(09-07-2020, 18:16)Ekkard schrieb: Wenn z. B. in der Bibel die Generationen seit Adam hergezählt werden, dann folgt daraus kein Weltalter. Das ist ein Fehlschluss. Es folgt nur, dass die Menschen in einer Generationenfolge leben und sich dessen bewusst werden sollen. Niemand ist allein auf der Welt und zumindest verantwortlich für jene, die vor uns waren und jene, die nach uns kommen. Genau dasselbe "folgt" aus dem Gebot, Vater und Mutter zu ehren. Alle diese mythologischen Schilderungen haben mit dem zu tun, wie Menschen miteinander leben sollen - jedenfalls nach den Vorstellungen der Bibelautoren und -Redaktoren.
Das ist, glaube ich, zu kurz gegriffen, was die Absicht der Bibelautoren und -Redaktoren angeht. Ansonsten haetten sich die Redaktoren der drei Staenge der Ueberlieferung der Tora nicht jeweils die Muehe gemacht, die Altersangaben der Personen im Bibeltext zu manipulieren, und zwar jeweils unterschiedlich. Der urspruengliche Toratext hatte wohl das Problem, dass danach Methusalem die Sintflut ueberlebt haette, was natuerlich nicht sein durfte, da ja - laut Bibel - niemand ausser Noahs Familie die Sintflut ueberlebte. Die Redaktoren des Textes fanden dafuer drei unterschiedliche Loesungen. Da der masoretische Text es dann noch hinbekommt, die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels nach seiner Umfunktionierung vor der Makkabaeer-Revolte exakt 4000 Jahre nach der Erschaffung der Welt stattfinden zu lassen, gibt das auch einen Hinweis darauf, wann der masoretische Text in der Hinsicht ueberarbeitet wurde. Natuerlich koennte man jetzt einwenden, dass die runde Zahl gerade das Symbolische hervorhebt - die 100 x 40 Jahre. Dass jeder Ueberlieferungsstrang hier editiert hat, zeigt aber auch die Bedeutung, die den Zahlen beigemessen wurde.
Auch die Beschaffenheit der Tora insgesamt laesst erkennen, dass da verschiedene Denkweisen am Werke waren. Der sogenannte Priestertext wollte die Vorgaengertexte wahrscheinlich ersetzen, da er eine durchgaengige Erzaehlung liefert und die Theologie entsprechend modernisierte. Irgendwelche Nachfolger mochten das wohl nicht und haben viele der Vorgaengertexte wieder stueckweise in den Fliesstext eingearbeitet, zusammen mit allen moeglichen anderen Erzaehlungen, und das hat dann zu dem Kuddelmuddel gefuehrt, das wir in der Tora vor uns haben. Da sieht man dann auch schoen, dass Bibelautoren und -Redaktoren jeweils von ganz anderen Motivationen getrieben waren.

