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Das beste Argument gegen den Materialismus und für Gott?
#68
Petronius, das Spielchen mit dem Gish-Galopp hatten wir ja schon vor vielen Jahren und falls du gehofft hattest, dieses perfide Spielchen so weitertreiben zu können, muss zumindest ich dich da enttäuschen. Wenn du Taubenschach spielen möchtest, gerne, aber suche dir dafür andere Spielkameraden. Falls du weiterhin an einer Diskussion hier interessiert sein solltest, versuchst du vielleicht erst einmal, deine Gedanken zu ordnen und darauf basierend einen halbwegs zusammenhängenden Text zu formulieren. So schwierig ist das ja nicht.

Zurück zum Thema bzw. ergänzend zum Bewusstsein:

Die verbreitete Annahme, Bewusstsein werde durch Gehirnaktivität erzeugt (und ist quasi eine Art Epiphänomen), ist im Kern, wie schon gesagt, nicht mehr als eine Ad-hoc-Hypothese, die sich aus dem unmittelbaren Augenschein speist: Man beobachtet, dass Bewusstseinsphänomene mit bestimmten neuronalen Zuständen einhergehen, und zieht daraus den (durchaus naheliegenden) Schluss, dass Letzteres die Ursache von Ersterem sei. Diese Schlussfolgerung ist aber weder zwingend, noch beweisbar, sondern entspricht vielmehr dem typischen Reflex, die unmittelbare Erscheinung mit der tieferen Realität gleichzusetzen - ein Denkfehler, der sich durch die halbe Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte zieht.
Beispielsweise glaubte man im Altertum aufgrund des bloßen Augenscheins, die Erde sei unbewegt und die Sonne drehe sich um die Erde. Ebenso nahm man zunächst an, die Stoffe seien beliebig teilbar, bspw. Farben seien objektive Eigenschaften der Dinge selbst, und die Zeit verlaufe gleichmäßig und absolut. In all diesen Fällen hat sich gezeigt, dass der bloße Anschein trügt, sobald man ihn systematisch hinterfragt.
Dass Bewusstsein "aus dem Gehirn hervorgehe", könnte sich im Rückblick als ähnlich naiv herausstellen, als Ausdruck eines anthropozentrischen Kurzschlusses, gespeist aus unmittelbarer Erfahrung und dem bloßen Augenschein, aber ohne tieferes Verständnis für die ontologische Struktur des Phänomens. Dass Gehirnprozesse und Erleben korrelieren, ist wohl recht unstrittig. Aber daraus auf einen bestimmten kausalen Zusammenhang zu schließen, ist eine theoretische Deutung, keine Beobachtung. Solange es keinen objektiven Nachweis für Bewusstsein selbst gibt, weder im Gehirn noch außerhalb, ist jeder Versuch, es ontologisch zu lokalisieren, in erster Linie spekulativ. Der materialistische Kurzschluss "es tritt im Gehirn auf, also entsteht es dort" ist zwar methodologisch bequem, aber epistemisch unzureichend. Der Materialismus kann nicht nur einfach voraussetzen (bestenfalls als Arbeitshypothese), dass mentale Phänomene notwendigerweise auf physische Prozesse zurückgehen, sondern muss es auch erklären. Und genau daran scheitert er bislang (siehe bspw. Qualia-Problem), während er durch die Erkenntnisse der modernen Physik gleichzeitig immer mehr ad absurdum geführt wird.

Nachtrag:
(23-07-2025, 22:09)Ulan schrieb:
(23-07-2025, 21:46)Noumenon schrieb: Tatsächlich haben wir gar keinen objektiven Nachweis für Bewusstsein - nicht einmal dort, wo wir es am sichersten vermuten. Und damit fehlt uns auch jegliche Möglichkeit, es außerhalb des Gehirns zu verorten bzw. sicher zu belegen oder zu widerlegen. Oder anders ausgedrückt: Die Forderung nach einem Beleg für Bewusstsein ohne Gehirn ist ziemlich sinnfrei, wenn es uns nicht einmal gelingt, einen Beleg für Bewusstsein im Gehirn zu liefern.
Wie gesagt: Die Korrelation zwischen Gehirnaktivität und (subjektiv berichtetem) Bewusstsein ist ja unbestritten, belegt aber nicht, dass Gehirnaktivität ursächlich und notwendig für Bewusstsein ist.

Zum Verständnis vielleicht noch die eine oder andere Analogie.

Man beobachtet bspw. Licht nur dann, wenn die Glühbirne intakt ist. Dass eine Glühbirne Licht abstrahlt, setzt außerdem elektrischen Strom voraus, aber niemand würde sagen, der Strom sei das Licht oder das Licht sei ausschließlich durch die Glühbirne erklärbar. Das Licht ist eine Folge des Zusammenspiels mehrerer physikalischer Bedingungen, nicht das Produkt eines isolierten Elements. Das Gehirn könnte analog eine Bedingung für das Auftreten von Bewusstsein sein, aber nicht dessen vollständige Ursache oder Quelle.

Oder nimm' ein Radio. Wenn es eingeschaltet und auf einen Sender eingestellt ist, ertönt Musik. Die Beobachtung:

- Ohne Radio keine Musik.
- Mit Radio erklingt Musik.
- Wenn das Radio beschädigt ist, bricht die Musik ab oder ist verzerrt.

Es wäre also empirisch korrekt zu sagen: "Musik wurde nie ohne Radio beobachtet."

Aber der Schluss "Also ist Musik ein emergentes Phänomen von Radios." ist offenkundig ein Fehlschluss.
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RE: Das beste Argument gegen den Materialismus und für Gott? - von Noumenon - 23-07-2025, 22:36

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