06-03-2022, 23:25
(06-03-2022, 22:34)Ulan schrieb: Eben deshalb, weil die Sintflut vollkommen sinnlos ist, kommt Gott ja zu der Erkenntnis, dass diese voellig unterschiedslose Vernichtung von "allem, was Lebensgeist in sich hat", unethisch ist.Was hast du denn für eine Idee von Ethik? Erklär mir mal, wieso eine sinnvolle Sintflut, bei der nachher etwas anders ist als vorher, ethischer sein sollte als eine sinnlose Sintflut, bei der nachher alles beim alten ist.
Die einzige wirkliche Lehre der Götter in der mesopotamischen Vorlage ist, dass es dumm ist, die Sklaverei der Menschen abzuschaffen, weil die Götter dann selbst für ihren Lebensunterhalt schuften müssen. Das hat mit Ethik nun eigentlich gar nichts zu tun. Außer vielleicht, das eine mesopotamische Mutter ihren Kindern, die ihr mit ihrem Lärm auf die Nerven gehen, die Sintflutgeschichte vorhalten kann, ihre Kinder mit der nächsten Sintflut bedroht, weil die Götter sich gestört fühlen könnten, und so vielleicht die Kinder für kurze Zeit zum Schweigen bringen kann.
Aus frühjüdischer Sicht, ist die Sintflut ethisch besonders wertvoll, weil ihr Gott, sich für sein Volk einsetzt, ihm der Arche das Überleben im Exil ohne Identitätsverlust ermöglicht, und den Sprung aus dem Polytheismus und der Monolatrie zum gelebten Monotheismus ohne Mischehen (der zunehmenden Bosheit des Menschen von der Geschlechtsreife (Jugend) an - wenn man den Text als Allegorie versteht, ist nach der Sintflut alles anders als davor.
Darüber das jede von einer Gottheit verursachte Sintflut aus unserer heutigen Sicht unethisch ist, waren wir uns doch mal einig, oder hast du das auch schon wieder vergessen?