge werden von Verständigen gelobt, diese Dinge, wenn ausgeführt und unternommen, gereichen zum Heil und Glück, - dann, Kâlâmer, solltet ihr sie annehmen und danach leben."
[Übersetzung von Karl Seidenstücker (1876-1936)]
Ich denke, all diese Probleme treten auf, weil die Anhänger der monotheistischen Religionen meinen, ihre Religion sei die "wahre" und alles andere sei falsch, und weil sie die "Wahrheit" wissen, müssen sie alles andere "im Namen Gottes" bekämpfen.
Der Buddha dagegen macht ein Angebot. Ob seine Anhänger das annehmen, ist allein ihre Sache, es liegt in ihrer Verantwortung, in ihrem Begreifen, in ihrem Ja oder Nein. Sie müssen gar nichts, sie müssen auch nicht missionieren (das ist im Buddhismus sogar verpönt!), sie müssen sich auch nicht von anderen angrenzen, sondern ihre Einstellung "einfach nur leben".
Lieben Gruss
DE