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theoretischer/praktischer atheismus
#9
melek schrieb:Allerdings stimmt mich deine Aussage bez.Jesus und Nietzsche äußerst nachdenklich .
Kann es sein , daß du das alles durch eine bestimmte Brille hindurch gelesen hast ?
Huch? Meinst Du, ich kann das Wort "Jesus" nicht mehr buchstabieren? ;) Ich bin kein Christ, falls Du meinst, dass ein Christ statt "Satan" "Jesus" liest oder so. Ich habe Nietzsche bestimmt nicht gelesen, weil ich da nach christlichen Wahrheiten suchte. Niemand hat wie er das Christentum bloß gelegt, scharfsinnig wie er die Wurzeln christlichen Denkens (in vieler Hinsicht) freigelegt. Er hat dieses Christentum gehasst wie nur einer, und er ist nicht müde geworden, die Falschmünzerei - so wie er es nennt -, derer sich die Priester und "Pfaffen" bedienen, zu beschreiben und zu entlarven. Ich parapharsiere aus dem Gedächtnis: Wenn ein Christ sagt: "Ich bin gerecht" - dann klingt das leicht nach: "ich bin gerächt".
Und wenn man die heutigen Fundamentalchristen reden hört, dann passt das gar sehr... Rache ist nicht selten das movens einer Ideologie.
Das, was später Habermas, Adorno, auch Wittgenstein und dann die linguistischen Mythologen (Roland Barthes z.B.) etc. betreiben: ideologiekritische Arbeit, indem sie eine Ideologie auch auf ihre sprachliche Falschmünzerei hin untersuchen:
das hat Nietzsche schon vorweggenommen. Eines der Worte, das am meisten vorkommt bei ihm, ist "intellektuelle Redlichkeit". Er war in diesem Punkt dermaßen hochsensibel, dass er an sprachlicher Unredlichkeit dermaßen litt, dass er - so wie sein Zarathustra - immer wieder in die Berge ging, um sich wieder beruhigen zu können. Er litt ungeheuer unter dieser nachlässigen Sprache oder diesem nachlässigen Denken. Und er wurde dann polemisch. Das mag man ihm vorwerfen, war auch für mich nie leicht zu schlucken (obwohl ich ein bisschen auch dazu neige). Seine Schriften sind teilweise Pamphlete. Aber so war Nietzsche nun mal, er konnte sich nicht anders helfen. Und er, der Pfarrerssohn, kannte das Christentum von Kindesbeinen an, er sah in dieser Ideologie eine große Gefahr, weil hier der Mensch Ideale gelehrt bekam, die er, Nietzsche, für bremsend erachtete.

Als ich auf die Stelle stieß, wo er die Jesusgestalt erwähnte, die von den Christen selber nicht begriffen worden sei, bin ich fast vom Stuhl gefallen. Ich kann darum Deine Nachfrage schon verstehen, melek. Ich hätte das vielleicht auch gar nicht erwähnt, wenn ich nicht zeigen wollte, dass Nietzsche nicht der Gewaltverherrlicher war. Es ging ihm um die Lauterkeit des Denkens, wohl auch um die Lauterkeit des Seins, und dies sah er merkwürdigerweise realisiert in der Jesus-Gestalt. Er hat das, glaube ich, nur einmal so zugegeben. Und aus dieser Lauterkeit erwuchs für ihn die "Macht", die ein Mensch dann besaß.

Im Übrigen frage ich mich manchmal, ob er mit Karl Marx doch so einiges gemeinsam hat. So verschieden ihre Denke ist. es geht beiden um die Ideologiekritik, und beide haben an der Sprache angesetzt.
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theoretischer/praktischer atheismus - von stuhlman - 11-06-2007, 15:46
RE: theoretischer/praktischer atheismus - von Karla - 27-09-2007, 02:53
RE: theoretischer/praktischer atheismus - von Karla - 27-09-2007, 23:35
RE: theoretischer/praktischer atheismus - von Karla - 29-09-2007, 01:45
RE: theoretischer/praktischer atheismus - von Lea - 30-09-2007, 09:38
RE: theoretischer/praktischer atheismus - von Weltmarionette - 16-07-2008, 20:29

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