Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Naiver Realismus und Echter Realismus
#20
(17-01-2025, 00:40)Ulan schrieb: Und worauf beruht diese Wahrscheinlichkeitsabschaetzung? Warum ich "materialistische Erklaerungen" in diesen Faellen fuer wahrscheinlich halte, habe ich ja jeweils gesagt. Es gibt dazu einschlaegige medizinische Erklaerungen, Statistiken, etc.


Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass der Materialismus die Wahrheit ist, weil diese Weltanschauung erst seit ein paar hundert Jahren existiert und gerade dann ihren Siegeszug angetreten hat, als durch die Aufklärung das religiöse Denken mit etwas anderem ersetzt werden musste. Und dieses andere war dann eben das andere Extrem zu dem, was vorher da war. Also totale Gottgläubigkeit nach ganz genauen Vorschriften wurde ersetzt durch totalen Unglauben und die komplette Fixierung auf die wissenschaftliche Methode. 

Der Mensch neigt leider zu Extremen, das sieht man auch hier. C.G Jung hat es in etwa so formuliert, dass hier etwas ganz wesentliches aus dem menschlichen Leben entfernt wurde, von dem man früher noch genau wusste, wozu es gut war, heute aber nicht mehr weiß, was man damit anfangen sollte. Das führte dazu, dass die Menschen - genau wie von Nietzsche vorhergesagt - seit dem 20. Jahrhundert eben politischen Ideologien als Ersatzreligionen anhängen. Dort finden sie alles, was Religionen ausmacht, also Sinn, Zusammengehörigkeitsgefühl, eine Mission - aber eben ohne die metaphysische Komponente. 

Das Resultat sieht man dann in den Echokammern der sozialen Medien, wo Menschen mit religiösem Eifer ihre politische Ideologie zelebrieren. Eigentlich suchen sie etwas ganz anderes, aber das gibt es heutzutage nicht mehr in der Form, wie es früher der Fall war. 

Es kann aber durchaus sein, dass dies einfach ein notwendiger Entwicklungsschritt in der Geschichte der Menschheit ist. 


(17-01-2025, 00:40)Ulan schrieb: Ich sehe im Moment gar keine Notwendigkeit, irgendein "spirituelles Modell" heranziehen zu muessen. Was soll das denn erklaeren? Worauf beruht die Bevorzugung irgendeines spirituellen Erklaerungsversuchs gegenueber zigtausenden Alternativen?


Ich sehe die Notwendigkeit deshalb, weil ich mir sehr sicher bin, dass der Tod nicht das Ende unserer Existenz ist. Wer nur und ausschließlich materialistisch denkt, kann sich ja in keiner Weise auf die Möglichkeit einstellen und vorbereiten, dass es nach diesem Leben in irgendeiner Form weiter geht. Aber gerade das halte ich für sehr wichtig. Manche antworten darauf ja mit einem "darum kümmere ich mich dann, wenn es so weit ist...". Aber das ist meines Erachtens doch sehr naiv und kurzsichtig. Denn wenn man sich auf eine Wanderung in ein unbekanntes Gebiet begibt, ist Vorbereitung und die entsprechende Ausrüstung die halbe Miete. Natürlich handelt es sich in diesem Fall um geistige Vorbereitung, geistige Ausrüstung. Aber das Gleichnis sollte dennoch verständlich sein. 


(17-01-2025, 00:40)Ulan schrieb: Es ist immer so, dass einzelne Aspekte genommen werden, wie Das Licht bei Nahtoderfahrungen, das Gefuehl der Waerme und Geborgenheit, etc., und daraus wird dann eine ganze Geschichte gesponnen, die offensichtlich diese Erfahrungen selbst gar nicht hergeben. Du verstrickst Dich in Deinem selbstgesponnenen Garn.


Wenn ich diese Dinge beschreibe, gebe ich ja das wieder, was in Nahtoderfahrungen geschildert wurde. Die Leute stellen diese Zusammenhänge ja selber her, ich beschriebe nur, was sie erzählt haben. Natürlich ist hier schwierig zu unterscheiden, was tatsächlich so erlebt wurde und was eher retrospektive Interpretation ist. Dennoch halte ich diese Schilderungen für wertvoll, denn sie sind mit nichts anderem zu vergleichen. Es ist das beste, was wir haben, wenn es um die Frage geht, wie wohl der Übergang auf die andere Seite aussieht. 


(17-01-2025, 00:40)Ulan schrieb: Danke. Aber ich hoffe, es dringt durch, dass es fuer unsere Rolle in diesem Universum noch unzaehlige andere Moeglichkeiten gibt. Wenn ich Reklov ein paar davon praesentiere, dann macht er sich immer darueber lustig, die koennten "nicht ernsthaft" sein, etc., nur, um sie gedanklich gar nicht an sich heranzulassen. 


Ich kann dir hier nicht ganz folgen. Welche unzähligen anderen Möglichkeiten für unsere Rolle in diesem Universum meinst du?


(17-01-2025, 00:40)Ulan schrieb: Und hier faengt es wieder an zu hinken, da Du mit unbrauchbaren Bildern arbeitest. 


Zugegeben, dieses Sinnbild mit dem Suppenkochtopf war nicht gerade gut. Vielleich ist das besser: Ein reduktionistischer Denker gleicht in seinem Versuch, die Welt zu erklären einem Forscher, der die ganze Erde beschreiben will, dazu aber nur und ausschließlich einen Globus oder eine Landkarte benutzt. Die Landkarte kann sehr detailliert sein, von mir kann sie sich sogar zu einer sehr realistischen dreidimensionalen Simulation weiter entwickeln. Aber wirklich in der Landschaft unterwegs zu sein und die unterschiedlichen Beschaffenheiten von Wüsten, Meeren, Bergen, Städten etc. zu erleben, ist doch etwas ganz anderes und wirft ganz andere Probleme auf, führt aber auch zu ganz anderen Lösungen. Deshalb reden wir hier so oft aneinander vorbei.  


(17-01-2025, 15:47)petronius schrieb:
Zitat:Daraus würde also folgen, dass Farbenblindheit und Gehbehinderungen nicht existieren, weil nicht alle und jeder farbenblind und gehbehindert ist

natürlich nicht. denn "Farbenblindheit und Gehbehinderungen" werden sehr wohl intersubjektiv festgestellt


Und so eben auch religiöser Glaube, spirituelle Erfahrungen, außerkörperliche Erfahrungen usw... Auch diese werden wie Farbenblindheit und Gehbehinderungen nicht von allen, aber eben von einigen Menschen intersubjektiv festgestellt. Warum sollte man es bei der einen Klasse von Phänomenen gelten lassen, bei der anderen aber nicht?
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Naiver Realismus und Echter Realismus - von subdil - 17-01-2025, 22:19

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste