(15-04-2025, 17:01)Ulan schrieb: Es ging um die Praxis der sozialen Distanzierung, also der Kontaktabbruch zu ausgetretenen Personen, vor allem von Eltern zu ihren Kindern.
Sicherlich ist das furchtbar - aber nicht objektiv messbar und daher nicht beweisbar.
In einem Rechtsstaat des aktuellen westeuropäischen Zuschnitts gilt bei Gericht nun mal die Maxime "in dubio pro reo"
Da gingen der Justiz schon so viele Verbrecher durch die Lappen, da kommt es auf ein paar mobbende Eltern von einer fundamentalistischen christlichen oder halbchristlichen Sekte auch nicht mehr an - oder willst du dich von der Rechtskultur verabschieden und nach Willkür mit dem Bauchgefühl Recht oder Unrecht sprechen lassen?
Und noch eine Frage: willst du wirklich einen Staat, der im Privatleben der Familien herumstöbert ?
Ein Denunziantenstaat ?
Der Nachbar geht als Zeuge, dass die Eltern die älteste Tochter nicht mehr zu Familienausflügen mitnehmen, die Eltern sagen jedoch, dass sich die Tochter von der Familie "abgenabelt" hätte. Ein solches System würde Misstrauen und soziale Spaltung innerhalb der Gesellschaft fördern.
Denn so ein Musterprozess würde nicht nur eine bestimmte Sekte gefährden, sondern wohl viele andere Sekten (und zwar religiöse und politische) und auch große Religionsgemeinschaften (was ist, wenn Merve sich plötzlich weigert das Kopftuch zu tragen und zum Leidwesen ihrer Eltern hautenge Jeans trägt)
Die soziale Isolation von ausgeschlossenen oder ausgetretenen Zeugen Jehovas ist wahrscheinlich wirklich oft sehr schlimm. Aber Gefühle und Zuneigung kann man bei Gericht schwer beschreiben oder gar einklagen.
Wie willst du denn als Ankläger bei Gericht beweisen, dass hier soziale Distanzierung in hohem Ausmaß erfolge, dass der Kontaktabbruch zu den Kindern generell erfolge (nicht nur in einem konkreten Einzelfall) und dass ausgeschlossen werden kann, dass er wegen anderer - nicht religiöser - Gründe (Drogensucht etc) erfolgt sei
Wie Du siehst, klappte dieser Nachweis beim Berufungsgericht nicht und dieses hob das Urteil wegen Verfassungswidrigkeit auf.

