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Bußübungen oder Liebe bei Meister Eckhart
#15
(29-12-2019, 02:50)Herbert schrieb: Meines Erachtens verknüpfst du da mehrere Dinge miteinander, die so wohl nicht zusammenpassen. Das macht eine Beantwortung sehr schwierig bis unmöglich.

Zunächst müsstest du mal sagen, was du mit "Welt" meinst. Das ganze Universum, die Erde, die Menschheit insgesamt, oder was sonst?


Meine persönliche Meinung dazu ist, dass Gott nichts von dem zuvor von mir genannten geschaffen hat. Da vertraue ich eher auf die Ergebnisse der Evolutionstheorie. 

Die Gesetze der Evolutionstheorie gelten

Mir ist auch nicht klar, was du dir unter einer Gotteserfahrung vorstellst.

Das Bild Gottes (des unsichtbaren Gottes) ist nach meinem Verständnis der Mensch Jesus Christus. Da Jesus den Willen Gottes getan hat, ist er ein Sohn (Kind) Gottes, wie jeder andere Mensch auch, der den Willen Gottes tut. 
Allerdings hat Jesus eine Vorrangstellung von Gott gegenüber allen anderen Kindern Gottes erhalten.

...

Was nun das Leibliche betrifft, wobei der Leib letztlich auch Fleisch (Gewebe) ist, so steht in den Evangelien geschrieben, dass das Fleisch nichts nützt, sondern der Geist lebendig macht. 

Siehe dir eine Leiche an, die nach wie vor Fleisch (Gewebe) ist, und du wirst erkennen, dass in ihr kein Leben ist, weil kein Geist mehr in ihr ist.

...

Wer aber bisher ein Sünder war und sich dann dem Guten zuwendet und nicht mehr sündigt, der ist von den Toten zu den Lebenden hinübergegangen.

...
Mit "Welt" ist all das gemeint, was ein Mensch mit seinen Sinnen wahrnehmen kann verbunden mit den natürlichen Bedürfnissen die daraus enstehen,  etwa Hunger, Sexualität, die Wahrnehmung der Umstände des eigenen Lebens und der unmittelbaren Umwelt als Mittel zum Überleben. 

Im Gegensatz dazu steht Mystik als zweckfreie Sichtweise auf die Welt. Aus dieser Perspektive werden die eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften akzeptiert wie sie sind und es entsteht der Versuch die weltlichen Ereignisse aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen. Diese Perspektive kann man Wahrnehmung der Gnade oder der "Gratitude/Geschenkhaftigkeit" nennen. 

Evolutionstheorie, Naturgesetze und ihr Ursprung

Die Naturgesetze, zu der ich auch die Evolutionstheorie zähle, gelten natürlich voll und ganz für eine Beschreibung nach welchen Gesetzen sich das Leben entwickelt. Ich glaube nicht, dass Gott durch Wunder die gegebenen Gesetze einfach außer Kraft setzt, wie etwa eine Jungfrauengeburt. 
An einer Stelle müssen Theorien und Modelle aber beginnen. Es muss zunächst einmal einen Menschen geben, der von dem ausgeht was er sieht ein Modell entwickelt. Es ist aber nicht so, dass die so entdeckten  Gesetze völlig unabhängig von den Erkenntnismöglichkeiten eines Menschen sein können. Ein kleines Beispiel: Wir sehen ja auch nur einen Teil des elektromagnetischen Spektrums, als Licht. Auf eine umfassendere Sicht können wir nur durch unseren Verstand schließen. Es ist so als würde man den Himmel durch ein Schilfrohr betrachten, es ist immer nur ein Ausschnitt sichtbar.
Ich will damit nur sagen, dass die Wahrnehmung unseres Lebens als Erscheinung unsere Existenz selbst, selbst wenn sie vollsändig theoretisch erfasst werden kann, die Erste-Person-Perspektive nicht umfasst, sondern sie zur Voraussetzung hat.

Gotteserfahrung

Unter Gotteserfahrung verstehe ich eine Erfahrung die sich natürlich auch innerhalb dieser Welt mit Ihren Naturgesetzen abspielt. Ich kann es mir nur so vorstellen, dass es sich bei dieser Art von Erfahrung um eine zunehmende Bewusstwerdung unbewusster Impulse handelt, die normalerweise im verborgenen bleiben. Meister Eckhart nennt eine solche Erfahrung "Möglichkeit des Empfangens". Ich verstehe dass so, dass ich mich als Mensch bereit machen kann, dass etwas in mir entsteht, von dem ich einerseits weis, dass ich handle, dass andererseits aber der Inhalt der Handlung als gegeben, als Geschenk erscheint, oder eben als Bewusstwerdung eines unbewussten Prozesses den wir nicht kontrollieren sondern höchstens wahrnehmen können. 

Diese Vorstellung dienst mir aber nur der Orientierung was man wohl unter Gotteserfahrung verstehen kann. Ich könnte nicht aus eigener Erfahrung sagen was es heißt, "Ich lebe nicht, Christus lebt in mir." 

Sünde

Wie du es beschrieben hast, in einer Leiche ist nur noch "Fleisch" aber kein "Geist". Sünde führt zum Tod. Der leibliche Tod kann damit nicht allein gemeint sein, denn jeder stirbt. Was aber heißt dann ewiges Leben. Jesus sagt: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Für mich, das ist in aller kürze nur meine Meinung, heißt dass wenn ich an Meister Eckhart denke, dass was das sinnvolle im Leben eines Menschen ausgemacht hat, was aus dem Grund seiner Seele entstanden ist, identisch ist mit dem göttlichen und dieses göttliche natürlich nicht stirbt. Das einzige was durch den Tod vergeht, ist diese konkrete Erscheinungsform, etwas geschaffenes, etwas kreatürliches, dass an sich selbst ohne Gott nichts ist. 
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RE: Bußübungen oder Liebe bei Meister Eckhart - von Stefan82 - 29-12-2019, 08:37

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