(21-04-2024, 14:58)Reklov schrieb: schon damals konnten z.B. die Söhne von Begüterten (Bürgertum und Adel) nicht nur ein Studium in Paris, London, Rom oder Prag in aller Ruhe und locker durchziehen, sondern nahmen sich in der Regel danach auch nur eine Frau aus begüterten, gleichgestellten Kreisen!
Ja, das stimmt.
Um 1500 war ein Studium etwas, wo Grafen ihre überzähligen Söhne hinschickten. Ein - sinnloses - Studium der Scholastik (Diskussion über das Geschlecht der Engel) in der Sorbonne, der Medizin in Italien (es war den Professoren nicht einmal die Existenz des Blutkreislaufs bekannt), des Römischen Rechts (wie bastelt man listige Verträge) in Rom war ein Zeitvertreib für überzählige Grafensöhnchen. Ein Graf konnte seine Grafschaft eben nur einem Sohn vererben, der andere wurde halt möglichst weit weg "studieren" geschickt.
Ein nutzloses Abstellgleis in Wahrheit. Die Scholastik brachte wegen ihrer Zirkelschlüsse endlose gelehrte Debatten aber kaum Erkenntnisgewinne, ein niveauvoller Zeitvertreib wie Schach spielen halt, die Medizin war ihren Namen nicht wert, die Juristen machten sich wichtig aber waren unbeliebt
Erst nach dem Wiener Kongress 1815 wurde Studieren interessant und attraktiv. Das war die Goldene Studentenzeit die zwei Generationen lange dauerte und wo viele Studentenverbindungen (nationale, katholische, jüdische) in Mitteleuropa (Wien, München, Schweiz) entstanden und noch immer von dieser Goldenen Zeit schwärmen. Damals machte man mit 17 Abitur, studierte dann vier Jahre lang Jura oder sechs Jahre lang Medizin und war mit 22 oder 23 Jahren der Herr Doktor
und ein gemachter Mann!
Naturgemäß wollten dann alle studieren, der Sohn des Bauern auch, die Studentenzahl explodierte! Obwohl der Bauer seinem Sohn den Acker und den Hof vererbt. Dies ist ein großes Privileg, denn andere Berufe können das nicht
Jedenfalls ging wahrscheinlich Ende der 1970er oder Anfang der 80er Jahre die Goldene Studentenzeit ihrem Ende zu, die Massenuniversität entstand und produzierte ein verheerendes Überangebot von Akademikern
Ein Überangebot, das jedes Jahr durch ein Heer von neuen Absolventen verschlimmert wurde.
Der "Doktor Arbeitslos" wurde zum Begriff
Bereits 2003 schrieb DER SPIEGEL
spiegel.de/.../promotion-was-tun-dr-arbeitslos-a-252315.html
23. Juni 2003
Promotion: Was tun, Dr. Arbeitslos? - DER SPIEGEL
"Was tun, Dr. Arbeitslos? Miese Stellenaussichten treiben viele Hochschulabsolventen geradewegs in die Promotion - lieber der schmucke Doktortitel als eine Nummer beim Arbeitsamt."
Soo ein Vorteil ist es heute nicht, studieren zu dürfen oder mangels Alternative zu müssen. Die Studenten sind der Allgemeinheit auch nicht dankbar für den Bau und den sündteuren Erhalt der Universitäten die immer mehr zum Abstellgleis werden